RS UVS Steiermark 2003/08/13 20.3-19/2003

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 13.08.2003
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Rechtssatz

Gemäß § 35 Abs 1 Z 1 SPG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er stehe im Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilen. Da die Beschwerdeführerin auf Grund der Personenbeschreibung als Täterin für einen Handtaschendiebstahl in Frage kam, der Diebstahl erst ca eine Stunde vor ihrem Antreffen stattgefunden hatte und der Tatort nur ca 5 Gehminuten vom Ort ihrer Betretung entfernt war, stand sie mit einem gefährlichen Angriff in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang. Daher war nach § 35 Abs 1 Z 1 SPG die Feststellung ihrer Identität zulässig, wobei der GVB-Schülerausweis als nicht amtlicher Lichtbildausweis noch kein ausreichendes Mittel für eine Identitätsfeststellung darstellte. Allerdings geht eine allgemeine Ausweispflicht weder aus § 35 SPG noch aus einer anderen österreichischen Rechtsvorschrift hervor. § 35 SPG normiert keineswegs die Verpflichtung, einen (amtlichen) Ausweis mit sich zu führen. Die Feststellung der Identität kann nach dieser Bestimmung durchaus auch mit anderen Mitteln vorgenommen werden (siehe Hauer/Keplinger, S 287 ff, 2. Auflage, Linde Verlag). Um die Identität zu klären, wäre somit auch eine Meldeauskunft, eine EKIS-Anfrage oder die Befragung der übrigen am Ort der Betretung anwesenden Mitschülerinnen möglich gewesen. Daher war es (wegen dieser gelinderen Mittel) nicht zulässig, die Beschwerdeführerin zur Feststellung ihrer Identität in das Wachzimmer mitzunehmen. Der gefährliche Angriff war beendet - der Diebstahl lag wie ausgeführt ca eine Stunde zurück, die Organe vermochten keine Fluchtbewegungen der möglichen Täterin festzustellen -, weshalb diese Amtshandlung auch nicht als notwendige Beendigung eines gefährlichen Angriffes nach § 33 SPG gewertet werden konnte. Somit endete die Anwendbarkeit des Sicherpolizeigesetzes mit der möglichen Identitätsfeststellung am Ort der Betretung und wurde die Mitnahme der Beschwerdeführerin zur Personendurchsuchung und Durchsuchung des Rucksackes als auch der Kleidung sowie zur Gegenüberstellung mit der Anzeigenerstatterin gemäß Art V EGVG im Dienste der Strafjustiz vorgenommen. Liegt einer solchen Maßnahme kein richterlicher Auftrag zu Grunde, setzt deren Gesetzmäßigkeit gemäß § 24 StPO unter anderem voraus, dass das unverzügliche Einschreiten des Untersuchungsrichters nicht erwirkt werden kann. Jedoch wäre an einem Montag um ca 11.25 Uhr eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Untersuchungsrichter bzw Staatsanwalt zumindest im Umweg über den Journaldienstbeamten der Bupol G., mit dem auch Kontakt aufgenommen wurde, möglich gewesen. Durch das Unterlassen dieser Kontaktaufnahme sind die Sicherheitswachebeamten eigenmächtig vorgegangen, was die Rechtswidrigkeit aller Teilakte der Amtshandlung bewirkte, die ab der Mitnahme zur Personendurchsuchung durchgeführt wurden.

Schlagworte
Personendurchsuchung Durchsuchung Mitnahme Identitätsfeststellung Lichtbildausweis geeignete Mittel Strafjustiz gelindere Mittel
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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