RS UVS Oberösterreich 2002/05/14 VwSen-390099/8/Kl/Rd

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Veröffentlicht am 14.05.2002
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Rechtssatz

Gemäß § 68 Abs.1 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl.I Nr. 100/1997 idF I.Nr. 26/2000 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) ist die Errichtung und der Betrieb einer Funkanlage grundsätzlich nur mit einer Bewilligung zulässig. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn kein Grund für eine Ablehnung vorliegt.

Gemäß § 69 Abs.2 TKG gelten Telekommunikationseinrichtungen, für die eine individuelle Frequenzzuteilung erforderlich ist, als Funkanlagen iSd Gesetzes.

Gemäß § 104 Abs.1 Z1 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, wer entgegen § 68 Abs.1 eine Funkanlage ohne Bewilligung errichtet oder betreibt.

Aufgrund des unbestrittenen und erwiesenen Sachverhaltes steht fest, dass eine Funkanlage nach dem TKG in dem im Spruch angeführten Zeitraum betrieben wurde und hiefür eine nach dem TKG erforderliche Bewilligung nicht vorlag. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der angeführten Fernsehgesellschaft mbH und ist daher für die Verwaltungsübertretung auch verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (§ 9 Abs.1 VStG). Dies musste durch Spruchergänzung auch zum Ausdruck gebracht werden.

Weil der Bw vom Erfordernis einer fernmeldebehördlichen Bewilligung für den Betrieb der Privatfernsehsendeanlage wusste und einen Betrieb der Anlage ohne die erforderliche Genehmigung in Kauf nahm, liegt auch schuldhaftes Verhalten, nämlich Fahrlässigkeit vor.

Die rechtlichen Ausführungen des Bw über seine verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte und die mangelnde gesetzliche Grundlage zur Erteilung einer fernmeldebehördlichen Genehmigung können jedoch die Strafbarkeit des Verhaltens nicht aufheben bzw nicht ausschließen.

Gemäß Art.13 StGG hat jedermann das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder durch bildliche Darstellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern. Auch nach Art. 10 Abs.1 MRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksichten auf Landesgrenzen ein. Beide Bestimmungen stehen im Verfassungsrang.

Nach der Judikatur des VfGH allerdings ist daraus keine Verpflichtung des Staates gegeben, den Zugang zu Informationen zu gewährleisten. Vielmehr ist nach Art.10 Abs.1 letzter Satz MRK es zulässig, dass die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen, wobei die Voraussetzungen nach Art.10 Abs.2 MRK einzuhalten sind (vgl. Walter-Mayer, Grundriss des österr. Bundesverfassungsrechts, 8. Auflage, RN 1431f mJN; ebenso Frowein-Peukert, EMRK-Kommentar, 2.A., RN 18f). Demgemäß regelt das Bundesverfassungsgesetz vom 10.7.1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, den Rundfunk als die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Benützung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung bzw längs oder mittels eines Leiters sowie der Betrieb von technischen Einrichtungen, die diesem Zweck dienen, und bestimmt, dass die näheren Bestimmungen für den Rundfunk und seine Organisation bundesgesetzlich festzulegen sind (Art.I Abs.1 und 2 B-VG - Rundfunk).

Entsprechend hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 5.3.1996, B 2674/94, unter Hinweis auf ein Vorerkenntnis vom 27.9.1995, G 1256 bis 1264/95, ausgesprochen, dass diese Verfassungsrechtslage bewirkt, dass ein Gesetz nicht Schranke sondern Bedingung der Zulässigkeit der Veranstaltung von Rundfunk ist, dass also Rundfunk nur aufgrund einer bundesgesetzlichen Ermächtigung betrieben werden darf. Dies wird auch durch Art.10 Abs.1 EMRK ermöglicht und steht daher das B-VG-Rundfunk in keinem Widerspruch zur konventionsrechtlichen Garantie der Rundfunkfreiheit. Zur notwendigen bundesgesetzlichen Ermächtigung zur Veranstaltung von Rundfunk führte er aus, dass für die Veranstaltung von Hörfunk und Fernsehen durch den ORF in Form des Rundfunkgesetzes und für die Verbreitung von Hörfunkprogrammen auf terrestrischem Wege durch andere Programmveranstalter in Form des Regionalradiogesetzes Ermächtigungen bestehen. Auch für passiven und aktiven Kabelrundfunk (in Form von Hörfunk und Fernsehen) bestehe in der Rundfunkverordnung eine gesetzliche Ermächtigung. Eine gesetzliche Ermächtigung für die Verbreitung von terrestrischem Fernsehen bestehe aber nicht. Die Veranstaltung von terrestrischem Fernsehen durch andere Veranstalter als den ORF ist gänzlich ausgeschlossen und beruhe auf einer Untätigkeit des Gesetzgebers. Ein gänzliches Untätigbleiben des Gesetzgebers kann jedoch vom VfGH nicht aufgegriffen werden.

Diese rechtlichen Ausführungen entsprechen im Wesentlichen auch noch den zum Tatzeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften, wenngleich auch zwischenzeitlich durch das Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz, BGBl. I Nr. 42/1997, die Voraussetzungen für Hörfunk und Fernsehen über Satelliten und Kabel durch vom ORF verschiedene Veranstalter geschaffen wurden. Hinsichtlich der Monopolstellung des ORF bezüglich des Fernsehens wurde durch das genannte Gesetz eine Ermächtigung zur Veranstaltung von Fernsehen in Kabelnetzen und über Satelliten geschaffen, jedoch ausdrücklich die Veranstaltung von Fernsehen auf terrestrischem Weg einer gesonderten bundesgesetzlichen Regelung vorbehalten. Erst durch das Privatfernsehgesetz, BGBl.I Nr. 84/2001, mit welchem das Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz aufgehoben wird, wird die Verbreitung von Fernsehprogrammen auf terrestrischem Wege ermöglicht. Entsprechend wurde mit dem Bundesgesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen, BGBl. I Nr. 134/2001, der Verkehr und Inbetriebnahme von Funkanlagen für terrestrische/satellitengestützte Funkkommunikation geregelt und bleiben demgemäß die Vorschriften des TKG über die Inbetriebnahme und den Betrieb unberührt. Dies bedeutet, dass zwar gesetzliche Regelungen für terrestrisches Privatfernsehen geschaffen wurden, allerdings auch nach neuer Rechtslage ebenfalls eine Genehmigung für den Betrieb nach dem TKG erforderlich ist.

Es ist daher sowohl zum Tatzeitpunkt nach der damaligen Rechtslage von einem strafbaren Verhalten auszugehen als auch noch nach nunmehr geltender neuer Rechtslage ebenfalls ein Betrieb ohne Genehmigung strafbar.

Zum Strafausmaß hat die belangte Behörde ausgeführt, dass strafmildernd die Unbescholtenheit des Bw gewertet wurde und erschwerend aber die absichtliche Vorgangsweise des Bw sowie der Umstand, dass das gesetzwidrige Verhalten einem großen Personenkreis vor Augen geführt wurde.

Dagegen führt der Bw zu Recht ins Treffen, dass die mangelnde Genehmigung auf eine fehlende gesetzliche Grundlage zurückzuführen ist, also ein Verschulden des Gesetzesgebers, der aufgrund der konventionsmäßigen Garantien der EMRK zu einer Öffnung des Privatfernsehens auch auf terrestrischem Wege verpflichtet wäre. Aufgrund der mangelhaften gesetzlichen Umsetzung durch den österr. Gesetzgeber sowie der vom Bw glaubhaft dargelegten Umstände, dass der Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung zum Tatzeitpunkt beabsichtigte und dann auch letztlich getroffen hat, und aufgrund des dargelegten Bedarfes im Umkreis von Salzburg konnte von Geringfügigkeit des Verschuldens ausgegangen werden. Insbesondere zeigte das Verhalten des Bw gerade nicht den in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt auf. Die Androhung im TKG geht vielmehr von einem gesetzlich normierten Genehmigungsverfahren aus, welches vom Veranstalter bzw Betreiber nicht eingehalten wird. Es verwirklicht daher der Bw - mangels eines gesetzlich geregelten Genehmigungsverfahrens - gerade nicht den im TKG zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat. Es konnte daher von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abgesehen werden. Im Hinblick auf die geänderte Rechtslage und das Vorbringen des Bw, dass er im Grunde der neuen Rechtslage auch um eine Genehmigung wieder angesucht habe und mit einer Genehmigung zu rechnen ist, war eine Ermahnung nicht erforderlich.

Schlagworte
Privatfernsehen, keine Rechtsgrundlage für Genehmigung, Verstoß gegen EMRK, kein Strafaufhebungsgrund; geringfügiges Verschulden.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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