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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):99/03/0170Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Stöberl, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerden der S GesmbH & Comp. in Salzburg, vertreten durch Dr. Friedrich Oedl und Dr. Rudolf Forstenlechner, Rechtsanwälte in Salzburg, Getreidegasse 21, 1. gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 8. März 1999, Zl. 53392/2-Z7/99, betreffend Aufhebung eines Bescheides nach dem Luftfahrtgesetz gemäß § 68 Abs. 2 AVG und 2. gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 8. März 1999, Zl. 53392/3-Z7/99, betreffend luftfahrtrechtliche Ausnahmebewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 8. März 1999 wurde der Bescheid des Bundesministers für Verkehr vom 17. Oktober 1983, mit dem die beschwerdeführende Partei gemäß den damals geltenden Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes verpflichtet worden war, die luftfahrtbehördliche Kennzeichnung einer ein Luftfahrthindernis darstellenden Seilbahn durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt zu dulden, gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit dem erwähnten Bescheid sei festgestellt worden, dass die Seilbahn ein Luftfahrthindernis sei, dessen Kennzeichnung im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt und zum Schutz der Allgemeinheit unbedingt erforderlich sei. Zur Durchführung und Erhaltung der Kennzeichnung sei das Bundesamt für Zivilluftfahrt verpflichtet worden, von dem auch die dadurch entstandenen Kosten zu tragen gewesen seien. Die beschwerdeführende Partei sei zur Duldung dieser Kennzeichnungsmaßnahmen verpflichtet worden. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt habe Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit bzw. Durchführbarkeit der vorgeschriebenen Kennzeichnungsmaßnahmen geäußert; die Kennzeichnung sei in der Folge unterblieben. Da der beschwerdeführenden Partei aus dem Bescheid vom 17. Oktober 1983 kein Recht erwachsen sei und dieser Bescheid auch nicht vollzogen worden sei bzw. gar nicht habe vollzogen werden können, sei er aufzuheben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende zur hg. Zl. 99/03/0169 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
II.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 8. März 1999 wurde der beschwerdeführenden Partei die luftfahrtrechtliche Ausnahmebewilligung für den weiteren Betrieb der Kabinenseilbahn E gemäß den §§ 92 und 95 in Verbindung mit den §§ 85 Abs. 2, 91a und 91b Luftfahrtgesetz unter Vorschreibung von Auflagen (näher beschriebene Kennzeichnungsmaßnahmen) erteilt. Begründend wurde unter Hinweis auf den von der Erstbehörde vorgenommenen Lokalaugenschein im Wesentlichen ausgeführt, die Kabinenseilbahn E stelle ein Luftfahrthindernis im Sinne des § 85 Abs. 2 LFG dar, das in Ansehung seiner Lage und Beschaffenheit im Interesse der Luftfahrt insbesondere für den Rettungseinsatz von Hubschraubern gekennzeichnet werden müsse. Die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, für so genannte Altanlagen (das sind vor dem Inkrafttreten des Luftfahrtgesetzes bereits bestehende Anlagen) bestehe keine Bewilligungspflicht, sei im Grunde des § 91b LFG unzutreffend. Nach dieser Bestimmung sei nämlich für die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehenden Luftfahrthindernisse, für die keine Bewilligung vorliege, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten. Die Kosten der Kennzeichnung seien zufolge der Neufassung des § 95 LFG nicht mehr vom Bundesamt für Zivilluftfahrt bzw. der Austro Control GmbH, sondern vom Eigentümer des Luftfahrthindernisses zu tragen. Schließlich gehe aus den §§ 91 bis 93 LFG im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei eindeutig hervor, dass für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für bestehende oder zu errichtende Luftfahrthindernisse außerhalb von Sicherheitszonen der Landeshauptmann zuständig sei und es seien solche Bewilligungen erforderlichenfalls bedingt oder unter Auflagen zu erteilen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 99/03/0170 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
III.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechts von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
Die beschwerdeführende Partei wendet gegen den unter 1. genannten angefochtenen Bescheid ein, es treffe nicht zu, dass aus dem Bescheid vom 17. Oktober 1983 niemandem ein Recht erwachsen sei. Der beschwerdeführenden Partei sei aus diesem Bescheid das Recht erwachsen, die zur Kennzeichnung erforderlichen Maßnahmen nicht auf eigene Kosten vornehmen zu müssen, sondern die auflaufenden Kosten ersetzt zu erhalten. Indem die Kostentragungspflicht des Bundesamtes für Zivilluftfahrt angeordnet worden sei, sei der beschwerdeführenden Partei das Recht eingeräumt worden, den Seilbahnbetrieb als Luftfahrthindernis ohne Kostenbelastung und Haftungsrisiko für Sicherungsmaßnahmen zu betreiben. Durch die Aufhebung dieses Bescheides sei die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei somit - unzulässigerweise - erheblich verschlechtert worden.
Bei diesem Vorbringen verkennt die beschwerdeführende Partei den normativen Gehalt des Bescheides vom 17. Oktober 1983. Dieser Bescheid verpflichtete nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wohl das Bundesamt für Zivilluftfahrt zur Durchführung näher beschriebener Kennzeichnungsmaßnahmen und die beschwerdeführende Partei, diese Maßnahmen zu dulden. Weder wurde der beschwerdeführenden Partei dadurch ein Recht auf Durchführung der Kennzeichnungsmaßnahmen durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt eingeräumt, noch das Recht, dass entsprechende Kosten von diesem Bundesamt getragen werden. Vielmehr erschöpfen sich die Wirkungen dieses Bescheides gegenüber der Beschwerdeführerin in der Anordnung, sie habe die Durchführung näher beschriebener Kennzeichnungsmaßnahmen durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt zu dulden.
Eine Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 1983 durch den unter 1. genannten angefochtenen Bescheid berührt daher die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei nur insoweit, als die ihr bescheidmäßig auferlegte Verpflichtung, die erwähnten Kennzeichnungsmaßnahmen zu dulden, damit weggefallen ist. Eine Verschlechterung ihrer Rechtsstellung ist dadurch keineswegs eingetreten, wurde die der beschwerdeführenden Partei bescheidmäßig auferlegte Duldungsverpflichtung doch gänzlich beseitigt.
Die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor. Die gegen den unter 1. genannten Bescheid erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 91 Luftfahrtgesetz (LFG) ist für die Errichtung oder Erweiterung eines Luftfahrthindernisses außerhalb von Sicherheitszonen gemäß § 85 Abs. 2 und Abs. 3 unbeschadet der Bestimmungen des § 91a eine Ausnahmebewilligung erforderlich. Sonstige gesetzliche Vorschriften bleiben unberührt.
Gemäß § 91a Abs. 1 LFG ist die Errichtung oder Erweiterung eines Luftfahrthindernisses im Sinne des § 85 Abs. 3 der zuständigen Luftfahrtbehörde unter Vorlage näher beschriebener Unterlagen (Abs. 2) anzuzeigen.
Gelangt die Luftfahrtbehörde zur Auffassung, dass das Vorhaben einer Ausnahmebewilligung gemäß § 91 bedarf, muss sie dem Einschreiter gemäß § 91a Abs. 4 LFG u.a. mitteilen, dass die Errichtungsanzeige als Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 91 behandelt wird und dass vor Eintritt der Rechtskraft der Ausnahmebewilligung nicht mit der Ausführung des Vorhabens begonnen werden darf.
Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehende Luftfahrthindernisse im Sinne des § 85 Abs. 2 und 3, für die keine Bewilligung vorliegen, sind gemäß § 91b Abs. 1 LFG vom Verfügungsberechtigten binnen neun Monaten nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bzw. binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten einer Verordnung gemäß § 85 Abs. 4 oder 5 der zuständigen Behörde zu melden. Bezüglich der gemäß Abs. 1 gemeldeten Hindernisse im Sinne des § 85 Abs. 3 ist gemäß § 91b Abs. 2 LFG das Verfahren nach § 91a einzuleiten.
Gemäß § 92 Abs. 2 LFG ist eine Ausnahmebewilligung zu erteilen, wenn durch die Errichtung oder Erweiterung des Luftfahrthindernisses die Sicherheit der Luftfahrt nicht beeinträchtigt wird. Sie ist insoweit bedingt oder mit Auflagen zu erteilen, als dies im Interesse der Luftfahrt oder zum Schutze der Allgemeinheit erforderlich ist.
Gemäß § 95 Abs. 1 LFG ist der Eigentümer eines Luftfahrthindernisses verpflichtet, dieses auf seine Kosten zu kennzeichnen. Dies gilt auch für die laufende Instandhaltung und die allfällige Beseitigung der Kennzeichnungen.
Die beschwerdeführende Partei, die nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten den Antrag auf luftfahrtrechtliche Ausnahmebewilligung für die Seilbahn gestellt hat und die auch gar nicht bestreitet, dass es sich dabei um ein Luftfahrthindernis entsprechend der Annahme der belangten Behörde handelt, erachtet sich durch den unter 2. genannten angefochtenen Bescheid wegen der ihr darin in Form von Auflagen auferlegten Kennzeichnungspflicht in ihren Rechten verletzt. Sie bringt unter diesem Gesichtspunkt vor, sie sei auf Grund des rechtskräftigen Bescheides vom 17. Oktober 1983 lediglich zur Duldung dieser Kennzeichnung verpflichtet. Dieser Bescheid habe im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch Bestand gehabt. Indem die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei dessen ungeachtet eine Kennzeichnungsverpflichtung auferlegt habe, habe sie rechtswidrigerweise in die Rechtskraft des Bescheides vom 17. Oktober 1983 eingegriffen und solcherart den Grundsatz des "ne bis in idem" verletzt.
Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei steht die Rechtskraft des Bescheides vom 17. Oktober 1983 der Erlassung des angefochtenen Bescheides freilich schon deshalb nicht entgegen, weil mittlerweile eine wesentliche Änderung in den den Bescheid aus 1983 tragenden Normen eingetreten ist. § 95 Abs 1 LFG normiert nämlich nunmehr die Verpflichtung des Eigentümers eines Luftfahrthindernisses, dieses auf seine Kosten zu kennzeichnen, während er nach der im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 17. Oktober 1983 maßgeblichen Rechtslage lediglich zur Duldung dieser Maßnahme verpflichtet war (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 97/03/0385, und die dort angegebene Judikatur). Die Rechtskraft des Bescheides vom 17. Oktober 1983 konnte daher eine Heranziehung der beschwerdeführenden Partei zur Kennzeichnung ihres Luftfahrthindernisses nicht hindern.
Soweit die beschwerdeführende Partei weiters eine Anwendung des § 95 Abs. 1 LFG auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Norm bereits bestehende Luftfahrthindernisse in Zweifel zieht bzw. die Verfassungswidrigkeit einer solchen Anwendung behauptet, ist ihr zunächst zu entgegnen, dass § 95 Abs. 1 LFG Luftfahrthindernisse schlechthin umfasst, ohne Ausnahmeregelungen für "Altbestände" zu normieren. § 95 Abs. 1 LFG ist daher auf Luftfahrthindernisse, die vor Inkrafttreten dieser Norm bereits bestanden haben, in gleicher Weise anzuwenden wie auf Luftfahrthindernisse, die erst nach dem Inkrafttreten dieser Norm errichtet oder erweitert wurden. Dies begegnet, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im zitierten Erkenntnis vom 20. September 2000 dargelegt hat, unter dem Gesichtspunkt des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsschutzes keinen Bedenken. In dieser Regelung ist aber auch ein - von der beschwerdeführenden Partei ohne nähere Begründung behaupteter - Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz nicht zu sehen.
Schließlich zeigt die beschwerdeführende Partei auch mit dem Hinweis, ihr Luftfahrthindernis hätte gar keiner luftfahrtrechtlichen Bewilligung bedurft, keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf. Besteht nämlich die Auffassung der belangten Behörde, die beschwerdeführende Partei sei zu der ihr vorgeschriebenen Kennzeichnung verpflichtet, wie dargelegt zu Recht, so läge, selbst wenn die Beschwerdebehauptung, das Luftfahrthindernis sei - weil es sich um eine "Altanlage" handle, die jedenfalls als "genehmigt" zu gelten habe - bewilligungsfrei, zutreffe, im (weiteren) Abspruch des angefochtenen Bescheides, der beschwerdeführenden Partei werde entsprechend ihrem Antrag die luftfahrtrechtliche Bewilligung erteilt, kein Umstand, der geeignet wäre, die beschwerdeführende Partei in ihren Rechten zu verletzen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999030169.X00Im RIS seit
21.11.2001Zuletzt aktualisiert am
23.10.2015