Die Verwaltungsübertretung der Ehrenkränkung nach § 2 Abs 1 Z 1 Stmk LGBl 158/1975 wird nach dieser Bestimmung nur dann begangen, wenn die Tat keine gerichtlich strafbare Handlung nach den §§ 111-117 StGB darstellt. Die gerichtlichen Tatbilder der §§ 111, 113 und 115 StGB unterscheiden sich von den landesgesetzlich normierten Ehrenkränkungen in erster Linie dadurch, dass Ehrenkränkungen nicht durch einen Dritten wahrnehmbar sind (im Gegensatz zu Straftaten nach §§ 111 und 113 StGB), bzw dass Ehrenkränkungen nicht öffentlich oder vor mehreren Leuten begangen werden (im Gegensatz zu Straftaten nach § 115 StGB). Gemäß § 69 StGB wird eine Handlung bereits dann öffentlich begangen, wenn sie unmittelbar von einem größeren Personenkreis (der schon bei etwa 10 Personen beginnt) wahrgenommen werden kann. Somit normiert § 69 StGB nicht, dass eine öffentliche Begehung der Handlung nur bei tatsächlicher Wahrnehmung durch Dritte vorliegt. Daher wird keine verwaltungsstrafrechtliche Ehrenkränkung, sondern eine gerichtliche strafbare Handlung nach § 111 ff StGB begangen, wenn eine Kopie des Briefes, durch dessen Inhalt sich der Privatankläger in seiner Ehre gekränkt fühlt, im Vorhaus eines Mehrparteienwohnhauses an der Ankündigungstafel direkt neben den Postkästen angebracht wurde und somit auch Nachbarn und Besuchern unmittelbar zugänglich war.