RS UVS Oberösterreich 2001/11/15 VwSen-221729/3/Ga/Mm

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Veröffentlicht am 15.11.2001
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Rechtssatz

Der Berufungswerber, der sich zum Tatvorwurf im ordentlichen Ermittlungsverfahren vor der Strafbehörde trotz ausdrücklicher Aufforderung zur Rechtfertigung verschwiegen hatte, bekämpft, wie insgesamt aus seiner Berufungsschrift hervorgeht, das bezeichnete Straferkenntnis nicht hinsichtlich der maßgebenden Sachverhaltselemente, wonach die spruchgemäß angeführte Gesellschaft im angegebenen Zeitraum eine "Buchbinderei" unbefugt betrieben habe, sondern hinsichtlich der Rechtsbeurteilung und bringt hiezu in der Hauptsache vor, es würden am "gegebenen" Standort periodische Druckwerke durch Medienunternehmen, welchen auch der Betrieb des Beschwerdeführers zuzurechnen sei, hergestellt, sodass die Ausnahme des § 2 Abs.1 Z18 GewO vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung zum Tragen komme. Dieser Ansatz ist jedoch zur Lösung der Rechtsfrage im Berufungsfall schon von vornherein nicht tauglich, weil es nicht um die spezifische und eben deswegen von der Gewerbeordnung ausgenommene Tätigkeit eines Medienunternehmens iS des § 1 Abs.1 Z6 MedienG, d.i. die inhaltliche Gestaltung des Mediums und (zugleich) dessen Herstellung und (zugleich) dessen Verbreitung (durch den Verleger = Medieninhaber selbst), geht, sondern zufolge der spruchgemäßen Anlastung und des gesamten Akteninhaltes einzig und allein um die Ausübung des (sehr wohl von der Gewerbeordnung geordneten) Handwerks des "Buchbinders" (gemäß § 94 lit.g Z41 GewO) in einer in bestimmter Weise (was im Berufungsfall allerdings nur vermutet werden kann; sh. hiezu gleich unten) örtlich gebundenen und als "Buchbinderei" bezeichneten Einrichtung (wo Bücher (als aliud zum "Druckwerk" iSv § 1 Abs.1 Z4 MedienG] unter Einsatz von handwerklichen und/oder maschinellen Fertigungsweisen gebunden werden), für die als gewerbliche Betriebsanlage von der belangten Behörde im Grunde des § 74 Abs.2 GewO (bestimmt angegeben immerhin: Eignung zur Lärmimmission auf Nachbarn) Bewilligungspflichtigkeit angenommen wurde.

Tatseitig ist festzuhalten, dass dem Strafverfahren in diesem Fall keine eigenen Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde zugrunde liegen. Die einzige Erkenntnisquelle für den mit den Verfolgungshandlungen inkriminierten Sachverhalt ist nach Ausweis des Strafaktes die Anzeige des GP St. G vom 30. Juli 2000. Soweit daraus überhaupt Sachverhaltsumstände mit Bezug auf die Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit in diesem Fall entnommen werden können, war von einer im Standort St. am 25. Juli 2000 mit lärmerregenden Maschinen in Betrieb gewesenen "Fa. A" auszugehen und sei ein Herr E A "Geschäftsleiter" dieser Firma, und zwar in der "Beschäftigung" als Buchbinder; veranlasst wurde die Anzeige durch eine Beschwerde eines Nachbarn, der sich am genannten Tag über nächtlichen Lärm aus dieser "Firma" beschwert hätte.

Nur aus einer schlichten handschriftlichen Notiz (ohne Datum und Namenskürzel) auf diesem Anzeigedokument ist zu schließen, dass ein Herr G A der gewerberechtliche Geschäftsführer dieser "Firma" sei und als Wohnadresse "S, J-Straße" habe.

Auf diese wenigen Sachverhaltselemente hat die belangte Behörde den tatseitigen Vorwurf gestützt, es sei im Zeitraum von 29. Juli 1999 bis zum 6. November 2000 (Datum der Schöpfung des angefochtenen Straferkenntnisses) eine zur Beeinträchtigung von Nachbarn durch Lärm "oder in anderer Weise" geeignete und eben deswegen genehmigungspflichtige Betriebsanlage, "nämlich eine Buchbinderei", ohne erforderliche (wohl: gewerbebehördliche) Genehmigung betrieben worden.

Der spruchgemäße Vorhalt dieses so umschriebenen Verhaltens vermag jedoch aus dem Blickwinkel des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG die Bestimmtheit des Vorwurfs einer in der Übertretung nach § 366 Abs.1 Z2 GewO bestehenden Tat nicht herzustellen.

Gemäß § 366 Abs.1 begeht eine mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z2 dieser Vorschrift eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Danach ist nur die "genehmigungspflichtige Betriebsanlage" Tatbestandselement und verweist die Verbotsnorm hinsichtlich der Genehmigungspflichtigkeit von (gewerblichen) Betriebsanlagen auf § 74 des Gesetzes.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z2 GewO, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (vgl VwGH 22.12. 1992, 91/04/0199, mit Hinweis auf VwGH 25.6.1991, 90/04/0216; ua). Vorliegend jedoch scheint durch den spruchgemäßen, nicht näher konkretisierten Vorwurf des Betreibens einer "Buchbinderei" das Tatbestandsmerkmal der "örtlich gebundenen Einrichtung" gemäß § 74 Abs.1 GewO, der eine Eignung iS des § 74 Abs.2 GewO zukommt, schon nicht in ausreichender Weise erfasst, weil für die Buchbinderei ein bestimmter Standort nicht zweifelsfrei angegeben ist (der im Schuldspruch ausdrücklich als Sitz der involvierten Gesellschaft genannte Ort ist, wird der vorhin wiedergegebene Anzeigeninhalt zum Maßstab genommen, nicht eindeutig auch als Anlagenstandort der Buchbinderei zu erkennen; auch die in der Adressierung des Straferkenntnisses angegebene Wohnortadresse des Beschuldigten vermittelt diesbezüglich keine Klarheit). Vor allem aber ist die Bezeichnung "Buchbinderei" für sich allein - und auch nicht in systematischer Verbindung mit dem unspezifiziert gebliebenen Hinweis auf die Eignung zur Lärmerregung - nicht geeignet, mit der notwendigen Aussagekraft darzutun, hinsichtlich welcher - konkreten - gewerblichen Tätigkeit von der Annahme des Tatbestandsmerkmales einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ausgegangen wurde. Um das Tatverhalten deutlich zu erfassen, hätte es der näheren Ausführung bedurft, welche für die Ausübung der Buchbinderei typischen und speziellen Maschinen (regelmäßig, somit in tätiger gewerblicher Entfaltung) betrieben und dadurch und insoweit als kausal für die Eignung zur Lärmbeeinträchtigung festgestellt worden seien. Die belangte Behörde hätte zu bedenken gehabt, dass es nicht nur eine industriell ausgeübte Buchbinderei mit einer hiefür typischen Maschinenausstattung, sondern auch die nur handwerklich betriebene Buchbinderei (für Spezialgebiete dieses Gewerbes), die typischerweise ohne solche, als Lärmquelle prinzipiell geeignete Maschinenausstattung auskommt (vgl die Unterscheidung unter dem Stichwort "Buchbinderei" in MEYERS NEUES LEXIKON, in zehn Bänden, 2. Band, Mannheim, Wien ua, 1993; Unterscheidung zwischen Handbuchbinderei und industrieller Buchbinderei).

War aber aus diesen Gründen der vorliegend angefochtene Schuldspruch (und auch die erste Verfolgungshandlung) wegen Unbestimmtheit des Tatvorwurfes zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nicht tauglich, war - wegen mittlerweile eingetretener Verjährung - wie im Spruch zu entscheiden.

Auf das sonstige Vorbringen des Berufungswerbers war nicht mehr einzugehen. Nur aus Zweckmäßigkeitsgründen wird angemerkt, dass die in der Berufung reklamierte Einordnung der involvierten Gesellschaft bloß als "Erfüllungsgehilfe" (nämlich: des ins Treffen geführten 'Medienunternehmens') iS des § 74 Abs.3 GewO ins Leere zielte, weil diesem Begriff im gegebenen Zusammenhang jedenfalls nicht der Inhaber der Anlage - die Rechtsmittelschrift selbst spricht mit Bezug auf die Buchbinderei mehrfach vom "Betrieb des Berufungswerbers" - unterstellt werden kann. Im übrigen wäre auch das vom Berufungswerber (durch Behauptung) relevierte Faktum des bücherlichen Eigentums (eines Dritten) an der "Standortliegenschaft" für die vorliegend strittige Rechtsfrage nach der Bewilligungspflichtigkeit einer bestimmten gewerblichen Betriebsanlage ohne Relevanz. Dieses Verfahrensergebnis entlässt den Berufungswerber auch aus seiner Kostenpflicht.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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