TE Vwgh Erkenntnis 2001/8/21 2001/09/0053

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Veröffentlicht am 21.08.2001
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. Jänner 2001, Zl. UVS-07/A/37/15/1999/15, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Jänner 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber mit Sitz an einem näher bezeichneten Ort in W entgegen der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz in der derzeit geltenden Fassung, wonach ein Arbeitgeber, soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen darf, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei oder wenn der Ausländer eine, für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder Entsendebewilligung oder Anzeigenbestätigung besitze, am 18. März 1998 eine dem Namen nach individualisierte ausländische Arbeitskraft mit serbischer Staatsangehörigkeit, für welche weder eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Arbeitserlaubnis erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei und die auch keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder Beschäftigungsbewilligung oder Anzeigebestätigung oder einen Befreiungsschein besessen habe und auch keine Entsendebewilligung oder EU-Entsendebestätigung vorgelegen sei, mit dem Verkauf von Teppichen in R beschäftigt habe. Er habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG verletzt. Es wurde eine Geldstrafe von S 15.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen) verhängt.

Die belangte Behörde gab in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wieder, wobei sie die Aussagen des Beschwerdeführers, des als Zeugen einvernommenen Ausländers und die vom Beschwerdeführer vorgelegte Vereinbarung wörtlich zitierte. Die belangte Behörde ging von folgendem festgestellten Sachverhalt aus:

"Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens wird als erwiesen angenommen, dass zwischen dem Berufungswerber und dem serbischen Staatsangehörigen M, hinsichtlich dessen Person im maßgeblichen Zeitraum keinerlei arbeitsmarktbehördliche Bewilligung vorlag, zumindest zwischen Ende 1996 und Mitte 1998 eine Vereinbarung bestand, nach der M für das Unternehmen des Berufungswerbers Teppichverkäufe an Kunden in ganz Österreich vermitteln bzw. Teppiche verkaufen sollte. M führte zu diesem Zwecke Teppichmuster bzw. auch Lieferscheinblöcke mit sich und war berechtigt, entweder die Muster selbst sofort zu verkaufen oder die Teppiche beim Berufungswerber für die Kunden anzufordern. Für diese Tätigkeit war eine Provision pro verkauftem Artikel von 20 % vereinbart. M war zwar nicht direkt zum Verkauf einer bestimmten Anzahl von Teppichen verpflichtet, es traf ihn jedoch eine regelmäßige Berichtspflicht; die angebahnten Geschäfte waren monatlich zu melden. Die Provisionszahlung erfolgte nach Abgabe von Honorarnoten. Kam M seiner Meldepflicht nicht nach, so urgierte der Berufungswerber diese mit der Ankündigung, dass dann das Verhältnis beendet werde. M trug die Kopie eines Gewerbescheines des Berufungswerbers bei sich, auf dessen Rückseite der Berufungswerber bestätigt hatte, dass M für ihn tätig sei, welche er bei Kontrollen vorweisen konnte und was er auch tat. M war einem auf gleichartige Produkte beschränkten Konkurrenzverbot ausgesetzt und es bestand keine Möglichkeit, sich durch andere Personen vertreten zu lassen. M entfaltete während seiner Tätigkeit für den Berufungswerber keine anderen nennenswerten beruflichen Tätigkeiten. Am 18.3.1998 wurde er im Rahmen der oben beschriebenen Handlungen in Kärnten angetroffen."

Rechtlich wertete die belangte Behörde diesen Sachverhalt folgendermaßen:

"Selbst wenn man zugrunde legt, dass M einen eigenen 'Marktstand' hatte, den er fallweise auch aufbaute, und dass er nur eher selten tatsächlich Abschlüsse zustande brachte, so ist doch an Hand der anderen Merkmale für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis ein solches gegeben: M verfügte über keinen eigenen Betrieb, entfaltete seine Tätigkeiten doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit und unbestrittenermaßen über längere Dauer, er war zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung verpflichtet und es traf ihn eine Berichterstattungspflicht; er arbeitete mit Arbeitsmitteln, nämlich Mustern und Unterlagen, des Berufungswerbers und war in der Zeit seiner Tätigkeit im Wesentlichen nur für den Berufungswerber tätig. Er unterlag einem, wenn auch eingeschränkten Konkurrenzverbot, bekam ein festgesetztes Entgelt und brachte Arbeitsleistungen, welche dem Berufungswerber zugute kamen. Unter solchen Arbeitsumständen ist es rechtlich nicht relevant, dass unter § 5 der vorgelegten Vereinbarung einvernehmlich festgestellt wird, dass ein 'freies Arbeitsverhältnis' begründet werde, das nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien kein Arbeitsverhältnis im Sinne der arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften sein sollte, da nach § 2 Abs 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bei der Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht auf die äußere Erscheinungsform, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt abzustellen ist. Dieser ist anhand der oben zitierten höchstgerichtlichen Judikatur im gegenständlichen Fall sehr wohl als zumindest arbeitnehmerähnliches Verhältnis zu qualifizieren."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die von der Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen aufgrund des konkreten Sachverhaltes unrichtig und teilweise in einer der Judikatur und den juristischen Begriffen widersprechenden Weise vorgenommen worden sei. Eine Erfassung der Intensität der Ausprägung des jeweiligen Merkmales sei nicht erfolgt. Es sei insbesondere nicht darauf eingegangen worden, welcher der zum Typus gehörigen Merkmale nicht vorliege. Unter diesen Umständen sei eine Bewertung des Gesamtbildes, welches wie auch in der Entscheidung ausgeführt worden sei, erforderlich sei, nicht möglich.

In der Folge bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid im Einzelnen anhand der von der belangten Behörde entsprechend der herrschenden Lehre und Rechtsprechung im angefochtenen Bescheid aufgelisteten Abgrenzungsmerkmale zur Arbeitnehmerähnlichkeit.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie belangte Behörde und Beschwerdeführer übereinstimmend erkennen, müssen bei der Beurteilung, ob ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorliegt, nicht alle Kriterien, welche möglicherweise zur Bestimmung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit relevant sein könnten, verwirklicht sein; sie müssen in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht bewertet werden, wobei die Bewertung nach den Regeln des "beweglichen Systems" erfolgt, in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von welchselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird.

Dem Beschwerdeführer ist dahin Recht zu geben, dass die belangte Behörde die sich aus dem Ermittlungsverfahren ergebenden Sachverhalt nur unvollständig erfasst und gewichtet hat. Im Einzelnen ist zu den typischen Merkmalen wirtschaftlicher Unselbständigkeit und deren Gewichtung zueinander auszuführen:

Vorauszuschicken ist, dass die Tätigkeit von Handelsvertretern in der Judikatur als arbeitnehmerähnlich dann beurteilt wurde, wenn ihre Bindung an den Auftraggeber wirtschaftliche Unselbständigkeit zur Folge hatte (vgl. den Beschluss des OGH vom 5. Dezember 1978, 8 Ob 569/78 = Arb. 9747 u. a.).

1. Zur Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers:

Unter Betrieb im Sinne dieser Abgrenzung nach dem AuslBG ist die einfache Zuordnung einer Leistung in die betriebliche Sphäre der Berechtigten zu verstehen (vgl. Bachler, Ausländerbeschäftigung (1995), 16).

Das Handelsunternehmen des Beschwerdeführers befasst sich im Rahmen einer erteilten Gewerbeberechtigung mit dem Groß- und Kleinhandel von Waren. Im Ermittlungsverfahren ist hervorgekommen, dass der Ausländer M. zwecks Vermittlung von Verkaufsaufträgen für Teppiche im Namen und auf Rechnung des Beschwerdeführers an unterschiedlichen Orten in Österreich tätig war. Die belangte Behörde leitet hieraus richtig ab, dass M. über keinen eigenen Betrieb verfügte. Selbst wenn man - darüber hinausgehend - davon ausginge, dass M. in der betrieblichen Sphäre des Beschwerdeführers tätig gewesen wäre, käme dem anders als bei ortsfesten Arbeitsergebnissen (z.B. die an das Bestehen von Anlagen gebundene Herstellung von Bauteilen) bei Handelsunternehmern jedoch nur geringes Gewicht zu, weil es kaum vorstellbar ist, dass ein Handelsvertreter im Rahmen der Vermittlung von Verkaufsaufträgen, die am Sitz des Handelsunternehmens auszuführen sind, andere als der betrieblichen Sphäre des Auftraggebers zuzuordnende Leistungen erbrächte.

2. Zur Regelmäßigkeit und längeren Dauer der Tätigkeit:

Im gegenständlichen Fall wurde die Zusammenarbeit zwischen Beschwerdeführer und Herrn M. auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Dies würde an und für sich in Richtung Arbeitnehmerähnlichkeit deuten, zu berücksichtigen ist jedoch, dass - wie auch die belangte Behörde richtig erkennt - Herr M. nicht zum Verkauf einer bestimmten Anzahl von Teppichen verpflichtet war. Nach dem Inhalt der Vereinbarung träfe Herrn M. überhaupt keine Leistungspflicht, sondern er wäre durch den Beschwerdeführer nur bevollmächtigt, im Namen und auf Rechnung des Handelsunternehmens dritte Interessenten über die Produkte (Teppiche) zu beraten, Muster vorzulegen, sowie Käufe und Verkäufe zu vermitteln. Eine anders geartete Ausübung in der Praxis ist im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Dem steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer Herrn M. eine Kopie seines Gewerbescheines übergeben hat, auf dessen Rückseite er handschriftlich bestätigte, dass Herr M. im Namen und auf Rechnung des Handelsunternehmens Handelstätigkeiten durchführen dürfe, wobei die Gültigkeit dieser Bestätigung - mehrfach verlängert - befristet eingetragen war. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer Herrn M. gesagt habe, wenn er nicht arbeite, müsse er die Gewerbescheinkopie zurückgeben, bewirkt aus dem Gesichtspunkt einer Würdigung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt noch keine entgegen der schriftlichen Vereinbarung anzunehmende Leistungspflicht des Herrn M. Denn es ist unmittelbar einsichtig, dass die bloß zur Erleichterung der Vermittlungstätigkeit übergebene Kopie eines Gewerbescheines befristet und im Falle des Nichtabschlusses von Geschäftsaufträgen für das ausstellende Handelsunternehmen rückgefordert wird, um die Möglichkeit einer missbräuchlichen Verwendung einzuschränken.

Damit ist aus der unbefristeten Vertragsdauer kein Indiz für das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses zu gewinnen.

3. Zur Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung:

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist aus § 2 der vorgelegten Vereinbarung abzuleiten, dass nur Herr M. bevollmächtigt wurde, die Beratungs- und Vermittlungstätigkeit für das Handelsunternehmen K durchzuführen. Damit spräche dieses Kriterium - allerdings aus dem unter 2. Gesagten, in keinem gewichtigen Ausmaß -  für das Vorliegen von Arbeitnehmerähnlichkeit.

4. Zur Beschränkung der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, "stille" Autorität) und

5. zur Berichterstattungspflicht:

Im gegenständlichen Fall ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer berechtigt gewesen wäre, Herrn M. Weisungen betreffend die persönliche Gestaltung seiner Vermittlungstätigkeit zu erteilen bzw. ihm tatsächlicherweise erteilt hätte. Selbst sachliche, d.h. auf den Arbeits- oder Dienstleistungserfolg abstellende Weisungen - welche mit persönlicher Unselbständigkeit des Verpflichteten gar nichts zu tun hätten - sind nicht hervorgekommen. Die vereinbarte Verpflichtung, die vom Kunden unterfertigten Vermittlungsanträge bis längstens Monatsultimo dem Beschwerdeführer zu übermitteln bzw. alle vier Wochen zumindest telefonischen Kontakt aufrechtzuerhalten, wurde von der belangten Behörde als eine für die Arbeitnehmerähnlichkeit sprechende Berichterstattungspflicht des Herrn M. gewertet. Zu Recht wendet der Beschwerdeführer hiegegen ein, dass der Nachweis vermittelter Geschäftsabschlüsse im gegenständlichen Fall die Grundlage der Vertragserfüllung bildet. Solchen "Kontrollen" ist jeder Vertragspartner bezüglich seiner Leistungspflichten unterworfen. Dies ist im gegenständlichen Fall unumgänglich notwendig, um die vermittelten Aufträge seitens des Beschwerdeführers auch ausführen und abrechnen zu können. Ein Indiz für wirtschaftliche Unabhängigkeit des Herrn M. läge jedoch nur dann vor, wenn die nach dem Vertrag und dessen praktischer Durchführung zulässigen Kontrollen einen Umfang und eine Intensität erreichten, dass sie die dem scheinbar vorliegenden Vertragstyp prinzipiell innewohnenden Kontrollrechte überstiegen (vgl. mwN, Bachler, aaO, 25).

Da sohin weder die Ausführung der Vermittlungstätigkeit des Herrn M. betreffende Weisungen noch überschießende Kontrollen hervorgekommen sind, sprechen die Kriterien 4. und 5. gegen das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses.

6. Zur Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers:

Dass der Auftraggeber bei einem Vermittlungsauftrag Muster beistellt, um die Vermittlungstätigkeit zu erleichtern, ist allgemein verständlich und als Abgrenzungsmerkmal hier ungeeignet. Könnte man noch aus den vom Beschwerdeführer Herrn M. beigestellten Bestellformularen allenfalls ein Indiz pro Arbeitnehmerähnlichkeit gewinnen, so wird dies jedoch dadurch überkompensiert, dass Herr M. seine Tätigkeit mit eigenem KFZ und eigenem "Marktstand" durchführte, ohne dass er die Kosten hiefür vom Beschwerdeführer ersetzt bekommen hätte. Damit ist in diesem Punkt jedenfalls kein Indiz für das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses zu gewinnen.

7. Zur Ausübung der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer:

Der Umstand, dass Herr M. im Rahmen des Vermittlungsauftrages ausschließlich für den Beschwerdeführer tätig wurde, deutet zwar grundsätzlich auf Arbeitnehmerähnlichkeit. Doch auch zur Beurteilung dieses Punktes sind die Gesamtumstände bedeutsam. Nach der Vereinbarung war Herr M. nicht dazu verpflichtet, ausschließlich für das Handelsunternehmen K tätig zu sein. Herr M. war nicht zur Erbringung eines bestimmten Leistungsumfanges verpflichtet (siehe Punkt 3.). Tatsächlich übte er die Vermittlungstätigkeit selbst nach den Angaben des Beschwerdeführers nur sporadisch aus (nach der Aussage des Herrn

M. wäre der Umfang der ausgeübten Tätigkeit noch geringer gewesen). Damit ist weder aus der Vereinbarung noch aus dessen praktischer Umsetzung hervorgekommen, dass Herr M. vom Beschwerdeführer wirtschaftlich abhängig gewesen sei, es wäre Herrn M. sowohl rechtlich als auch tatsächlich frei gestanden, für eine an sich unbeschränkte, wechselnde Zahl von anderen Auftraggebern tätig zu werden. Aus den im gegenständlichen Fall vorliegenden Umständen ist sohin auch zu diesem Kriterium kein gewichtiges Indiz für das Vorliegen von Arbeitnehmerähnlichkeit zu gewinnen.

8. Zur vertraglichen Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot):

Im gegenständlichen Fall wurde ein Konkurrenzverbot dahingehend vereinbart, dass Herr M. nicht berechtigt sei, für andere Unternehmen mit dem gleichen Produkt (Teppiche) tätig zu sein.

Bei Wettbewerbsverboten ist zu differenzieren, ob ein "echtes" Konkurrenzverbot, d.h. Verbot, gleichartige Tätigkeiten für in unmittelbarem Wettbewerb stehende Fremdunternehmer desselben Geschäftszweiges zu leisten, oder ein generelles Verbot von Nebentätigkeiten auch nicht konkurrenzierender Art vereinbart wurde. Im ersten Fall ist aufgrund der immanenten Interessenwahrungspflicht (= Treuepflicht) kein Indiz zur Abgrenzung zu gewinnen, denn diese Pflicht trifft den in persönlicher Abhängigkeit stehenden Arbeitnehmer genauso wie etwa den selbständigen Gesellschafter einer OHG (vgl. mwN Bachler, aaO, 27). Ein über ein "echtes" Konkurrenzverbot hinausgehendes Verbot liegt aber im gegenständlichen Fall nicht vor.

9. Zur Entgeltlichkeit:

Im gegenständlichen Fall erhielt Herr M. für vermittelte Aufträge Provision in Höhe von 20 % des Auftragswertes. Eine darüber hinausgehende Abgeltung von Aufwendungen fand nicht statt.

Sind ausschließlich Provisionen als Gegenleistung vereinbart, wobei in ihnen auch die Abgeltung aller damit verbundenen Aufwendungen enthalten ist, liegt darin ein Indiz gegen das Vorliegen von Arbeitnehmerähnlichkeit. Denn damit ist das unternehmerische Risiko zumindest in einem (bedeutenden) Teilbereich auf den Provisionsempfänger verlagert (vgl. mwN Bachler, aaO, 28).

10. Zur Frage, wem die Arbeitsleistung zugute kommt:

Die Beantwortung der Frage, ob der wirtschaftliche Erfolg der Arbeitsleistung dem Auftraggeber zugute kommt, bietet nur ein geringes Indiz zur Abgrenzung. Nur dann, wenn dem Auftraggeber ein außergewönlich hoher wirtschaftlicher Nutzen zukommt, deutet dies in Richtung Fremdbestimmtheit des Leistungspflichtigen. Im gegenständlichen Fall erhielt Herr N. eine Provision von etwa 20 % des Verkaufswertes der bestellten Waren für alle mit der Vermittlungstätigkeit verbundenen Aufwendungen. Dem steht auf Seite des Beschwerdeführers gegenüber, dass in den verbleibenden ca. 80 % der Einkaufswert der Waren und die Kosten für Versand und Abrechnung enthalten sind. Es ist nicht hervorgekommen, dass dem Beschwerdeführer ein außergewöhnlich hoher wirtschaftlicher Nutzen zugekommen sei.

In Bewertung der einzelnen Abgrenzungsmerkmale zueinander kommt sohin hervor, dass die in einzelnen Punkten für das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses hervorgekommenen Merkmale in ihrer Gewichtung durch die in den anderen Punkten hervorgekommenen gegen die Arbeitnehmerähnlichkeit sprechenden Merkmale überkompensiert wurden. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit des Herrn M. für den Beschwerdeführer ist demnach keine wirtschaftliche Unselbständigkeit des Herrn M. anzunehmen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am 21. August 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001090053.X00

Im RIS seit

09.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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