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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde der G in V, vertreten durch Dipl. Kfm. Dr. Rolf Kapferer, beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Innsbruck, Salurnerstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 1. August 2000, GZ. L. 447/3- IV/4/00, betreffend Anordnungen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung (in einer Schenkungssteuerangelegenheit), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 9. Februar 2000 stellte die Beschwerdeführerin betreffend acht Schenkungsvorgänge unter Punkt 1.) ihres Schreibens primär den Antrag auf Freistellung von der österreichischen Schenkungssteuer und unter den Punkten 2.) und
3.) dazu jeweils Eventualanträge auf Anrechnung der deutschen Schenkungssteuer, und zwar primär gemäß § 48 BAO und eventualiter gemäß § 6 Abs. 3 zweiter Satz ErbStG.
Die Eventualanträge wurden jeweils ausdrücklich "für den Fall der Abweisung" des vorangegangenen Primärantrages gestellt.
Die belangte Behörde sprach mit dem Spruchpunkt 1.) ihres Bescheides betreffend den ersten Schenkungsfall die primär beantragte Freistellung aus, mit Spruchpunkt 2.) hingegen gewährte sie betreffend die Schenkungsfälle 2 bis 7 nur die Anrechnung der von Deutschland von diesen Erwerbsvorgängen erhobenen Schenkungssteuer auf die österreichische Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Die Begründung zu Spruchpunkt 2.) lautet wie folgt:
"Gemäß § 48 BAO kann der Bundesminister für Finanzen bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegen, unter anderem soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung erforderlich ist, anordnen, ausländische, auf bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung entfallende Abgaben ganz oder teilweise auf die inländischen Abgaben anzurechnen.
In Ausübung des durch § 48 BAO eingeräumten Ermessens war - wie in allen vergleichbaren Fällen - die beantragte Steueranrechnung bei Anwendung des Anrechnungshöchstbetrages und unter der Bedingung des Nachweises der tatsächlichen Besteuerung im Ausland auszusprechen."
Nur gegen den Spruchpunkt 2.) dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Freistellung verletzt und macht gesetzwidrige Ermessensübung geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird. Die Beschwerdeführerin replizierte darauf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 48 BAO lautet:
"Das Bundesministerium für Finanzen kann bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist, anordnen, bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung ganz oder teilweise aus der Abgabepflicht auszuscheiden oder ausländische, auf solche Gegenstände entfallende Abgaben ganz oder teilweise auf die inländischen Abgaben anzurechnen."
Die Auswahl einer der beiden von dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen ist eine Ermessensentscheidung (Stoll, BAO-Kommentar I 513 letzter Absatz, 515) und bedarf wie alle Ermessensentscheidungen (wenn sie dem Parteiantrag nicht vollinhaltlich stattgeben) einer entsprechenden Begründung (Stoll a. a.O. 515 letzter Absatz und die dort angeführte hg. Rechtsprechung).
Nach ständiger hg. Judikatur und herrschender Meinung sind Eventualanträge zulässig, wobei das Wesen eines solchen Antrages darin gelegen ist, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der jeweilige Primärantrag erfolglos bleibt (vgl. dazu insbesondere die bei Ritz, BAO-Kommentar2 in Rz 3 zu § 85 BAO referierte hg. Judikatur; weiters Stoll, a.a.O. 853 Abs. 2 und Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 E 8a und b zu § 13 AVG).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall gleich zwei Rechtswidrigkeiten begangen: Zum einen hat sie ohne Abweisung des auch für die Schenkungsfälle 2 bis 7 ausdrücklich gestellten Primärantrages auf Freistellung sofort und ohne Begründung dieses Vorgehens über den ersten Eventualantrag entschieden; zum anderen hat sie inhaltlich nicht dargelegt, warum sie für die Schenkungsfälle 2 bis 7 die primär angestrebte Freistellung nicht gewährte und statt dessen die nur eventualiter beantragte Anrechnung angeordnet hat.
Bereits dieser Umstand belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Mit Rücksicht auf die durch die zitierte Lehre und Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 9. August 2001
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000160624.X00Im RIS seit
15.01.2002