Index
41/01 Sicherheitsrecht;Norm
RGV 1955 §39 Abs1 idF 1988/288;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. Mai 1998, Zl. 8111/123-II/4/98, betreffend Reisegebühren (gemäß §§ 13 und 39 der Reisegebührenvorschrift 1955), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Abteilungsinspektor in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist der Gendarmerieposten (GP) Baumgartenberg im Bezirk Perg.
Am 4. Mai 1997 hatte der Beschwerdeführer nach dem in Durchführung des Befehls des Bezirksgendarmeriekommandanten vom 23. April 1997, Zl. 1515/97, ergangenen (zweiten) Dienstauftrag desselben vom 3. Mai 1997 " ab 06.30 Uhr anlässlich einer Gedenkfeier im ÖDMM in Mauthausen Verkehrs- u. Sicherheitsdienst zu verrichten." Die Dienstreise war mit einem Dienstkraftfahrzeug durchzuführen. Im Befehl vom 23. April 1997, in dem der geplante Ablauf des Einsatzes, für den eine bestimmte Anzahl von Beamten verschiedener Gendarmerieposten des Bezirkes vorgesehen war, näher generell geregelt wurde, ist von Großkundgebungen bzw. Kundgebungen die Rede. Im (ersten) an den Beschwerdeführer gerichteten Dienstauftrag des Bezirksgendarmeriekommandanten vom 2. Mai 1997 wurde dementsprechend die Veranstaltung als "Großkundgebung" bezeichnet, als Beginn der Dienstreise jedoch 5 Uhr 45 angegeben. Eine unterschiedliche Art der befohlenen Dienstleistung ist den beiden Dienstaufträgen jedoch nicht zu entnehmen.
Der Beschwerdeführer begehrte in der Folge für die Dauer seiner Dienstverrichtung am 4. Mai 1997 unter unterschiedlicher Angabe über den Beginn und das Ende seiner Dienstreise, was jedoch im Beschwerdefall für die Ermittlung von deren Dauer unerheblich ist, zwei Drittel der Tagesgebühr nach Tarif II im Ausmaß von S 192,--. Am 6. Juni 1997 wurde dem Beschwerdeführer vom zuständigen Landesgendarmeriekommando (LGK) die Reisegebührenabrechnung mit dem Bemerken rückübermittelt, die Dienstverrichtung falle unter die Pauschalierung nach § 39 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV). In der Folge legte der Beschwerdeführer die Reiserechnung mit dem Ersuchen um bescheidmäßige Absprache neuerlich vor.
Das LGK wies als Dienstbehörde erster Instanz den Antrag auf Auszahlung der geltend gemachten Reisegebühren mit Bescheid vom 29. Oktober 1997 gemäß § 39 RGV ab.
Die vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachte Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Mai 1998 als unbegründet ab.
Nach der Begründung nahm die belangte Behörde als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer, der Beamter des GP Baumgartenberg sei, zufolge des BGK-Befehls vom 23. April 1997 am 4. Mai 1997 ab 5 Uhr 45 "anlässlich einer Großkundgebung im ÖDMM in Mauthausen" zum Verkehrs- und Sicherheitsdienst eingeteilt gewesen sei und für diese Dienstverrichtung Reisegebühren nach der RGV begehrt habe.
Nach Wiedergabe der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage führte die belangte Behörde unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0194, aus, § 39 Abs. 1 RGV enthalte lediglich eine demonstrative Aufzählung des Normaldienstes, die durch die im Abs. 5 enthaltene taxative Aufzählung der Einsätze, die einen reisegebührenrechtlichen Anspruch nach den allgemeinen Regeln des I. Hauptstückes auslösten, eine negative Abgrenzung erfahre. Die im Abs. 5 enthaltene Aufzählung der (näher bezeichneten) Einsätze lasse einen Grad der Besonderheit erkennen, der auch für die in der Umschreibung des letzten Tatbestandes dieser Bestimmung enthaltene Formulierung (sowie Dienstleistungen (Kommandierungen)) "aus besonderem Anlässen" (zur Verstärkung oder Unterstützung anderer Gendarmeriedienststellen, sofern diese außerhalb des eigenen Dienstortes liegen und nicht § 22 RGV anzuwenden ist) heranzuziehen sei.
Im Beschwerdefall sei strittig, ob die in Rede stehende auswärtige Dienstverrichtung reisegebührenrechtlich von der Regelung der Pauschalvergütung nach § 39 Abs. 1 RGV erfasst sei oder nicht. Nach Auffassung des Beschwerdeführers (in seiner Berufung) sei seine Dienstverrichtung aus besonderem Anlass zur Verstärkung oder Unterstützung einer anderen Gendarmeriedienststelle erfolgt, weshalb § 39 Abs. 5 RGV anzuwenden sei. Der Grad der Besonderheit sei auch darin zu finden, dass einerseits diese Veranstaltung nur einmal jährlich stattfinde und andererseits die angeführten Überwachungsdienste in einem näher bezeichneten Erlass der belangte Behörde aus 1979 ausdrücklich als "besondere Dienstleistung" bewertet worden seien.
Nicht schon jedes Einschreiten in einem Nachbarrayon, also im Postenrayon eines anderen Gendarmeriepostens, stelle von vornherein eine Verstärkung oder Unterstützung einer anderen Gendarmeriedienststelle dar. Davon könne erst dann gesprochen werden, wenn es sich um eine Tätigkeit handle, bei der der zuständige Gendarmerieposten infolge der Größe oder Wichtigkeit des Einsatzes mit seinen ihm normalerweise zur Verfügung stehenden Kräften nicht das Auslangen zu finden vermöge.
§ 13 Abs. 1 der Richtlinien für die Organisation und Vollziehung des Exekutivdienstes der Bundesgendarmerie (EDR) ordne an, dass in Vollziehung des Auftrags nach § 10 Abs. 2 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) vom Bezirksgendarmeriekommando innerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches überörtliche Dienste, das seien a) Sektorstreifen, b) Verkehrsstreifen, c) koordinierte Kriminaldienste und d) Sonderstreifen zu planen und bei Bedarf zu leisten seien. Der Begriff "Überwachungsdienst" werde in § 2 Abs. 5 EDR dahingehend umschrieben, dass dieser das Verrichten von Exekutivdienst anlässlich eines bestimmten Ereignisses oder einer Aufgabenstellung, die das Tätigwerden eines Gendarmeriebediensteten entweder an einem vorgegebenen Ort (z. B. Veranstaltungsüberwachung) oder in fixer Bindung an eine sich örtlich verlagernde Aufgabe vorsehe.
In Verbindung mit der obzitierten Judikatur sei somit der Dienst des Beschwerdeführers am 4. Mai 1997 anlässlich einer Großkundgebung als normaler Sicherheits- und Patrouillendienst zu werten, der keinen Grad der Besonderheit erkennen lasse. In der Folge führt die belangte Behörde näher aus, warum der Beschwerdeführer nichts aus dem von ihm zitierten Erlass der belangten Behörde aus 1979 für seinen Standpunkt gewinnen könne. Mangels Vorliegens eines außerordentlichen Grades an Besonderheit stehe dem Beschwerdeführer keine Reisegebühr nach § 39 Abs. 5 RGV zu. Die in Rede stehende Reisebewegung sei durch die Pauschalierung nach § 39 Abs. 1 RGV voll abgegolten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Reisegebühren nach dem I. Hauptstück der RGV (insbesondere der Tagesgebühr nach § 13 RGV) durch unrichtige Anwendung des § 39 leg. cit. sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1 und 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt.
Das I. Hauptstück der RGV enthält in seinen §§ 1 bis 38 die "Gemeinsamen Bestimmungen", während ihr II. Hauptstück die (für einzelne nach ihrer Verwendung unterschiedene Beamtengruppen geltenden) "Sonderbestimmungen" (§§ 39 ff) trifft.
Die §§ 39 bis 42 RGV betreffen Sonderbestimmungen für den "Gendarmeriedienst".
Im Beschwerdefall ist auf Grund der zeitlichen Lagerung der in ihrer reisegebührenrechtlichen Auswirkung strittigen Dienstverrichtung des Beschwerdeführers vom 4. Mai 1997 § 39 RGV (die nach § 92 GG - trotz ersatzloser Aufhebung dieser Bestimmung durch die Novelle BGBl. Nr. 518/1993: vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 95/12/0054 mwN - weiterhin auf der Stufe eines Bundesgesetzes steht) in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 288/1988 anzuwenden. Die davon grundlegend abweichende Neuregelung des § 39 RGV durch die Novelle BGBl. I Nr. 123/1998 hat daher außer Betracht zu bleiben.
Nach § 39 Abs. 1 RGV in der Fassung BGBl. Nr. 288/1988 gebührt für den normalen Sicherheits- und Patrouillendienst, den Funkpatrouillendienst und den motorisierten Verkehrsdienst sowie andere regelmäßig zu leistende und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen außerhalb des Dienstortes im Überwachungsrayon der Bezirksgendarmeriekommanden, Gendarmerieposten, Außenstellen der Gendarmerieposten, Verkehrsposten, Motorbootstationen und Außenstellen der Verkehrsabteilungen anstelle der Tagesgebühren nach dem I. Hauptstück eine monatliche Pauschalvergütung. Für jede in Anspruch genommene Nachtunterkunft gebührt eine Nächtigungsgebühr.
Als Überwachungsrayon im Sinne des Abs. 1 gilt nach Abs. 3 der genannten Bestimmung u.a. für die Beamten der Bezirksgendarmeriekommanden, Gendarmerieposten, deren Außenstellen und der Verkehrsposten der Bereich der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde.
Werden die Gendarmeriebeamten zu einem Einsatz herangezogen, der nicht zum normalen Sicherheits- und Patrouillendienst gehört, so ist nach Abs. 5 der genannten Bestimmung das I. Hauptstück anzuwenden. Als solche Einsätze gelten Dienstleistungen bei alpinen Rettungs- und Bergungsaktionen, Elementarereignissen, Großbränden, Unfällen im Eisenbahn-, Schiffs- und Flugverkehr und besondere Wachdienste sowie Dienstleistungen (Kommandierungen) aus besonderen Anlässen zur Verstärkung oder Unterstützung anderer Gendarmeriedienststellen, sofern diese außerhalb des eigenen Dienstortes liegen und nicht § 22 anzuwenden ist.
§ 22 RGV regelt die Gebührenansprüche bei Dienstzuteilungen.
Eine Dienstzuteilung im Sinne der RGV liegt nach § 2 Abs. 3 dann vor, wenn ein Beamter an einem anderen Ort als dem Dienstort einer Dienststelle zur vorübergehenden Dienstleistung zugewiesen wird und für die Dauer dieser Verwendung entweder der Dienstaufsicht des Leiters dieser Dienststelle unterliegt oder mit der Leitung der zugewiesenen Dienststelle betraut wird.
In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (551 der Beilagen NR, XVII. GP) wird zur Neufassung des § 39 RGV 1955 durch die Novelle BGBl. Nr. 288/1988, Folgendes ausgeführt:
"Mit der neuen Regelung soll für die regelmäßigen Dienste der Gendarmerie (z.B. den normalen Sicherheits- und Patrouillendienst, den Funkpatrouillendienst und den motorisierten Verkehrsdienst), soweit sie außerhalb des Dienstortes zu verrichten sind, eine Pauschalabgeltung geschaffen werden. Anspruch und Ruhen dieser Pauschalabgeltung sollen sich nach den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956 über die Fortzahlung pauschalierter Nebengebühren richten. Für Dienstleistungen, die nicht regelmäßig zu leisten und nicht in der Natur des Dienstes gelegen sind, ist weiterhin das I. Hauptstück der Reisegebührenvorschrift anzuwenden. Diese als 'Einsätze' bezeichneten Dienste sind im § 39 Abs. 5 taxativ aufgezählt."
Gemäß § 1 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, regelt dieses Bundesgesetz die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei.
Nach § 5 Abs. 1 SPG versehen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes für die Sicherheitsbehörden den Exekutivdienst. Zu den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gehört u.a. auch die Bundesgendarmerie (§ 5 Abs. 2 Z. 1). Der sicherheitspolizeiliche Exekutivdienst besteht aus dem Streifen- und Überwachungsdienst, der Ausübung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht und der Gefahrenabwehr mit den Befugnissen nach dem 3. Teil sowie aus dem Ermittlungs- und dem Erkennungsdienst (§ 5 Abs. 3 SPG).
Im Beschwerdefall ist strittig, ob der gegenständliche Dienst reisegebührenrechtlich durch die Regelung der Pauschalvergütung nach § 39 Abs. 1 RGV erfasst ist oder nicht. Unbestritten ist, dass der GP Mauthausen und der GP Baumgartenberg zum Bezirksgendarmeriekommando Perg gehören und ihr Rayon im örtlichen Wirkungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Perg liegt.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhalts macht der Beschwerdeführer geltend, es sei geradezu offenkundig, dass im Beschwerdefall seine Dienstverrichtung (Einteilung zum Verkehrs- und Sicherheitsdienst aus Anlass einer Großdemonstration in Mauthausen am 4. Mai 1997) unter § 39 Abs. 5 letzter Tatbestand RGV falle. Wenn die belangte Behörde diesem Tatbestand eine Tätigkeit unterstelle, bei der der zuständige GP infolge der Größe und Wichtigkeit des Einsatzes mit seinen ihm normalerweise zur Verfügung stehenden Kräften nicht das Auslangen finde, beschreibe sie haargenau die Situation im Beschwerdefall. Die Begründung enthalte keinerlei Ausführungen, wodurch auch nur eines dieser Elemente im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Der Bezug auf das SPG und dazu ergangene Erlässe (abgesehen von der mangelnden normativen Kraft der letzteren) sei schon deshalb von vornherein gänzlich verfehlt, weil diese weder ausdrücklich noch ihrem Sinn nach eine Abgrenzung zwischen Normal- und Sonderdiensten (im Sinn des § 39 Abs. 1 und 5 RGV) träfen. Zielsetzung dieser Vorschriften sei es zweifellos, alle sicherheitspolizeilichen Arten von Dienstverrichtungen zu erfassen (siehe § 1 SPG); eine dort ihrer Art nach aufscheinende dienstliche Tätigkeit sage über deren reisegebührenrechtliche Zuordnung nichts aus. Es verstehe sich von selbst, dass bei Sondereinsätzen, wie sie durch den letzten Tatbestand des § 39 Abs. 5 RGV erfasst seien, Einzelaufgaben jeder Art anfielen, die ihrem Wesen nach Tätigkeiten der Sicherheitspolizei (wie etwa Überwachung, Sicherung und Kontrolle von Personen und Sachen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Hintanhaltung von Gefahren und Vorbeugung von Straftaten) seien. Daher gingen auch alle jene behördlichen Argumente ins Leere, die auf solche Zusammenhänge abstellten (wie etwa, dass im Beschwerdefall ein "Überwachungsdienst" zu leisten gewesen wäre.
Die Beschwerde ist berechtigt.
§ 39 RGV stellt im System des Reisegebührenrechts eine Sonderbestimmung für den Gendarmeriedienst dar, nach dessen Abs. 1 für die normale Dienstleistung von Gendarmen außerhalb des Dienstortes eine pauschale Abgeltung reisegebührenrechtlicher Ansprüche vorgesehen ist. Abs. 5 regelt in Ergänzung zu Abs. 1 taxativ, unter welchen Voraussetzungen Einsätze nicht zum normalen Sicherheits- und Patrouillendienst gehören. Trotz der an sich denkmöglichen Interpretation, dass das I. Hauptstück der RGV schon dann Anwendung zu finden hat, wenn keine der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 leg. cit. vorliegen, spricht der Zusammenhang dieser Regelung mit jener des Abs. 5 dafür, dass im Abs. 1 nur eine demonstrative Aufzählung des Normaldienstes enthalten ist, die durch die im Abs. 5 enthaltene taxative Aufzählung der Einsätze, die einen reisegebührenrechtlichen Anspruch nach den allgemeinen Regeln des I. Hauptstückes auslösen, eine negative Abgrenzung erfährt (ständige Rechtsprechung; vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0194, vom 13. April 1994, Zl. 93/12/0237, vom 16. November 1994, Zl. 93/12/0326, vom 16. April 1997, Zl. 96/12/0323 = Slg. NF Nr. 14.655/A, sowie vom 27. Oktober 1999, Zl. 95/12/0054).
Der Verwaltungsgerichthof hat in den genannten Erkenntnissen weiters ausgesprochen, dass die im § 39 Abs. 5 RGV enthaltene Aufzählung (bestimmter) Einsätze (alpine Rettungs- und Bergungsaktion, Elementarereignisse, Großbrände, Unfälle im Eisenbahn-, Schiffs- und Flugverkehr), die eine eigene reisegebührenrechtliche Abgeltung auslösen, einen Grad der Besonderheit erkennen lasse, der zur Auslegung der Umschreibung der im letzten Tatbestand (im Zusammenhang mit inhaltlich nicht näher umschriebenen Einsätzen) enthaltenen Wendung "aus besonderen Anlässen" heranzuziehen sei.
In der Rechtsprechung wurden folgende Fälle nicht als besonderer Anlass im Sinn des § 39 Abs. 5 letzter Tatbestand RGV gewertet:
-
Teilnahme an Radar- und Alkoholkontrollen im gesamten Bezirksbereich über den Rayon des eigenen GP hinaus, wobei die angeblich höhere Verkehrsunfallshäufigkeit im betreffenden Bezirk nicht als besonderer Anlass gewertet wurde (hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0194);
-
bezirksweit koordinierter Verkehrsdienst (Verkehrsstreifen) u. a. zur Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs im Straßenverkehr (hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 95/12/0054);
-
Grenzüberwachung im Bereich der Bezirksverwaltungsbehörde (hg. Erkenntnis vom 13. April 1994, Zl. 93/12/0237);
-
Tätigkeiten (wie Kontrollen von Lastkraftwagen und Autobussen nach § 58 KFG; Verkehrsdienst, normaler Sicherheitsdienst sowie fremdenpolizeiliche und kriminalpolizeiliche Amtshandlungen) im Überwachungsrayon desselben Bezirksgendarmeriekommandos an der Bundesgrenze im Bereich eines anderen GP; sie weisen keinen für die negative Abgrenzung nach Abs. 5 letzter Tatbestand mitbestimmenden Grad der Besonderheit auf (hg. Erkenntnis vom 16. April 1997, Slg NF Nr. 14.655/A);
-
Kontrolle von Spielautomaten nach einem Landesgesetz weist keinen "Grad der Besonderheit" iS des § 39 Abs. 5 RGV auf, und zwar unabhängig davon, ob derartige Kontrollen häufig oder unregelmäßig und in großen zeitlichen Abständen durchgeführt werden; irrelevant ist unter diesem Gesichtspunkt auch die Normierung der Mitwirkung durch ein Landesgesetz. Auch begründet die Ausbildung nur weniger (nicht aller) Gendarmeriebeamten für solche Kontrollen nicht das nach § 39 Abs. 5 RGV erforderliche Ausmaß an Außergewöhnlichkeit (hg. Erkenntnis vom 16. November 1994, Zl. 93/12/0326).
Im Beschwerdefall ist nach den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde davon auszugehen, dass der Einsatz des Beschwerdeführers aus Anlass einer Großkundgebung im Bereich eines Rayons eines anderen GP (hier: Mauthausen) innerhalb derselben Bezirkshauptmannschaft erfolgte. Die Tätigkeit bei einem solchen Ereignis stellt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes einen Einsatz aus einem besonderen Anlass dar, der nach seiner Bedeutung und dem zu seiner klaglosen Bewältigung für erforderlich gehaltenen sicherheitspolizeilichen Aufwand mit den dem letzten Tatbestand nach § 39 Abs. 5 RGV vorangestellten inhaltlich umschriebenen Einsätzen bei (Elementar)Ereignissen einer nicht unerheblichen Größenordnung durchaus vergleichbar ist, und der im Beschwerdefall vom betroffenen GP mit seinem ihm für den Normalfall zugeteilten Personal offenkundig nicht mehr bewältigt werden konnte. Insofern unterscheidet sich der Beschwerdefall entscheidend von den oben dargestellten Fällen in der bisherigen Rechtsprechung, in denen das Vorliegen eines besonderen Anlasses im Sinn des § 39 Abs. 5 RGV verneint wurde. Da die von einem Gendarmeriebeamten aus einem derartigen besonderen Anlass entfalteten Tätigkeiten (jedenfalls im Regelfall) exekutivdienstliche Tätigkeiten sind, kann nach ihrem Inhalt keine taugliche Abgrenzung für die hier maßgebende Unterscheidung nach der RGV gewonnen werden.
Zutreffend hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass jedenfalls für die nach § 39 Abs. 1 von Abs. 5 RGV (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) maßgebende Abgrenzung zwischen normalem Sicherheits- und Patrouillendienst und "Sondereinsätzen" im Sinn des § 39 Abs. 5 zweiter Satz RGV nichts aus dem SPG abgeleitet werden kann. Das SGP regelt allgemein und umfassend die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (vgl. § 1 SPG); es umschreibt in diesem Zusammenhang den sicherheitspolizeilichen Exekutivdienst (§ 5 Abs. 3 SPG) typologisch, ohne einen Ansatzpunkt für die reisegebührenrechtlich relevante Abgrenzung nach § 39 RGV zu geben. Dies gilt auch für die von der belangten Behörde zitierten Richtlinien für die Organisation und Vollziehung des Exekutivdienstes der Bundesgendarmerie (Exekutivdienstrichtlinien -
EDR, Erlass des Bundesministers für Inneres vom 18. Februar 1993, Zl. 2102/10-II/5/93).
Aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und § 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 13. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998120166.X00Im RIS seit
13.11.2001