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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §67a Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des (1961 geborenen) SA, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in Wien I., Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 2. Juli 1997, Zl. VwSen-420133/19/Gf/Km, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Angelegenheit Kosten für die Durchsetzung einer Ausweisung und Schubhaftkosten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Abnahme eines Geldbetrages in der Höhe von US $ 700,-- eingebrachte Beschwerde gemäß § 67c Abs. 4 AVG als unzulässig zurück.
In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass der Sachbearbeiter der im vorliegenden Fall bloß zum Vollzug der Schubhaft berufenen Bundespolizeidirektion Wels vom Amtsarzt am Nachmittag des 3. April 1997 davon in Kenntnis gesetzt worden sei, dass der Beschwerdeführer wegen Haftuntauglichkeit aus der Schubhaft zu entlassen sei. Nach Rücksprache mit der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung als Schubhaftbehörde seien dem Beschwerdeführer von dieser mit Mandatsbescheid vom selben Tag gemäß § 79 Abs. 1 und 4 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, "Kosten für die Durchsetzung einer Ausweisung sowie für die Vollziehung der Schubhaft in der Höhe von US $ 700,-- vorgeschrieben" worden. Gleichzeitig sei der Bundespolizeidirektion Wels von der Schubhaftbehörde der Auftrag erteilt worden, dass diese Summe bei der Haftentlassung aus dem Gesamtbesitz des Beschwerdeführers "(960 US $)" einzubehalten sei. Dieser Bescheid einschließlich dessen Rechtsmittelbelehrung sei dem Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache vorgelesen, gleichzeitig erläutert (wobei die Belehrungen jedoch nicht soweit gegangen seien, dass er z.B. auch auf die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Vorstellung hingewiesen worden sei) und um 19.50 Uhr ausgehändigt worden. Vom Beschwerdeführer sei der Umstand, dass der Großteil seiner Barschaft von der Behörde einbehalten worden sei, zwar zunächst mit heftiger Erregung zur Kenntnis genommen worden, schließlich aber - insbesondere wegen der Aussicht auf später möglicherweise erfolgreiche Rechtsmittel - dennoch, wenngleich widerwillig, akzeptiert worden. Die anfängliche Auseinandersetzung sei dabei aber von vornherein ausschließlich verbaler Natur gewesen; insbesondere sei weder seitens des Organwalters der Bundespolizeidirektion Wels noch seitens des Beschwerdeführers körperlicher Zwang bzw. Widerstand ausgeübt worden. Am Ende sei sogar ein darin gipfelndes "gutes Einvernehmen" erzielt worden, dass die von der genannten Behörde beigezogene Mitarbeiterin der Organisation "SOS-Mitmensch" dem Beschwerdeführer eine Schlafstelle vermittelt habe. Der Betrag von 700 US $ sei schließlich bei der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft kurz nach 20.00 Uhr dieses Tages vom Gefangenenhausorgan einbehalten worden. Gegen den vorangeführten Mandatsbescheid habe der Beschwerdeführer am 17. April 1994 - somit rechtzeitig - Vorstellung erhoben.
In der Sache selbst habe die belangte Behörde erwogen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Regelungen über die Maßnahmenbeschwerde (Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG, § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG) nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem dienten, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein und desselben Rechtes; stehe ein anderer Rechtsweg offen, so sei diese - als ein bloß subsidiäres Rechtsschutzinstrumentarium - unzulässig. Im gegenständlichen Fall seien die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden 700 US $ seitens der Bundespolizeidirektion Wels auf Grund der entsprechenden bescheidmäßigen Vorschreibung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 3. April 1997 einbehalten worden. Einerlei, ob die Bundespolizeidirektion Wels damit diesen Bescheid in rechtswidriger Weise - nämlich ohne Vorliegen einer Vollstreckbarkeitsklausel - vollzogen oder der Beschwerdeführer der Zahlungsaufforderung umgehend (d.h. letztlich: freiwillig) Folge geleistet habe, obwohl er ohnehin ein Rechtsmittel gegen die Kostenvorschreibung zu erheben beabsichtigt habe: In jedem Fall sei seiner in der Folge eingebrachten Vorstellung - weil sich diese gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet habe - gemäß § 57 Abs. 2 AVG aufschiebende Wirkung zugekommen. Damit sei die Kostenvorschreibung nicht mehr vollstreckbar gewesen und der bereits einbehaltene bzw. eingezahlte Geldbetrag hätte mit einer Klage gemäß Art. 137 B-VG zurückgefordert werden können. Von den im VVG vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten abgesehen, habe damit dem Beschwerdeführer aber jedenfalls bereits ein anderer Weg zur Geltendmachung seines Rechtsanspruches zur Verfügung gestanden, sodass sich die auf den Titel der Einbehaltung seines Eigentums stützende Maßnahmenbeschwerde schon aus dem eingangs angeführten Grund der Vermeidung der Zweigleisigkeit des Rechtsschutzes als unzulässig erweise. Auch von der Nichtherausgabe des Geldbetrages abgesehen habe das Verfahren vor der belangten Behörde keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass seitens der Organe der Bundespolizeidirektion Wels in irgendeiner Form physischer Zwang gegen die Person des Beschwerdeführers ausgeübt worden wäre; Derartiges würde vom Beschwerdeführer selbst auch gar nicht behauptet. Die vorliegende Maßnahmenbeschwerde sei daher gemäß § 67c Abs. 4 AVG als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 27. November 1997, B 2141/97-3, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit einem weiteren Beschluss vom 19. März 1998, B 2141/97-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Mit seinem Hinweis, der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Beschluss vom 25. November 1996, A 12/96 (= Slg. Nr. 14.647/1996) die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Ausfolgung eines von der Behörde zur Deckung von Schubhaftkosten einbehaltener Barmittel eines Schubhäftlings sei im Verwaltungsweg geltend zu machen, und diesbezüglich eine nach Art. 137 B-VG eingebrachte diesbezügliche Klage zurückgewiesen, ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen: Wohl hat der Verfassungsgerichtshof in diesem Beschluss auch zum Ausdruck gebracht, dass dann, wenn ein (dort näher zitiertes) behördliches Schreiben als eine (bloße) Bestätigung über eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen wäre, der Kläger (des damaligen verfassungsgerichtlichen Verfahrens) den Weg der Beschwerdeerhebung gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG hätte beschreiten können. Allerdings ist damit nichts für den Fall ausgesagt, wenn eine Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt etwa deshalb nicht vorliegt, weil die betreffende Person einem behördlichen Verlangen "freiwillig" nachkam (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1992, Zl. 92/18/0150). Einen solchen Fall der "Freiwilligkeit" konnte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum annehmen:
Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde (in seinem ergänzenden Schriftsatz gemäß § 34 Abs. 2 VwGG) in diesem Zusammenhang Folgendes aus: "Die dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde unterstellte 'Freiwilligkeit' darin, dass er den Betrag von US $ 700,-- schließlich bei der Bundespolizeidirektion Wels belassen und sich weder verbal (ausfällig?) noch physisch gegen die Einbehaltung zur Wehr gesetzt hat, beruhte auf der rechtsirrtümlichen Annahme des Beschwerdeführers, dass die Einbehaltung rechtskonform wäre, weil ein Kostenmandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vorliege." Damit gesteht er selbst zu, dass bezüglich des besagten Belassens behördlicherseits weder Zwang angewendet noch angedroht wurde, sondern dieses vielmehr vom ihm (wenn auch wie behauptet unter einer rechtsirrtümlichen Annahme) selbst gewollt war. Dieses Vorbringen deckt sich mit den Feststellungen der belangten Behörde, dass dieses Belassen vom Beschwerdeführer (schließlich) akzeptiert worden sei, und behördlicherseits kein körperlicher Zwang auf den Beschwerdeführer ausgeübt und von diesem kein Widerstand geleistet worden sei. Diese Feststellungen konnten auf die Aussagen der von der belangten Behörde bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. Juni 1997 einvernommenen, bei der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Schubhaft anwesenden beiden Zeugen (dem bei der Bundespolizeidirektion Wels zum Journaldienst eingeteilten Organwalter sowie einer Mitarbeiterin der Organisation "SOS-Mitmensch") gestützt werden, die nach Ausweis der Verwaltungsakten (zusammengefasst) übereinstimmend aussagten, dass dem Beschwerdeführer der Kostenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vorgelesen und vom Dolmetscher übersetzt worden sei, ihm weiters dargelegt worden sei, dass er gegen diesen Bescheid noch ein Rechtsmittel erheben könne, der Beschwerdeführer (letztlich) der besagten Belassung nicht entgegengetreten sei, und auf ihn seitens der Behörde kein Druck ausgeübt, sondern (wenn auch eindringlich) die Rechtslage erklärt worden sei (vgl. das Protokoll über die zitierte öffentliche mündliche Verhandlung). Demgegenüber erschöpft sich das Vorbringen des Beschwerdeführers im Wesentlichen darin - es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er bei Fehlen jeglichen Zwanges nicht auf die Ausfolgung seiner gesamten im Gewahrsam der Bundespolizeidirektion Wels befindlichen Barschaft bestanden oder diese Barschaft freiwillig herausgegeben hätte - in einer bloßen unsubstantiierten Behauptung, die die besagten Feststellungen der belangten Behörde nicht zu entkräften vermag.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998020136.X00Im RIS seit
17.01.2002