RS UVS Oberösterreich 2004/11/02 VwSen-550161/17/Ste

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 02.11.2004
beobachten
merken
Rechtssatz

Die Marktgemeinde A ist öffentliche Auftraggeberin iSd. § 7 Abs.1 Z1 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl.I.Nr.99/2002 und des § 1 Abs. 2 Z. 1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002. Die Wahl des Vergabeverfahrens stellt bei der Direktvergabe gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.mm BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar. Gemäß § 2 Abs.1 und 4 Oö. VNPG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat nach Zuschlagserteilung die Feststellung, ob bei Direktvergaben die Wahl des Vergabeverfahrens zu Recht erfolgte.

Nach § 4 Abs.1 Z1 Oö. VNPG kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines Vergabevertrags hatte, nach erfolgter Zuschlagserteilung, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist, beim Unabhängigen Verwaltungssenat die Feststellung beantragen, dass die Wahl der Direktvergabe nicht zu Recht erfolgte. Ein solcher Antrag hat jedenfalls die im § 8 Abs.1 Oö. VNPG genannten Punkte zu enthalten und ist nach Abs.2 leg.cit. unzulässig, wenn er nicht spätestens sechs Wochen ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Zuschlags oder ab dem Zeitpunkt, in dem man davon hätte Kenntnis haben können, längstens jedoch innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten, nach dem der Zuschlag erteilt wurde, gestellt wird. Ein Antrag wäre ferner unzulässig, sofern der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung (§ 3 Oö. VNPG) geltend gemacht hätte werden können (§ 8 Abs.3 Oö. VNPG).

Die Zuschlagserteilung der Marktgemeinde A für die Sammlung und Behandlung der Biotonne in A an die L S GmbH erfolgte am 12.07.2004 durch die Unterschrift des Bürgermeisters auf dem Gegenbrief "Vertrag über die Sammlung von Abfällen vom 18.12.1995 - Änderungen / Ergänzungen" vom 29.03.2004. R erlangt am 30.08.2004 durch ein Telefonat von der Zuschlagserteilung Kenntnis; es bestehen keine Anhaltspunkte, dass er davon früher hätte Kenntnis haben können; sein Antrag langte am 08.09.2004 beim

Oö. Verwaltungssenat ein.

Wenn die Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme vom 21.09.2004 den Verdacht äußert, dass W R (quasi über Vermittlung von Dipl.-Ing. B) seit jedenfalls 12.02.2004 (Sitzung des Gemeinderats der Marktgemeinde Asten) von der Einführung der Biotonne informiert gewesen ist, er daher seit mehr als sechs Monaten diese Art der Vergabe beanstanden hätte können, verkennt sie einerseits, dass es bei der Wendung "in dem man davon hätte Kenntnis haben können" um eine objektive Beurteilung geht, also darum, dass eine durchschnittlich interessierte Person, insbesondere ein solcher potenzieller Auftragnehmer ("man") vom konkreten Zuschlag erfahren hätte können. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats kann alleine eine Sitzung des Gemeinderats eine solche Publizitätswirkung nicht entfalten; das insbesondere auch für eine Person (einen potenziellen Auftragnehmer), der seinen Wohnsitz (Sitz) nicht in der Gemeinde hat. Andererseits ist der vorgelegten Verhandlungsschrift über die Sitzung des Gemeinderats der Marktgemeinde A am 12.02.2004 auch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass in dieser Sitzung eine Entscheidung über die Zuschlagserteilung erfolgt ist. Unter dem Tagesordnungspunkt 4 "Abfallabfuhr in der Marktgemeinde Asten - a) Änderung der Abfallordnung - b) Änderung der Abfallgebührenordnung" findet sich jedenfalls kein entsprechender Beschluss. Dies wird letztlich auch dadurch bestätigt, dass sich der Gemeinderat (erst) in seiner Sitzung am 08.07.2004 unter dem Tagesordnungspunkt 14 (15) "Vertrag über die Sammlung von Hausabfällen - Erweiterung des Vertrags auf die Sammlung und Entsorgung des biogenen Abfalls" mit dem konkreten Vertrag beschäftigte und einen entsprechenden Beschluss fasste.

Der Antrag wäre im Übrigen auch dann als rechtzeitig gestellt anzusehen, wenn man bereits im Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde A vom 09.03.2004 zur Bestellung "Versuchsbetrieb Biotonne in der Marktgemeinde A" an die Linz Service GmbH die Zuschlagserteilung erblicken möchte.

Der Antrag erfüllt auch die Voraussetzungen nach § 8 Abs.1 Oö. VNPG. Der im § 4 Abs.1 Einleitungssatz Oö. VNPG geforderte entstandene Schaden wurde vom Antragsteller dadurch behauptet, dass ihm durch die Nichtberücksichtigung bei der Direktvergabe ein Gewinn abhängig von der zu übernehmenden Menge entstehe. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats reicht im Fall der Bekämpfung einer Direktvergabe die Behauptung eines solchen indirekten Schadens im Ergebnis für die Antragslegitimation aus. Zwar könnte eine enge Auslegung des Wortlauts des Einleitungssatzes zu § 4 Abs.1 Oö. VNPG "sofern ihm ... ein Schaden entstanden ist" einen tatsächlich bereits entstandenen Schaden als Voraussetzung vermuten lassen. Ein solches enges Verständnis würde jedoch im Fall der Z1 (Direktvergabe) in der Praxis regelmäßig zur Unzulässigkeit eines entsprechenden Antrags führen, weil bei (unzulässigen) Direktvergaben übergangene potenzielle Auftragnehmer wohl kaum jemals ein solcher Schaden nachweisbar wäre.

Da auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen oder auch von der Antragsgegnerin behauptet wurden, dass der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens nach § 3 geltend gemacht hätte werden können, ist der Antrag zulässig.

Eine Direktvergabe ist nach § 27 Abs.1 BVergG nur in den dort genannten vier Fällen zulässig. Eine geistigschöpferische Dienstleistung (Z1) liegt offensichtlich nicht vor. Nach Z2 wäre eine Direktvergabe bei allen übrigen Dienstleistungen nur zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer 20.000 Euro nicht erreicht. Dass diese Voraussetzung nicht vorliegt, wurde bereits oben (Punkt 2.2.) näher begründet. Selbst die Antragsgegnerin geht von einem jährlichen Auftragswert von 137.451,60 Euro aus. Diese Ausnahmebestimmung greift damit ebenso wenig, wie jene der Z3 und jene der Z4 (aus Gemeinschaftsmitteln kofinanzierte Projekte).

Die Antragsgegnerin beruft sich ausdrücklich auf § 27 Abs.1 Z3 BVergG und begründet dies damit, dass sie Sammlung und Entsorgung des Bioabfalls als nicht prioritäre Dienstleistung angesehen wird und daher eine Direktvergabe ohne Subschwellenwertbeschränkung bis 200.000 Euro zulässig wäre, wenn ein wirtschaftlicher Wettbewerb im Hinblick auf die Eigenart der Leistungen oder des in Frage kommenden Bieterkreises nicht zweckmäßig sei.

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist diese Argumentation allerdings nicht nachvollziehbar. Ganz abgesehen davon, dass nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats wohl auch die genannten 200.000 Euro-Schwelle überschritten wird, verweist § 27 Abs.1 Z3 BVergG eindeutig auf "Dienstleistungen gemäß Anhang IV" in dem sich allerdings keine Kategorie / kein Titel findet, unter den die Sammlung und Entsorgung von Bioabfall subsumiert werden könnte. Demgegenüber findet sich im Anhang III die Kategorie 16 mit dem Titel "Abfall- und Abwasserbeseitigung; sanitäre und ähnliche Dienstleistungen". Dass die Sammlung und Entsorgung von Bioabfall unter diesen Titel fällt, scheint evident.

Die Antragsgegnerin hat damit zur Vergabe des Dienstleistungsauftrags Sammlung und Entsorgung von Bioabfall die Direktvergabe gewählt, obwohl keiner der im § 27 Abs.1 BVergG abschließend aufgezählten Fälle zutraf. Damit hat die Antragsgegnerin aber gegen zwingende Bestimmungen des BVergG verstoßen. Obwohl die Antragsgegnerin selbst davon ausgeht, den Auftrag im Wege der Direktvergabe vergeben zu haben, fehlt es darüber hinaus in ihren Unterlagen an der Darlegung der maßgeblichen Gründe für die Wahl dieses Verfahrens und an einer entsprechenden Dokumentation eingeholter Vergleichsangebote (vgl. § 27 Abs.2 BVergG). Ein Nachholen dieser Dokumentationspflicht im Zuge des Nachprüfungsverfahrens (wie dies mit Punkt "Zu 7." in der Stellungnahme vom 14.10.2004 versucht wurde) scheint jedenfalls den Anforderungen des BVergG nicht zu entsprechen.

Das darüber hinausgehende Begehren des Antragstellers auf Aufhebung der Direktvergabe und Durchführung einer Ausschreibung und Widerruf der Wahl der Direktvergabe war zurückzuweisen, weil das Oö. VNPG dem Unabhängigen Verwaltungssenat bei Direktvergaben lediglich die Zuständigkeit zur Feststellung einräumt, ob die Wahl des Vergabeverfahrens zu Recht erfolgte.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten