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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Jagdrechts und des Fischereirechts betreffend die Vertreibung bzw Bejagung von Kormoranen mangels Eingriffs in die Rechtssphäre des Antragstellers bzw wegen Zumutbarkeit des VerwaltungsrechtswegesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit dem vorliegenden Individualantrag nach Art139 Abs1 bzw. Art140 Abs1 B-VG begehrt der Einschreiter mit näherer Begründung, die NÖ Kormoranverordnung vom 7. Oktober 1997, LGBl. 6500/12-0, zur Gänze als gesetzwidrig sowie §5 NÖ FischereiG 1988, LGBl. 6550-0, "im Zusammenhang mit" §97 Abs6 des NÖ JagdG 1974, LGBl. 6500-8, als verfassungswidrig aufzuheben. Die beiden zuletzt genannten Rechtsvorschriften haben folgenden Wortlaut:
a) §5 NÖ FischereiG 1988:
"§5
Besatzpflicht
(1) Jeder Fischereiausübungsberechtigte hat sein Fischwasser grundsätzlich jährlich derart mit geeigneter und gesunder Brut, ebensolchen Setzlingen oder Jungfischen zu besetzen, daß der für sein Fischwasser geeignete Fischbestand nach Art, Altersstufen und Besatzdichte erhalten bleibt. Der Mindestbesatz ist vom Fischereirevierverband festzusetzen. Über dagegen erhobene Einwendungen des Fischereiausübungsberechtigten entscheidet die Behörde (§3 Z. 2) endgültig.
(2) Der Fischereiausübungsberechtigte ist verpflichtet, den Fischereirevierverband vor Durchführung des Besatzes rechtzeitig zu verständigen. Wenn bei der Durchführung des Besatzes kein Organ des Fischereirevierverbandes anwesend war, so ist die Erfüllung der Besatzpflicht dem Fischereirevierverband längstens bis zum Jahresende nachzuweisen.
(3) Das Aussetzen von nicht heimischen oder nicht eingebürgerten Fischarten (auch Eier, Brut, Setzlinge) bedarf der Bewilligung der Landesregierung. Sie hat vor Erteilung der Bewilligung den NÖ Landesfischereirat anzuhören. Die Bewilligung darf nur dann erteilt werden, wenn durch das Aussetzen dieser Fischarten der Haushalt der Natur nicht wesentlich gestört wird."
b) §97 Abs6 NÖ JagdG 1974:
"§97
Töten, Fangen und Beunruhigen des Wildes durch jagdfremde
Personen
...
(6) Inwieweit den Fischereiberechtigten das Recht zum Fangen oder Töten von fischereischädlichem Wild zusteht, regeln die Vorschriften über die Fischerei."
c) Die NÖ Kormoranverordnung regelt neben der Festlegung ihres Geltungsbereiches und Zieles (§1) im wesentlichen, unter welchen Voraussetzungen Jagdausübungsberechtigten die Vertreibung bzw. Bejagung von Kormoranen gestattet ist (§2) und bestimmt auch, welche Höchstabschußzahlen sie dabei einzuhalten haben (§3). In §4 der Verordnung werden Jagdausübungsberechtigten gewisse Informations- und Meldepflichten auferlegt, §5 bestimmt schließlich das Außerkrafttreten der Verordnung mit Ablauf des 28. Feber 1999.
2. Der Antragsteller legt unter den Gegenstandsbezeichnungen "Antragslegitimation" und "Begründung" folgendes dar: Er bewirtschafte als fischereiausübungsberechtigter Pächter näher bezeichnete Fischereieigenreviere in Lilienfeld, die seit Herbst 1995 durch eine "Kormoranplage" erheblich geschädigt würden. Zum Schutz der Fischereigebiete habe die NÖ Landesregierung zwar am 30. Oktober 1996 eine Verordnung erlassen, die neben anderen Maßnahmen gegen Kormorane auch deren Abschuß im Rahmen bestimmter Höchstabschußzahlen gestattete. Die für den Verwaltungsbezirk Lilienfeld festgesetzte Höchstabschußzahl von 20 Stück sei jedoch bereits in der im folgenden Jahr am 5. November erlassenen Kormoranverordnung ohne sachliche Rechtfertigung auf 15 Stück herabgesetzt worden; dadurch sei der Antragsteller gegenüber den Fischereiausübungsberechtigten anderer Verwaltungsbezirke in gleichheitswidriger Weise benachteiligt worden. Selbst diese, nunmehr eingeschränkte Schutzmaßnahme des Kormoranabschusses könne vom Fischereiausübungsberechtigten jedoch nicht selbst ergriffen werden: Entgegen der Ankündigung in §97 Abs6 NÖ JagdG 1974 werde ihm nämlich durch keine Bestimmung des NÖ FischereiG 1988 das Recht eingeräumt, fischereischädliches Wild zu fangen oder zu töten; vielmehr sei er dabei auf die Bereitschaft eines Jagdausübungsberechtigten angewiesen, der rechtlich keineswegs zur Bejagung der Kormorane verpflichtet sei. Ungeachtet dieser unzureichenden Möglichkeiten, seinen Fischbestand vor Schadwild zu schützen, sei der Fischereiausübungsberechtigte aber nach §5 des NÖ FischereiG 1988 verpflichtet, durch eine ordnungsgemäße Besetzung seines Fischwassers für die Erhaltung des Fischbestandes zu sorgen. Diese einseitige Auferlegung von Pflichten ohne gleichzeitige Einräumung entsprechender Rechte greife in unzulässiger Weise in sein Eigentumsrecht als Fischereiausübungsberechtigter ein und sei auch mit dem Gleichheitsgebot nicht in Einklang zu bringen.
3. Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie primär die Zurückweisung des Individualantrages wegen fehlender Antragsberechtigung begehrt.
II. Dem Verfassungsgerichtshof erscheint dieses Begehren der Niederösterreichischen Landesregierung im Ergebnis als gerechtfertigt:
1. Gemäß Art140 und 139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen bzw. die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit (Gesetzwidrigkeit) in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz (die Verordnung) ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz (die Verordnung) in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit (ihrer Gesetzwidrigkeit) - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz bzw. 139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).
Nicht jedem Normadressaten kommt aber die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz (die Verordnung) selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Norm selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (s. zB VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).
2. Der vorliegende Individualantrag erfüllt diese Voraussetzungen weder hinsichtlich der bekämpften gesetzlichen Bestimmungen noch auch bezüglich der Kormoranverordnung vom 7. Oktober 1997. Letztere greift nämlich nicht in der beschriebenen Weise in die Rechtssphäre des Antragstellers ein, sondern zeitigt ihm gegenüber bloß faktische Reflexwirkungen von an andere Personen, nämlich an Jagdausübungsberechtigte gerichteten Normen (s. zB VfSlg. 14337/1995).
Auch §97 Abs6 NÖ JagdG 1974 beeinträchtigt kein rechtlich geschütztes Interesse des Einschreiters, da diese Bestimmung nur eine normlose Verweisung auf andere Rechtsvorschriften enthält. Nur diese, nicht aber auch die verweisende Norm selbst könnten in die Rechtssphäre einer Person unmittelbar eingreifen.
Schließlich ist der Antrag auch unzulässig, soweit er §5 NÖ FischereiG 1988 bekämpft. Dem Einschreiter ist es nämlich möglich und zumutbar, gegen den vom Fischereirevierverband nach Abs1 dieser Bestimmung festzusetzenden Mindestbesatz Einwendungen zu erheben und im Falle einer negativen Entscheidung hierüber den Bescheid sodann vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten und im Zuge dieser Anfechtung seine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der von ihm als verfassungswidrig erachteten Gesetzesstelle vorzubringen.
III. Der vorliegende
Individualantrag war aus diesen Erwägungen zurückzuweisen, was gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Fischerei, Jagdrecht, Tiere jagdbareEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:G42.1998Dokumentnummer
JFT_10018986_98G00042_00