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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AuslBG;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des Mag. J, geboren am 22. Dezember 1950, vertreten durch Dr. Thaddäus Kleisinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. Juli 1999, Zl. Fr 1217/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen polnischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis 27. März 2004 befristetes Aufenthaltsverbot.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:
Der Beschwerdeführer habe bei seiner Vernehmung angegeben, dass er am 6. Februar 1999 nach Österreich eingereist sei, um einem namentlich genannten österreichischen Bekannten im Haushalt zu helfen. Dafür hätte er freie Kost und Quartier und zusätzlich wöchentlich S 1.000,-- erhalten. Er würde seit 1995 nach Österreich kommen, um ein bisschen Geld zu verdienen. Seinen Lebensunterhalt würde er ausschließlich von der "Schwarzarbeit" in Österreich bestreiten.
Diese Niederschrift sei übersetzt und in weiterer Folge vom Beschwerdeführer unterschrieben worden, womit er kundgetan habe, alles verstanden und zur Kenntnis genommen zu haben. In der Berufung habe er den Vorwurf der "Schwarzarbeit" in Österreich bestritten. Die belangte Behörde nehme als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer in Österreich über einen längeren Zeitraum hinweg entgegen dem Ausländerbeschäftigungsgesetz illegal der "Schwarzarbeit" nachgegangen sei. Im Mittelpunkt dieser Beurteilung stünde seine Erstaussage vor der Fremdenpolizeibehörde. Es sei rational nachvollziehbar, dass eine Person bei ihrer Erstaussage am ehesten die Wahrheit sage. Später gemachte Aussagen könnten lediglich als Schutzbehauptungen qualifiziert werden. An der Verhinderung von "Schwarzarbeit" bestehe ein großes öffentliches Interesse, das die in § 36 Abs. 1 FrG normierte Annahme rechtfertige. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er seit 1995 in Österreich durch "Schwarzarbeit" seinen Lebensunterhalt bestreite. Somit liege auch eindeutig Wiederholungsgefahr vor und es sei anzunehmen, dass er auch in Hinkunft im Fall der Nichterlassung eines Aufenthaltsverbotes nach Österreich käme, um hier entgegen dem Ausländerbeschäftigungsgesetz illegal zu arbeiten. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers werde, auch wenn mangels der Betretung nach § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG dieser Sondertatbestand nicht verwirklicht worden sei, als besonders schwerwiegend beurteilt, weshalb es erforderlich sei, über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot zu verhängen. Maßgebliche familiäre oder private Interessen könnten nicht festgestellt werden, weshalb eine Prüfung nach § 37 FrG nicht vorzunehmen gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass ein Aufenthaltsverbot auch dann erlassen werden kann, wenn zwar keiner der in § 36 Abs. 2 FrG beispielsweise aufgezählten Tatbestände verwirklicht ist, wohl aber auf Grund bestimmter Tatsachen die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Gefährlichkeitsprognose getroffen werden kann. Die Ausübung einer Beschäftigung durch einen Fremden, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen, kann durchaus eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG darstellen, und zwar auch dann, wenn der Fremde hiebei nicht im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 8 leg. cit. betreten wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1998, Zl. 98/21/0183).
Die Beschwerde macht geltend, dass die Aussage des Beschwerdeführers unrichtig protokolliert worden sei und er auch dagegen Einwendungen erhoben habe. Er habe zum Beweis dafür, dass die "grotesken Behauptungen", er würde quasi als "Hausmädchen" nach Österreich kommen, um hier als "Putzmann" tätig zu sein, unrichtig seien, die Vernehmung seines österreichischen Bekannten Mag. S. beantragt und zum Beweis dafür, dass er über Vermögen und Einkommen verfüge, einen Firmenbuchauszug und eine Bankbestätigung vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe aus Höflichkeit geholfen, die Wohnung des Mag. S., bei dem er gewohnt habe, sauber zu halten und habe Einkäufe getätigt. Er habe gemeinsam mit einer anderen Person in Österreich eine Innenausbau Ges.m.b.H. gegründet. Die belangte Behörde habe weder Mag. S. vernommen noch sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und auch die vorgelegten Urkunden nicht gewürdigt.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer einen dem angefochtenen Bescheid anhaftenden Verfahrensmangel auf. Bereits in seiner Berufung hat er detailliert angegeben, dass seine Aussage falsch übersetzt und protokolliert worden sei. Er hat weiters zum Beweis dafür, dass er keiner "Schwarzarbeit" nachgegangen sei, über ausreichendes Barvermögen verfüge und sich in Österreich finanziell mit 40 % an einer Ges.m.b.H. beteiligt habe, die Vernehmung des Mag. S. beantragt.
Der angefochtene Bescheid lässt jeglichen Hinweis darauf vermissen, dass sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen näher auseinandergesetzt hat. Es wurden weder Ermittlungen zur Behauptung der unrichtigen Protokollierung der Aussage des Beschwerdeführers vorgenommen (vgl. dazu etwa die unter E. 12 zu § 15 AVG bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, angeführte Rechtsprechung) noch wurde der beantragte Zeuge Mag. S. zur Behauptung vernommen, dass der Beschwerdeführer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu diesem Zeugen gestanden sei. Mit dieser Vorgangsweise hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften in relevanter Weise verletzt, weil nicht auszuschließen ist, dass sie andernfalls zu einem für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis gelangt wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag bereits enthalten ist.
Wien, am 11. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999210306.X00Im RIS seit
19.12.2001