Art 4 7. ZP MRK beschränkt sich nicht auf das Recht, wegen derselben Tat kein zweites Mal bestraft zu werden, sondern gewährt auch das Recht, wegen derselben Tat kein zweites Mal vor Gericht gestellt zu werden. Bei der Anwendung der Diversion nach § 90a Abs 1 StPO ist eine Person bereits vor Gericht gestanden, weil diese Geldbuße voraussetzt, dass die Anzeige wegen eines hinreichend geklärten gerichtlich strafbaren Sachverhaltes nicht nach § 90 StPO zurückgelegt werden konnte. Daher wird die Diversion in einem bereits anhängigen Strafverfahren angewendet, welches mit einer Bestrafung geendet hätte, wenn der Beschuldigte die Geldbuße nicht angenommen hätte. Im konkreten Fall hatte das Gericht die Diversion bei einem Arbeitgeber wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB angewendet, weil er als Firmenverantwortlicher bei der Errichtung eines Konsolgerüstes wesentliche Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht beachtet habe, sodass das Baugerüst zusammenbrach und die am Gerüst stehenden Personen ca 8 Meter abstürzten. Diese Tatumschreibung umfasste auch den verwaltungsstrafrechtlichen Vorhalt nach § 17 Abs 4 BauV, wonach bei der Aufstellung des Gerüstes eine vom Hersteller vorgeschriebene Schutzmaßnahme nicht eingehalten wurde, indem die maximale Aufbauhöhe von 7 Metern überschritten worden war. Bei dieser Tatumschreibung ging das Gericht offensichtlich davon aus, dass die fahrlässige Körperverletzung durch die Missachtung dieser wesentlichen Arbeitnehmerschutzbestimmung verwirklicht wurde. Damit umfasste die Diversion den vollen Unrechts- und Schuldgehalt der zur Last gelegten Übertretung nach § 17 Abs 4 BauV, weshalb die Einstellung des betreffenden Verwaltungsstrafverfahrens durch die Erstbehörde gerechtfertigt war. Dass die im Rahmen der Diversion bezahlte Geldbuße nur 50 % des Strafantrages des Arbeitsinspektorates umfasste, vermag daran nichts zu ändern.