RS UVS Oberösterreich 1999/07/09 VwSen-320055/4/Gu/Pr

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Veröffentlicht am 09.07.1999
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Rechtssatz

Im gegenständlichen Fall war zu beurteilen, ob der Beschuldigte mit dem Gang zur Behörde das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um allenfalls bestehende Wissensdefizite auszugleichen, welche Verfahren denn alle notwendig seien, um aus der Fülle der Gesetze nichts außer Acht zu lassen.

Falls ein Projektwerber sich bei der zuständigen Behörde erkundigt und von dieser eine unrichtige Auskunft erhält, kann dies schuldbefreiend wirken. Im gegenständlichen Fall stellte sich die Frage, ob eine nicht erschöpfende Auskunft auch dazu im Stande war.

Aufgrund der Verfassungsrechtslage und des Behördenaufbaus ist die Bezirkshauptmannschaft als monokratische Behörde organisiert, alle Entscheidungen ergehen im Namen oder für den Bezirkshauptmann. Die Bezirkshauptmannschaft kommt für den Bürger nach Maßgabe der Kompetenzvorschriften des Wasserrechtsgesetzes als Wasserrechtsbehörde I. Instanz, daneben aber auch nach dem Oö. Natur- und Landschaftsschutz 1995 als Naturschutzbehörde I. Instanz in Betracht.

Da die Probebohrung auf die künftige Vermarktung von Mineralwasser abzielte, kam die Bezirkshauptmannschaft aber darüber hinaus auch noch als zuständige Gewerbebehörde in Betracht.

Das Verschulden aus der Unkenntnis der Rechtslage war am Maßstab einerseits einer monokratisch organisierten Behörde zu messen, deren Beamten eine Manuduktion gerade bei immer wiederkehrenden überschneidenden Rechtsgebieten und Hinweis auf weitere Bewilligungspflichten zugemutet werden kann. Andererseits ist es einem durchschnittlich orientierten Rechtsunterworfenen auch geläufig, daß auch monokratisch organisierte Behörden in Fach- bzw. Geschäftsabteilungen agieren, weil das hohe Maß der vom Gesetzgeber ausgeschütteten Vorschriften bis in die letzten Interpunktionen von einem einzelnen Organwalter in der Regel nicht für alle Gebiete gleichzeitig auf Stand gehalten wird.

Allerdings gilt diese Zumutbarkeitsgrenze aber auch für den Bürger (Rechtsunterworfenen). Vom Bürger darf keinesfalls mehr erwartet werden als vom Behördenorgan. Von den Bürgern eines Bezirkes wird regelmäßig gewußt, daß z.B. der Führerschein nicht in der Wasserrechtsabteilung und der Gewerbeschein nicht von der Forstrechtsabteilung erworben wird und der Naturschutz bei Projekten im freien Gelände stets einen gesonderten Stellenwert hat und eine gesonderte Bearbeitung findet. Wenngleich es im gegenständlichen Fall hilfreich gewesen wäre, wenn der mit dem Vorhaben des Beschuldigten offensichtlich erstmalig befaßte Beamte der Bezirkshauptmannschaft B von sich aus hingewiesen hätte, daß trotz wasserrechtlicher positiver Beurteilung der Sache noch weitere Bewilligungen einzuholen gewesen wären, war dies für den Beschuldigten in der Zusammenschau doch nicht gänzlich schuldbefreiend, weil er eine Frage des Inhaltes, ob eine wasserrechtliche Bewilligung allein für das Vorhaben genüge, nicht gestellt hat. Dementsprechend hatte er auch keine abschließende Antwort des befaßten Beamten der Bezirkshauptmannschaft B erwarten können und war ein unbesorgtes Vertrauen, wenn schon M nichts gegen sein Vorhaben einwände, so werde auch sonst alles in Ordnung sein, unbegründet.

Insoferne konnte von einer Unkenntnis der Verwaltungsvorschriften, die erwiesenermaßen unverschuldet war nicht die Rede sein. In der Gesamtsicht war das Verschulden doch äußerst geringfügig, aber gerade noch gegeben.

Indem die objektive und subjektive Tatseite erfüllt waren, mußte der Schuldspruch bestätigt werden und wird ergänzend auf die Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides verwiesen.

Wenngleich das geringe Maß des Verschuldens von diesem Blickwinkel aus für die Rechtswohltat des § 21 Abs.1 VStG genügt hätte, so konnte ein Absehen von einer Bestrafung nicht erfolgen, weil das weitere Erfordernis, nämlich eine mindergewichtige objektive Tatseite nicht vorlag. Durch Verwirklichung des Projektes ohne vorheriges Verfahren geschah als Folge ein nachhaltiger Eingriff in die Natur in unmittelbarer Nähe des St. V, dessen Uferschutzzone von 50 m durch die Verordnung der Oö. Landesregierung vom 20.12.1982, BGBl. Nr. 107/1982 idF BGBl. Nr. 4/1987 besonders geschützt ist. Herabsetzung.

Schlagworte
Mineralwasser, Probebohrung, Bachuferschutzzone, BH ist zuständige Wasserrechts- und Naturschutzbehörde, monokratische Organisation, Nichtaufklärung über weitere Bewilligungspflichten, Verschulden des Projektbetreibers
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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