Gemäß § 130 Abs.1 Z.27 iVm § 79 Abs.1 und § 115 Abs.1 Z.2 ASchG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 2.000 S bis zu 100.000 S zu bestrafen, der als Arbeitgeber nach dem 1.1.1997 in Arbeitsstätten, in denen er regelmäßig zwischen 101 und 150 Arbeitnehmer beschäftigt, keinen Arbeitsmediziner bestellt. In gleicher Weise macht sich nach § 130 Abs.1 Z.27 iVm § 115 Abs.1 Z.2 und § 82 Abs.1 ASchG strafbar, wer Arbeitsmediziner nicht im erforderlichen (Mindest-)Ausmaß beschäftigt.
Die Bestimmung des § 130 Abs.1 Z.27 ASchG enthält demnach zwei alternative Straftatbestände, nämlich die Nichtbestellung eines Arbeitsmediziners einerseits und die Nichtbeschäftigung eines - bestellten - Arbeitsmediziners im ausreichenden Ausmaß auf der anderen Seite.
Wenngleich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Bestimmung des § 82 ASchG als verletzte Verwaltungsvorschrift angeführt hat, geht doch aus dessen Formulierung sowie aus der Begründung und damit im Gesamtzusammenhang eindeutig hervor, dass sie der Rechtsmittelwerberin in Wahrheit eine Übertretung des § 79 ASchG anlasten wollte.
Wäre der Oö. Verwaltungssenat demnach im Hinblick auf § 44a Z.2 VStG zu einer entsprechenden Korrektur noch berechtigt (vgl. zB statt vieler VwGH v. 23.10.1995, 93/04/0101), so gilt dies allerdings nicht hinsichtlich des Umstandes, dass sich in dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt keinerlei Hinweis darauf findet, dass auch zum Tatzeitpunkt selbst an der verfahrensgegenständlichen Arbeitsstätte zwischen 101 und 150 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen wären:
Diesbezüglich geht nämlich einerseits auch aus dem Schreiben des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk (vom 9.7.1998, Zl. 01/01-9/98) nur hervor, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Unternehmen "etwa 140
Arbeitnehmer (Stichtag 6. Juli 1998)" bzw. (vom 14. Mai 1998, Zl. 01/01-9/98) "laut Auskunft der OÖ. GKK ... im Monat Mai 1998 123 Arbeitnehmer" beschäftigt habe; auf der anderen Seite hat die belangte Behörde in ihrem Akt offenkundig eigenständig angefertigte (vgl. den Bericht des Bezirksverwaltungsamtes vom 23.9.1998, Zl. 11-1/0 stichtagsweise Ausdrucke (überwiegend zum jeweiligen Monatsende) hinsichtlich der Anzahl der in der GmbH Beschäftigten - allerdings nicht für den Tattag, sondern für den Zeitraum zwischen dem 1.1.1996 und dem 31.12.1997 - dokumentiert.
Auf den mit dem angefochtenen Straferkenntnis angelasteten Tatzeitpunkt - d.i. der 6. Juli 1998 - bezogen findet sich sohin im Ergebnis keinerlei Nachweis.
Neben dem Aspekt, dass gegenständlich jedenfalls auch jegliche, auf den Tattag bezogene Ermittlungen darüber fehlen, ob sich die zuvor dargestellten Behauptungen jeweils auch auf eine Arbeitsstätte iSd § 2 Abs.3 iVm § 115 Abs.3 ASchG bezogen, ist in diesem Zusammenhang auch darauf
hinzuweisen, dass für die Träger der Sozialversicherung (abgesehen davon, dass - ausgehend vom Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses - der bloße Umstand, dass an einem bestimmten Tag eine bestimmte Anzahl von
Arbeitnehmern bei einem Sozialversicherungsträger gemeldet waren, von vornherein noch keinen endgültigen Nachweis über die tatsächliche Anzahl der zu diesem Stichtag regelmäßig iSd § 115 Abs.1 Z.2 ASchG beschäftigten Arbeitnehmer zu liefern vermag) den Unabhängigen Verwaltungssenaten gegenüber von vornherein keine gesetzliche Auskunftspflicht besteht; eine derartige Verpflichtung könnte vielmehr nur aus § 20 und § 21 des Arbeitsinspektionsgesetzes, BGBl. Nr. 27/1993, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 63/1997, gegenüber den Arbeitsinspektoraten selbst abgeleitet werden.
All dies berücksichtigend sieht sich der Oö. Verwaltungssenat daher wiederum (vgl. zuletzt statt vieler z.B. VwSen-230719 vom 30.7.1999 = ZUV 1999/4/26) zu der Feststellung veranlasst, dass es ihm im Hinblick auf seine verfassungsmäßige Aufgabenstellung als einem Organ der Kontrolle der Verwaltung (vgl. Art. 129 ff B-VG), aber auch im Hinblick auf die verfassungsmäßige Garantie eines fairen Verfahrens (Art.6 Abs.1 MRK) von vornherein verwehrt ist, substantielle Versäumnisse des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens zu substituieren und auf diese Weise die Rolle des unabhängigen Richters zu verlassen und gleichzeitig auch die Funktion des Anklägers wahrzunehmen.
Damit kann aber die der Beschwerdeführerin angelastete Übertretung des § 79 Abs.1 iVm § 115 Abs.1 Z.2 und § 130 Abs.1 Z.27 ASchG letztlich nicht als mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen angesehen werden. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG einzustellen.