Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §73;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. Helmut Weinzettl, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog Leopold-Straße 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 20. Juni 2001, Zl. 318.662/3-III/4/01, betreffend Nachsicht gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. Juni 2001 das Ansuchen des Beschwerdeführers um Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung des Gewerbes "Durchführung von Arbeiten in Form von Park- und Gartenservice, Rasenmähen, Pflanzenflächen säubern und Sträucher schneiden" abgewiesen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Beschlüssen des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 12. Oktober 1992 und vom 22. Juni 1994 wurden Anträge auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen. Der Beschwerdeführer sei daher gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 von der Ausübung eines Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen und habe im Hinblick darauf um Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung angesucht. In seiner Stellungnahme vom 12. Juni 2001 habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass nach wie vor offene Forderungen gegen ihn bestünden. Er bemühe sich jedoch weiterhin, Zahlungsrückstände zu tilgen bzw. laufende Exekutionsverfahren zur Einstellung zu bringen, was aus einem Vergleich des Auszuges aus dem Exekutionsregister des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt aus April 1999 mit dem aktuellen Auszug vom 20. März 2001 hervorgehe. Im Exekutionsregister aus April 1999 seien 23 anhängige Verfahren im Vergleich zu 14 offenen Exekutionsverfahren per März 2001 ersichtlich. Berücksichtige man weiters, dass die letzten fünf Exekutionen nach April 1999 neu entstanden seien, ergebe sich, dass überhaupt nur mehr neun "alte" Exekutionsverfahren anhängig seien. Im Vergleich zum Stand April 1999 seien sohin bereits 14 offene Exekutionsverfahren zur Einstellung gebracht worden. Der Beschwerdeführer beziehe weiterhin ein monatliches Einkommen zwischen S 15.000,-- und S 18.000,--. Es werde darauf hingewiesen, dass mit der beabsichtigten Gewerbeausübung keine weiteren Zahlungsverpflichtungen für den Einschreiter zu erwarten seien.
Wie es in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiters heißt, bestehe laut Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 3. Mai 2000 ein Beitragsrückstand von S 436.046,06. Im Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 29. März 2000 werde mitgeteilt, dass keine Sachverhaltsänderung eingetreten sei. Insbesondere seien weder Zahlung geleistet noch eine Ratenvereinbarung geschlossen worden. Beim Bezirksgericht Wiener Neustadt seien gegen den Beschwerdeführer Exekutionsverfahren - wobei die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft nicht als betreibende Gläubigerin verzeichnet sei - in Gesamthöhe von ca. S 420.000,-- anhängig. Hinsichtlich dieser Verbindlichkeiten seien vom Beschwerdeführer keinerlei Nachweise über deren Tilgung oder deren Regulierung durch eingehaltene Ratenvereinbarungen beigebracht worden. Vielmehr sei von ihm selbst zugestanden worden, dass nach wie offene Forderungen bestünden und es sei lediglich auf die Tilgung anderer Forderungen in der Vergangenheit verwiesen worden. Es müsse somit davon ausgegangen werden, dass die mit Schreiben vom 15. März 2001 vorgehaltenen Verbindlichkeiten nicht beglichen worden seien. Diese Beweisergebnisse legten offen, dass der Beschwerdeführer schon vor der Nachsichtserteilung nicht in der Lage sei, seine hohen Verbindlichkeiten ordnungsgemäß - also bei Fälligkeit - zu begleichen. Dem Vorbringen, dass bei der angestrebten Gewerbeausübung lediglich die Kosten der Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer und die Sozialversicherungsbeiträge anfallen würden, sei entgegenzuhalten, dass in der gegebenen Situation die Erfüllung selbst geringfügiger mit der Gewerbeausübung verbundener Zahlungspflichten etwa durch die Exekution eines "Altgläubigers" unmöglich werden könne (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 99/04/0191). Die Nachsicht könne nicht zu dem Zweck erteilt werden, erst auf ihrer Grundlage die wirtschaftliche Konsolidierung herbeizuführen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 346 Abs. 1 Z. 1) im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, dass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.
Nach § 346 Abs. 4 GewO 1994 ist der Bescheid im Nachsichtsverfahren binnen vier Monaten zu erlassen.
Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst dagegen, dass die erstinstanzliche Behörde nicht innerhalb der vordargestellten Frist des § 346 Abs. 4 GewO 1994 entschieden habe.
Der Beschwerdeführer vermag damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Die durch die Gewerberechtsnovelle 1997, BGBl. I Nr. 63/1997, neu geschaffenen Regelung des § 346 Abs. 4 GewO 1994 ist nämlich eine Sondervorschrift zu § 73 AVG. Ein allfälliger Devolutionsantrag kann somit bereits gestellt werden, wenn die Behörde vier Monate nicht über einen Antrag auf Nachsichtserteilung entscheidet (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendel, Kommentar zur GewO, 842). Sie ist insofern auch keine Maximalfrist, als die Säumnisfolge des § 346 Abs. 4 GewO 1994 nach ihrem Ablauf nicht jedenfalls, sondern nur dann bewirkt wird, wenn die Partei einen Devolutionsantrag stellt (vgl. Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1619). Dass ein solcher Devolutionsantrag gestellt worden sei, wird vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet.
Weiters geht das Beschwerdevorbringen dahin, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einer Nachsichtserteilung gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 nicht Gebrauch gemacht habe. Bei der beabsichtigten Gewerbeausübung sei mit keinerlei Zahlungsverpflichtungen zu rechnen, die vom Beschwerdeführer nicht bewerkstelligt werden könnten, sodass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten jedenfalls nachkommen könne.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 99/04/0191, und die dort zitierte
Vorjudikatur), ergibt sich aus dem Wortlaut "wenn ... erwartet
werden kann", dass keine Bedenken vorliegen dürfen, die eine derartige Erwartung ausschließen. Die im Gesetz definierte Erwartung setzt aber jedenfalls voraus, dass der Nachsichtswerber über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um die mit der beabsichtigten Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten - und zwar bei Fälligkeit - abdecken zu können.
Ausgehend von dieser Rechtslage kann der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, wenn sie unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer selbst nicht in Abrede gestellten Verbindlichkeiten, über die Ratenvereinbarungen unbestritten nicht abgeschlossen wurden, zur Annahme gelangte, dass er zur Zeit nicht über die erforderlichen liquiden Mittel im Sinne der obigen Ausführungen verfüge. Daran vermag auch das Beschwerdevorbringen nichts zu ändern, bei der beabsichtigten Gewerbeausübung sei "mit keinerlei Zahlungsverpflichtungen zu rechnen". Dass mit "keinerlei Zahlungsverpflichtungen" zu rechnen sei, ist schon deshalb nicht stichhältig, weil der Beschwerdeführer selbst zugesteht, dass mit (wenn auch geringen) Verpflichtungen hinsichtlich der Grundumlage bei der Wirtschaftskammer sowie der Sozialversicherungsbeiträge zu rechnen sei. Selbst wenn mit den vom Beschwerdeführer auszuüben beabsichtigten Gewerbe nur äußerst geringe Zahlungspflichten verbunden seien, übersieht er, dass in der gegebenen Situation - trotz entgegenstehender Absicht des Beschwerdeführers - die Erfüllung selbst geringfügiger Zahlungsverpflichtungen etwa durch die Exekution eines "Altgläubigers" unmöglich werden kann (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999).
Aus diesem Grund wird auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt, wenn vorgebracht wird, die Sozialversicherungsanstalt habe in den letzten Jahren "keine weiteren Aktivitäten gesetzt, den offenen Rückstand beim Beschwerdeführer einbringlich zu machen". Eine Exekutionsführung der Sozialversicherungsanstalt ist damit nicht unmöglich und können derart Bedenken hinsichtlich der Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen nach der oben dargestellten Rechtsprechung nicht ausgeschlossen werden (vgl. in diesem Zusammenhang auch das zur insoweit gleichgelagerten Regelung des § 87 Abs. 2 Gewo 1994 ergangene hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0020). Letzteres hat auch für das Vorbringen des Beschwerdeführers zu gelten, er sei bemüht gewesen, offene Verbindlichkeiten im Laufe der letzten Jahre immer wieder abzudecken und es hätten in den letzten ein bis zwei Jahren bereits weitere 14 Exekutionsverfahren zur Einstellung gebracht werden können.
Auch dem Beschwerdehinweis, bei Ausübung der gewerblichen Tätigkeit könne der Beschwerdeführer die bestehenden Verbindlichkeiten in höherem Ausmaß und schneller als jetzt abdecken, kommt keine Entscheidungsrelevanz zu, da es darum geht, dass die Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit erfüllt werden. Ebenso bieten die Bestimmungen des § 26 Abs. 2 GewO 1994 der Behörde, anders als der Beschwerdeführer meint, keine Möglichkeit, ihre Entscheidung darauf abzustellen, dass es auf Grund des Alters des Beschwerdeführers und seiner erlernten Tätigkeit als Gärtner die einzige mögliche Chance sei, im Rahmen des hier angestrebten Gewerbes Einkünfte zu erzielen (vgl. dazu auch das zur insoweit gleichgelagerten Regelung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 ergangene hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0131, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 5. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001040145.X00Im RIS seit
16.10.2001Zuletzt aktualisiert am
11.03.2014