Das angefochtene Straferkenntnis weist (ebenso wie die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.04.2001) solche Mängel im Spruch auf, die zu seiner Aufhebung wegen mehrfachen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG führen müssen.
Bei näherer Betrachtung des Spruches fällt zunächst auf, dass die Erstbehörde dem Berufungswerber nicht ausdrücklich und unmissverständlich das wesentliche, der Unterscheidung dienende Tatbildmerkmal vorgeworfen hat, eine Transitfahrt durch Österreich durchgeführt zu haben. Sie hat ihm vielmehr nur vorgeworfen, als Fahrer eines Lastkraftwagens "keine der nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt" zu haben. Die darauf folgende Aufzählung der Unterlagen entspricht dem alternierenden Wortlaut des Art.1 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94. Aus dem systematischen Zusammenhang im Artikel 1 Abs.1 der EU-Ökopunkteverordnung, der Bestimmungen für Transitfahrten nach lit.a), b) und c) (Ausnahme für Transitfahrten nach Anhang C) und für die Nichttransitfahrten nach lit.d) (vgl "bilateraler Verkehr" laut Protokoll Nr. 9 Art.1 lit.g) vorsieht, ist sachlogisch abzuleiten, dass jedenfalls ein Unterschied zwischen Transit- und Nichttransitfahrten gemacht werden muss. Überdies sind innerhalb der Transitfahrten weitere Unterscheidungen zu treffen, zumal es auch ökopunktbefreite Transitfahrten gibt. Die Spruchfassung in einem Straferkenntnis hat selbstverständlich auf diese Differenzierungen Rücksicht zu nehmen und darf sich nicht - wie im gegenständlichen Fall geschehen - in einem kaum nachvollziehbaren "Einheitsbrei" erschöpfen. Fehlt ein wesentliches Tatbildmerkmal, so kann dieser Mangel vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht einfach ergänzt werden, weil dies zur Anlastung einer anderen Tat führt, was der Berufungsbehörde nicht zusteht.
Außerdem liegt ein gemäß § 44a Z1 VStG unzulässiger alternativer Tatvorwurf vor. Die angelasteten Tatbestände sind vom Inhalt her alternierend (arg. "entweder... oder "). Der gegenständliche Tatvorwurf ist demnach mehrdeutig. Er enthält Tatbilder, die streng auseinander zu halten sind und sich auch nach ihrer Formulierung weitgehend ausschließen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Alternativvorwurf im Spruch eines Strafbescheides unzulässig (vgl. etwa in VwGH 28.10.1987, 86/03/0131, VwGH 17.9.1992, 92/18/0180 und VwGH 29.3.1995, 90/10/0147: "bzw"; VwGH 26.11.1990, 89/10/0244: "entweder-oder"). Ein das Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG verletzender Alternativvorwurf darf allenfalls vorläufig in der Verfolgungshandlung, nicht jedoch im Straferkenntnis erfolgen (so ausdrücklich VwGH 14.05.1997, 95/03/0083). Hinsichtlich der Tatvorwürfe nach Art.1 Abs.1 lit.a) (Nichtmitführen eines ordnungsgemäß ausgefüllten Einheitsformulares) und Art.1 Abs.1 lit.c) (Nichtmitführen der in Art.13 angeführten geeigneten Unterlagen) gibt es weder eine Anzeige noch irgendwelche Ermittlungen der belangten Behörde, die einen solchen Tatvorwurf überhaupt rechtfertigen könnten.
Den Tatvorwürfen in Bezug auf die Tatbestände nach Art.1 Abs.1 lit.b) und lit.d) liegt nur die Datenauswertung der Grenzkontrollstelle, deren elektronische Geräte die Einreise des LKW registriert haben, zu Grunde. Sonstige Beweise hat die belangte Behörde nicht aufgenommen. Aus der Datenmeldung, die der Erstbehörde vom Bundesministerium für Verkehr, Technologie und Innovation ohne weitere Ermittlungen im Wege des Amtes der Oö. Landesregierung übermittelt wurde, geht lediglich hervor, dass der LKW mit dem amtlichen Kennzeichen WL- am 26.1.2001 um 00.45 Uhr in Neuhaus in das österreichische Bundesgebiet eingefahren ist. Der Umweltdatenträger "ecotag" war dabei auf "Transitfahrt" eingestellt. Er lieferte alle für die richtige Abbuchung von Ökopunkten notwendigen Daten.
In Wahrheit fehlt es daher hinsichtlich des Tatvorwurfes nach Art.1 Abs.1 lit.b) (Fehlen eines im Kraftfahrzeug eingebauten elektronischen Geräts, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird) an einer Verwirklichung des Tatbestands. Der Berufungswerber hatte in seinem Kraftfahrzeug den funktionierenden Umweltdatenträger "ecotag" eingebaut und damit "mitgeführt", wobei das Gerät unter der Annahme, dass er eine Transitfahrt durchführte, auch richtig eingestellt war. Dass Ökopunkte nicht automatisch abgebucht werden konnten, weil der betreffende Frächter gesperrt war, vermag nichts an der Tatsache zu ändern, dass der mitgeführte "ecotag" richtige Daten lieferte und eine automatische Entwertung an sich ermöglichte. Der Grund für die Nichtentwertung von Ökopunkten lag - wie die belangte Behörde selbst ausführte - in der Sperre des Frächters und nicht in einer Fehlfunktion oder unrichtigen Bedienung des Umweltdatenträgers. Dieser Gesichtspunkt wird aber vom Wortlaut des Art. Abs.1 EU-Ökopunkteverordnung überhaupt nicht erfasst. Nach h. Ansicht erscheint dies auch sinnvoll, zumal es nicht sachgerecht und damit rechtspolitisch bedenklich erschiene, wäre der Fahrer eines LKW auch dafür verantwortlich, dass sein Frächter und Arbeitgeber auch über ein gedecktes Ökopunktekonto verfügt. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es für die erkennende Kammer des Oö. Verwaltungssenates nicht nachvollziehbar ist, weshalb die belangte Behörde dennoch einen Verstoß gegen das Gebot nach Art.1 Abs.1 lit.b) EU-Ökopunkteverordnung anlasten konnte. Zu einem solchen Ergebnis kann man nur im Wege der Analogie oder der freien Rechtsfindung gelangen, was bekanntlich im Strafrecht schon im Hinblick auf den anerkannten rechtsstaatlichen Grundsatz "nullum crimen sine lege" unzulässig ist.
Zum Tatvorwurf nach Art.1 Abs.1 lit.d) EU-Ökopunkteverordnung ist festzustellen, dass diesbezüglich ebenfalls keine Anzeige vorliegt und auch keine Ermittlungen von der Erstbehörde durchgeführt wurden. Unter der Annahme, dass keine Transitfahrt durchgeführt wurde, hätte der Berufungswerber den "ecotag" lediglich falsch bedient, indem er auf Transitfahrt stellte, obwohl er auf "ökopunktbefreite Fahrt" hätte stellen müssen. Die wesentlichere Verpflichtung des Berufungswerbers wäre aber gewesen, geeignete Unterlagen mitzuführen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelte. Für einen Verstoß gegen dieses Gebot bietet die Aktenlage aber nicht den geringsten Anhaltspunkt. Ganz im Gegenteil ergibt sich aus der Verantwortung des Berufungswerbers schlüssig, dass er tatsächlich eine Transitfahrt durchgeführt und den "ecotag" auch richtig bedient hat. Somit bleibt auch für diesen Tatvorwurf nach lit.d) sachlogisch kein Raum.
Selbst wenn man die Tatbestandsmäßigkeit des Tatvorwurfes iSd Art.1 Abs.1 lit.b) der EU-Ökopunkteverordnung bejahen wollte, müsste wegen der Besonderheit der gegenständlichen Fallkonstellation das Verschulden des Berufungswerbers verneint werden:
Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten, welche die meisten Verwaltungsdelikte darstellen, erschöpft sich das Tatbild in einem bloßen Verhaltensunrecht ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.
Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift kein Verschulden trifft.
Der Fahrer eines Lastkraftwagens hat im Fahrzeug keine Möglichkeit festzustellen, ob der Frächter Ökopunkte auf seinem Konto hat oder nicht. Auf seinem "ecotag" hat er lediglich die Möglichkeit, die Einstellung des Gerätes auf Transitfahrt ("rot") oder auf transitbefreite Fahrt ("grün") zu überprüfen und gegebenenfalls umzustellen. Es besteht aber keine Möglichkeit, den Ökopunktestand abzurufen. Insofern ist der Fahrer auf die Angaben seines Arbeitgebers angewiesen. Dabei wird er nach h. Ansicht in der Regel auch darauf vertrauen dürfen, dass noch hinreichende Ökopunkte vorhanden sind, wenn er einen Lenkauftrag von seinem Arbeitgeber erhält. Er muss bei lebensnaher Betrachtung im Hinblick auf das besondere Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber nicht von vornherein damit rechnen, dass er belogen oder mit rechtswidrigen Lenkaufträgen beauftragt wird. Da er sich selbst rechtmäßig verhalten hat, darf er im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit Bediensteten seines Arbeitgebers auch grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich diese sorgfältig verhalten, es sei denn fremdes Fehlverhalten wäre erkennbar. Diese vom Vertrauensgrundsatz iSd § 3 StVO 1960 abgeleitete Wertung erscheint analogiefähig (vgl. dazu näher mwN Kienapfel, Grundriss des österreichischen Strafrechts, Besonderer Teil I/3 Rz 68 und 69 ff zu § 80 StGB).
Der Berufungswerber hat in seiner Berufung unwiderlegt vorgebracht, dass er sich bei einem Mitarbeiter des Betriebs sogar telefonisch vor der Abfahrt erkundigt hatte, ob Ökopunkte vorhanden waren. Durch eine solche telefonische Anfrage bei einem Verantwortlichen des Unternehmens kommt der Fahrer jedenfalls seiner Sorgfaltsverpflichtung nach. Auf Grund dieser telefonischen Information konnte der Berufungswerber darauf vertrauen, dass sich am Ökopunktekonto des Unternehmens die erforderlichen Ökopunkte befinden. Es war ihm nicht zuzumuten, die Angaben in Zweifel zu ziehen und weitere Erkundigungen, etwa bei der Behörde, einzuholen. Es bestand für ihn auch keine Veranlassung, eine Abbuchung bzw. Entrichtung von Ökopunkten auf eine andere Art und Weise zu veranlassen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.