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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §14 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. Werner Weiss, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 19. Juni 2000, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2000-3434, betreffend Höhe des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist folgender Sachverhalt unbestritten:
Der 1979 geborene Beschwerdeführer absolvierte vom 22. August 1996 bis 21. August 1999 während seines Heimaufenthaltes im NÖ. Landesjugendheim Korneuburg die Lehre als Bauschlosser. In dieser Zeit bezog er ein monatliches Taschengeld von S 3.150,-- und die Sachbezüge; weiters wurden die Sozialversicherungsbeiträge für 1998 bei einer Bemessungsgrundlage von S 7.230,-- und für 1999 bei einer Bemessungsgrundlage von S 7.350,-- monatlich entrichtet. Am 23. August 1999 stellte er den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Unter Heranziehung der Jahresbeitragsgrundlage 1998 von (aufgewertet) S 7.258,-- wurde ein täglicher Arbeitslosengeldanspruch von S 116,90 und eine Bezugsdauer von 210 Tagen errechnet. Das so errechnete Arbeitslosengeld wurde dem Beschwerdeführer vom 23. August bis 15. September 1999, also für 24 Tage, gewährt. Vom 16. September 1999 bis 30. Jänner 2000 war der Beschwerdeführer als Bauschlosser beschäftigt. Am 1. Februar 2000 beantragte er neuerlich die Gewährung des Arbeitslosengeldes. Mit Mitteilung vom 15. Februar 2000 wurde der Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 5. Februar 2000 bis voraussichtlich 8. August 2000 von täglich S 116,90 anerkannt. Mit Bescheid vom 15. Februar 2000 wurde gemäß § 16 Abs. 1 lit. l AlVG ausgesprochen, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung vom 1. bis 4. Februar 2000 ruht.
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 28. Februar 2000 einen Bescheid über die Höhe des ihm zuerkannten Arbeitslosengeldes. Er verwies darin auf das von ihm von September 1999 bis Jänner 2000 erzielte Entgelt.
Mit Bescheid vom 1. März 2000 stellte die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Grund des genannten Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 21 Abs. 1 und 3 AlVG fest, dass dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld nach Lohnklasse 16 in Höhe von S 116,90 täglich gebühre. In der Begründung wurde nach auszugsweiser Wiedergabe des § 21 Abs. 1 und 3 AlVG ausgeführt, im gegenständlichen Fall sei die Jahresbeitragsgrundlage des Jahres 1998 heranzuziehen gewesen. Die beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherte monatliche Beitragsgrundlage betrage (bereits aufgewertet) S 7.258,--.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid bestätigt. In der Begründung wurde nach Gesetzeszitaten und Darstellung des Verwaltungsgeschehens der eingangs wiedergegebene unstrittige Sachverhalt wie folgt beurteilt:
Im August 1999 sei der Anspruch auf Arbeitslosengeld auf Grund der Jahresbeitragsgrundlage 1998 bemessen und die Bezugsdauer mit 210 Tagen festgelegt worden. Von dieser Bezugsdauer habe der Beschwerdeführer 24 Tage verbraucht. Das daran anschließende Dienstverhältnis habe nicht lange genug gedauert, um eine neue Anwartschaft zu erfüllen. Hiefür wäre ein arbeitslosenversicherungspflichtiges Dienstverhältnis in einer Dauer von 182 Tagen erforderlich gewesen. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Antrag vom 1. Februar 2000 keinen neuen Anspruch geltend machen können, sondern nur den nicht verbrauchten Restanspruch aus dem Jahr 1999. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage sei hiebei nicht in Betracht gekommen.
Aber selbst wenn der Arbeitslosengeldanspruch des Beschwerdeführers auf Grund der Antragstellung 1. Februar 2000 neu zu bemessen gewesen wäre, hätte auf die Jahresbeitragsgrundlage 1998 zurückgegriffen werden müssen. In diesem Jahr sei der Beschwerdeführer ohne Unterbrechung als Lehrling beschäftigt gewesen. Der Verdienst bzw. die Lehrlingsentschädigung der 1999 beendeten Lehrzeit sei tauglich der Lohnklassenbemessung zu Grunde gelegt zu werden. Die Lehrlingsentschädigung bleibe nur dann außer Betracht bzw. sei eine Anteilsrechnung vorzunehmen, wenn sie mit einer höheren Entlohnung aus einem Dienstverhältnis zusammentreffe. Dies sei im Jahre 1998 aber nicht der Fall gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte bei Bemessung des Arbeitslosengeldes die Jahresbeitragsgrundlagen des zuletzt vorliegenden Kalenderjahres heranziehen müssen. Die Zeiten des Bezuges der Lehrlingsentschädigung hätten außer Betracht zu bleiben, wenn es für den Arbeitslosen günstiger sei. Für den Beschwerdeführer sei diese Variante der Berechnung des Arbeitslosengeldes jedenfalls günstiger, weil er in der Zeit vom 19. September 1999 bis 4. Februar 2000 einen Bruttolohn von S 19.676,-- inklusive Sonderzahlungsanteile ins Verdienen gebracht habe. Das Arbeitslosengeld sei daher ausschließlich auf Grund dieses Verdienstes zu bemessen, sodass sich ein der Lohnklasse 91 zu unterstellender Verdienst errechne und damit das tägliche Arbeitslosengeld S 339,40 betrage.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Auffassung des Beschwerdeführers, zur Bemessung seines Anspruches auf Arbeitslosengeld sei ausschließlich der vom 19. September 1999 bis 4. Februar 2000 erzielte Bruttolohn zu Grunde zu legen, kann nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer übersieht, dass bei der weiteren - hier zweiten - Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes die Anwartschaft nur dann erfüllt ist, wenn der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Das Dienstverhältnis von September 1999 bis einschließlich Jänner 2000 erreichte nicht diese Dauer. Der Beschwerdeführer hat daher, wie die belangte Behörde zu Recht festhält, keine neue Anwartschaft erworben. Sein Antrag vom 1. Februar 2000 auf Gewährung des Arbeitslosengeldes ist aber zutreffend als Geltendmachung eines Fortbezuges des auf Grund des Antrages vom 23. August 1999 gewährten Arbeitslosengeldes angesehen worden. In diesem Falle ist aber eine Berücksichtigung des Verdienstes aus der zwischenzeitig zurückgelegten Beschäftigungszeit nicht möglich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juni 1997, 94/08/0054).
Die Bemessung des Arbeitslosengeldes auf Grund des Antrages vom 23. August 1999 entspricht der Rechtslage. Die Bemessung des Arbeitslosengeldes richtete sich nach § 21 Abs. 1 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 148/1998. Diese Bestimmung lautet:
"Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes wird nach Lohnklassen bemessen. Für die Festsetzung der Lohnklasse ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen die nach den vorstehenden Sätzen heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so sind jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. Zeiten, in denen der Arbeitslose infolge Erkrankung (Schwangerschaft) nicht das volle Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen hat sowie Zeiten des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung, wenn es für den Arbeitslosen günstiger ist, bleiben bei der Heranziehung der Beitragsgrundlagen außer Betracht. In diesem Fall ist das Entgelt durch die Zahl der Versicherungstage zu teilen und mit 30 zu vervielfachen. Jahresbeitragsgrundlagen, in denen eine Herabsetzung der Arbeitszeit im Sinne des § 27 Abs. 1 oder der Bezug von Karenz (Urlaubs)geld bei Teilzeitbeschäftigung oder eine Beschäftigung neben einer Gleitpension (§ 253 c ASVG) vorliegt, bleiben außer Betracht. Sind die heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes älter als ein Jahr, so sind diese mit dem (den) Aufwertungsfaktor/en gemäß § 108 Abs. 4 ASVG des betreffenden Jahres / der betreffenden Jahre aufzuwerten."
Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass im Zeitpunkt der für den Fortbezugsanspruch maßgebenden ersten Antragstellung am 23. August 1999 die Jahresbeitragsgrundlage 1998 den Behörden vorgelegen ist. Zufolge der Antragstellung nach dem 30. Juni des Jahres 1999 war diese Jahresbeitragsgrundlage zur Bemessung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen. In dieser Jahresbeitragsgrundlage sind ausschließlich Einkünfte auf Grund des Lehrverhältnisses enthalten. Andere für die Bemessung gemäß § 21 Abs. 1 erster Satz AlVG in Betracht kommende (höhere) Beitragsgrundlagen liegen nicht vor. Eine Nichtberücksichtigung der sich aus der Lehrlingsentschädigung ergebenden Jahresbeitragsgrundlage gemäß dem vierten Satz des § 21 Abs. 1 AlVG kommt daher nicht in Betracht. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt nämlich voraus, dass in der Jahresbeitragsgrundlage neben der Lehrlingsentschädigung auch Entgelte aus anderen Voll- oder Teilzeitbeschäftigungen vorliegen. Die Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes auf Grund dieser Jahresbeitragsgrundlage wird zu Recht nicht bestritten. Eine Bemessung des Arbeitslosengeldes auf Grund der Jahresbeitragsgrundlage 1999 kommt aber nicht in Betracht. Dies entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch unter Berücksichtigung der - wie oben dargelegt mangels Anwartschaft unbeachtlichen - Antragstellung am 1. Februar 2000. Auch bei einer solchen wirksamen Antragstellung wären im Übrigen die Jahresbeitragsgrundlagen 1998 heranzuziehen gewesen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Juli 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000080167.X00Im RIS seit
18.12.2001