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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des M in Heidenheim, Deutschland, vertreten durch Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 2. Mai 2001, Zl. 1-0009/01/K2, betreffend Übertretung gemäß dem Güterbeförderungsgesetz 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde, der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und weiters des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der Berufung und der Anzeige ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Gemäß dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe
"sich als Lenker des Kraftwagenzuges mit dem Kennzeichen ... (zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t) am 19.4.2000 um 14.10 Uhr beim Zollamt Lustenau, Reichsstraße nach einer Transitfahrt durch Österreich zur Ausreise in die Schweiz gestellt (Einreise von Deutschland erfolgte über das ehemalige Autobahnzollamt Hörbranz), ohne die nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorgelegt zu haben:
a) entweder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine Ökokarte für die betreffende Fahrt,
b) oder einen Umweltdatenträger (ecotag), der eine automatische Entwertung der Öko-Punkte für die betreffende Fahrt ermöglicht,
c) oder geeignete Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine ökopunktbefreite Fahrt handelte,
d) oder geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelte und dass im Falle der Ausstattung des Fahrzeuges mit einem Umweltdatenträger, dieser für diesen Zweck eingestellt war."
Er habe dadurch § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz und "Art. 1 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 Nr. 609/2000 der Kommission" verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt).
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.
Gemäß Art. 1 des dem EU-Beitrittsakt beigefügten Protokolles Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (BGBl. Nr. 45/1995) gilt als Transitverkehr durch Österreich jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen (lit. c), als Straßengütertransitverkehr durch Österreich jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, unbeschadet ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (lit. e).
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission und der (am 11. April 2000 in Kraft getretenen) Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs
"die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ...
(1a) Transitfahrten unter den in Anhang C genannten Bedingungen oder im Rahmen von im österreichischen Hoheitsgebiet gültigen CEMT-Genehmigungen sind von der Ökopunkteregelung ausgenommen."
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der Spruch betreffend die als erwiesen angenommene Tat nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG entspreche. Dem Beschwerdeführer werde eine Transitfahrt zur Last gelegt. Dem Straferkenntnis müsse entnommen werden, wo und wann der Beschwerdeführer in das österreichische Staatsgebiet eingereist, sowie wo und wann er dieses wieder verlassen habe. Es sei lediglich die Zeit der Kontrolle - nämlich 14.10 Uhr - und der Tatort, das Zollamt Lustenau, Reichsstraße, angeführt worden.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Aus dem angeführten Spruch ergibt sich in eindeutiger Weise, auf welcher Transitfahrt sich der Beschwerdeführer durch Österreich befunden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 2000/03/0036). So wird angegeben, dass der Beschwerdeführer über das ehemalige Autobahnzollamt Hörbranz eingereist sei und sich beim Zollamt Lustenau, Reichsstraße, zur Ausreise gestellt habe. Die vorliegende Umschreibung der verfahrensgegenständlichen Transitfahrt entspricht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG, ist doch im Sinne der hg. Judikatur kein Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers oder die Gefahr einer Doppelbestrafung gegeben ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2001, Zl. 2000/03/0223).
Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, dass gemäß § 21 Abs. 1 VStG ein Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung bei Vorliegen der Voraussetzungen bestehe. Aus dem Sachverhalt sei zu entnehmen, dass ein Verschulden des Beschwerdeführers - wenn ein solches überhaupt vorliege - bestenfalls geringfügig sei. Der Beschwerdeführer habe nämlich das COP-Dokument vom 4. Oktober 1995 mitgeführt. Der Beschwerdeführer sei der irrigen Auffassung unterlegen, dass darüber hinaus keine anderen Vorkehrungen zu treffen seien. Er sei davon überzeugt gewesen, dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um eine ökopunktefreie Fahrt handle. Folgen hätte die Begehung der Tat in Anbetracht der sehr kurzen zurückgelegten Fahrtstrecke im Übrigen nicht gehabt.
Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 1 VStG das Verschulden geringfügig ist, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0014). Diese Voraussetzung ist nach dem angeführten Erkenntnis in Bezug auf eine Person, die eine Übertretung des § 23 Abs. 1 und 2 GütbefG 1995 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission nicht gegeben, hätte sich diese Person doch als ein eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführender Lenker zuvor auf geeignete Weise mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut machen müssen. In gleicher Weise hätte sich der Beschwerdeführer mit den Vorschriften über Transitfahrten (insbesondere ökopunktefreie Transitfahrten) befassen müssen. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte COP-Dokument ist jenes Dokument, in dem die Angaben über Fahrzeug und Frächter (die sonst auf der Ökopunktekarte festgehalten sind) - insbesondere die für das Fahrzeug erforderliche Anzahl von Ökopunkten - angeführt sind. Auf Grund dieses Dokumentes wird ein Fahrzeug im elektronischen Ökopunktesystem angemeldet. Eine solche Befassung mit den einschlägigen Vorschriften hätte ergeben, dass das COP-Dokument nicht zu den in Art. 1 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission in Verbindung mit Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission angeführten geeigneten Unterlagen zählt, um eine ökopunktebefreite Transitfahrt gemäß dem Anhang C nachzuweisen.
Weiters rügt der Beschwerdeführer, dass er die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Mai 2000 nicht erhalten habe. Er sei dadurch in seinem Recht auf Gehör verletzt worden.
Gemäß § 40 Abs. 1 VStG hat die Behörde dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, sich zu rechtfertigen, wenn sie nicht schon auf Grund der Anzeige oder der darüber gepflogenen Erhebungen von der Verfolgung absieht. Die Behörde kann gemäß § 40 Abs. 2 VStG den Beschuldigten zu diesem Zweck zur Vernehmung laden oder ihn auffordern, nach seiner Wahl entweder zu einem bestimmten Zeitpunkt zu seiner Vernehmung zu erscheinen oder sich bis zu diesem Zeitpunkt schriftlich zu rechtfertigen.
Gemäß der hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 91/06/0011) wird ein allfälliger Verfahrensmangel des Verwaltungsverfahrens erster Instanz dann saniert, wenn der Beschuldigte aus dem in erster Instanz ergangenen Straferkenntnis ersehen konnte, welche Vorwürfe gegen ihn erhoben wurden. Er hat dann nämlich Gelegenheit, sich im Rahmen des gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren im Wege der von ihm eingebrachten Berufung zu rechtfertigen. Im vorliegenden Fall konnte der Beschwerdeführer die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aus dem erstinstanzlichen Straferkenntnis ersehen und hatte somit in der von ihm erhobenen Berufung die Möglichkeit, sich zu rechtfertigen.
Weiters meint der Beschwerdeführer, dass der in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2001 gestellte Antrag seines Vertreters auf seine Einvernahme im Rechtshilfeweg zum Beweis dafür, dass er Dokumente mitgeführt habe, die beweisen könnten, dass es sich um eine ökopunktbefreite Fahrt gehandelt habe, zu Unrecht abgewiesen worden sei. Wenn das Ermittlungsverfahren mängelfrei durchgeführt worden wäre, hätte die belangte Behörde zur Auffassung gelangen müssen, dass es erforderlich sei, den Beschwerdeführer zu diesem Thema im Rechtshilfeweg einzuvernehmen.
In diesem Zusammenhang ist dem Beschwerdeführer, wie dies auch die belangte Behörde getan hat, entgegenzuhalten, dass er in der Beschwerde die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels nicht dartut. Er führt weder ins Treffen, welche anderen Unterlagen (außer dem COP-Dokument) er mitgeführt hat, noch macht er - wie bereits dargelegt - einen konkreten ökopunktebefreiten Sachverhalt geltend.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 6. September 2001
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2 Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren Parteiengehör Allgemein Parteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an Beweisaufnahmen Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001030191.X00Im RIS seit
07.12.2001