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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §167 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der F GmbH in W, vertreten durch Treuhand-Union Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Dezember 1999, Zl. RV/320-16/17/99, betreffend Haftung für Lohnsteuer für den Zeitraum 1. April 1988 bis 31. Dezember 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dipl.-Ing. H war in den Streitjahren Geschäftsführer sowohl der deutschen H GmbH als auch der beschwerdeführenden österreichischen F GmbH. Bei der beschwerdeführenden GmbH fand für den Zeitraum vom 1. April 1988 bis 31. Dezember 1991 eine Lohnsteuerprüfung statt. Im Ergebnis dieser Prüfung wurde die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 24. September 1993 zur Haftung für Lohnsteuer in Höhe von S 180.529,-- mit der Begründung herangezogen, dass Dipl.-Ing. H gemäß § 98 Z. 4 iVm § 70 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 der beschränkten (Lohn)Steuerpflicht unterliege. Der Umstand, dass seine Bezüge über die deutsche H GmbH zugeflossen seien, ändere daran nichts.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wies die Beschwerdeführerin insbesondere darauf hin, dass für die Besteuerung der Geschäftsführerbezüge kein hinreichender inländischer Anknüpfungspunkt gegeben sei, da Dipl.-Ing. H an ihr "überhaupt nicht beteiligt" sei und die Geschäftsführung vom Sitz der deutschen H GmbH in München aus betreibe. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland teile Österreich für diesen Fall kein Besteuerungsrecht zu. Schließlich stellte die Beschwerdeführerin im Falle einer Abweisung der Berufung den Antrag, "über die Besteuerung ein Verständigungsverfahren einzuleiten, damit die Besteuerungsfrage geklärt werden kann".
Mit Vorhalten des Finanzamtes vom 27. April 1995 und vom 21. Juli 1995 wurde die Beschwerdeführerin ersucht, eine deutsche Wohnsitzbescheinigung des Dipl.-Ing. H beizubringen sowie Nachweise darüber, dass jene Beträge, die für die Geschäftsführung der Beschwerdeführerin durch Dipl.-Ing. H - an die deutsche H GmbH - gezahlt worden seien, auch in Deutschland versteuert worden seien. In der Folge wurde eine Wohnsitzbescheinigung, sowie ein Schreiben eines deutschen Steuerberaters vorgelegt, wonach die "Zahlungen, die von Wien nach München geleistet wurden" in den deutschen Einkommensteuererklärungen des Dipl.-Ing. H erfasst worden seien und den versteuerten Beträgen "teilweise nur Zahlungen, teilweise auch von Dipl.-Ing. H. an die Beschwerdeführerin gelegte Rechnungen" zugrunde lägen, weiters waren Ablichtungen der deutschen Einkommensteuerbescheide der Jahre 1989 bis 1991 angeschlossen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 5. Oktober 1995 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen, wobei das Finanzamt vom Vorliegen der beschränkten Steuerpflicht unterliegender Einkünfte gemäß § 98 Z. 4 EStG 1988 ausging. Nach Art. 9 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Deutschland sei das Besteuerungsrecht Österreich zuzuteilen, da die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH - gleichgültig, ob der Geschäftsführer den Entschluss für einzelne Weisungen im In- oder Ausland gefasst habe - am Ort des Sitzes der Gesellschaft und damit in Österreich persönlich ausgeübt werde.
In ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies die beschwerdeführende GmbH erneut darauf hin, dass ihr Geschäftsführer Dipl.-Ing. H an der Gesellschaft nicht beteiligt sei. Es bestünde auch kein Dienstverhältnis zur beschwerdeführenden GmbH. Dipl.-Ing. H habe seinen Wohnsitz in München und erbringe von dort aus seine Leistung "als Dienstnehmer" an die deutsche H GmbH. Er sei in Österreich nur "geringfügig" tätig. Als Dienstnehmer der H GmbH erfülle er auch die Geschäftsführerfunktion der beschwerdeführenden F GmbH. Diese zahle dafür eine Vergütung an die H GmbH nach Deutschland, welche dort nachweislich versteuert werde. Zur rechtlichen Beurteilung führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Argumentation in der Berufungsvorentscheidung, welche für die Ausübung einer nichtselbständigen Tätigkeit auf den Sitz der Gesellschaft abstelle, nicht überzeugend sei, da dadurch nicht auf die Ausübung, sondern vielmehr auf die Verwertung abgestellt werde. Dies entspreche jedoch nicht dem Doppelbesteuerungsabkommen. Überdies würde gegen ein österreichisches Besteuerungsrecht auch der Umstand sprechen, dass die inländische Arbeitsausübung unter 183 Tagen betrage und die Geschäftsführerdienstleistung nicht in einer inländischen Betriebstätte ausgeübt werde.
Mit Vorhalt der belangten Behörde vom 28. September 1999 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Unterlagen hinsichtlich des behaupteten "Arbeitnehmergestellungsverhältnisses" (Gestellungsvertrag sowie mangels eines solchen anderweitige Unterlagen wie z.B. Besprechungsprotokolle, Aktenvermerke, aus denen die behauptete vertragliche Konstellation ableitbar sei) vorzulegen. Zudem wurde um die Beantwortung verschiedener Fragen ersucht, wie insbesondere, wer den Lohnaufwand für die Geschäftsführungstätigkeit des Dipl.-Ing. H gegenüber der F GmbH trage (die H GmbH oder die F GmbH), wer über die Höhe der Bezüge entscheide, welche Gesellschaft das Risiko der Lohnzahlung im Nichtleistungsfall trage, gegenüber wem Abfertigungs- und Pensionsansprüche erwachsen würden, wer über das Urlaubsausmaß entscheide, wer den Arbeitnehmer nach Ablauf der Entsendungszeit behalte, und wer das Recht der Entscheidung über Kündigung bzw. Entlassung habe. Weiter wurde um Vorlage der deutschen Einkommensteuererklärungen der Jahre 1988 bis 1993 ersucht und um Mitteilung, welcher Teil der erzielten Einnahmen die Geschäftsführungsleistungen für die F GmbH betreffe und welche Einnahmen auf jene Tätigkeiten entfielen, die Dipl.-Ing. H gegenüber der H GmbH entfaltet habe.
Zudem hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor, nach dem Ergebnis einer Meldeanfrage sei Dipl.-Ing. H sowie seine Ehefrau an einer näher bezeichneten Wiener Adresse wohnhaft. Auch die beiden Kinder seien jeweils kurz nach ihrer Geburt an der nämlichen Adresse angemeldet worden. Daraus ergebe sich nicht nur die unbeschränkte Steuerpflicht des Dipl.-Ing. H in Österreich, sondern auch, dass Österreich im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland als Mittelpunkt der Lebensinteressen betrachtet werden könne. Unter diesem Aspekt erscheine auch die Behauptung zweifelhaft, wonach Dipl.-Ing. H die Tätigkeit von München aus erbracht habe und er zur Ausübung seiner Geschäftsführeragenden nur tageweise in Wien gewesen sei. Das diesbezügliche Vorbringen wäre daher mittels entsprechender Unterlagen (Tätigkeitsaufzeichnungen, Reiserechnungen) nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.
Schließlich wurde um Mitteilung ersucht, ob und in welchem Ausmaß Dipl.-Ing. H bzw. dessen Ehefrau am Stammkapital der deutschen H GmbH beteiligt seien. Weiters hielt die belangte Behörde der Beschwerdeführerin vor, dass Dipl.-Ing. H nach dem Gesellschafts- und Abtretungsvertrag vom 8. bzw. 25. April 1988 zu 100 % an ihr beteiligt sei.
In ihrer Stellungnahme vom 22. Oktober 1999 konstatierte die Beschwerdeführerin, dass offenbar eine Änderung der Beurteilung der Steuerpflicht - von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht - geplant sei, weshalb die sofortige Einleitung eines Verständigungsverfahrens und zwischenzeitiges "Ruhen des Verfahrens" beantragt werde. In Beantwortung des Vorhaltes führte die Beschwerdeführerin aus, dass der schriftliche Vertrag über die Arbeitsgestellung nicht mehr auffindbar sei. Die Vorlage von Tätigkeitsnachweisen für die Jahre 1988 bis 1991 abzuverlangen, widerspreche der Lebenserfahrung, da derartige Aufzeichnungen - insbesondere Kalender - nicht so lange aufgehoben würden. Den Lohnaufwand für Dipl.-Ing. H habe immer die H GmbH als Dienstgeber des Dipl.-Ing. H getragen. Daher sei auch die Gehaltsvereinbarung zwischen Dipl.-Ing. H und der H GmbH getroffen worden. Das Risiko im Nichtleistungsfall z.B. wegen Krankheit trage als Dienstgeber die H GmbH. Die Beschwerdeführerin treffe mangels eines bestehenden Dienstverhältnisses keine Abfertigungsverpflichtung. Dienstrechtliche Verpflichtungen bestünden nur zwischen Dipl.- Ing. H und der H GmbH, welche über Urlaub, Kündigung oder Entlassung nach den deutschen Gesetzen zu entscheiden habe.
Weiter räumte die Beschwerdeführerin ein, dass die Familienverhältnisse einen Hinweis darauf geben, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Dipl.-Ing. H in Österreich liegen "könnte". Tatsächlich würden jedoch zwei Wohnsitze (in Wien und in München) bestehen; Dipl.-Ing. H halte sich auch länger als 183 Tage in Deutschland auf. Schließlich verwies die Beschwerdeführerin auf das beantragte Verständigungsverfahren.
Zu den Beteiligungsverhältnissen führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Anteile der H GmbH im Eigentum des Dipl.-Ing. H stünden. Die Anteile an der beschwerdeführenden F GmbH seien bis zum Abtretungsvertrag vom 14. Februar 1996 von Dr. F. gehalten worden und stünden seit diesem Zeitpunkt im Eigentum des Dipl.-Ing. H. Treuhandverträge lägen - anders als vom Steuerberater zunächst telefonisch angedeutet - nicht vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid - datiert vom 16. Dezember 1999 - gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid insoweit ab, als die Lohnsteuer auf der Basis unbeschränkter Steuerpflicht des Geschäftsführers berechnet wurde. In der Begründung des angefochtenen Bescheides verweist die belangte Behörde zunächst auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes über die Kriterien der steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen. Diese Kriterien seien im Beschwerdefall anwendbar, da Dipl.-Ing. H Alleingesellschafter der deutschen H GmbH sei und laut Gesellschaftsvertrag vom 8. August (richtig: April) 1988 auch über 100 % der Anteile an der beschwerdeführenden F GmbH verfügt habe. Dem stehe nicht entgegen, dass Dipl.-Ing. H in weiterer Folge seine Anteile an Dr. F abgetreten habe, da die Geschäftsführungstätigkeit des Dipl.-Ing. H jedenfalls bereits zu einem Zeitpunkt begonnen habe, zu dem er noch über die Anteile der Beschwerdeführerin verfügt habe. Zudem handle es sich auch bei Dr. F um einen Angehörigen (der Ehefrau von Dipl.-Ing. H). Die Existenz eines Personalgestellungsvertrages zwischen der H GmbH einerseits und der F GmbH sei nicht glaubwürdig, vielmehr sei davon auszugehen, dass Dipl.-Ing. H sowohl als Dienstnehmer der H GmbH als auch der F GmbH tätig geworden sei. Zur Zuteilung des Besteuerungsrechtes nach Art 9 DBA führte die belangte Behörde aus, dass die in Rede stehende Tätigkeit des Dipl.-Ing. H in Österreich erfolgt, Österreich also im Sinne des DBA sowohl Wohnsitz- als auch Tätigkeitsstaat gewesen sei. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin auch in keiner Weise glaubhaft gemacht, dass die Anwesenheit des Dipl.-Ing. H in Österreich im Kalenderjahr weniger als 183 Tage betragen habe.
Am 20. Dezember 1999 übermittelte die belangte Behörde den an sie gerichteten Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens dem Bundesministerium für Finanzen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, die belangte Behörde hätte vor Erlassung des angefochtenen Bescheides in einem Verständigungsverfahren "die Steuerpflicht abklären müssen, damit es zu keiner abkommenswidrigen Doppelbelastung desselben Einkommens kommt". Indem die belangte Behörde dem Antrag nicht entsprochen habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Eine Verfahrensvorschrift, die es gebieten würde, die Abgabenfestsetzung (bzw. im Beschwerdefall die Heranziehung zur Haftung) erst nach Abschluss eines (beantragten) Verständigungsverfahrens vorzunehmen, gibt es indes nicht. Macht ein Verständigungsverfahren die Korrektur der Besteuerungsgrundlagen erforderlich, ist vielmehr die Bestimmung des § 299 Abs. 4 BAO heranzuziehen, nach der ein Bescheid von der Oberbehörde aufgehoben werden kann, wenn er mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen im Widerspruch steht (vgl. Lang/Schuch, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Österreich, 1997, Art. 19 Rz. 14). Im Übrigen hat die Beschwerde zutreffend erkannt, dass für die Einleitung eines Verständigungsverfahrens nicht die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sondern das Bundesministerium für Finanzen zuständig ist.
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang weiters rügt, es liege eine "unzulässige Doppelbesteuerung derselben Einkunftsquelle mit Ertragsteuern" vor, ist ihr zu erwidern, dass der angefochtene Bescheid nicht schon deshalb rechtswidrig wäre, weil allenfalls dieselben Einkünfte auch in Deutschland steuerlich erfasst wurden. Entscheidend ist vielmehr, ob die Doppelbesteuerung auf eine gegen die Vorschriften des DBA verstoßende Besteuerung seitens der belangten Behörde zurückzuführen ist. Die belangte Behörde hat dazu die Feststellung getroffen, Österreich stehe das Besteuerungsrecht zu, weil Österreich sowohl als Wohnsitz- als auch als Tätigkeitsstaat des Geschäftsführers anzusehen sei. Weiters hat sie die Feststellung getroffen, dass die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin des Geschäftsführers anzusehen und das Österreich zustehende Besteuerungsrecht im Beschwerdefall daher im Wege des Lohnsteuerabzuges seitens des österreichischen Arbeitgebers wahrzunehmen sei.
Die Beschwerdeführerin bestreitet ihre Eigenschaft als Arbeitgeberin ihres Geschäftsführers wie im Verwaltungsverfahren mit dem Hinweis auf das Vorliegen einer Arbeitskräftegestellung. Die Frage, ob zwischen der beschwerdeführenden GmbH und der H GmbH eine Vereinbarung dergestalt vorgelegen hat, dass die H GmbH Dipl.- Ing. H beschäftigt und ihn der beschwerdeführenden GmbH zur Arbeitsleistung überlässt, war eine von der belangten Behörde auf der Tatsachenebene zu lösende Sachverhaltsfrage. Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. In den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 7. August 2001, 95/14/0041).
Die Beschwerde wirft der belangten Behörde sinngemäß vor, sie hätte es ob der langen Verfahrensdauer der Beschwerdeführerin nicht anlasten dürfen, dass der "Arbeitsgestellungsvertrag" nicht mehr auffindbar gewesen sei.
Es ist der Beschwerdeführerin zwar einzuräumen, dass zwischen dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 13. November 1995 und dem Vorhalt vom 28. September 1999 nahezu vier Jahre vergangen sind. Dazu ist zunächst jedoch festzustellen, dass die Beschwerdeführerin trotz der sie treffenden, bei Auslandssachverhalten sogar erhöhten Mitwirkungspflicht (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2001, 96/14/0069) im Administrativverfahren nicht nur wesentliche Angaben unterlassen (wie über das Vorliegen eines zur unbeschränkten Steuerpflicht führenden Wohnsitzes des Dipl.- Ing. H), sondern darüber hinaus sogar unrichtige Angaben gemacht hat (so zur Frage, ob Dipl.-Ing. H an ihr beteiligt sei), was für die beträchtliche Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht unwesentlich war und auch bei Beurteilung der Glaubwürdigung ihrer Ausführungen nicht ohne Auswirkungen bleiben konnte. Weiter ist zu sagen, dass die Frage, zu welcher Gesellschaft ein Dienstverhältnis bestanden hat, für die steuerrechtliche Beurteilung von Anfang an entscheidend war, sodass die Vorlage (jedenfalls aber die sorgsame Aufbewahrung) des Beweismittels auch ohne behördliche Aufforderung nahe lag. Davon abgesehen wurde der Beschwerdeführerin im Vorhalt vom 28. September 1999 ausdrücklich eingeräumt, ihr Vorbringen über die rechtliche Grundlage, die der Geschäftsführervergütung zu Grunde lag, durch andere geeignete Beweismittel zumindest glaubhaft zu machen.
Eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung zeigt die Beschwerde nicht auf. Eine solche ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen, spricht doch selbst die Vorhaltsbeantwortung des deutschen Steuerberaters, die von der Beschwerdeführerin geleisteten Zahlungen seien in den Einkommensteuererklärungen des Dipl.-Ing. H. erfasst, nicht für den Standpunkt der Beschwerdeführerin. Bei Vorliegen eines Gestellungsvertrages wären die strittigen Zahlungen der Beschwerdeführerin nämlich (spiegelbildlich) in der Gewinnermittlung der H GmbH als Betriebseinnahmen vorzufinden und wohl erst nach Abzug von Lohnnebenkosten und einer Gewinnspanne in den Einkommensteuererklärungen des Geschäftsführers (als von der H GmbH) erhaltener Lohn.
Dennoch gelingt es der Beschwerde im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen, Dipl.-Ing. H habe laut Gesellschafts- bzw. Abtretungsvertrag vom April 1988 (jedenfalls zu Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit) über 100 % der Anteile an der beschwerdeführenden GmbH verfügt. Solcherart kann es dahingestellt bleiben, ob eine auf die wiederholten anders lautenden Beteuerungen der Beschwerdeführerin gestützte Feststellung, der Geschäftsführer sei im fraglichen Zeitraum nicht an der GmbH beteiligt gewesen, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle standgehalten hätte. Nach der von der belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltsfeststellung waren zu Beginn des haftungsgegenständlichen Zeitraumes die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 EStG 1972 bzw. 1988 nicht gegeben. Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 bzw. § 22 Z. 2 zweiter Satz EStG 1988 stellen die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung gewährt werden, nämlich keine Einkünfte aus nichtselbständiger, sondern solche aus selbständiger Arbeit dar, was mit der von der belangten Behörde bestätigten Haftung für Lohnsteuer gemäß § 47 Abs. 1 EStG unvereinbar ist. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. August 1991, 90/14/0237, mwN), wonach bereits eine Beteiligung von mehr als 25 % in irgendeinem Zeitpunkt des Jahres genügt, um für das gesamte Jahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu begründen. Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen darüber zu treffen haben, bis zu welchem Zeitpunkt (die Beschwerde spricht vom 1. Dezember 1988) Dipl.- Ing. H an der beschwerdeführenden GmbH (wesentlich) beteiligt war.
Da die belangte Behörde der Beteiligungshöhe zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. September 2001
Schlagworte
Sachverhalt BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000130031.X00Im RIS seit
25.01.2002Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013