RS UVS Oberösterreich 2001/09/29 VwSen-550035/4/Ga/La

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 29.09.2001
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Verwaltungsgerichtshofbeschwerde anhängig Rechtssatz

Im Hinblick auf die von der belangten Behörde zulässig vorgenommene Teilung des Spruchs des angefochtenen Bescheides in zwei Spruchpunkte ist der - gemäß der ebenso zulässig eingeschränkten Berufung - unangefochten gebliebene Spruchpunkt 1. rechtskräftig (unangreifbar) geworden.

Neues Sachvorbringen, zu dem die Auftraggeberin als weitere Verfahrenspartei zu hören gewesen wäre, enthält die vorliegende Berufung nicht.

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in derselben Nachprüfungssache im zweiten Rechtsgang abgesprochen. Eine Änderung der Sach- und Rechtslage zu jenem Verfahrensgegenstand, wie er dem Oö. Verwaltungssenat (im ersten Rechtsgang) anlässlich seines nach § 66 Abs.2 AVG ergangenen Erkenntnisses vom 17. Dezember 1998, VwSen-550007/7/Ga/Fb, vorgelegen und der rechtlichen Beurteilung - mit Bindung sowohl der belangten Behörde als Nachprüfungsbehörde als auch des Tribunals selbst - unterzogen worden ist, hat, wie im Folgenden zu begründen sein wird, nicht stattgefunden.

Durch das vorzitierte, gemäß § 66 Abs.2 AVG aufhebende h Erkenntnis vom 17. Dezember 1998 ist das Nachprüfungsverfahren in die Lage zurückgetreten, wie es sich vor Erlassung des (im ersten Rechtsgang) angefochtenen Bescheides (vom 21. 4.1998) befand. Von jener Lage hatte das fortgesetzte Verfahren auszugehen - gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf darauf bezughabende Neuerungen iSd § 65 AVG - , ohne dass damit die Einheit des - aus zwei Rechtsgängen zur selben Sache bestehenden - Verfahrens verloren ginge. Das heißt, dass der Gegenstand des Verfahrens ungeachtet des Dazwischentretens des nach § 66 Abs.2 AVG aufhebenden Bescheides immer derselbe ist (vgl. VwGH 8.10.1991, 90/07/0093).

Ausgehend aber von dieser Judikatur scheint ein Antrag der Auftraggeberin gemäß § 61 Abs.4 letzter Satz Oö. VergG, der, wie hier, erstmals im zweiten Rechtsgang gestellt wurde und also bei der Erlassung des auf § 66 Abs.2 AVG gestützten h Bescheides noch nicht vorlag, den Gegenstand des Verfahrens unzulässig zu erweitern, sodass der Antrag von der im zweiten Rechtsgang - in diesem Fall unter Bindung auch auf die Identität des Verfahrensgegenstandes - entscheidenden Nachprüfungsbehörde zurückzuweisen gewesen wäre. Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates steht diesem Ergebnis im Hinblick auf die vorliegend durch § 66 Abs.2 AVG bewirkten besonderen Umstände nicht die grundsätzlich auch für die Ebene des Berufungsverfahrens wirksame Neuerungserlaubnis nach § 65 AVG entgegen, weil danach nur Neuerungen in Abhängigkeit zur Identität des Verfahrensgegenstandes erfasst sind.

Die Judikatur versteht als "Sache" des Berufungsverfahrens iS des § 66 Abs.4 AVG den Gegenstand des Verfahrens in der Vorinstanz (vgl. VwGH 11.4.1991, 90/06/0156, ua). Demnach darf die Berufungsbehörde nicht über anderes entscheiden, als Gegenstand der Entscheidung der Vorinstanz war (vgl. VwGH 8.9.1994, 94/18/0013, ua). Diese Bindung an den "Prozessgegenstand" wirkt nicht nur auf die Berufungsinstanz, sondern erfasst (jedenfalls) in einem auf § 66 Abs.2 AVG gestützten Verfahren in umgekehrter Richtung für den zweiten Rechtsgang auch die erste Instanz. Bezogen auf den Berufungsfall wurde der Gegenstand dieses Nachprüfungsverfahrens iS des § 58 Abs.1 Oö. VergG durch den ursprünglichen Antrag der Unternehmerin (der Berufungswerberin) und ihr diesen Antrag konkretisierendes Behauptungsvorbringen bestimmt.

Dass der zu jenem Nachprüfungsantrag nun von einem geradezu gegenläufigen Interesse getragene Antrag der Auftraggeberin iSd § 61 Abs.4 letzter Satz Oö. VergG als aliud zum eigentlichen Prozessgegenstand des Nachprüfungsverfahrens nur hinzutritt und ihn dadurch mit der Wirkung einer qualitativen Erweiterung jedoch wesentlich ändert, liegt auf der Hand.

Aus welchen Gründen die Auftraggeberin den in Rede stehenden Antrag nach § 61 Abs.4 letzter Satz Oö. VergG nicht schon vor der (ersten) Entscheidung der Nachprüfungsbehörde gestellt hatte (obwohl sie in Kenntnis des Nachprüfungsantrages gewesen ist und ihr daher auch bekannt war, dass die Berufungswerberin darin einen Ausspruch gemäß § 61 Abs.4 zweiter Satz Oö. VergG - eventualiter - beantragt hatte), ist ohne Belang.

War aber aus allen diesen Gründen festzustellen, dass der in Rede stehende Antrag der Auftraggeberin im zweiten Rechtsgang wegen seiner die Gegenstandsidentität diesfalls sprengenden Wirkung nicht (mehr) zulässig gestellt werden konnte, so erwies sich der meritorische Abspruch über den Antrag durch die belangte Behörde als rechtswidrig, weshalb dessen Aufhebung und gleichzeitig jedoch die a-limine-Zurückweisung zu verfügen war. Bei diesem Verfahrensergebnis konnte die Frage nach der inhaltlichen Richtigkeit des Ausspruches gemäß Spruchpunkt 2. auf sich beruhen. Aus Zweckmäßigkeitsgründen sieht sich der Oö. Verwaltungssenat zu den nachstehenden Bemerkungen dennoch veranlasst:

Die belangte Behörde folgte, ohne einlässliche eigene Reflexion, in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Spruchpunkt 2. weitgehend der (verständlicher Weise vom Parteiinteresse beherrschten) Sichtweise der Auftraggeberin (insbesondere deren Stellungnahme vom 21.10.1999) und erlag auf diese Weise und auch infolge Außerachtlassung wesentlicher Akteninhalte einer Verkennung der Rechtslage.

Die öffentliche Erkundung des Bewerberkreises (§ 11 Oö. VergG) in diesem Vergabevorgang hat bei insgesamt 21 Bewerbern einen Kreis von 14 (iSd § 11 Abs.5 und 6 leg.cit.) geeigneten solchen Bewerbern erbracht, die alle am weiteren Verfahren (zweite Stufe; Verhandlungsverfahren im engeren Sinn) zu beteiligen gewesen wären. Dispositives Auswählen bzw. Ausschließen bestimmter Bewerber aus diesem Kreis sieht das Gesetz hier nicht vor. Für die dennoch von der Auftraggeberin von Anbeginn an beabsichtigte und auch vorgenommene Einschränkung auf die drei "bestgeeigneten Bieter" (so die das Fehlverständnis plakativ schon offenbarende Ausdrucksweise der Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme vom 6.2.1998) ist im gesamten Vergabeakt keine nachvollziehbare Begründung auffindbar und es erfuhr diese Einschränkung auch keine aktenkundig gemachte Hinterfragung durch die belangte Behörde. Diese Einschränkung steht in Widerspruch zu den insoweit klaren Anordnungen in § 11 Abs.6 und § 11a Abs.1 leg.cit., welche Bestimmungen jedoch als belangvolle leges speciales zu § 10 Abs.4 leg.cit. ("Im Verhandlungsverfahren sind ... mindestens jedoch drei verbindliche Angebote unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen über die öffentliche Erkundung des Bewerberkreises einzuholen") zwingend hätten herangezogen werden müssen.

Zu diesem Punkt führte die Berufungswerberin schon in ihrer (an die belangte Behörde im zweiten Rechtsgang gerichteten) Stellungnahme vom 5.1.2000 aus:

"§ 11 Abs.6 OöVergG bestimmt, dass ?die nach Durchführung der Überprüfung (nach öff Erkundung des Bewerberkreises, Einf. d. Verf.) als geeignet befundenen Bewerber am weiteren Verfahren jedenfalls zu beteiligen sind?. Nach Abs.7 leg.cit. sind diese dann schriftlich zur Angebotsabgabe aufzufordern. Diese Anforderung wird von Elsner (Vergaberecht (1999) Rz A 73 und 74) konkretisiert: Stellen demnach Unternehmen fristgerecht Teilnahmeanträge und werden sie als leistungsfähig, befugt und zuverlässig erkannt, müssen (Hervorhebung im Original!) sie Gelegenheit zur Beteiligung am nachfolgenden (...) Verhandlungsverfahren erhalten!

Dass die Antragstellerin nicht befugt, leistungsfähig und zuverlässig im Sinne des § 29 Oö. VergG sei, hat nicht einmal die Gemeinde behauptet. Demnach wäre der Antragstellerin jedenfalls (im Sinne des § 11 Abs.7 Oö. VergG) die Gelegenheit zur weiteren Teilnahme einzuräumen gewesen."

Mit diesem Vorbringen, auf das die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - entgegen § 60 AVG - mit keiner Silbe einging, ist die Berufungswerberin im Recht. Davon abgesehen ist eine dezidierte, den Anforderungen des § 11a Abs.1 leg.cit. genügende schriftliche Aufforderung der Auftraggeberin zur Einreichung entsprechend formalisierter, schriftlich abgefasster Angebote an den - rechtswidrig auf drei eingeschränkten - Teilnehmerkreis nicht gerichtet worden. Die "Angebotsabgabe" hat - aus dem Blickwinkel des § 11a Abs.1 leg.cit. gleichfalls rechtswidrig - offenbar im Rahmen des "Hearings" am 8.1.1998 bei der Auftraggeberin (mit Einbezug "vorbereiteter Unterlagen") stattgefunden.

Die Auftraggeberin vermengte - wie schon aus dem Schreiben vom 5.12.1997 ersichtlich ist und im Protokoll über die entscheidende Vergabesitzung am 12.5.1998 im Gemeindeamt bekräftigt wird - beide Abläufe (erste Stufe und zweite Stufe zum Verhandlungsverfahren) und fehlinterpretierte - insgesamt - die Erkundung des Bewerberkreises bereits als Angebotslegung der Bieter.

Im Ergebnis wurden, abgesehen von der nicht dem Gesetz entsprechenden Verfahrensweise mit den "Angeboten" der drei in die Bieterverhandlungen einbezogen gewesenen Bewerber, weitere 11 Angebote, darunter jenes der Berufungswerberin, rechtswidrig nicht eingeholt und blieben daher im Rahmen des gesetzlichen Zuschlagsverfahrens schon von vornherein dem Verfahren zur Prüfung und Bewertung der Angebote (§§ 28 ff leg.cit.) vorenthalten.

Damit aber fehlte für den von der Auftraggeberin beantragten Ausspruch nach § 61 Abs.4 letzter Satz leg.cit. das aus objektiver Sicht hiefür vorauszusetzende Vergleichssubstrat. Dem Antrag hätte daher, wäre er zulässig gewesen, mangels Beurteilungsmöglichkeit des Kriteriums der "echten Chance" nicht stattgegeben werden dürfen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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