RS UVS Oberösterreich 1999/11/30 VwSen-420248/40/Kl/Rd

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Veröffentlicht am 30.11.1999
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Rechtssatz

Fest steht, dass gegen den Bf zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot gemäß § 40 Abs2 FrG 1997 bestand. Damit bestand für den Bf die Pflicht, unverzüglich auszureisen. Der Bf hat auch nachweisbar die Ausreise bis zum 30.9.1998 der Behörde zugesichert. An diesen gesetzlichen Folgen ändert auch die Anordnung der Sicherheitsdirektion, mit dem Vollzug zuzuwarten, nichts.

Gemäß § 62 Abs2 FrG kann gegen einen Fremden auch dann ein Festnahmeauftrag erlassen werden, wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (ua § 40 Abs2) nicht nachgekommen ist. Der Bf ist trotz seiner Zusicherung der freiwilligen Ausreise bis 30.9.1998 nicht nachgekommen; die Anordnung der Sicherheitsdirektion erfolgte hingegen erst am 30.9.1998. Der Bf hat daher Ausreiseunwilligkeit zum Ausdruck gebracht, sodass ein Festnahmeauftrag den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Der Bf hat sich überdies in der elterlichen Wohnung polizeilich gemeldet, dort seinen Wohnsitz begründet, diesen zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gemacht und auch nach der Verehelichung dort seine persönlichen Gegenstände belassen. Auch kam er regelmäßig in diese Wohnung. Es war daher auch aus diesen tatsächlichen Umständen die Ausreiseunwilligkeit zu vermuten. Es war daher die vorläufige Festnahme und Verbringung vor die Behörde in Umsetzung dieses Festnahmeauftrages rechtmäßig (§ 63 Abs1 Z1 FrG). Anlässlich dieser Festnahme wurde eine erniedrigende Behandlung des Bf durch die Organe nicht festgestellt. Dem Bf wurden keine Handfesseln angelegt. Auch wurde ihm Gelegenheit zum Ankleiden und zum Sammeln persönlicher Sachen gewährt und ihm auch die Möglichkeit für persönliche Telefonate eingeräumt.

Gemäß § 71 Abs1 FrG kann die Behörde, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass ein Fremder, gegen den ein Festnahmeauftrag erlassen worden ist, sich in bestimmten Räumlichkeiten innerhalb des Sprengels der Behörde aufhalte, sofern es zur Durchsetzung des Festnahmeauftrages erforderlich erscheint, den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die schriftliche Ermächtigung erteilen, die Räumlichkeiten zu betreten.

Aufgrund der polizeilichen Meldung in der elterlichen Wohnung sowie des tatsächlichen Wohnsitzes nach Haftentlassung in der elterlichen Wohnung und des Umstandes der Erlassung eines Festnahmeauftrages, war auch die von der Behörde erteilte Ermächtigung gemäß § 71 FrG rechtmäßig ergangen. Wenn hingegen vom Bf die Verletzung des Hausrechts der Eltern geltend macht, so ist dem entgegenzuhalten, dass gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG eine Beschwerde wegen Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nur den Personen zusteht, die in ihren subjektiven Rechten verletzt sind. Dem Bf steht aber weder das Eigentum noch ein Mietrecht an der genannten Wohnung zu, sodass eine Verletzung des Hausrechts des Bf nicht vorliegt. Seitens der Eltern des Bf wurde eine Beschwerde jedoch nicht eingebracht. Es war daher die Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation des Bf zurückzuweisen. Darüber hinaus haben aber auch die Zeugeneinvernahmen ergeben, dass eine Gewaltanwendung nicht erforderlich war, zumal der Zutritt zur Wohnung freiwillig gestattet wurde und auch in der Wohnung keine Zwangsanwendung durchgeführt wurde. Es wurde lediglich Nachschau gehalten und es wurde dabei freiwillig der Zutritt gewährt. Eine Nachschau an sich erfüllt aber den Begriff der Hausdurchsuchung nicht. Es fehlt der Beschwerde daher auch an einem anfechtbaren Zwangsakt bzw einem tauglichen Anfechtungsgegenstand gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs1 Z2 AVG.

Der Bf wurde laut BPD Linz, in deren Zurechnung die Festnahme erfolgte, vorgeführt und vor dieser noch am selben Tage niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde ihm die Absicht der Abschiebung bekannt gegeben.

Gemäß § 56 Abs1 Z2 FrG können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind. Es liegt auf der Hand, dass der Bf trotz durchsetzbaren Aufenthaltsverbots seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen ist, insbesondere hat er auch seine Zusage nicht eingehalten. Durch seine Verehelichung gab er auch zu erkennen, dass er nicht gewillt ist, das Bundesgebiet zu verlassen. Darüber hinaus war der Bf auch straffällig und rechtskräftig bestraft, sodass auch aus Gründen der öffentlichen

Ruhe, Ordnung und Sicherheit eine Abschiebung notwendig erscheint. Es war daher die Vorgangsweise der belangten Behörde, nämlich die Anordnung der Abschiebung durch Verbringung des Bf vom PGH Linz zum Flughafen Wien/Schwechat gerechtfertigt. Weiters ist anzuführen, dass der Bf weder einen Durchsetzungsaufschub noch

einen Abschiebungsaufschub erwirkt hat. Auch gab er ausdrücklich an, dass keine Verbote gemäß § 57 FrG der Abschiebung entgegenstehen.

Hingegen ist die weitere Vorgangsweise der belangten Behörde bei der Abschiebung bedenklich. Gemäß Art3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Das Waffengebrauchsgesetz 1969 regelt gemäß dessen § 1 den Waffengebrauch im Rahmen der polizeilichen Zwangsbefugnisse. Gemäß § 4 Waffengebrauchsgesetz ist der Waffengebrauch nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauchs, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben. Waffengebrauch ist gemäß § 2 Z2 bis 4 legcit nur zulässig zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes, zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme oder zur Verhinderung des Entkommens einer rechtmäßig festgehaltenen Person.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist weder aus dem Verhalten des Bf anlässlich der Festnahme als auch der Verbringung zum PGH als auch bei seiner Einvernahme und schließlich bei seiner Verbringung zum Flughafen Wien/Schwechat ein Widerstand gegen die Festnahme erkennbar gewesen. Wenn er auch mit Worten Bedenken gegen seine Festnahme und Verbringung äußerte, so hat er nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen weder

durch Worte noch durch Gestik einen echten Widerstand gesetzt. Auch hat er keine Anstalten gemacht, sich der weiteren Festnahme entziehen zu wollen. Es hat daher der Bf keinen Anlass für besondere Sicherheitsvorkehrungen im Hinblick auf die Abschiebung gegeben. Wenn auch das verwendete Fahrzeug kein Arrestantenwagen war und daher keine Gittervorrichtung aufwies, so waren dennoch die Türen versperrbar.

Anlässlich des ruhigen Verhaltens des Bf waren daher außer dem Versperren der Türen keine Sicherheitsvorkehrungen erforderlich. Dies brachte im Übrigen schon die Fahrt von P nach Linz zum Ausdruck, wonach auch auf dieser Strecke besondere Sicherungen nicht vorhanden waren und der Bf trotzdem keine Fluchtversuche unternahm. Es war daher aus dem bisherigen Verhalten eine Gewaltanwendung durch den Bf, wie etwa das Aufbrechen der Türen oder Einschlagen der Fensterscheiben nicht erkennbar und nicht zu

befürchten. Dabei musste auch berücksichtigt werden, dass die Fahrt hauptsächlich auf der Autobahn bei hoher Geschwindigkeit stattfindet und daher eine Flucht eher unwahrscheinlich ist. Schließlich waren technische Sperren an den PKW-Türen möglich und auch vorgesehen. Die zusätzliche Verwendung von Handfesseln während der gesamten Fahrt war daher nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Es wurde daher in diesem Punkt der Bf in seinem Recht gemäß Art3 EMRK verletzt. Insoweit war der Beschwerde stattzugeben.

Der Bf macht weiters eine unzulässige Personendurchsuchung am Flughafen Wien/Schwechat, und zwar nach der Pass- und Grenzkontrolle im Sicherheitsbereich vor Betreten des Flugzeuges geltend. Gemäß § 1 des Bundesgesetzes über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, BGBl. Nr. 824/1992, obliegt den Sicherheitsbehörden der besondere Schutz von Zivilluftfahrzeugen und der Menschen, die sich an Bord befinden oder an Bord gehen, vor gefährlichen

Angriffen, die mit Waffen, Kriegsmaterial, Munition, Schieß- oder Sprengmitteln oder anderen besonders gefährlichen Gegenständen begangen werden können. Zur Gewährleistung dieses Schutzes haben Flugplatzhalter und Luftbeförderungsunternehmen nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes beizutragen. Die Sicherheitsbehörden haben dafür zu sorgen, dass der vorbeugende Schutz

durch die Durchsuchung der Kleidung und des Gepäcks der Menschen gewährleistet wird. Die Organe des

öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, den Zutritt eines Menschen zu einem Zivilluftfahrzeug von seiner Bereitschaft abhängig zu machen, seine Kleidung und sein Gepäck nach § 2 kontrollieren zu lassen und ihm im Fall seiner Weigerung den Zutritt zu untersagen (§§ 2 und 3 leg.cit).

Aufgrund der Zeugenaussagen steht fest, dass eine Durchsuchung des Bf in der Sicherheitsschleuse vor dem Gate nicht durch einen Beamten der BPD Linz, sondern entweder durch einen Beamten der BPD Schwechat oder ein Sicherheitspersonal der Fluggesellschaft oder eines beauftragten Unternehmens durchgeführt wurde. Eine Beauftragung von Unternehmen ist nach § 4 Zivilluftfahrzeug-Sicherheitsgesetz vorgesehen. Im Grunde dieser gesetzlichen Bestimmungen ist aber erkennbar, dass diese Personendurchsuchung nicht Teil der Abschiebung, sondern aus Sicherheitsgründen zum Schutz der Zivilluftfahrzeuge vorgenommen wurde. Sie ist nicht Teil des hoheitlichen Handelns (Abschiebung) der belangten Behörde. Vielmehr ist diese Kontrolle der örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde, das ist die BPD Schwechat bzw dem beauftragten Unternehmen zuzurechnen. Gemäß § 67c Abs1 AVG sind Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde. Der angefochtene Akt der Zivilluftfahrzeug-Sicherheitskontrolle wurde nicht im Sprengel des Verwaltungssenates des Landes OÖ gesetzt, weshalb der Oö. Verwaltungssenat für die

gegenständliche Beschwerde unzuständig ist. Es war

daher das diesbezügliche Beschwerdevorbringen

spruchgemäß zurückzuweisen.

Sonstige Rechtsverletzungen konnten nicht festgestellt werden. Insbesondere hat das Ergebnis des Beweisverfahrens gezeigt, dass dem Bf auf Verlangen die Möglichkeit, mit seiner Gattin, mit seinen Eltern und mit seinem Rechtsvertreter zu telefonieren, jeweils gegeben wurde. Eine Konkretisierung, wo das Recht nicht eingeräumt wurde, wurde im Beschwerdeverfahren nicht vorgenommen. Im Beweisverfahren kam hervor, dass eine Kontaktnahme seitens des Bf mit dem Rechtsanwalt und der Familie auch am GP P und bei der BPD Linz und am Flughafen in der Flughafenhalle eingeräumt wurde. Ein Telefonieren im Sicherheitsraum vor dem Gate am Flughafen war aus tatsächlichen Gegebenheiten nicht möglich und konnte daher nicht eingeräumt werden.

Allerdings wurde dem Wunsch des Bf, seine Eltern vom Abflug zu verständigen, ebenfalls entsprochen. Dass einem Festgenommenen die Möglichkeit nicht eingeräumt wird, zu seinen Eltern zu fahren, um ein Gepäckstück abzuholen, ist mit dem Sinn und Zweck einer Festnahme vereinbar und eine zulässige Beschränkung des Bf. Es war daher das diesbezügliche Beschwerdevorbringen abzuweisen.

Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als der Beschwerdeführer durch das Anlegen von Handschellen auf der Fahrt von Linz nach Wien in seinen Rechten verletzt wurde. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Hinsichtlich der behaupteten Hausdurchsuchung in Linz und der Personendurchsuchung in Wien/Schwechat wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gemäß § 79a AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei, wobei die §§ 52 bis 54 VwGG gelten. Gemäß § 52 Abs.1 VwGG ist, wenn von einem Beschwerdeführer in einer Beschwerde mehrere Verwaltungsakte angefochten werden, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre. Im Hinblick auf die Stattgabe war daher gemäß § 1 der Aufwandersatzverordnung

UVS, BGBl. Nr. 855/1995, dem Bf als obsiegender Partei der Schriftsatzaufwand in Höhe von 8.400 S, der Verhandlungsaufwand

für zwei Verhandlungen in der Höhe von zweimal 10.400 S sowie die Stempelgebühren von 180 S, also insgesamt 29.380 S zuzusprechen.

Im Hinblick auf den zurückweisenden Spruchteil war in Anwendung

des § 52 Abs.1 VwGG im Grunde des § 1 der Aufwandersatzverordnung UVS dem Bund als in diesem Teil obsiegende Partei, der Vorlageaufwand in Höhe von 565 S, der Schriftsatzaufwand in Höhe von 2.800 S und der Verhandlungsaufwand für zwei Verhandlungen in Höhe von zweimal

3.500 S, insgesamt 10.365 S zuzusprechen.

Gemäß § 52 Abs.2 VwGG, welcher gemäß § 79a Abs.7 AVG anzuwenden

war, ist der Verhandlungsaufwand für jede mündliche Verhandlung

zu ersetzen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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