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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des L P in W, vertreten durch Petsch, Frosch & Klein, Rechtsanwälte in Wien I, Eschenbachgasse 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungsentscheidung) vom 11. Oktober 2000, GZ RV/133- 16-/14/2000, betreffend Umsatzsteuerfestsetzung für die Monate Juni bis September 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer machte in den Umsatzsteuervoranmeldungen für die streitgegenständlichen Monate auf Grund der nachfolgend angeführten Rechnungen Vorsteuerbeträge geltend.
Voranmeldung für Juni 1999:
Rechnung vom 26. Juni 1999 (ausgestellt von Frau E.K.):
"Ich verkaufe Ihnen hiemit alle Verwertungsrechte (§ 14 - 18 UhbG.) des Farbspieles, gemäß des übergebenen Prototyps und der mündlichen Instruktionen um öS 1 060 000,-- + 20 % MwSt. öS 212 000,--."
Über Vorhalt des Finanzamtes teilte der Beschwerdeführer hiezu mit, er habe das Farbspiel in den Jahren 1993 bis 1995 selbst entwickelt und sodann Frau E.K. um S 1,100.000,-- netto verkauft. Zur Frage, wie dieser Wert ermittelt worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dies sei der Preis gewesen, den er genannt habe und der von der Käuferin akzeptiert worden sei. Für den Rückkauf sei deshalb ein geringerer Betrag in Rechnung gestellt worden, weil er nicht mehr habe zahlen wollen. Warum Frau E.K. das Farbspiel samt Prototypen "zurückgegeben" habe, könne nur Frau E.K. dem Finanzamt mitteilen. "Wie und ob verwertet" werde, hänge von den Umständen ab.
Voranmeldung Juli 1999:
Rechnung vom 20. Juli 1999 (ausgestellt von Prof. Dr. M.):
"Ich verkaufe Ihnen hiemit alle Verwertungsrechte (§ 14 - 18 UhbG) am Werk (Name des Rechnungsausstellers), Die Frau im Koran, verbesserte Auflage, um öS 520000,-- + 20 % MwSt. öS 104000,--."
Voranmeldung August 1999:
Rechnung vom 31. August 1999 (ausgestellt von Frau E.K.):
"Ich verkaufe Ihnen hiemit um den Preis von öS 1 800 000,-- + 20 % MwSt. öS 360000,-- die Verwertungsrechte (§ 14 - 18 des UrhG) an dem von mir entwickelten Spiel:
Wie wilde Wörter würdevolle Würdenträger werden. (Deutsche Version)
Ich habe Ihnen heute den Prototypen, nebst Spielanleitung und
mündlichen Instruktionen gegeben."
Voranmeldung September 1999:
Rechnung vom 28. September 1999 (ausgestellt von Frau E.K.):
"Ich verkaufe Ihnen hiemit alle Werknutzungsrechte (§14- §18 UhbG) an dem Spiel mit dem Arbeitstitel Quadratspiel um öS 1300000,-- + 20 % MwSt. öS 260000,--. Die Lieferfrist des Prototypen beträgt sechs Monate ab Rechnungsdatum. Von den verkauften Spielen erhalte ich 33 1/3 % bis die Rechnungssumme beglichen ist."
In den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheiden für die angeführten Zeiträume wurden die Vorsteuerbeträge aus den genannten Rechnungen nicht anerkannt.
In seinen Berufungen vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung "jeder Autor" könne "gemäß § 31 UrhG die Verwertungsrechte sogar für ein erst in der Zukunft zu schaffendes Werk verkaufen". Der Kauf von Verwertungsrechten stelle ein Glücksgeschäft dar, es fehle daher jede rechtliche Grundlage, um den Wert einer relevanten Leistung zu beurteilen. Auch gebe es kein Gesetz, das ihn verpflichte, Verwertungsversuche oder Verwertungsmöglichkeiten oder potentielle Interessenten dem Finanzamt bekannt zu geben. Das Finanzamt habe gemäß der Bundesabgabenordnung sogar das Betriebsgeheimnis zu achten. Nicht nachvollziehbar sei, welche steuerliche Auswirkungen das von der Behörde vermutete "Nahverhältnis" zu der Autorin, Frau E.K. haben sollte.
Mit Schreiben vom 5. September 2000 hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, die Abgabenbehörde hege Zweifel daran, dass die in den Rechnungen dargestellten Rechtsgeschäfte ernstlich gewollt seien. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand gebe es keine Unterlagen oder andere geeignete Beweismittel über den Wert der erworbenen Rechte. Fragen des Finanzamtes in diese Richtung seien nicht beantwortet worden. Zur Wahrung des Parteiengehörs werde der Beschwerdeführer nochmals ersucht, die in Betracht kommenden Beweismittel (Gutachten, Kalkulationsunterlagen, Berechnung über die Amortisation der Investitionen, die mehr als 4,5 Mio. S ausmachen, Vermarktungsstrategie, Bekanntgabe von potentiellen Kunden, Lüften des Betriebsgeheimnisses, etc.) zur Wertermittlung der Rechte an den Werken "Farbspiel", "Die Frau im Koran", "Wörterspiel" und "Quadratspiel" zu übermitteln. Auch zur Erbringung des Kaufpreises wären entsprechende Beweismittel (Zahlungsbelege) vorzulegen. Die Beantwortung dieser Fragen sei auch deshalb erforderlich, weil die zwischen dem Beschwerdeführer und Frau E.K. bzw. Herrn Prof. Dr. M. in den Rechnungen getroffenen Vereinbarungen nicht den sonst üblichen Geschäftsgepflogenheiten entsprechen würden.
In seiner Stellungnahme vom 30. September 2000 führte der Beschwerdeführer wörtlich aus:
"1.) Bezüglich der Wertermittlung wende ich ABGB §§ 935, 1268, 1269, 1276 ein und weise darauf hin, dass eine Bewertung von Glücksgeschäften vollkommen zwecklos ist. Der Erwerb von Verwertungsrechten gehört zu den Glücksgeschäften.
2.) Scheingeschäfte setzen den gemeinsamen Dolus beider Vertragsteile voraus. Bei den mit meinen Mitarbeitern getätigten Geschäften trifft dies nicht zu.
3.) Das Betriebsgeheimnis ist gemäß BAO § 182 (2) zu wahren. Die Forderung, die Namen von Interessenten, mit denen man verhandelt, bekannt zu geben, stellt eine Nötigung zur Betriebsspionage dar. Bereits die Weitergabe von Insiderinformationen wird streng bestraft.
4.) Bezüglich der Geltendmachung von Vorsteuern ist es für Ist-Versteuerer vollkommen bedeutungslos, ob eine Rechnung bezahlt worden ist oder nicht.
Ich bevollmächtige Frau E.K., Autorin, ... die Post für mich zu übernehmen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen ab. Begründend wurde ausgeführt, nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens gelange die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zur Feststellung, dass die behaupteten Rechtsgeschäfte nicht ernsthaft gewollt, sondern ausschließlich darauf gerichtet seien, in exzessiver Weise Vorsteuergutschriften herbeizuführen. Es lägen keine Geschäftsunterlagen über eine objektive Wertermittlung der behaupteten Rechte vor, Zahlungen seien nicht geleistet worden, die Geschäftsabwicklung sei in höchstem Maße unüblich (Ver- und Rückkauf in mehreren Fällen, Investitionen sprengten die unternehmerische Leistungsfähigkeit und belasteten mangels Verwertung nur einen Geschäftspartner), es gebe keine Finanzierungspläne und eine Verwertung von Rechten sei nicht glaubhaft gemacht worden. In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass ein Vorsteuerabzug aus Scheingeschäften, von solchen sei im Beschwerdefall auszugehen, nicht zustehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Nach § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen folgende Angaben enthalten:
"1. Den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;
2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;
3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;
4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (z.B. Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;
5.
das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung und
6.
den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. Juni 2001, 98/15/0196, zum Ausdruck gebracht hat, gehört zu den notwendigen Merkmalen einer Rechnung gemäß § 11 Abs. 1 Z. 5 UStG 1994 auch, dass diese das tatsächlich beabsichtigte Entgelt ausweist.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Feststellung getroffen, dass die gegenständlichen Rechnungen nur zum Schein gelegt worden seien. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Vorstellungen über den tatsächlichen Wert der von ihm erworbenen Rechte gehabt, noch Vorstellungen darüber, wann das vereinbarte Entgelt dem Rechnungsleger zukommen sollte. Der Beschwerdeführer selbst habe von Glücksgeschäften gesprochen. Tatsächliche Verwertungen seien in keinem Fall festgestellt worden, ebenso wenig tatsächliche Zahlungen. Die mangelnde Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen sah die belangte Behörde insbesondere auch durch die ungewöhnliche Geschäftsabwicklung im Falle der Verwertungsrechte für das so genannte "Farbspiel" bestätigt. Die Rechte darauf seien zunächst vom Beschwerdeführer an Frau E.K. verkauft und anschließend von dieser an den Beschwerdeführer zurückverkauft worden. Beide Vertragsteile hätten jeweils die Vorsteuer in Höhe von S 220.000,-- bzw. S 212.000,-- geltend gemacht. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid weiters Berechnungen an, wonach der Beschwerdeführer eine unrealistisch hohe Anzahl von Spielen verkaufen müsste, sollten sich die vereinbarten Entgelte für die Verwertungsrechte amortisieren. Überdies erlaube es die finanzielle Situation des Beschwerdeführers nicht, die vereinbarten Leistungsentgelte sowie weiters erforderliche Produktions- und Vermarktungskosten zu bestreiten. So habe das Finanzamt seit drei Jahren vergeblich versucht, den Abgabenrückstand von rund S 1,8 Mio. einbringlich zu machen. Der Beschwerdeführer beziehe lediglich eine Pension der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft in der Jahreshöhe von S 45.340,-- (für 1994) bis S 83.556,-- (für 1999). Ein Finanzierungsplan sei nicht vorgelegt worden. Zur Frage nach tatsächlichen Zahlungen habe der Beschwerdeführer solche nicht einmal behauptet, sondern sich auf den Hinweis beschränkt, für die Anerkennung von Vorsteuern bedürfe es keiner Zahlung des vereinbarten Leistungsentgeltes.
Ob der Beschwerdeführer beabsichtigte, das ihm in Rechnung gestellte Leistungsentgelt zu entrichten, ist eine von der belangten Behörde auf der Tatsachenebene zu lösende Sachfrage. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Rahmen der ihm zukommenden Schlüssigkeitsprüfung die Beweiswürdigung der belangten Behörde, dass dies nicht der Fall gewesen sei (die Feststellung der fehlenden Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen schließt im Beschwerdefall die fehlende Zahlungsabsicht erkennbar mit ein), nicht als unschlüssig zu erkennen. Das sich ausschließlich mit der Frage der Existenz von Verwertungsrechten beschäftigende Beschwerdevorbringen geht an dem Umstand vorbei, dass die belangte Behörde aufgrund einer Vielzahl von Indizien auf die fehlende Ernsthaftigkeit des vereinbarten Rechtserwerbes gegen Zahlung der in den Rechnungen genannten Beträge geschlossen hat. Die von der belangten Behörde dabei unter Wahrung des Parteiengehörs angestellten Überlegungen stehen mit der Lebenserfahrung in Einklang. Auf der Basis dieser somit unbedenklichen Sachverhaltsfeststellung hat die belangte Behörde den Vorsteuerabzug zu Recht verweigert, da zu den notwendigen Merkmalen einer Rechnung gemäß § 11 Abs. 1 Z. 5 UStG 1994 auch gehört, dass die Rechnung das tatsächlich beabsichtigte Entgelt ausweist (vgl. nochmals das oben angeführte hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001). Anders als der Beschwerdeführer meint, sind nach den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde die Rechnungsmerkmale des § 11 Abs. 1 Z. 5 UStG 1994 nicht erfüllt, sodass der Vorsteuerabzug schon aus diesem Grund verweigert werden durfte.
Die Beschwerde erweist sich deshalb als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001130047.X00Im RIS seit
25.01.2002