TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/12 96/13/0043

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Veröffentlicht am 12.09.2001
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §93;
EStG 1972 §95;
KStG 1966 §8 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/13/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerden der I-Ges.m.b.H. in B, vertreten durch Czerwenka & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien I, Rudolfsplatz 12, gegen die Bescheide

Spruch

1.) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom 23. Jänner 1996, GZ. 11- 92/2151/07, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1980 bis 1985, Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens und Festsetzung der Vermögensteuer ab 1. Jänner 1983 bis 1. Jänner 1986, den Beschluss gefasst:

die Beschwerde wird zurückgewiesen;

die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen;

und

2.) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Jänner 1996, GZ. GA 11-92/2151/1/07, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer für 1981 bis 1985,

zu Recht erkannt:

der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben;

der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde am 1. Juli 1976 gegründet und am 5. August 1976 im Handelsregister eingetragen. Im Gesellschaftsvertrag scheinen als Gesellschafter die Diplomdolmetscherin I.P. mit einer Stammeinlage von S 99.000,-- und die Kanzleileiterin des die Gesellschaftsgründung beurkundenden Notars mit der restlichen Stammeinlage von S 1.000,--

auf. Bereits am 6. August 1976 trat die erwähnte Kanzleileiterin ihre Gesellschaftsanteile zur Gänze an I.P. ab. Für die ersten Monate seit Bestehen der neu gegründeten Gesellschaft wurde Ing. G.G. zum handelsrechtlichen Geschäftsführer bestellt, der in dieser Funktion am 26. November 1976 von Dkfm. G.M. abgelöst wurde. Den Unternehmensgegenstand bildete der Handel mit Regelgeräten, Mess- und Regelanlagen, deren Bestandteilen und Zubehör, vor allem für die Industrie.

Im Zuge einer die Jahre 1980 bis 1985 umfassenden Betriebsprüfung wurde unter anderem festgestellt:

"Die Grundlage für die Unternehmenstätigkeit besteht in einer Reihe von Vertretungsverträgen mit international agierenden Unternehmen (Fa. A., ....).

Diese Geschäftsverbindungen wurden von Dr. O. T. aufgebaut und weitergeführt. Dr. T. wurde von der Bw. am 27. Jänner 1977 bei der Wr. Gebietskrankenkassa als Angestellter in Teilzeit (zwei Mal pro Woche je sechs Stunden und zwar jeden Montag und Dienstag) mit einem monatlichen Bruttobezug von S 3.000,-- angemeldet.

Im Betriebsprüfungsverfahren hat er sich gegenüber dem Finanzamt als Verkaufsleiter vorgestellt. Die Tätigkeit dieses Mannes für das geprüfte Unternehmen hat ansehnliche Jahresergebnisse und einen beachtlichen Totalgewinn im Prüfungszeitraum hervorgebracht......

Der Totalgewinn im Prüfungszeitraum beläuft sich auf S 1,213.214,--, eine offene Gewinnausschüttung gem. den handelsrechtlichen Vorschriften wurde jedoch seit Entstehen der Bw. nicht vorgenommen. Dagegen wuchs der Forderungsstand des für den Teilzeitbeschäftigten Dr. T. eingerichteten Verrechnungskontos im Verlauf des Prüfungszeitraumes ständig an:

Forderung an Dr. O. T.:

30. Juni 1981

S

139.597,--

30. Juni 1982

S

314.173,--

30. Juni 1983

S

626.066,--

30. Juni 1984

S

783.944,--

30. Juni 1985

S

1.141.854,--"

Zum 30. Juni 1985 hat der Forderungsbestand an den mit einem Monatsbezug von S 3.000,-- brutto angestellten Teilzeitbeschäftigten beinahe die Höhe des im Prüfungszeitraum erwirtschafteten Gesamtgewinnes erreicht...."

Dem Betriebsprüfer erschien der von der Beschwerdeführerin dargelegte Sachverhalt unglaubwürdig:

-

"Eine Dolmetscherin, die seit der Gesellschaftsgründung keine Rendite aus der Beteiligung trotz der guten Jahresergebnisse gezogen habe, sei Gesellschafterin;

-

ein pensionierter Schulfreund des ehemaligen Unternehmers und späteren Teilzeitangestellten Dr. T., Dkfm. G. M., sei Geschäftsführer, wobei dieser für die Leitung eines Unternehmens, das im Durchschnitt einen Jahresumsatz von S 15 Mio. erwirtschaftet, lediglich ein Pauschalhonorar von S 1.800,-- monatlich erhalte

-

und Dr. O. T., der alle Geschäftsverbindungen des Unternehmens aufgebaut, den Betrieb und die positive Entwicklung des Unternehmens erst ermöglicht habe, der in personeller Hinsicht quasi den wirtschaftlichen Träger des Unternehmens darstelle, sei ein Teilzeitangestellter mit einem monatlichen Bruttobezug von

S 3.000,--."

Der Betriebsprüfer gelangte zu folgenden Feststellungen:

              "1)              Dr. O. T. bezahlte die Vermögensteuer für die Gesellschafterin I. P.. Zu diesem Zweck wurden von der Steuerberaterin Dr. M. M. die entsprechenden Lastschriftanzeigen und Erlagscheine Dr. T. zugeleitet.

.....

              3)              Sämtliche Informationen zur Erstellung des Jahresabschlusses wurden ausschließlich von Dr. T. an die Steuerberatungskanzlei Dr. M. übergeben. Nur er entscheidet, wann, in welcher Höhe und für welchen Zweck bilanzpolitische Maßnahmen (Rückstellungen, Auszahlungen, etc.) vorgenommen werden.

              4)              Dr. O. T. bekommt jeden Jahresabschluss und jede Steuererklärung von der Steuerberatung zugeleitet.

              5)              Selbst die Aufstockung des Stammkapitals auf S 500.000,-- gemäß den seit der Ges.m.b.H. - Novelle 1980 geänderten Kapitalausstattungsvorschriften wird von ihm bestimmt und in die Wege geleitet.

              6)              Sämtliche Angestellten des Unternehmens wurden von Dr. O.

T. aufgenommen.

              7)              Dr. O. T. nahm auch sonst wichtige Angelegenheiten des Unternehmens wahr: er löste den Mietvertrag für das Büro in 1070 Wien und verlegte den Firmensitz in sein Wohnhaus in Baden bei Wien, V-Straße.

              8)              Dr. T. nahm weiters die Gewerbeanmeldung bei der Bezirkshauptmannschaft Baden vor.

              9)              Dr. O. T. kündigte das Vollmachtsverhältnis mit der bisherigen Steuerberatungskanzlei Dr. M. M. mit Schreiben vom 5. Juli 1987 und er schloss gleichzeitig einen neuen Bevollmächtigungsvertrag mit dem Steuerberater O.M. in Bad Vöslau.

              10)              Seit 1984 wurden sämtliche Überweisungsaufträge im Bankverkehr des Unternehmens ausschließlich von Dr. T. unterschrieben.

              11)              Weiters wurden seit 1984 alle Umsatzsteuervoranmeldungen nur von Dr. T. unterschrieben.

              12)              Im Vergleich zu den anderen Angestellten des geprüften Unternehmens weist nur das Verrechnungskonto Dr. O. T. einen derartig hohen Forderungsbestand aus."

Auf Grund dieser Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht sah das Finanzamt in den von der Beschwerdeführerin an Dr. O.T. bezahlten, auf seinem Verrechnungskonto als Forderungszugänge verbuchten Akontobeträgen verdeckte Gewinnausschüttungen, welche es dem Dr. O.T. zurechnete, und zwar

"1981

S

139.597,--

1982

S

174.576,--

1983

S

311.893,--

1984

S

157.878,--

1985

S

357.911,--"

Nach der "Prüferbilanz" hatte die Verringerung des Betriebsvermögens um die dem Verrechnungskonto zugewiesenen Beträge und die außerbilanzmäßige Hinzurechnung derselben Beträge als verdeckte Gewinnausschüttung im Ergebnis keine Auswirkung auf den steuerpflichtigen Gewinn.

Daneben kam es zu einer Reihe weiterer Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht, welche zu Unterschieden der Prüferbilanzen gegenüber den Bilanzen der Beschwerdeführerin führten.

Das Finanzamt nahm mit Bescheiden vom 22. Jänner 1988 die Verfahren hinsichtlich Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1980 bis 1982 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und setzte diese Steuern neu fest. Weiters setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom 22. Jänner 1988 die Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1983 bis 1985 fest.

Weiters wurden mit Bescheiden vom 11. Dezember 1987 die Verfahren über die Feststellung des Einheitswertes und über die Vermögensteuer gemäß § 303 BAO wieder aufgenommen und ab dem 1. Jänner 1983 bis ab dem 1. Jänner 1986 festgestellt bzw. festgesetzt.

Schließlich wurde mit Bescheid vom 11. Dezember 1987 die Beschwerdeführerin zur Haftung gemäß § 95 EStG 1972 für aushaftende Abgabeschuldigkeiten des Dr. O.T. in folgender Höhe herangezogen:

Kapitalertragsteuer für

1981

S 34.899,--

1982

S 43.644,--

1983

S 77.973,--

1984

S 39.469,-- und

1985

S 89.478,--,

zusammen

S 285.463,-- .

Mit der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin vor allem die im Betriebsprüfungsbericht (auf den die Bescheide des Finanzamtes verwiesen) enthaltene Aussage, Dr. O.T. sei wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile an der Beschwerdeführerin. Die Alleingesellschafterin I.P. habe bei ihrer Einvernahme geäußert, dass sie keinerlei Treuhandschaft für Dr. O.T. ausübe und dass Dr. O.T. mangels Geschäftsführertätigkeit weder die Möglichkeit habe, den Geschäftsbetrieb zu veräußern, noch mangels Eigentümerschaft Anteile veräußern könne. Dr. O.T. könne Handlungen für den Betrieb nur innerhalb seiner Handlungsvollmacht setzen.

Vermögensteuerbeträge der Alleingesellschafterin habe Dr. O.T. in deren Abwesenheit "aus dem Verrechnungsgeld der Firma überwiesen" und später zurückerhalten. Dr. O.T. habe die Jahresabschlüsse vor deren Erstellung erhalten, weil nur er als leitender Angestellter über Wertberichtigungen und rückstellbare Risken Bescheid gewusst habe. Die Aufstockung des Stammkapitals sei von der Steuerberaterin in die Wege geleitet worden; dadurch habe die Alleingesellschafterin Freianteile ausgeschüttet erhalten, welche steuerfrei seien. Die Aufnahme von Angestellten habe Dr. O.T. lediglich in Vertretung (Abwesenheit) des Geschäftsführers vorgenommen; ebenso habe er die Auflösung des Mietverhältnisses in Wien VII mit dem Zusatz "i.V." gezeichnet. Der hohe Verrechnungssaldo des Kontos Dr. O.T. habe aus der Abwicklung eines Projektes zur Entwicklung und Verwertung eines Katalysatorersatzes resultiert. Eine bei Beginn des Projekts mündliche Vereinbarung sei mit schriftlichem Vertrag vom 25. Februar 1984 festgelegt worden. Dr. O.T. habe sich darin verpflichtet, den Verrechnungsbetrag bei Verwertung der Entwicklung in bis zu dreifacher Höhe, oder bei Nichtverwertung bis zu seinem Ausscheiden aus der Firma in Höhe des Verrechnungsbetrages zuzüglich Zinsen abzurechnen.

Soweit sich die Berufung gegen die Bescheide betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer, Vermögensteuer und Feststellung des Einheitswerts richtet, wurde sie mit dem erstangefochtenen Bescheid, soweit sich die Berufung gegen den Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer richtet, wurde sie mit dem zweitangefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Der erstangefochtene Bescheid enthält nach einer ausführlichen Schilderung des Verwaltungsgeschehens einen Erwägungsteil, aus welchem sich ergibt, dass die belangte Behörde ihrem Bescheid folgenden Sachverhalt zu Grunde gelegt hat:

-

Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin Dkfm. G.M. habe sich tatsächlich nicht um die Geschicke der Beschwerdeführerin gekümmert, vielmehr seien die Angestellten gegenüber Dr. O.T. weisungsgebunden gewesen.

-

Dr. O.T. habe jederzeit und in beliebiger Höhe Akontozahlungen von der Beschwerdeführerin in Anspruch nehmen können, die nachträglich vom Geschäftsführer genehmigt worden seien. Bis zu einem schriftlichen Vertrag vom 25. Februar 1984 habe Dr. O.T. insgesamt S 626.066,-- ohne schriftliche Vereinbarung von der Beschwerdeführerin entnehmen können.

-

Die Frage der Rückzahlung habe sich der Geschäftsführer bei der Entnahme der Gelder nicht gestellt; eine Rückzahlung wäre bei Dr. O.T.'s geringem Gehalt als Teilzeitbeschäftigter nicht möglich gewesen.

-

Dr. O.T. habe die Alleingesellschafterin I.P. (wohl vor der Gesellschaftsgründung) gefragt, ob sie Hauptgesellschafterin werden wolle.

-

Die zwischen Dr. O.T. und der Beschwerdeführerin abgeschlossene Vereinbarung vom 25. Februar 1994 (richtig wohl: 1984) habe nur allgemeine Angaben bzw. Schlagworte enthalten und das dort ins Treffen geführte Projekt in keinem Punkt konkret beschrieben, die Höhe der Entwicklungskosten bzw. der dafür notwendigen Finanzierungsmittel sei nicht einmal annähernd bestimmt gewesen, die Ausführungen hiezu seien so vage gewesen, dass abgesehen von einer bestimmten Höhe nicht einmal ein Rahmen determiniert sei und ein geplanter zeitlicher Beginn der Rückzahlung, Rückzahlungsintervalle und ungefähre Rückzahlungshöhe seien nicht enthalten gewesen. Auch habe ein ungenauer und in groben Zügen gemachter Plan über den voraussichtlichen Fortgang des Projekts sowie den wahrscheinlichen Mitteleinsatz sowie eine Kosten-Nutzen-Rechnung gefehlt.

-

Eine Patentanmeldung im Zusammenhang mit dem in der genannten Vereinbarung gegenständlichen Katalysatorprojekt sei am 2. März 1987 erfolgt, wegen Nichtäußerung auf einen Vorbescheid des Patentamtes gelte die Patentanmeldung seit 10. September 1988 als zurückgenommen.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde aus dem von ihr festgestellten Sachverhalt, dass es sich bei den auf das Verrechnungskonto Dr. O.T. gebuchten Beträgen um verdeckte Gewinnausschüttungen nach § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz 1966 - KStG 1966 - gehandelt habe, welche Dr. O.T. empfangen habe. Dr. O.T. habe auf die Beschwerdeführerin einen mittelbaren, aber entscheidenden Einfluss gehabt, er sei der "Machthaber" der Beschwerdeführerin gewesen.

Daneben enthält der erstangefochtene Bescheid Feststellungen zu weiteren im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde bekämpften Abweichungen der Prüferbilanz gegenüber den mit den Steuererklärungen vorgelegten Bilanzen der Beschwerdeführerin, welche Auswirkungen auf die mit dem erstangefochtenen Bescheid bestätigten Abgabenfestsetzungen des Finanzamtes bzw. Feststellungen des Einheitswertes hatten.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde von den Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts aus, wonach die Beschwerdeführerin an den machthabenden Teilzeitangestellten Dr. O.T. jährliche Akontozahlungen geleistet habe, welche von der Beschwerdeführerin auf das Verrechnungskonto Dr. O.T. gebucht worden seien.

Die belangte Behörde sah in diesen Beträgen verdeckte Gewinnauschüttungen der Beschwerdeführerin, welche Kapitalertragsteuer in der oben angeführten Höhe hervorriefen.

Zur weiteren Begründung verwies die belangte Behörde auf den erstangefochtenen Bescheid.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges der beiden Beschwerden deren Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und über die Beschwerden erwogen:

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid enthält ausschließlich Ausführungen zur Frage der verdeckten Gewinnausschüttung, welche die belangte Behörde hinsichtlich der auf dem Verrechnungskonto Dr. O.T. verbuchten Beträge angenommen hatte. In dem Recht, in dem sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Besteuerung unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Gewinnausschüttung als verletzt ansieht, konnte sie durch den angefochtenen Bescheid mangels steuerlicher Auswirkungen zu ihren Lasten nicht verletzt werden, weshalb es ihr in diesem Umfang an der Beschwerdeberechtigung fehlte.

Die belangte Behörde legte dem erstangefochtenen Bescheid nämlich zu Grunde, dass der Betriebsprüfer bei Erstellung der Prüferbilanz das Betriebsvermögen und damit den Bilanzgewinn um die dem Verrechnungskonto Dr. O.T. zugewiesenen Beträge verminderte und bei der Ermittlung des Einkommens diese Beträge als verdeckte Gewinnausschüttung außerbilanzmäßig wieder hinzurechnete. Dies bewirkte keine steuerliche Auswirkung für die Körperschaft- sowie für die Gewerbesteuer. Auch hinsichtlich der Vermögensteuer und des Einheitswerts des Betriebsvermögens ergaben sich dadurch keine Auswirkungen zu Lasten der Beschwerdeführerin.

Die unter der hg. Zl. 96/13/0044 protokollierte Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid war daher durch einen gem. § 12 Abs.4 VwGG gebildeten Senat gem. § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Der zweitangefochtene Bescheid verweist in seiner Begründung im Wesentlichen auf den erstangefochtenen Bescheid. Dagegen besteht kein Einwand, weil beide Bescheide an den selben Bescheidadressaten ergangen sind (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung2, Rz. 15 zu § 93).

§ 93 des hier noch anzuwendenden EStG 1972 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 563/1980 lautet:

"§ 93. (1) Bei folgenden inländischen Kapitalerträgen wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben:

1. Gewinnanteilen (Dividenden), Zinsen und sonstigen Bezügen aus Aktien, Genussrechten, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,

2. ...

(2) Steuerabzugspflichtige Kapitalerträge sind auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den im Abs. 1 bezeichneten Kapitalerträgen oder an deren Stelle gewährt werden. Zu den besonderen Entgelten oder Vorteilen gehören insbesondere Freianteile, Genussrechte, Sachleistungen, Boni und ähnliche Kapitalerträge, weiters nominelle Mehrbeträge auf Grund einer Wertsicherung. Bestehen die Kapitalerträge nicht in Geld, so sind sie mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen (§ 15 Abs. 2).

(3) ..."

§ 95 EStG 1972 lautet:

"§ 95. (1) Der Schuldner der Kapitalerträge hat die Kapitalertragsteuer mit 20 v.H. der Kapitalerträge einzubehalten.

...

(2) Der Gläubiger ist beim Steuerabzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) Steuerschuldner. Der Schuldner der Kapitalerträge haftet aber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

..."

Kapitalerträge in Form verdeckter Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG 1966 setzen voraus, dass es sich um außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegene Zuwendungen einer Körperschaft handelt, welche ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben und Anteilsinhabern der Körperschaft zugerechnet werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 95/13/0013).

Eine verdeckte Gewinnausschüttung setzt definitionsgemäß die Vorteilszuwendung einer Körperschaft an eine Person mit Gesellschafterstellung oder gesellschafterähnlicher Stellung (Anteilsinhaber) voraus. Die Zuwendung eines Vorteils an den Anteilsinhaber kann dabei auch darin gelegen sein, dass ein dem Anteilsinhaber nahe stehende Person begünstigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1999, 96/13/0115, m.w.N.).

Unstrittig ist, dass der im Spruch des Haftungsbescheides des Finanzamtes als Abgabenschuldner und damit als Gläubiger der Kapitalerträge (§ 95 Abs. 2 EStG 1972) ausdrücklich genannte Dr. O.T. kein Gesellschafter der beschwerdeführenden Gesellschaft war.

Dafür, dass Dr. O.T. wirtschaftlicher Eigentümer (Anteilsinhaber) der Beschwerdeführerin gewesen wäre oder I.P. die Gesellschaftsanteile etwa nur treuhänderisch für Dr. O.T. gehalten hätte, reichen die Feststellungen im erstangefochtenen Bescheid betreffend die Stellung als "Machthaber" (im Wesentlichen in Form einer einflussreichen Stellung bei der Geschäftsführung) nicht aus.

Soweit sich der erstangefochtene Bescheid, auf dessen Begründung sich der zweitangefochtene Bescheid bezieht, mit der Frage beschäftigt, ob Dr. O.T. einen mittelbaren Einfluss auf die Beschwerdeführerin ausgeübt habe, ist darauf zu verweisen, dass ein solcher mittelbarer Einfluss für sich allein auch noch keine Anteilsinhaberschaft bewirkt.

Feststellungen über ein Naheverhältnis des Dr. O.T. zur Alleingesellschafterin, der dann eine verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. November 1999, Zl. 96/13/0115), hat die belangte Behörde nicht getroffen.

Da die belangte Behörde mit dem Abstellen auf die bloße "Machthaberstellung" des Dr. O.T. bei der Zurechnung der von ihr als verdeckte Gewinnausschüttung gesehenen Beträge an den Abgabenschuldner, für dessen Abgaben mit dem zweitangefochtenen Bescheid zur Haftung herangezogen werden soll, die Rechtslage verkannt hat, war der zweitangefochtene Bescheid schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen und betrifft die über die erforderliche Gebühr für Stempelmarken für die Beschwerde in dreifacher Ausfertigung und den angefochtenen Bescheid hinaus nicht erforderlichen Beträge an Bundesstempel.

Wien, am 12. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996130043.X00

Im RIS seit

25.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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