RS UVS Oberösterreich 2004/12/30 VwSen-550177/14/Kl/Pe

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Veröffentlicht am 30.12.2004
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Rechtssatz

Die Stadtgemeinde G ist öffentliche Auftraggeberin iSd § 7 Abs.1 Z1 BVergG bzw des § 1 Abs.2 Z1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (kurz: Oö. VNPG). Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 200.000 Euro bei Lieferaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z2 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden (§ 17 Abs.1 BVergG). Gemäß § 2 Abs.2 und § 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

1.

zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2.

zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der Oö. Verwaltungssenat hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie

 1. im Widerspruch zu Bestimmungen des BVergG oder den hierzu erlassenen Verordnungen steht und

 2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Die Zuschlagsentscheidung ist gemäß § 20 Z13 lit.a sublitt.aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung (vgl. § 3 Abs.1 Oö. VNPG), welche gemäß § 9 und Teil II Z1 der Anlage zu § 9 des Oö. VNPG in der Frist gemäß § 100 Abs.2 BVergG angefochten werden kann.

Der Nachprüfungsantrag vom 2.12.2004 richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 22.11.2004 und erfüllt die Zulassungsvoraussetzungen.

4.2. Mit Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 9.12.2004, VwSen-55178/6/Kl/Rd/Pe, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 3.1.2005 untersagt.

Weiters hat der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 11.11.2004, VwSen-550166/5/Kl/Pe, einem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zugunsten der G GmbH gemäß § 100 Abs.1 BVergG 2002 stattgegeben, und in dieser Entscheidung unter Begründungspunkt 4.6. dargelegt, dass das Kriterium "Beurteilung des Betriebspersonals" den Gesichtspunkten der Objektivität und des Sachlichkeitsgebotes ohne Angabe der Maßstäbe wonach das Betriebspersonal beurteilt, nicht nachzukommen erscheint. Wegen der aber bereits eingetretenen Präklusion kann dieser Mangel nicht mehr geltend gemacht und aufgegriffen werden. Es ist daher von der unanfechtbar gewordenen Ausschreibung auszugehen.

Gemäß § 2 Abs.2 Z2 und § 13 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz hat der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte die Nichtigerklärung der angefochtenen Zuschlagsentscheidung auszusprechen, wenn sie im Widerspruch zu den Bestimmungen des BVergG oder der hiezu erlassenen Verordnungen steht und für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Als Beschwerdepunkte führte die Antragsstellerin aus, dass sie die Bestbieterin sei, ihr die höchste Punktezahl zuzusprechen sei und sie daher den Zuschlag erhalten müsste. Sie begründet dies damit, dass lediglich zwei Fahrer überhaupt die Möglichkeit hatten, ihr Gerät nach den erforderlichen sachlichen Grundsätzen zu beurteilen. Zumindest in drei Fällen wurden von künftigen Fahrern Punkte vergeben, die das Gerät gar nicht kannten und nie gesehen haben. Dies sei auch im Rahmen der rechtswirksamen Ausschreibungskriterien jedenfalls als unsachlich und rechtswidrig zu qualifizieren. Weiters sei logisch nicht nachvollziehbar, dass trotz der gegebenen weitaus besten technischen Bewertung des Gerätes die angebliche Bewertung durch das Bedienpersonal vollständig negativ ausgefallen ist. Es muss somit die Stimmabgabe durch das Bedienpersonal nach unsachlichen Gesichtspunkten erfolgt sein.

Vorsichtshalber wird auch die technische Bewertung mit lediglich 6,4, Punkte beanstandet.

Nach den Ausschreibungsunterlagen wird das Zuschlagskriterium "technische Spezifikationen" mit einer Maximalpunktezahl von 9 Punkten in drei Unterkriterien untergliedert, nämlich die Länge des Fahrzeuges (das kürzeste Fahrzeug wird mit 3 Punkten, das längste Fahrzeug mit 0 Punkten bewertet, dazwischen wird auf eine Kommastelle linear interpoliert), Lärmbelästigung (das am besten schallgedämmte Fahrzeug wird mit drei Punkten bewertet, jenes mit dem größten Schallpegel mit 0 Punkten, dazwischen wird linear interpoliert) und Bodenfreiheit (die Bodenfreiheit wird mit zwischen 0 und 3 Punkten bewertet). Nach der Angebotsprüfungszusammenstellung, erstellt nach den Angebotsunterlagen, weist das Gerät der Antragstellerin den niedrigsten Geräuschpegel auf und erhält damit die höchstmögliche Punktezahl von 3 Punkten. Bei der Fahrzeuglänge liegt das Gerät der Antragstellerin mit 6.400 mm über jenem der Mitbieterin mit 6.383 mm und unter jenem der Bestbieterin mit 6.500 mm, wonach sich interpoliert 1,9 Punkte ergeben. Hinsichtlich der Bodenfreiheit liegt das Gerät der Antragstellerin mit ca. 16 cm über jenem der Mitbieterin mit 14 cm und unter jenem der Bestbieterin mit ca. 18 cm, weshalb sich eine Punktezahl von 1,5 Punkten errechnet. Insgesamt ergibt dies für technische Spezifikationen eine Punktezahl von 6,4 Punkten für die Antragstellerin.

Dazu wird ausgeführt, dass selbst bei Erreichung der höchstmöglichen Punktezahl von 9 Punkten die Antragstellerin nicht über die Gesamtpunktezahl der präsumtiven Bestbieterin käme. Ausschlaggebend für die Zuschlagsentscheidung ist für die Antragstellerin die Bepunktung durch das Betriebspersonal. Dies insbesondere auch deshalb, weil sie hinsichtlich des Kriteriums des Preises und des Kriteriums der Vertragswerkstätte jeweils die höchstmögliche Punktezahl erreicht hat.

Hinsichtlich der Bewertung durch das Betriebspersonal wird auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung verwiesen, wonach sämtliche Fahrer ohne Vorgaben durch die Auftraggeberseite das ihnen vorgeführte Gerät sämtlicher Bieter jeweils nur nach subjektiven Gesichtspunkten ohne Vorgabe von Beurteilungsmerkmalen durch die Auftraggeberseite einer Prüfung und Beurteilung unterzogen und aus jeweils eigener selbständiger Überzeugung aufgrund bestimmter auf der Hand liegender Vorteile beim Handling des Gerätes, welche Vorteile dann auch auf der Beurteilungsliste wörtlich angeführt wurden, zu der Überzeugung gelangten, dass das Gerät der Antragstellerin negativ und jenes der präsumtiven Bestbieterin positiv zu bewerten ist, wobei eine positive Beurteilung gleichzusetzen ist mit jeweils 4 Punkten pro Fahrer. Wie in der mündlichen Verhandlung eindeutig zum Ausdruck kam, waren die Fahrer einstimmig der Meinung, dass hinsichtlich der Funktionsweise und dem Handling das Gerät der präsumtiven Bestbieterin das beste Gerät ist, weshalb auch sämtliche Fahrer dieses Gerät mit 4 Punkten bewerteten. Dass dabei ein Fahrer lediglich bei der Vorführung des Gerätes der Antragstellerin nicht anwesend war, den sonstigen Vorführungen aber beiwohnte, kann dabei vernachlässigt werden, zumal auch diesem Fahrer Prospektunterlagen des Gerätes der Antragstellerin zur Verfügung standen und er das Vorgängermodell der Antragstellerin aus seiner täglichen Praxis kannte und anhand dieser Prospektunterlagen keine wesentlichen Veränderungen feststellte. Hinsichtlich dieser Feststellungen wurde er auch durch seine Kollegen bestärkt und bestätigt, welche der Vorführung des Gerätes der Antragstellerin beiwohnten und ihm Erklärungen über die Vorgangsweise gaben. Sowohl die Punktevergabe durch die Fahrer als auch die Begründung für ihre Punktevergabe durch Angabe der Vorteile des Gerätes der präsumtiven Bestbieterin (im Vergleich zu den anderen vorgeführten Geräten), wurden nachvollziehbar dargelegt und sind daher schlüssig. Da sich die Beurteilungsgesichtspunkte der Lenker auch nicht mit den Angaben in den technischen Spezifikationen decken, kann weder von einer Doppelbeurteilung noch von einem Widerspruch zu der Beurteilung der technischen Spezifikationen ausgegangen werden, sondern wird daraus ersichtlich, dass eben durch die Fahrer andere als die in den übrigen Zuschlagskriterien enthaltenen Gesichtspunkte in ihrer Beurteilung abgedeckt werden. Es kann daher die von der Antragstellerin geltend gemachte Unschlüssigkeit und Unsachlichkeit nicht nachvollzogen und bestätigt werden. Dass aber das Zuschlagskriterium "Beurteilung des Betriebspersonals" dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes widerspricht und nicht geeignet ist, das dem Auftraggeber zustehende Beurteilungsermessen nach objektiven Gesichtspunkten zu handhaben und dem Gebot widerspricht, kein willkürliches Auswahlelement zu enthalten, wurde bereits im vorausgegangenen Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 11.11.2004, VwSen-550166/5/Kl/Pe, der Antragstellerin ausführlich dargelegt.

Allerdings wurde bereits in diesem Erkenntnis darauf hingewiesen, dass Zuschlagskriterien spätestens in der Ausschreibung festzulegen sind und daher gemäß § 20 Z13 lit.a sublitt.aa BVergG als gesondert anfechtbare Entscheidung in der gemäß § 9 und Teil II Z1 der Anlage zu § 9 des Oö. VNPG festgelegten Frist angefochten hätten werden müssen. Eine entsprechende fristgerechte Anfechtung dieses Zuschlagskriteriums ist aber nicht erfolgt, sodass all jene Mängel, die die Ausschreibung betreffen, wegen Verfristung von einer weiteren Nachprüfung präkludiert sind und daher die Ausschreibung und das darin enthaltene Zuschlagskriterium rechtskräftig und rechtswirksam geworden ist. Es hat daher die Antragstellerin die Ausschreibung und das rechtskräftig gewordene Zuschlagskriterium der "Bewertung des Bedienungspersonals" gegen sich gelten zu lassen.

Die Bewertung des Betriebspersonals ist in einwandfreier Weise erfolgt und sind die Gründe der Bewertung auch schriftlich niedergelegt. Es haftet daher der Zuschlagsentscheidung keine Rechtswidrigkeit an. Es war daher dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht statt zu geben.

Schlagworte
Zuschlagskriterium, Rechtskraft, Präklusion, Sachlichkeitsgebot
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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