TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/14 2001/19/0053

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Veröffentlicht am 14.09.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §39 Abs2 idF 1998/I/158;
FrG 1997 §14 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des D N, geboren am 11. September 1968, vertreten durch Dr. Robert Wallentin, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 6-8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Mai 2001, Zl. 300.458/2-III/11/00, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über eine bis zum 10. März 1994 gültige Aufenthaltsbewilligung. Sein am 15. Februar 1994 gestellter Antrag auf Verlängerung dieser Bewilligung wurde vom Bundesminister für Inneres mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 29. November 1994 gemäß § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes abgewiesen. Die dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene, von diesem dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. August 1999, Zl. 97/19/0528, als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

In dem gemäß § 113 Abs. 6 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) wieder offenen Verfahren erster Instanz forderte der Magistrat der Stadt Wien den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. Jänner 2000 auf, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens, spätestens jedoch bis 11. Februar 2000, u.a. Meldezettel, den Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft sowie Nachweise zur Sicherung des Lebensunterhaltes vorzulegen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des fruchtlosen Ablaufes der eingeräumten Frist das Anbringen (der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung) gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werden müsste.

Nachdem der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 29. März 2000 den Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Februar 1994, gewertet als solchen auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 iVm § 23 Abs. 1 FrG 1997, gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen hatte, wurde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 16. Mai 2001 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 13 Abs. 3 AVG abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer habe am 15. Februar 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt. Dieser Antrag sei vom Landeshauptmann von Wien gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen worden. Seitens der erstinstanzlichen Behörde sei der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 18. Jänner 2000 gemäß § 13 Abs. 1 AVG nachweislich aufgefordert worden, den Meldezettel des Beschwerdeführers, seinen Nachweis eines Rechtsanspruches auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft sowie den Nachweis zur Sicherung des Lebensunterhaltes innerhalb von zwei Wochen vorzulegen. Da der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers diese Frist zur Behebung des Formgebrechens fruchtlos habe verstreichen lassen, sei die Zurückweisung des Antrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des AVG lauten (auszugsweise):

"§ 13.

...

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht."

§ 14 Abs. 3 FrG 1997 lautet (auszugsweise):

     "... . Der Fremde hat der Behörde die für die Feststellung

des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel

vorzulegen. ... ."

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass die belangte Behörde der Rechtsauffassung anhängt, der schon im Jahr 1994 eingebrachte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der nach § 113 FrG 1997 nunmehr als solcher auf Erteilung einer (weiteren) Niederlassungsbewilligung zu werten ist, weise im Hinblick auf das Fehlen bestimmter aktueller Unterlagen, nämlich eines Meldezettels, eines Nachweises eines Rechtsanspruches auf eine für Inländer ortsübliche Unterkunft sowie eines Nachweises, dass der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers gesichert sei, ein "Formgebrechen" auf, weshalb die Behörde erster Instanz zu Recht einen Mängelbehebungsauftrag erteilt und wegen Nichtbefolgung dieses Auftrages den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen habe. Die belangte Behörde verkennt damit freilich - wie schon die Erstbehörde - die Rechtslage:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zum Begriff des Formmangels im Verständnis des § 13 Abs. 3 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ausgesprochen hat, kann ein Mangel im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG, der einem Anbringen anhaftet, im Fehlen von Unterlagen gelegen sein, die ein Anschluss an eine Eingabe das Gesetz ausdrücklich vorschreibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2001, Zl. 2000/17/0135). Ein solcher Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG liegt jedoch im vorliegenden Fall nicht vor. Zwar hat nach § 14 Abs. 3 zweiter Satz FrG 1997 der Antragsteller der Behörde die für die Feststellung des Sachverhaltes erforderlichen Unterlagen und Beweismittel vorzulegen. Damit hat der Gesetzgeber des FrG 1997 jedoch nur umschrieben, wie weit die Obliegenheit des antragstellenden Fremden zur Mitwirkung an der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts reicht, will er nicht den Erfolg seines Antrages gefährden. Diese Mitwirkungsobliegenheit geht nicht über diejenige hinaus, die gemäß § 39 Abs. 2 AVG (idF der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens korrespondiert (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0152). Das FrG 1997 schreibt hingegen nicht ausdrücklich vor, dass die von der belangten Behörde für erforderlich gehaltenen, oben genannten Unterlagen bereits dem Antrag (der Eingabe im Verständnis des § 13 Abs. 3 AVG) beizuschließen wären. Im Fehlen dieser Unterlagen liegt daher kein Mangel eines schriftlichen Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG. Die auf die Nichterfüllung des zu Unrecht ergangenen Mängelbehebungsauftrages gestützte Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof wolle der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Wien, am 14. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001190053.X00

Im RIS seit

08.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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