SACHVERHALT:
Der Beschuldigte wurde als Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers wegen Nichteinhaltung der täglichen Lenkzeit und der Lenkpausen durch
einen beschäftigten Lenker nach dem KFG rechtskräftig bestraft. Ein zweites Verfahren wurde gegen ihn als Verantwortlicher des Arbeitgebers nach dem Arbeitszeitgesetz eingeleitet. Darin wurde ihm
-
wie auch bereits in dem Verfahren nach dem KFG - zur Last gelegt, dass
der selbe Lenker an (teilweise) den gleichen Tagen die vorgeschriebenen Tageslenkzeiten und Lenkpausen nicht eingehalten habe.
RECHTLICHE BEURTEILUNG:
Es hat also der Beschuldigte durch eine Tat zwei Delikte verwirklicht.
Zur Beurteilung, ob eine Doppelbestrafung hier zulässig ist, ist die verfassungsrechtliche Grenze, die Artikel 4 Abs 1 des siebenten Zusatzprotokolles zur EMRK (7 ZP EMRK) für eine Doppel- oder Mehrfachbestrafung zieht, zu beachten. Wie der Verfassungsgerichtshof
in seinem Erkenntnis vom 05 12 1996, G 9/96, hiezu ausgeführt hat, ist
eine Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung dann unzulässig,
wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war. Dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodaß ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst.
Der
Verwaltungsgerichtshof teilt diese Interpretation und führt als zusätzliches Argument an, dass auch das offenbar vom EGMR nach wie vor
vorausgesetzte Gebot des Artikel 4 des 7 ZP EMRK, die Gefahr unterschiedlicher Beurteilungen einer einzigen Tat durch verschiedene
Behörde zu vermeiden, für diese Auslegung spricht (VwGH vom 22 03 1999, Zl 98/17/0134).
Die Unzulässigkeit einer Doppelbestrafung besteht also dort, wo "das gleiche Verhalten" Gegenstand einer zweiten Bestrafung ist. In dem hier zu beurteilenden Fall bestand die Tathandlung sowohl in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nach dem KFG als auch
in dem anhängigen Verfahren nach dem AZG darin, dass der Beschuldigte
nicht dafür gesorgt hat, dass ein und derselbe Lenker die in der EWG-Verordnung 3820/85 festgelegte Tageslenkzeit und die erforderlichen Lenkpausen einhält. An dieser "Einheitlichkeit" im Ablauf des Sachverhaltes besteht im hier gegenständlichen Verfahren kein Zweifel.
Der Beschuldigte wurde wegen der Nichteinhaltung dieser Verordnung bereits bestraft und ist der diesbezügliche Unrechts- und Schuldgehalt
seines Verhaltens damit erschöpft. In welcher Eigenschaft die Tat dem
Beschuldigten zur Last gelegt wurde, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil es sich dabei nicht um ein bedeutsames tatbestandliches Qualifikationskriterium - also keinen wesentlichen Gesichtspunkt des jeweiligen Straftatbestandes - handelt, wenngleich nicht übersehen wird, dass der Schutzzweck nach dem Arbeitszeitgesetz
auf den Arbeitnehmer ausgelegt ist. Im Lichte obiger Rechtsprechung sind solche Sachverhalte, welche eine strafrechtliche "Idealkonkurrenz" erkennen lassen, im Hinblick auf die Vermeidung einer Doppelbestrafung eng auszulegen. Nachdem also ein und die selbe
strafbare Handlung bereits geahndet wurde, würde eine Bestrafung wegen
desselben Verhaltens eine verpönte kumulative Verantwortlichkeit des Berufungswerbers zur Folge haben und daher eine Verletzung des Artikel 4 des 7 ZP EMRK nach sich ziehen.