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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31985L0337 UVP-RL Anh1 Pkt7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Sauberer sowie die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der H L in Wien, vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) vom 11. Juni 1999, Zl. 299.332/2-II/C/12/99, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung (mitbeteiligte Partei:
Eisenbahn-Hochleistungsstrecken Aktiengesellschaft in 1120 Wien, Vivenotgasse 10), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 1.153,85 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei für den 2. Abschnitt - Anbindung Donauländebahn der Verbindungsstrecke zwischen West-, Süd- und Donauländebahn gemäß §§ 33, 35 und 36 Eisenbahngesetz 1957, BGBl. Nr. 60, (EG) und gemäß §§ 10, 56 und 127 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 214, sowie gemäß § 9 Abs. 2 und 3 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990, unter Zugrundelegung der vorgelegten Entwurfsunterlagen sowie unter Einhaltung bestimmter Vorschreibungen die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung und die wasserrechtliche Bewilligung erteilt. Ferner wurde ausgesprochen, dass das Erfordernis des Erwerbes der für das Projekt benötigten Grundstücke und Rechte unberührt bleibe. Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung gemäß § 36 Abs. 1 EG beziehe sich insbesondere auf folgende projektsgegenständliche Einzelbaumaßnahmen:
"-
Neubau der HL-Strecke 'Lainzer Tunnel' von Projektkm 0,730 bis Projekt-km 1,355,
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Neubau der HL-Strecke 'Güterschleife', Abzw. Altmannsdorf
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Bf. Inzersdorf Ort, von Projekt-km 0,000 bis Projekt-km 2,251.
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Errichtung der Abzweigung Altmannsdorf mit Absprung der HL-Neubaustrecke 'Güterschleife' von der HL-Neubaustrecke 'Lainzertunnel' in Richtung Donauländebahn, sowie die
-
Errichtung von Lärmschutzwänden im Bereich der Donauländebahn bzw. der Wiener-Lokalbahnen."
Weiters wurde im Spruch des Bescheides ausgeführt, dass sich die eisenbahnrechtliche Genehmigung gemäß § 36 Abs. 1 und 2 EG insbesondere auf näher bezeichnete Hoch- und Kunstbauten beziehe und dass sich die im Zusammenhang mit dem eisenbahnrechtlichen Verfahren mitbehandelten und von der Genehmigung mitumfassten wasserrechtlichen Belange insbesondere auf die durch die gegenständlichen Baumaßnahmen notwendig werdenden Grundwassererhaltungsmaßnahmen als Bauhilfsmaßnahmen und auf Entwässerungsmaßnahmen beziehen. Ferner wurde angeordnet, dass das Bauvorhaben gemäß § 35 Abs. 4 EG innerhalb von sieben Jahren ab Bescheiddatum auszuführen und der Betrieb zu eröffnen sei. Diese Frist könne über einen rechtzeitig an die Oberste Eisenbahnbehörde gerichteten Antrag verlängert werden. Um die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Genehmigung gemäß § 36 Abs. 3 EG für die Lärmschutzwände, für die Ausgestaltung einer "Festen Fahrbahn" und für die Ausgestaltung des Oberbaues sei gesondert anzusuchen. Auch um die Erteilung der erforderlichen eisenbahnrechtlichen Genehmigungen für das Fahrleitungsprojekt, für das sicherungstechnische Projekt und für die maschinentechnischen Einrichtungen sei gesondert anzusuchen, ebenso um die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Betriebsbewilligung. Schließlich wurden - u. a. - näher bezeichnete Einwendungen, Anträge und sonstige Vorbringen der Beschwerdeführerin auf den Zivilrechtsweg verwiesen bzw. abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es u. a.:
"Das Projekt Lainzer Tunnel bezweckt die Schaffung einer leistungsfähigen Eisenbahnverbindung durch Wien, die West-, Süd- und Donauländebahn miteinander verbinden wird.
Das Projekt stellt einen integrativen Bestandteil des Ausbaues des Hochleistungsstreckenabschnittes Wien - St. Pölten dar. Die projektierte Eisenbahnstrecke wurde gemäß § 1 des Hochleistungsstreckengesetzes, BGBl. Nr. 135/1989, und gemäß der darauf gegründeten Hochleistungsstreckenverordnung, BGBl. Nr. 107/1990, zur Hochleistungsstrecke erklärt.
Im Rahmen des durchzuführenden Trassenverordnungsverfahrens wurde bereits im Jahre 1990 ein erstes Anhörungsverfahren abgeführt, in welchem ca. 2300 negative Stellungnahmen eingegangen sind.
Entsprechend den Forderungen des Landes Wien hinsichtlich der Erarbeitung alternativer Trassenvorschläge zum Trassenentwurf aus dem Jahre 1990 wurde nach Erörterung der im ersten Anhörungsverfahren aufgezeigten Problemkreise mit Vertretern der Stadt Wien ein zweites Anhörungsverfahren zum Zwecke der Erlassung einer Trassenverordnung im Februar 1993 eingeleitet. Vor der Einleitung dieses zweiten Anhörungsverfahrens gemäß § 4 Hochleistungsstreckengesetz wurde in Abstimmung mit der Stadt Wien der von der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG (HL-AG) erarbeiteten Trassenvariante 'HA-WEI Tief mit Maxing' in eisenbahntechnischer und betrieblicher Hinsicht sowie aus der Sicht des Umweltschutzes eindeutig der Vorzug gegeben.
Seitens der Stadt Wien wurde jedoch die Beibringung eines Betriebskonzeptes der Bahn für den Raum Wien, in dem die Notwendigkeit der geplanten Strecke dokumentiert und ihre Entlastungswirkungen auf andere Strecken verdeutlicht werden, sowie die Ausarbeitung und Vorstellung eines übergreifenden Lärmschutzprojektes für die Vor- und Anschlussstrecken des Lainzer Tunnels, insbesondere der Donauländebahn, zur Erzielung einer breiten Akzeptanz für die geplante Trassenführung für unbedingt notwendig erachtet.
Der Landeshauptmann von Wien hat im Juni 1993 unter bestimmten Voraussetzungen eine grundsätzlich positive Stellungnahme zum vorgeschlagenen Trassenverlauf abgegeben. Zu bemerken ist, dass im Zuge des zweiten Anhörungsverfahrens nur mehr 289 Stellungnahmen eingegangen sind, wovon 166 Stellungnahmen positiv waren.
Die ggstl. Trassenverordnung wurde im Bundesgesetzblatt, BGBl. Nr. 824/1993, vom 3.12.1993 kundgemacht.
Die HL-AG hat mit Schreiben vom 16.4.1996, Zl. ..., den Antrag auf Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung, der in weiterer Folge mit Schreiben vom 22.6.1996, Zl. ..., ergänzt wurde, für das ggstl. Projekt bei der Behörde gestellt.
Mit Schreiben vom 11.3.1998, Zl. ..., wurde eine Ergänzung des Antrages hinsichtlich einer Mitbehandlung wasserrechtlicher Belange gemäß § 127 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 WRG gestellt.
Um die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Betriebsbewilligung wird nach Baufertigstellung gesondert beim Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr angesucht.
Ebenso hat die Bauwerberin betreffend die Ausgestaltung des Oberbaues um gesonderte Behandlung ersucht.
Das Gesamtprojekt ist in 4 Teilabschnitte aufgeteilt (Einreichung von April - August 1996), von denen jedem für sich verkehrswirksame Bedeutung zukommt. Diese Aufteilung der Einreichung in 4 Teilabschnitte ermöglicht auch eine verfahrensökonomische Abwicklung:
1. Abschnitt: Bf. Meidling - Einbindung Südbahn 2. Abschnitt: Verzweigung Altmannsdorfer Straße - Gutheil-Schodergasse
3. Abschnitt: Verbindungstunnel
4. Abschnitt: Verknüpfung Westbahn
In Bezug auf den hier gegenständlichen Abschnitt 2 ist
Folgendes auszuführen:
Im Anschluss an die Rampe Meidling B5 des ersten Teilbereiches 'Einbindung Südbahn' beginnt im Bereich nach der Donauländebahnbrücke mit Objekt T1, Tunnel Altmannsdorf des Bauloses LT01, gegenständlicher zweiter Teilbereich 'Anbindung Donauländebahn' der Personenverkehrstrasse der HL-Neubaustrecke 'Lainzer Tunnel'. Dieser Tunnel Altmannsdorf wird in offener Bauweise hergestellt und unterquert das Südbahn-Fernverkehrsgleis 2 bzw. die Schnellbahn Nahverkehrsgleise der S1. Im Bereich zwischen der Strohberggasse und Altmannsdorfer Straße bzw. im Bereich des Objektes T2, Verzweigung Altmannsdorf, erfolgt unterirdisch die niveaufreie Verzweigung der HL-Neubaustrecke 'Güterschleife' für Güterzüge von der HL-Neubaustrecke 'Lainzer Tunnel' für Personenzüge.
Der zweite Teilbereich 'Anbindung Donauländebahn' mit dem Baulos LT01 endet am Anfang des Objektes T3, Tunnel Hetzendorf des Bauloses LT07, der in bergmännischer Bauweise hergestellt wird und den Beginn des 'Verbindungstunnels', dritter Teilbereich des 'Lainzer Tunnels', darstellt.
Nach der Abzw. Altmannsdorfer Straße unterquert die HL-Neubaustrecke 'Güterschleife' in zwei eingleisigen Tunnelröhren die Südbahn bzw. die Breitenfurter Straße und vereinigt sich im Bereich der Oswaldgasse zu einem zweigleisigen Tunnel. Der Vortrieb des Objektes T9, Tunnel Güterschleife des Bauloses LT06, erfolgt bis zur Stüber-Gunther-Gasse grundsätzlich - ausgenommen der Bereich der Unterquerung der Personenverkehrstrasse der HL-Neubaustrecke 'Lainzer Tunnel' mit der Güterverkehrstrasse der HL-Neubaustrecke 'Güterschleife' Gleis 9 der in offener Bauweise hergestellt wird - in bergmännischer Bauweise.
Ab der Stüber-Gunther-Gasse wird mit Objekt T10, Tunnel Tscherttegasse des Bauloses LT03, in offener Bauweise die U6, die Wiener Lokalbahnen, die Donauländebahn und die Pottendorfer Linie unterquert.
Ab der Eibesbrunnergasse taucht die Trasse mit Objekt B8, Rampe Eibesbrunnergasse, auf, steigt nordöstlich der Donauländebahn hoch und überquert mit Objekt B9, Brücke Gutheil-Schoder-Gasse, die gleichnamige Straße. Nach diesem Brückenobjekt ist das Projektsende erreicht.
Der weitere Ausbau Richtung Zentralverschiebebahnhof Kledering bis zur Einmündung in die bestehende Donauländebahn vor der Favoritenstraße, einschließlich der im Projekt dargestellten Maßnahmen an der Donauländebahn, ist ein gesondertes Projekt und nicht Gegenstand dieser Verhandlung."
Die Einwendungen betreffend Lärm, Erschütterungen, Grundeinlösung und Wertminderung seien auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen. Aus den eingeholten Fachgutachten ergebe sich, dass bei projektsgemäßer Ausführung unter Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen ein ausreichender Schall- bzw. Erschütterungsschutz gewährleistet sei. Zu den Forderungen, die im Zusammenhang mit den projektsgegenständlichen Grundeinlösungen erhoben worden seien, sei festzuhalten, "dass die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung durch die Behörde unter der Voraussetzung des Erwerbes der erforderlichen Grundstücke und Rechte erfolgt. Im Baugenehmigungsbescheid liegt somit die Feststellung, dass das öffentliche Interesse an der dem Bescheid entsprechenden Durchführung des Bauvorhabens die entgegenstehenden Interessen überwiegt. Darin eingeschlossen ist die Feststellung, dass die Inanspruchnahme der für die Realisierung des gegenständlichen Bauprojektes erforderlichen Liegenschaften im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt." Hinsichtlich der vorgebrachten Einwendungen wegen Beeinträchtigung von Brunnen bzw. wegen Entwässerungsmaßnahmen und wegen Beeinträchtigung der Grundwasserverhältnisse durch das gegenständliche Projekt werde auf die vorliegenden Gutachten der "bezughabenden" Amtssachverständigen verwiesen, aus denen sich ergebe, dass bei Erfüllung bzw. Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen ein ausreichender Schutz gewährleistet werde. Ferner wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides Folgendes ausgeführt:
"Zu den Vorbringen, dass ein Verfahren nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz durchzuführen gewesen wäre, ist grundsätzlich auszuführen, dass aus den einschlägigen Bestimmungen des UVP-Gesetzes nicht ersichtlich ist, warum ein derartiges Verfahren durchzuführen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist auf die rechtskräftige Trassenverordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr, BGBl. Nr. 824/1993, hinzuweisen. Hiezu ist zu bemerken, dass dieses Trassenverordnungsverfahren bereits vor Inkrafttreten des UVP-Gesetzes abgeschlossen wurde und wäre daher im Rahmen des Trassenverordnungsverfahrens die Durchführung eines Verfahrens nach dem UVP-Gesetz weder gerechtfertigt noch möglich gewesen. Keinesfalls besteht aber die Möglichkeit, im Rahmen eines eisenbahnrechtlichen Bauverfahrens ein Verfahren nach dem UVP-Gesetz durchzuführen. Die diesbezüglichen Vorbringen waren daher als nicht verfahrensgegenständlich abzuweisen.
In diesem Zusammenhang ist jedoch grundsätzlich auszuführen, dass die Trassenverordnung Lainzer Tunnel vom 3.12.1993, BGBl. Nr. 824/1993, unter Bedachtnahme auf die Umweltverträglichkeit des Vorhabens erlassen wurde, wobei ein entsprechendes Prüfverfahren unter Einbindung der Öffentlichkeit im Zuge des Verfahrens (Anhörung) durchgeführt wurde. Somit ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Aspekte der Umweltverträglichkeit im gegenständlichen Trassenverordnungsverfahren berücksichtigt wurden. Dies auch deshalb, da das Ergebnis des Trassenverordnungsverfahrens bzw. der durchgeführten Anhörung von der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG als Projektwerberin bei der Erstellung der für das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren erforderlichen Unterlagen entsprechend zu berücksichtigen war bzw. entsprechend berücksichtigt wurden und somit Eingang in das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren gefunden hat.
Festzustellen ist außerdem, dass im gesamten dem Trassenverordnungsverfahren nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren der verordnete Geländestreifen der Trassenverordnung nicht verlassen wurde und im Baugenehmigungsverfahren über sämtliche öffentliche Interessen abzusprechen war und somit bei der Entscheidung entsprechend berücksichtigt wurden."
Abschließend wurde ausgeführt, dass sich das öffentliche Interesse am gegenständlichen Projekt insbesondere aus folgenden Punkten ergebe:
"-
Erklärung des gegenständlichen Streckenabschnittes zur HL-Strecke durch die Bundesregierung
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Stellungnahme der Stadt Wien im Trassenverordnungsverfahren
-
Das gegenständliche Projekt ist Bestandteil des Wiener Verkehrskonzeptes
-
Das gegenständliche Projekt ist Bestandteil des 4- gleisigen Westbahnausbaues und stellt die Fortsetzung der Neubaustrecke Wien-St. Pölten in Richtung Südbahn, Donauländebahn und Wien Südbahnhof dar.
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Weiters ist das Projekt Bestandteil des TEN (Transeuropäische Netze) und zwar der Donauachse die von Passau über Linz und Wien nach Budapest führt.
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Das öffentliche Interesse wurde weiters durch die Bauübertragung des gegenständlichen Projektes und des dabei neuerlich ausgesprochenen öffentlichen Interesses durch die Bundesregierung bestätigt.
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Die Herstellung der neuen Verbindungsstrecke ist Grundlage für die im städtischen Verkehrskonzept vorgesehene Entwicklung der S-Bahn und Regionalverkehrs (S-Bahn 2000).
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Nach Herstellung der neuen Verbindungsstrecke wird es ermöglicht, dass der Eisenbahndurchzugsverkehr durch Wien statt auf der offenen Trasse auf der bestehenden Westbahn und Verbindungsbahn über weite Strecken unterirdisch im Tunnel geführt werden kann. Dies bringt eine wesentliche Verringerung der Lärmbelastung für den 12., 13. und 14. Bezirk."
Gegen diesen Bescheid erhoben 13 Parteien - darunter die Beschwerdeführerin H L - Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 10. Oktober 1999, B 1312/99, ab und trat sie mit dem weiteren Beschluss vom 8. November 1999 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte - ebenso wie die mitbeteiligte Partei hinsichtlich der Beschwerdeführerin H L - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Nach der hg. Rechtsprechung bilden mehrere Nachbarn, die Beschwerde gegen dasselbe Bauvorhaben erheben, keine einheitliche Prozesspartei (vgl. das Erkenntnis vom 27. September 1971, Slg. Nr. 8070/A). Dies gilt auch für mehrere Parteien, die eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung in einem gemeinsamen Beschwerdeschriftsatz bekämpfen.
Der Verwaltungsgerichtshof beschränkt sich aus Zweckmäßigkeitsgründen zunächst auf die Behandlung der Beschwerde der H L und hat darüber erwogen:
Die Beschwerdeführerin stellt in den Vordergrund, dass für das gegenständliche Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 (im Folgenden als RL bezeichnet) durchzuführen gewesen wäre. Nach Meinung der Beschwerdeführerin sei das - im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung der Trassenverordnung vorgenommene - Anhörungsverfahren nach §§ 3 ff Hochleistungsstreckengesetz, BGBl. Nr. 135/1989, (HLSG) keine Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne der genannten Richtlinie. § 46 Abs. 4 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, BGBl. Nr. 697/1993, in der Fassung BGBl. Nr. 773/1996, (UVP-G) sei im vorliegenden Fall des nach der Richtlinie umweltverträglichkeitsprüfungspflichtigen Baues einer Eisenbahn-Fernverkehrsstrecke - weil nicht richtlinienkonform - nicht anwendbar. Dies bedeute, dass das gegenständliche Projekt im Sinne des § 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang I Z. 12 UVP-G umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sei. Gemäß § 39 UVP-G sei die Landesregierung zur Durchführung des Verfahrens zuständig. Im Übrigen unterscheide sich das dem Anhörungsverfahren im Trassenverordnungsbestimmungsverfahren unterzogene Projekt in wesentlichen Punkten von dem den Gegenstand des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens bildenden Projekt.
Die belangte Behörde vertritt den Standpunkt, dass die Beschwerdeführerin weder nach dem UVP-G noch nach der genannten Richtlinie ein subjektiv-öffentliches Recht auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung habe. Im Übrigen sei das gegenständliche Projekt, das in einem überwiegenden Bereich der Trasse der bestehenden Verbindungsbahn sowie der bestehenden Westbahn bzw. Donauländebahn folge und im Bereich des Bahnhofes Meidling in die bestehende Südbahn münde, keine Eisenbahn-Fernverkehrsstrecke im Sinne der RL. Darüber hinaus verlange das Gemeinschaftsrecht nicht, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung ausschließlich im Rahmen jenes Verfahrens durchgeführt werden müsse, das die Berechtigung zur Realisierung einer Eisenbahn-Fernverkehrsstrecke verleihe. § 46 Abs. 4 UVP-G sei daher nicht gemeinschaftsrechtswidrig. Die im Beschwerdefall im Verfahren zur Erlassung der Trassenverordnung durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung habe jedenfalls ("de facto") allen in Art. 3 ff der RL normierten Kriterien entsprochen, ihre Ergebnisse seien im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren berücksichtigt worden. Sie habe sich auf dasselbe Projekt bezogen, wie es dem gegenständlichen Genehmigungsverfahren zu Grunde liege.
Auch die mitbeteiligte Partei verneinte eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit von § 46 Abs. 4 UVP-G. Das Trassenverordnungsverfahren und das eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsverfahren bildeten eine Einheit, die im Rahmen des ersteren Verfahrens durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung finde ihren Niederschlag im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren. Beim gegenständlichen Projekt habe eine den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechende Umweltverträglichkeitsprüfung bereits 1993 im Verfahren nach dem HLSG stattgefunden. Die Ergebnisse dieser Umweltverträglichkeitsprüfung seien gemäß Art. 8 RL in dem dasselbe Projekt betreffenden eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren berücksichtigt worden. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin nicht ausgeführt, inwieweit sie in ihren persönlichen subjektiv-öffentlichen Rechten durch die angebliche rechtswidrige Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verletzt worden sei.
Zu diesem Fragenkomplex ist Folgendes auszuführen:
Zunächst muss geprüft werden, ob die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Geltendmachung der Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren berechtigt ist. Dies ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde zu bejahen. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin als Eigentümerin einer betroffenen Liegenschaft gemäß § 34 Abs. 4 EG Partei im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren ist. Als solche ist sie auch zur Einwendung berechtigt, dass das geplante Bauvorhaben keinen Vorteil für die Öffentlichkeit darstelle oder dass der Vorteil für die Öffentlichkeit geringer sei als die ihr dadurch erwachsenden Nachteile, weil ja die Baugenehmigung gemäß § 35 Abs. 3 EG nur erteilt werden darf, wenn der durch sie entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der den Parteien durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwächst (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1995, Zlen. 93/03/0191, 0321). Ein derartiges Vorbringen enthalten die in der Verhandlungsschrift wiedergegebenen, u. a. auch von der Beschwerdeführerin erhobenen schriftlichen Einwendungen vom 20. April 1998. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung bezweckt eine umfassende Prüfung der Auswirkungen eines Projektes auf die Umwelt; die Ergebnisse einer solchen Prüfung stellen wesentliche Grundlagen für die Beurteilung des Gewichtes der öffentlichen Interessen an der Durchführung des Projektes dar. Schon von da her kann einer Partei des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens nicht das Recht abgesprochen werden, die Nichtdurchführung einer rechtlich gebotenen Umweltverträglichkeitsprüfung geltend zu machen.
§ 46 Abs. 4 UVP-G sieht vor, dass die Bestimmungen des 3. Abschnittes dieses Gesetzes auf Vorhaben nicht anzuwenden sind, für die das nach dem Bundesstraßengesetz oder dem Hochleistungsstreckengesetz vorgesehene Anhörungsverfahren bis zum 30. Juni 1994 eingeleitet wurde, wobei § 24 Abs. 3 letzter Satz als erfüllt gilt und sinngemäß auf die folgenden, nicht konzentrierten Genehmigungsverfahren anzuwenden ist. Der
3. Abschnitt des UVP-G besteht lediglich aus dem § 24, der - u. a. - anordnet, dass vor Erlassung einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 1 HLSG für den Bau bestimmter Hochleistungsstrecken eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist (Abs. 1 Z. 2). Der letzte Satz des Abs. 3 dieser Bestimmung lautet:
"Für alle nachfolgenden Genehmigungsverfahren ist keine neuerliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder Bürgerbeteiligung durchzuführen."
Die §§ 3 und 4 HLSG lauten:
"§ 3. (1) Insoweit Hochleistungsstrecken nicht durch Ausbaumaßnahmen - wie etwa Herstellung entsprechender Bahnkörper, Fahrleitungen, Sicherungsanlagen und sonstiger für den Bau von und den Betrieb auf Hochleistungsstrecken notwendige Eisenbahnanlagen -
auf bestehenden Eisenbahnen eingerichtet werden können, hat der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr nach den Erfordernissen eines leistungsfähigen Eisenbahnverkehrs sowie unter Bedachtnahme auf sonstige öffentliche Interessen und die Ergebnisse der Anhörung (§ 4) den Trassenverlauf durch Verordnung zu bestimmen. Eine solche Verordnung darf nur erlassen werden, wenn nach dem Stand der Planungs- und Bauvorbereitungsarbeiten die Bestimmung des Trassenverlaufes in absehbarer Zeit zu erwarten und zu befürchten ist, dass durch bauliche Veränderungen in diesem Gelände der geplante Bau der Hochleistungsstrecke erheblich erschwert oder wesentlich verteuert wird. Als Ausbaumaßnahmen sind dabei auch Trassenänderungen geringeren Umfanges zu verstehen, wenn die Mitte des äußersten Gleises der geänderten Trasse von der Mitte des äußersten Gleises der bestehenden Trasse nicht mehr als 100 m entfernt ist.
(2) In einer Verordnung nach Abs. 1 ist der Verlauf der Trasse insoweit zu bestimmen, als hiefür ein Geländestreifen festzulegen und in Planunterlagen darzustellen ist. Die Breite dieses Geländestreifens ist entsprechend den örtlichen Verhältnissen festzulegen und darf insgesamt 150 m für den Bahnkörper und zusätzlich insgesamt weitere 150 m für Bahnhofsanlagen und sonstige für den Bau von und den Betrieb auf der Hochleistungsstrecke unbedingt erforderliche Eisenbahnanlagen nicht überschreiten; letztere zusätzliche Breite ist jeweils auf eine Länge von höchstens 1500 m zu beschränken.
(3) Eine Verordnung nach Abs. 1 hat den Hinweis auf die Planunterlagen zu enthalten. Die Planunterlagen sind beim Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, bei dem Amt der Landesregierung des örtlich berührten Landes und bei den örtlich berührten Gemeinden zur Einsicht aufzulegen.
§ 4. (1) Vor Erlassung einer Verordnung nach § 3 Abs. 1 sind die Länder und Gemeinden, deren örtlicher Wirkungsbereich von dem geplanten Trassenverlauf berührt wird, sowie die in ihrem Wirkungsbereich berührten gesetzlichen Interessenvertretungen zu hören. Die Ausübung dieses Anhörungsrechtes durch die Gemeinde ist eine Aufgabe des eigenen Wirkungsbereiches.
(2) Zum Zweck der Anhörung ist den Gemeinden ein Projektsentwurf über das Bauvorhaben, soweit es den örtlichen Wirkungsbereich der jeweiligen Gemeinde berührt, zu übermitteln.
(3) In dem vom Eisenbahnunternehmen aufzustellenden Projektsentwurf ist auf die Umweltverträglichkeit des Bauvorhabens Bedacht zu nehmen und insbesondere auch auszuführen, welche Vorkehrungen vorgesehen sind, damit aus dem Bau und Betrieb der geplanten Hochleistungsstrecke zu erwartende und im Verhältnis zur Art der Nutzung des benachbarten Geländes wesentliche zusätzliche Umweltbeeinträchtigungen möglichst gering gehalten werden. Subjektive Rechte werden hiedurch nicht begründet.
(4) Die Gemeinden haben den Projektsentwurf innerhalb einer vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zu bestimmenden sechswöchigen Frist zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Davor ist die Auflegung vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' und von den Gemeinden ortsüblich kundzumachen. Die Gemeinden haben ihre Stellungnahmen unverzüglich nach Ablauf der Einsichtsfrist dem Landeshauptmann zu übermitteln.
(5) Das Land ist bei der Übermittlung des Projektsentwurfes zu ersuchen, zum geplanten Trassenverlauf auch unter den Gesichtspunkten der vom Land zu besorgenden Angelegenheiten Stellung zu nehmen.
(6) Der Landeshauptmann hat mit dieser Stellungnahme des Landes die von den Gemeinden eingelangten Stellungnahmen gesammelt dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zu übermitteln."
Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung an die Beschwerdeführerin am 2. Juli 1999) stand bereits die RL in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 in Geltung. Letztere Richtlinie war ihrem Art. 3 Abs. 1 zufolge bis zum 14. März 1999 von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Sie wurde in Österreich erst durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 89/2000 (ausgegeben am 10. August 2000) umgesetzt. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 97/11/EG bestimmt jedoch, dass weiterhin die Richtlinie 85/337/EWG in der vor dieser Änderung geltenden Fassung Anwendung findet, wenn vor Ablauf der im Absatz 1 genannten Frist ein Genehmigungsantrag bei der zuständigen Behörde eingereicht wird. Dies trifft im Beschwerdefall zu.
Die Art. 2 bis 8 der RL in der Fassung vor der Richtlinie 97/11/EG des Rates lauten auszugsweise:
"Artikel 2
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor der Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen insbesondere aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.
Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.
. . .
(2) Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann in den Mitgliedstaaten im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Genehmigung der Projekte durchgeführt werden oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind, um den Zielen dieser Richtlinie zu entsprechen.
Artikel 3
Die Umweltverträglichkeitsprüfung identifiziert, beschreibt und bewertet in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls gemäß den Artikeln 4 bis 11 die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf folgende Faktoren:
- Mensch, Fauna und Flora,
- Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
- die Wechselwirkung zwischen den unter dem ersten und
dem zweiten Gedankenstrich genannten Faktoren,
- Sachgüter und das kulturelle Erbe.
Artikel 4
(1) Projekte der im Anhang I aufgeführten Klassen werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 3 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.
. . .
Artikel 5
(1) Bei Projekten, die nach Artikel 4 einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden müssen, ergreifen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Projektträger die in Anhang III genannten Angaben in geeigneter Form vorlegt, soweit
a) die Mitgliedstaaten der Auffassung sind, dass die Angaben in einem bestimmten Stadium des Genehmigungsverfahrens und in Anbetracht der besonderen Merkmale eines spezifischen Projekts oder einer bestimmten Art von Projekten und der möglicherweise beeinträchtigten Umwelt von Bedeutung sind;
b) die Mitgliedstaaten der Auffassung sind, dass von dem Projektträger unter anderem unter Berücksichtigung des Kenntnisstandes und der Prüfungsmethoden billigerweise verlangt werden kann, dass er die Angaben zusammenstellt.
(2) Die vom Projektträger gemäß Absatz 1 vorzulegenden Angaben umfassen mindestens folgendes:
-
eine Beschreibung des Projekts nach Standort, Art und Umfang;
-
eine Beschreibung der Maßnahmen, mit denen bedeutende nachteilige Auswirkungen vermieden, eingeschränkt und soweit möglich ausgeglichen werden sollen;
-
die notwendigen Angaben zur Feststellung und Beurteilung der Hauptwirkungen, die das Projekt voraussichtlich auf die Umwelt haben wird;
-
eine nichttechnische Zusammenfassung der unter dem ersten, zweiten und dritten Gedankenstrich genannten Angaben.
-
. . .
Artikel 6
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit die Behörden, die in ihrem umweltbezogenen Aufgabenbereich von dem Projekt berührt sein könnten, die Möglichkeit haben, ihre Stellungnahme zu dem Antrag auf Genehmigung abzugeben. Zu diesem Zweck bestimmen die Mitgliedstaaten allgemein oder von Fall zu Fall bei der Einreichung von Anträgen auf Genehmigung die Behörden, die anzuhören sind. Diesen Behörden werden die nach
Artikel 5 eingeholten Informationen mitgeteilt. Die Einzelheiten der Anhörung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt.
(2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge,
-
dass der Öffentlichkeit jeder Genehmigungsantrag sowie die nach Artikel 5 eingeholten Informationen zugänglich gemacht werden,
-
dass der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben wird, sich vor Erteilung der Genehmigung dazu zu äußern.
(3) Die Einzelheiten dieser Unterrichtung und Anhörung werden von den Mitgliedstaaten festgelegt, die nach Maßgabe der besonderen Merkmale der betreffenden Projekte oder Standorte insbesondere folgendes tun können:
-
den betroffenen Personenkreis bestimmen;
-
bestimmen, wo die Informationen eingesehen werden können;
-
präzisieren, wie die Öffentlichkeit unterrichtet werden kann, z. B. durch Anschläge innerhalb eines gewissen Umkreises, Veröffentlichungen in Lokalzeitungen, Veranstaltung von Ausstellungen mit Plänen, Zeichnungen, Tafeln, graphischen Darstellungen, Modellen;
-
bestimmen, in welcher Weise die Öffentlichkeit angehört werden soll, z. B. durch Aufforderung zur schriftlichen Stellungnahme und durch öffentliche Umfrage;
-
geeignete Fristen für die verschiedenen Phasen des Verfahrens festsetzen, damit gewährleistet ist, dass binnen angemessenen Fristen ein Beschluss gefasst wird.
Artikel 7
. . .
Artikel 8
Die Ergebnisse der Anhörungen und die gemäß den Artikeln 5, 6 und 7 eingeholten Angaben sind beim Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen."
Gemäß Anhang I Punkt 7 der genannten Richtlinie zählt der Bau von Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken zu den Projekten nach Art. 4 Abs. 1.
Anhang III der Richtlinie lautet:
"ANGABEN GEMÄSS ARTIKEL 5 ABSATZ 1
1. Beschreibung des Projekts, im besonderen:
-
Beschreibung der physischen Merkmale des gesamten Projekts und des Bedarfs an Grund und Boden während des Bauens und des Betriebes
-
Beschreibung der wichtigsten Merkmale der Produktionsprozesse, z. B. Art und Menge der verwendeten Materialien
-
Art und Quantität der erwarteten Rückstände und Emissionen (Verschmutzung des Wassers, der Luft und des Bodens, Lärm, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlung usw.), die sich aus dem Betrieb des vorgeschlagenen Projektes ergeben.
2. Gegebenenfalls Übersicht über die wichtigsten anderweitigen vom Projektträger geprüften Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen.
3. Beschreibung der möglicherweise von dem vorgeschlagenen Projekt erheblich beeinträchtigten Umwelt, wozu insbesondere die Bevölkerung, die Fauna, die Flora, der Boden, das Wasser, die Luft, das Klima, die materiellen Güter einschließlich der architektonisch wertvollen Bauten und der archäologischen Schätze und die Landschaft sowie die Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren gehören.
4. Beschreibung der möglichen wesentlichen Auswirkungen des vorgeschlagenen Projekts auf die Umwelt infolge:
-
des Vorhandenseins der Projektanlagen
-
der Nutzung der natürlichen Ressourcen
-
der Emission von Schadstoffen der Verursachung von Belästigungen und der Beseitigung von Abfällen
und Hinweis des Projektträgers auf die zur Vorausschätzung der Umweltauswirkungen angewandten Methoden.
5. Beschreibung der Maßnahmen, mit denen bedeutende nachteilige Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt vermieden, eingeschränkt und soweit möglich ausgeglichen werden sollen.
6. Nichttechnische Zusammenfassung der gemäß den obengenannten Punkten übermittelten Informationen.
7. Kurze Angabe etwaiger Schwierigkeiten (technische Lücken oder fehlende Kenntnisse) des Projektträgers bei der Zusammenstellung der geforderten Angaben."
Die Gegenüberstellung der maßgebenden Bestimmungen des HLSG und der RL in der angeführten Fassung ergibt, dass insbesondere die im Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III und Art. 8 der RL angeordneten Kriterien in den Bestimmungen des HLSG über das Anhörungsverfahren keine Entsprechung finden. Die in § 4 Abs. 3 HLSG vorgeschriebenen Inhaltserfordernisse des Projektsentwurfes bleiben weit hinter den nach Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III der RL erforderlichen Mindestangaben zurück; eine Vorschrift, dass die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens nicht nur bei der Bestimmung des Trassenverlaufes (§ 3 Abs. 1 erster Satz HLSG), sondern auch "beim Genehmigungsverfahren" (Art. 8 RL) zu berücksichtigen sind, ist dem österreichischen Recht fremd.
Die angeführten Bestimmungen der RL (insbesondere Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III und Art. 8), die vom österreichischen Gesetzgeber somit nur unzulänglich umgesetzt wurden, sind inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt; sie sind daher nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. etwa das Urteil vom 8. Oktober 1987 in der Rechtssache 80/86, Slg. 1987, 3969, "Kolpinghuis Nijmegen", Randnr. 7) in dem Sinn unmittelbar wirksam, dass sich Einzelne dem Staat gegenüber darauf berufen können.
Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass § 46 Abs. 4 UVP-G jedenfalls dann nicht anwendbar ist, wenn es sich beim Bauvorhaben um den Bau einer Eisenbahn-Fernverkehrsstrecke handelt.
Diese Voraussetzung ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde gegeben. Nach dem Sprachgebrauch wird unter "Fernverkehr" der Eisenbahn- oder Straßenverkehr zwischen weit voneinander entfernten Orten verstanden (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2. Bd., 717). Aus dem angefochtenen Bescheid geht hervor, dass es sich beim vorliegenden Projekt um den Bau der Verbindungsstrecke zwischen der West- und der Südbahn (sowie der Donauländebahn) handelt. Nach der Begründung dieses Bescheides ist das Projekt "Bestandteil des viergleisigen Westbahnausbaues und stellt die Fortsetzung der Neubaustrecke Wien - St. Pölten in Richtung Südbahn, Donauländebahn und Wien - Südbahnhof dar. Weiters ist das Projekt Bestandteil des TEN (Transeuropäische Netze), und zwar der Donauachse, die von Passau über Wien und Linz nach Budapest führt". Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich auch, dass ein beträchtlicher Teil der Verbindungsstrecke neu gebaut werden soll. Unter diesen Voraussetzungen hat der Verwaltungsgerichtshof keinen Zweifel, dass bei gebotener Betrachtung des gesamten, nicht aufgesplitterten Projektes (vgl. das Urteil des EuGH vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-392/96, Slg. 1999 I-5901, Randnr. 76) dieses als Bau einer Eisenbahn-Fernverkehrsstrecke im Sinne des Punktes 7 des Anhanges I der RL anzusehen ist.
Solcherart kann § 46 Abs. 4 UVP-G im Beschwerdefall zufolge des dargestellten Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes keine Befreiung von der Verpflichtung zur Durchführung der gemeinschaftsrechtlich gebotenen Umweltverträglichkeitsprüfung bewirken.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin führt dies jedoch nicht zur Annahme der Unzuständigkeit der belangten Behörde. Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts besagt nur, dass unter den dargelegten Voraussetzungen dessen Regelungen selbst - ungeachtet allfälligen entgegenstehenden innerstaatlichen Rechts -
anzuwenden sind, nicht aber, dass innerstaatliches Recht über seinen sachlichen oder zeitlichen Geltungsbereich hinaus anzuwenden wäre. Dies liefe auf eine Anwendung von innerstaatlichem Recht hinaus, das so nicht gesetzt wurde; ein solches Ergebnis kann auch im Fall des Anwendungsvorranges vom Gemeinschaftsrecht nicht gewonnen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 95/10/0081). Eine Anwendung von § 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang I Z. 12 und § 39 UVP-G kommt daher im Beschwerdefall nicht in Betracht.
Die Beschwerdeführerin irrt auch, wenn sie meint, das Gemeinschaftsrecht gebiete, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung nur im Rahmen des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens durchzuführen sei. Eine derartige Auslegung steht im Widerspruch zu Art. 2 Abs. 2 RL. Diese Norm stellt den Mitgliedstaaten die Bestimmung der Verfahren frei, in deren Rahmen die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist daher kein Hindernis zu erkennen, die Umweltverträglichkeitsprüfung in einem dem Genehmigungsverfahren vorgelagerten Verfahren durchzuführen, sofern damit den Zielen der Richtlinie entsprochen wird. Wesentliches Ziel der RL ist es nach Art. 2 Abs. 1, dass Projekte, bei denen insbesondere auf Grund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, vor Erteilung der Genehmigung einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden (vgl. das Urteil des EuGH vom 19. September 2000 in der Rechtssache C-287/98, "Linster", Randnr. 52). Dieses Ziel wird durch die in Rede stehende Vorverlagerung der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht beeinträchtigt.
Der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei ist beizupflichten, dass es gemeinschaftsrechtlich genügt, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung des Projektes einer allen Anforderungen der RL entsprechenden "de facto-Prüfung" unterzogen wurde (vgl. das Urteil des EuGH vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-431/92, "Wärmekraftwerk Großkrotzenburg", Slg. I- 2211, Randnr. 42 ff.). Dies - so behaupten sie in ihren Gegenschriften - sei im Beschwerdefall im Verfahren zur Bestimmung der Trassenverordnung erfolgt. Ob diese Behauptung zutrifft, kann vom Verwaltungsge