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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Strohmayer, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde der S, geboren 1949, derzeitiger Aufenthalt unbekannt, vertreten durch Maga. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den am 21. Juli 1999 verkündeten und am 3. Jänner 2000 schriftlich ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 210.750/0-IV/10/99, betreffend § 4 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, reiste am 5. Juni 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 9. Juni 1999 Asyl. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18. Juni 1999 mit der Begründung, die Beschwerdeführerin könne in Ungarn Schutz vor Verfolgung finden, gemäß § 4 AsylG zurückgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 4 AsylG ab.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid in der Berufungsverhandlung am 21. Juli 1999 verkündet, was am darauf folgenden Tag - nur Stunden vor dem Einlangen der Beschwerde mit dem Antrag auf aufschiebende Wirkung beim Verwaltungsgerichtshof - die Zurückschiebung der Beschwerdeführerin nach Ungarn zur Folge hatte. Der Bescheid wurde aber erst am 3. Jänner 2000 schriftlich ausgefertigt, wobei sich die belangte Behörde in der schriftlichen Begründung ihrer Entscheidung an einem Bescheid vom 6. Oktober 1999 orientierte, der einen im September 1998 eingereisten Asylwerber aus dem Kosovo betraf. Die vorliegende Bescheidausfertigung stellt sich als nur teilweise gelungene Adaption dieses - bezogen auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides durch dessen Verkündung - späteren Bescheides dar. Dies zeigt sich schon in der Darstellung des Verfahrensganges, wo u. a. behauptet wird, die erst im Juni 1999 in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführerin habe gegen einen Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Oktober 1998 (und zu der den Asylwerber aus dem Kosovo betreffenden Aktenzahl) Berufung erhoben. Im weiteren Text der Begründung werden zwar einige Bezugnahmen auf Ermittlungsergebnisse, die schon ihrer Beschreibung zufolge erst nach dem 21. Juli 1999 zu den Akten des aus dem Kosovo stammenden Asylwerbers gelangt sein konnten, weggelassen, der Beschwerdeführerin aber zum Teil die Verfahrenshandlungen dieses Asylwerbers zugeschrieben. Weite Teile der Bescheidbegründung betreffen Rechtsänderungen in Ungarn, die erst am 1. September 1999 in Kraft getreten sind und die Bestätigung der Zurückweisung des Asylantrages der Beschwerdeführerin am 21. Juli 1999 nicht zu rechtfertigen vermögen. Dieser zuletzt genannte Gesichtspunkt ist der belangten Behörde bei der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung auch bewusst gewesen. Zur Begründung für die Übernahme auch der diesbezüglichen Ausführungen aus dem Bescheid vom 6. Oktober 1999 wird nämlich angemerkt, es sei "nicht auszuschließen", dass die neuen Bestimmungen auf die "in Ungarn Aufenthalt nehmende" Beschwerdeführerin "zumindest zeitweilig ab 1.9.1999" Anwendung gefunden hätten.
Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Bemerkung erübrigt sich, weil die auf dem Bescheid vom 6. Oktober 1999 beruhende, fast 200 Seiten lange Begründung des angefochtenen Bescheides in ihrer Gesamtheit nicht den für Bescheide der belangten Behörde aus § 60 in Verbindung mit § 67 AVG abzuleitenden Erfordernissen der Klarheit und der Übersichtlichkeit entspricht. Es handelt sich um eine unsystematische, durch eine Vielzahl oft seitenlanger Zitate aus nur teilweise vorgelegten Unterlagen unterbrochene Aneinanderreihung von Ausführungen, in denen sich die unterschiedlichsten Betrachtungsebenen vermischen und deren Länge auch jedem Versuch einer sinnvollen Synthese der für eine Bescheidbegründung in Betracht kommenden Elemente durch den Leser entgegensteht. Das daraus resultierende Fehlen einer den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Bescheidbegründung hindert die Partei an der wirksamen Verfolgung ihrer Rechte und den Verwaltungsgerichtshof an der Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der getroffenen Entscheidung (vgl. zu teilweise ähnlichen Bescheiden der belangten Behörde die Erkenntnisse vom heutigen Tag, Zlen. 99/20/0388, 2000/20/0083 und 2000/20/0523, mit weiteren Nachweisen).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Juli 2001
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999200387.X00Im RIS seit
24.09.2001