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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des W in N, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 20. August 1998, Zl. RV- 110.97/1-7/97, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer kaufte mit Vertrag vom 4. Oktober 1995 eine Liegenschaft von der X-OHG. Am selben Tag schloss der Beschwerdeführer einen Treuhandvertrag ab, wonach er die Liegenschaft als Treuhänder auf Rechnung der Treugeberin, nämlich der "in Gründung befindlichen L & Z Invest GmbH", innehaben sollte.
Die Verträge wurden dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Graz (im Folgenden: Finanzamt) angezeigt
Mit Bescheid vom 18. Februar 1997 schrieb das Finanzamt (im zweiten Rechtsgang) dem Beschwerdeführer Grunderwerbsteuer hinsichtlich des Kaufvertrages vom 4. Oktober 1995 vor. (Ein gegen Z am selben Tag ergangener Grunderwerbsteuerbescheid auf Grund des Treuhandvertrages vom 4. Oktober 1995 bildet u. a. den Gegenstand des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage, Zlen. 98/16/0377, 0378).
Der Beschwerdeführer erhob gegen den gegen ihn auf Grund des Kaufvertrages ergangenen Bescheid Berufung. Es sei aus dem Bescheid nicht ersichtlich, welchen Tatbestand des § 1 GrEStG er verwirklicht haben sollte. Der Kauf- und der Treuhandvertrag bildeten eine wirtschaftliche Einheit und müssten von der Behörde so verstanden werden, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Dabei sei nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt. Es sei Absicht der Vertragsparteien gewesen, dass der Beschwerdeführer die Liegenschaft als Treuhänder erwerbe und damit den Treugebern das wirtschaftliche Eigentum, die Verwertungs- und Verfügungsbefugnis beschaffe. Der Treuhänder verfüge nach dem Treuhandvertrag über keinerlei Verfügungs- und Verwaltungsrechte. Zudem hätten die Treugeber die Liegenschaft mit einem Kredit belastet, der auf dem Treugut hafte. Zu keinem Zeitpunkt hätte er die Möglichkeit gehabt, die Liegenschaft weiter zu veräußern. Es stelle daher eine unzulässige Doppelbesteuerung eines einheitlichen Erwerbsvorganges dar, wenn man den Grunderwerb sowohl § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 als auch § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 unterwerfen würde, es sei ausschließlich § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 heranzuziehen. Es würden dadurch auch die verfassungsmäßigen Rechte des Treuhänders verletzt und das Institut der Treuhand verkannt, außerdem hätte diese formalrechtliche Betrachtung nur den Zweck der Abgabenmaximierung.
Nachdem das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 30. April 1997 die Berufung als unbegründet abgewiesen hatte, beantragte der Beschwerdeführer ohne weitere Begründung die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Es sei Wesensmerkmal der nach positivem Recht im einzelnen nicht geregelten Treuhandschft, dass der Treuhänder eigene Rechte ausübe, er handle im eigenen Namen für fremde Rechnung. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung stelle die Treuhandschaft kein Scheingeschäft dar, denn beim Treuhandvertrag stimmten Wille und Erklärung der Parteien tatsächlich überein. Da es für die Steuerpflicht eines Erwerbsvorganges iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 auf dessen Beweggrund nicht ankomme, stelle auch der Erwerb eines Grundstückes durch einen Treuhänder für seinen Treugeber mittels Kaufvertrages für den Treuhänder einen grunderwerbsteuerlichen Rechtsvorgang nach dieser Bestimmung dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofe knüpften die Tatbestände des Grunderwerbsteuerrechtes in der Hauptsache an die äußere zivil- bzw. formalrechtliche Gestaltung an und leiteten daraus abgabenrechtliche Folgen ab. Bei solchen Tatbeständen sei daher schon aus dem Tatbestandsmerkmal heraus bei der Beantwortung der Frage, ob der Sachverhalt unter eine Norm subsumiert werden könne, die entsprechende formalrechtliche Beurteilung geboten und nur in diesem tatbestandsmäßig vorgegebenen Rahmen für die wirtschaftliche Betrachtungsweise Raum gegeben. Wenn also der Treugeber den Treuhänder beauftrage, ein Grundstück zu erwerben, so erwerbe der Treugeber zugleich mit dem Erwerb des Grundstückes durch den Treuhänder die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Grundstück. Es lägen somit zwei selbständig grunderwerbsteuerliche Erwerbsvorgänge vor, und zwar der Erwerb durch den Treuhänder zufolge des von ihm mit dem Verkäufer abgeschlossenen Kaufvertrages (§ 1 Abs. 1 Z.1 GrEStG 1987) sowie der damit verbundene Erwerb der wirtschaftlichen Verfügungsmacht durch den Treugeber (§ 1 Abs. 2 GrEStG 1987).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Grunderwerbsteuerfreiheit verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten
und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG 1987) unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet der Grunderwerbsteuer, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen. Nach § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsgeschäfte, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (s. etwa das hg. Erk. vom 7. März 1991, Zl. 90/16/0002; zum gleichlautenden § 1 Abs. 1 GrEStG 1955 s. das hg. Erk. vom 22. Oktober 1976, Zl. 1995/75, VwSlg. 5032/F) knüpfen die Tatbestände des GrEStG 1987 (ebenso wie jene des GrEStG 1955) in der Hauptsache, so auch im Fall des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987, an die äußere formalrechtliche Gestaltung an und gestatten daher nur in diesem durch das Gesetz gegebenen Rahmen eine Beurteilung gemäß § 21 Abs. 1 BAO zur Lösung von Tatfragen.
Der Beschwerdeführer lässt auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbestritten, dass er die gegenständliche Liegenschaft mit dem Kaufvertrag vom 4. Oktober 1995 erworben hat. Allein damit hat der Beschwerdeführer bereits den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 erfüllt, sodass das Finanzamt dem Beschwerdeführer Grunderwerbsteuer vorzuschreiben hatte. Es kann daher sowohl dahingestellt bleiben, aus welchem Beweggrund (etwa als Treuhänder) der Beschwerdeführer die gegenständliche Liegenschaft erworben hat, als auch, ob und welche anderen Personen (eine allfällige Treugeberin) ebenfalls Tatbestände des GrEStG 1987 erfüllt haben. Vielmehr stellen sowohl der Kaufvertrag als auch der Treuhandvertrag je einen selbständig steuerbaren Rechtsvorgang dar (s. das bereits zitierte Erk. vom 22. Oktober 1976 und die dort zitierte frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie Doralt/Ruppe, Steuerrecht II4 (2001), Rz. 160).
Daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Auf Basis der zitierten Rechtssprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. August 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998160376.X00Im RIS seit
15.01.2002