Eine den Verkehrsverhältnissen angepasste Fahrgeschwindigkeit nach § 20 Abs 1 StVO liegt bei ca 45 km/h im Ortsgebiet nicht vor, wenn der Lenker zwar pflichtgemäß einen aus einer Ausfahrt fahrenden LKW beobachtet und beim Vorüberfahren geringfügig auslenkt, jedoch dabei nicht auch auf die vor ihm stehen bleibenden Fahrzeuge achtet, sodass er erst 2,3 Sekunden nach dem Aufleuchten der Bremslichter des vor ihm fahrenden Kombis bremst und auf dieses schon mindestens eine Sekunde angehaltene Fahrzeug auffährt. War es dem Lenker infolge seiner Konzentration auf den LKW nicht möglich, seine Aufmerksamkeit zugleich auch auf den übrigen Straßenverkehr, insbesondere auf die vor ihm uneingeschränkt wahrnehmbar fahrende Kolonne zu richten, hätte er seine Fahrgeschwindigkeit entsprechend der geteilten Aufmerksamkeit verringern müssen (OGH 13.10.1966, ZVR 1967/157). Die verlängerte Reaktionszeit war nämlich nicht entschuldigt, da der Lenker die Annäherung des LKW rechtzeitig aus einer Entfernung von etwa 10 m vor der Ausfahrt wahrnahm und zudem ständig Sicht auf die erwähnte Kolonne hatte. Voraussetzung für die Entschuldbarkeit einer verlängerten Reaktionszeit ist nur eine Schreck- und Schockwirkung durch ein unvorhersehbares, nach den Umständen vollkommen überraschendes Ereignis (OGH 31.8.1976, ZVR 1977/40).