RS UVS Oberösterreich 2002/02/13 VwSen-240427/2/Gf/Km

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Veröffentlicht am 13.02.2002
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Rechtssatz

Gemäß § 74 Abs.1 LMG begeht - sofern diese Tat nicht nach § 63 Abs.2 Z1 LMG einer strengeren Strafe unterliegt - u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt.

Nach § 63 Abs.2 Z1 LMG ist u.a. derjenige vom Gericht mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen, der Lebensmittel in Verkehr bringt, von denen er weiß, dass sie entgegen entsprechenden, im Österreichischen Lebensmittelbuch bestehenden Bestimmungen falsch bezeichnet sind.

Gemäß § 5 Abs.3 StGB handelt der Täter dann wissentlich, wenn er den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Im gegenständlichen Fall bringt der Rechtsmittelwerber selbst vor, in der festen Überzeugung, dass seine Rechtsansicht richtig ist, nicht den Auftrag erteilt zu haben, Wursthüllen anzufertigen, die den Hinweis auf beigemengtes Geflügelfleisch enthalten. Dies deshalb, weil die verwendeten Därme vorgedruckt sind und in der Regel etwa 10.000 Stück auf Lager gehalten werden. Insgesamt würde es daher eine wesentliche Verteuerung der Produktion nach sich ziehen, wenn nur bei den Chargen, denen eine geringe Menge Geflügelfleisch beizugeben ist, jeweils eine eigene Wursthülle mit einer spezifischen Bezeichnung verwendet werden müsste. Außerdem wäre dann die Gefahr ständiger Verwechslung gegeben.

Daraus geht aber insgesamt zweifelsfrei hervor, dass es dem Rechtsmittelwerber keineswegs gezielt darauf ankam, etwaige Bezeichnungsvorschriften des Österreichischen Lebensmittelbuches zu verletzen - wie dies das Spezialdelikt des § 63 Abs.2 Z1 LMG voraussetzt -, sondern dass er vielmehr lediglich danach trachtete, sich Produktionskosten zu ersparen und dafür in einem Teilbereich eine gesetzwidrige Warenbezeichnung in Kauf nahm.

Im Ergebnis hat er sohin nicht wissentlich im Hinblick auf das Tatbild des § 63 Abs.2 Z1 LMG gehandelt, sondern wissentlich eine Übertretung des § 74 Abs.1 LMG begangen, sodass die belangte Behörde letztlich zu Recht vom Vorliegen ihrer - anstelle einer gerichtlichen - Zuständigkeit ausgegangen ist. Ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass die verfahrensgegenständliche Ware ausschließlich für Angehörige der moslemischen Glaubensgemeinschaft bestimmt war, fand sich auf deren Verpackung - allseits unbestritten - nicht. Selbst wenn diese Produkte daher nach der Intention des Beschwerdeführers primär und überwiegend für Konsumenten dieser Gruppe bestimmt gewesen sein mochten, kann somit objektiv betrachtet keine Rede davon sein, dass es für die übrigen Konsumenten iSd § 8 lit.f LMG "unwesentlich" gewesen wäre, dass in einem als "Rindfleisch-Pikantwurst" bezeichneten Produkt auch Geflügelfleisch enthalten ist, beeinträchtigt dieser Umstand z.B. doch nicht nur die Haltbarkeit, sondern auch den Geschmack dieses Lebensmittels nicht unerheblich. Schließlich ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die bewusste Nichtangabe wesentlicher Kennzeichnungselemente keine Falschbezeichnung darstellen sollte, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - ansonsten sämtliche erforderlichen Angaben auf der Verpackung finden, sodass sich die Bezeichnung damit insgesamt betrachtet als unvollständig und solcherart als irreführend erweist.

Nur dann, wenn sich überhaupt keine Kennzeichnung auf der Verpackung findet, ist davon auszugehen, dass dies keine Falschbezeichnung darstellt; ein derartiger Fall liegt jedoch gegenständlich nicht vor.

Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Berufung abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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