RS UVS Oberösterreich 2000/04/12 VwSen-420274/5/Gf/Km

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Veröffentlicht am 12.04.2000
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Rechtssatz

Gemäß § 67c Abs. 1 AVG ist eine Maßnahmenbeschwerde bei jenem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel der angefochtene Verwaltungsakt gesetzt wurde. Im gegebenen Zusammenhang einer Abschiebung - also einer nicht bloß punktuellen, sondern in aller Regel örtlich ausgedehnten Maßnahme, die sich auch auf das Gebiet mehrerer Bundesländer erstrecken kann - hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass das "Verhalten zur Ausreise am tatsächlichen Aufenthaltsort des Fremden" beginnt; "dort setzt der gegen ihn gerichtete behördliche Zwang ein und setzt sich bis zum Passieren einer Grenzkontrollstelle fort. Die Abschiebung ist aber insoferne eine Einheit, als alle ihre Elemente auf den Endzweck ausgerichtet sind, den Fremden zum Verlassen des Bundesgebietes zu verhalten, gleichgültig wo sich diese Einzelelemente ereignen. Sie alle gehen auf den Willen derjenigen Fremdenpolizeibehörde zurück, die die Abschiebung veranlasst hat. Daraus folgt, dass zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung nur jener unabhängige Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen örtlichem Wirkungsbereich die Abschiebung beginnt. Dass in diesem Zusammenhang auch im Gebiet anderer Länder gegen den Fremden auf die Abschiebung gerichteter behördlicher Zwang wirksam wird, ist für die Zuständigkeit des UVS ohne Belang" (VwGH

v. 23.9.1994, 94/02/0139; s.a. VwGH v. 16.2.1999, 98/02/0324, zur - insoweit vergleichbaren - Zurückschiebung).

Mit dem im Akt der belangten Behörde erliegenden Schreiben

des Bezirkshauptmannes von St. Pölten vom 28.2.2000, wurde

die Bundespolizeidirektion Steyr angewiesen, die

Beschwerdeführerin "vom do. Gefangenenhaus abzuholen und

direkt zur Grenzkontrollstelle Kleinhaugsdorf zu überstellen

und die gesicherte Ausreise aus dem Bundesgebiet der

Republik Österreich zu überwachen. ... Vor der Ausreise wird

... noch ersucht, das Heimreisezertifikat für die Obgen. ha.

... abzuholen. Weiters ist noch der

Aufenthaltsverbotsbescheid von der Obgen. zu übernehmen."

Da die Abschiebung im gegenständlichen Fall somit im Lichte der dargestellten Judikatur fraglos in Steyr begonnen hat, ist sohin die örtliche (und sachliche; diesbezüglich folgt aus dem erstzitierten Erkenntnis weiters, dass eine Abschiebung nach dem Fremdengesetz als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG anzusehen ist) Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates gegeben.

Auch die übrigen Prozessvoraussetzungen sind erfüllt; die vorliegende Beschwerde ist daher zulässig.

In der Sache ist allein die Rechtsfrage strittig, ob die Vorführung der Beschwerdeführerin vor die belangte Behörde zwecks Aushändigung des Aufenthaltsverbotsbescheides bereits der Abschiebung zuzurechnen ist oder nicht.

Nach § 56 Abs.1 Z.1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 86/1998 (im Folgenden: FrG), können u.a. Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden, wenn die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erscheint.

Damit sind zwar die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abschiebung normiert; eine Anordnung über deren Beginn bzw. Ende findet sich jedoch im FrG nicht.

Im o.a. Erkenntnis hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof dezidiert ausgesprochen, dass die Abschiebung, nämlich das "Verhalten zur Ausreise", stets bereits "am tatsächlichen Aufenthaltsort des Fremden" beginnt.

Dies bedeutet, dass im gegenständlichen Fall die Verbringung der Rechtsmittelwerberin von Steyr nach St. Pölten nicht als eine von der eigentlichen Abschiebung losgelöste bloße Vorführung vor die Behörde zwecks Bescheidübernahme angesehen werden kann, sondern vielmehr der Abschiebung selbst zuzurechnen ist.

Davon ausgehend hätte dem § 51 Abs.1 FrG entsprechend bereits bei der Abholung der Rechtsmittelwerberin im Polizeigefangenenhaus Steyr am 28.2.2000 um 12.30 Uhr ein vollstreckbarer Aufenthaltsverbotsbescheid vorliegen müssen; tatsächlich wurde dieser Bescheid des Bezirkshauptmannes von St. Pölten vom 25. Februar 2000, Zl. 11F-00, ihren Rechtsvertretern jedoch - allseits unbestritten - erst um

14.22 Uhr zugestellt.

Für den dazwischenliegenden Zeitraum erweist sich die Abschiebung der Beschwerdeführerin sohin aus diesem formalen Grund als rechtswidrig.

Dies hatte der Oö. Verwaltungssenat nach § 67c Abs. 3 AVG antragsgemäß festzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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