Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des VwGG betreffend die Möglichkeit der Ablehnung einer Beschwerde durch den VerwaltungsgerichtshofSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller die Aufhebung des §33a VwGG 1985, BGBl. Nr. 1985/10 idF BGBl. Nr. 1985/564, 1990/330 und 1995/470 wegen Verfassungswidrigkeit.
2. Die Bestimmung des §33a VwGG hat folgenden Wortlaut:
"Der Verwaltungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10 000-S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird."
3.1. Der Antragsteller bringt vor, daß er beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich eingebracht habe, mit dem über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) wegen Nichterteilung einer Lenkerauskunft verhängt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluß vom 10. Oktober 1997, Z97/02/0320, die Behandlung der Beschwerde gemäß §33a VwGG abgelehnt.
Zum Nachweis seiner Antragslegitimation verweist der Antragsteller darauf, daß ihm ein anderer zumutbarer Rechtsweg nicht zur Verfügung stehe, der letztlich eine Normprüfung betreffend §33a VwGG idF BGBl. Nr. 1995/470 auslösen würde. Die angefochtene Bestimmung sei nachteilig und unmittelbar, nämlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides, in seinem Rechtskreis wirksam geworden. Der Eingriff sei unmittelbar, weil dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt sei und die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern auch aktuell beeinträchtige.
3.2. Die angefochtene Gesetzesstelle verstoße gegen das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, weil in ihr auf das Kriterium der Verhängung der Geldstrafe und nicht auf die Androhung einer Geldstrafe bis zu einem Höchstbetrag von S 10.000,-- abgestellt werde. Darin sei eine einkommens-spezifische Diskriminierung zu erblicken, weil S 10.000,-- übersteigende Geldstrafen eher nur über Einkommensbezieher der oberen Einkommensregionen erlassen werden könnten, wohingegen solche Geldstrafen bei Einkommensbeziehern der unteren Einkommensbereiche wegen der schwächeren Einkommensstruktur nur selten verhängt würden. Überdies müßten wegen des Bindewortes "und" im Gesetzeswortlaut die für eine Ablehnung notwendigen Voraussetzungen - eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe und eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung - kumulativ vorliegen, was von der seinerzeitigen Intention des Gesetzesgebers nicht umfaßt gewesen wäre.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Nicht jedem Normadressaten kommt daher die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist vielmehr erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988, 13635/1993).
Der Antragsteller hatte die Möglichkeit, seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §33a VwGG in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof heranzutragen und die Stellung eines Antrages auf Gesetzesprüfung nach Art140 B-VG anzuregen. Wie sich aus Art89 Abs2 im Zusammenhalt mit Art135 Abs4 B-VG ergibt, wäre der Verwaltungsgerichtshof im Fall verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung dann auch verpflichtet, vor ihrer Anwendung einen Antrag auf Aufhebung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen (vgl. VfSlg. 8311/1978).
2. Der Gesetzesprüfungsantrag war daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Verwaltungsgerichtshof, AblehnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:G118.1998Dokumentnummer
JFT_10018993_98G00118_00