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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des am 11. September 1973 geborenen M H, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstr. 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. März 1999, SD 760/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit den in Rechtskraft erwachsenen Urteilen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien 1. vom 24. Jänner 1994 wegen §§ 15, 127 und 129 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten (unter dem Namen I.) und 2. vom 23. Februar 1998 wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Wochen (unter dem Namen H.) verurteilt.
Am 6. April 1998 beantragte der Beschwerdeführer die erstmalige Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner namentlich angeführten Ehegattin, nach den Antragsbeilagen einer österreichischen Staatsangehörigen.
Die Bundespolizeidirektion Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 7. September 1998 gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 2 Z. 3 Fremdengesetz 1997 (FrG 1997) ab. Nach Aufzählung der eingangs dargestellten Verurteilungen des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien und einer rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO führte die erstinstanzliche Behörde aus, der Beschwerdeführer habe mehrere österreichische Rechtsvorschriften verletzt. Sein Aufenthalt liefe einem geordneten Fremdenwesen zuwider und stelle damit eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Verurteilung vom 24. Jänner 1994 sei bereits endgültig nachgesehen worden; seine Gattin habe ihm sein Verhalten im Zuge des Familienstreites im Jahre 1995, das zu der Verurteilung vom 23. Februar 1998 geführt habe, bereits verziehen. Unter Hinweis auf die Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 und auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, Rs 30/77, Bouchereau, brachte der Beschwerdeführer vor, bei "Maßnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" dürfe ausschließlich das persönliche Verhalten der jeweiligen Einzelperson ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein könnten solche Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Die von ihm verwirklichten Delikte lägen bereits Jahre zurück, sodass von einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers auszugehen sei. Die Nichterteilung der Niederlassungsbewilligung stelle auch einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. März 1999 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 2 Z. 3 Fremdengesetz 1997 (FrG 1997) ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Gründe des angefochtenen Bescheides seien auch für die Berufungsentscheidung maßgebend gewesen. Zum Berufungsvorbringen sei auszuführen, dass im Dezember 1993 bei einem Einbruch in einen Gasthof ein nicht dokumentierter Fremder, der sich als J. I. ausgegeben habe, festgenommen und vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 24. Jänner 1994 wegen Einbruchsdiebstahls zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Die fremdenpolizeilichen Erhebungen seien zunächst "im Sand verlaufen", weil der Beschwerdeführer aus der Gerichtshaft entlassen worden sei und sein Aufenthalt nicht habe ermittelt werden können. Im März 1995 habe das Bezirkspolizeikommissariat W. eine Amtshandlung gegen J. I., alias M. H., der sich mit einem am 6. Juli 1994 in Wien ausgestellten bosnischen Reisepass ausgewiesen habe, wegen Verdachtes der Fälschung einer öffentlichen Urkunde geführt. Kurze Zeit danach habe die Fremdenpolizei vom Bezirkspolizeikommissariat A. eine Mitteilung erhalten, dass sich der am 11. Juli 1963 geborene M.H. mit dem vorgenannten Reisepass an einer näher bezeichneten Adresse in 9. Wiener Gemeindebezirk angemeldet habe. Er werde sich um eine Aufenthaltsberechtigung "bemühen". Weiter habe von M. H. in Erfahrung gebracht werden können, dass er sich zuvor eineinhalb Jahre in Slowenien aufgehalten habe.
Die belangte Behörde führte weiters aus, am 24. Oktober 1995 sei der Beschwerdeführer wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand gemäß § 5 Abs. 1 StVO rechtskräftig bestraft worden. Am 1. Dezember 1995 sei er wegen Verdachtes der gefährlichen Drohung und Körperverletzung sowie unerlaubten Aufenthaltes angezeigt worden. Laut Anzeige seiner Ehegattin habe er sie durch einen Faustschlag am Auge verletzt und im Falle einer Anzeige "mit dem Umbringen und mit dem Ausrotten der gesamten Familie" bedroht. Der Beschwerdeführer habe sich damals damit verantwortet, dass es zu einem Streit gekommen sei, weil er nichts zu essen bekommen habe, obwohl er den ganzen Tag gearbeitet habe. Weitere Auskünfte über seine Arbeit habe er verweigert. Im Zuge dessen sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer seine Ehegattin, die bereits die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt und mit der er ein Kind habe, zuvor am 9. August 1995 geheiratet habe. Am 11. Dezember 1995 habe er sich von seiner Wohnung bei seiner Gattin "abgemeldet" und erklärt, Österreich unverzüglich zu verlassen. Am 18. Dezember 1995 habe er in Slowenien einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt, welcher vom Amt der Wiener Landesregierung (richtig wohl: Landeshauptmann von Wien) am 23. Februar 1996 und im Instanzenzug vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid von 24. März 1997 gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4, 6 und 7 FrG mit der Begründung abgelehnt worden sei, der Beschwerdeführer habe sich schon im Jahre 1994 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und habe sich nach seiner Ausreise und Antragstellung im Ausland im Dezember 1995 offensichtlich wieder, und zwar ohne den für die Einreise erforderlichen Sichtvermerk, nach Österreich begeben. Im Juli 1996 sei ihm nämlich von der Bosnischen Botschaft in Wien ein Reisepass ausgestellt und am 20. Oktober 1996 gegen ihn vom Bundespolizeikommissariat A. eine Amtshandlung geführt worden. Von der unter dem anderen Namen erfolgten Verurteilung wegen Diebstahls sei dem Bundesminister für Inneres nichts bekannt gewesen. Dieser abweisende Bescheid sei rechtskräftig.
Nach Wiedergabe der bezughabenden Gesetzesstellen führte die belangte Behörde weiter aus, der Beschwerdeführer sei mehrfach vorübergehend und ohne Aufenthaltsbewilligung im Bundesgebiet gewesen; er sei im Jahre 1993 unter einer anderen Identität aufgetreten und unter letzterer wegen Einbruchsdiebstahls verurteilt worden. Im Sommer 1995 habe er eine gebürtige Bosnierin geheiratet, habe aber schon in diesem Zeitpunkt nicht mit der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechnen können. In der Folge sei es zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit seiner Gattin gekommen; der Beschwerdeführer habe das Bundesgebiet verlassen und sei später wieder zurückgekommen. Im Jahre 1996 sei es neuerlich zu Auseinandersetzungen und in einem der Fälle zu einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung gekommen; nur hinsichtlich der übrigen Tatbestände sei er freigesprochen worden. Wenn der Beschwerdeführer einwende, seine Ehegattin hätte ihm nunmehr verziehen, so übersehe er, dass sein Verhalten gegenüber seiner Ehegattin nicht das einzige sei, wodurch sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde, habe er doch, sogar unter einem falschen Namen, eine beträchtliche Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahls erlitten, in der Folge wiederholt gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften verstoßen und sei auch einmal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand bestraft worden. Angesichts seines "Gesamt(fehl)verhaltens" gefährde der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit in einem solchen Maße, dass sich die belangte Behörde im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens nicht dazu entschließen habe können, einer Familienzusammenführung im Wege der Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zuzustimmen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 10 Abs. 2 Z. 3, § 47 Abs. 2 und 3 sowie § 49 Abs. 1 FrG 1997 lauten:
"§ 10. ...
(2) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels kann wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2) insbesondere versagt werden, wenn
...
3. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"
§ 47. ...
(2) Sofern die EWR-Bürger zur Niederlassung berechtigt sind, genießen begünstigte Drittstaatsangehörige (Abs. 3) Niederlassungsfreiheit; ihnen ist eine Niederlassungsbewilligung auszustellen, wenn ihr Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. ...
(3) Begünstigte Drittstaatsangehörige sind folgende Angehörige eines EWR-Bürgers:
1. Ehegatten;
...
§ 49. (1) Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, genießen Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt. Solche Fremde können Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen. ..."
Der Beschwerdeführer ist begünstigter Drittstaatsangehöriger gemäß §§ 49 Abs. 1 und 47 Abs. 3 FrG 1997. Die Versagung der hier beantragten Niederlassungsbewilligung gemäß §§ 49 Abs. 1 und 47 Abs. 2 FrG 1997 setzt voraus, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Der Beschwerdeführer tritt der diesbezüglichen Annahme der belangten Behörde unter Hinweis auf die Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 und auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, Rs 30/77, Bouchereau, entgegen. Neben der Störung der öffentlichen Ordnung, die jede Gesetzesverletzung darstelle, müsse eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Es sei stets auf das persönliche Verhalten des Betreffenden abzustellen. Eine strafrechtliche Verurteilung allein könne die Versagung einer Niederlassungsbewilligung nicht begründen. Die Behörde habe "rein seine Vorstrafen herangezogen" und dabei nicht bedacht, dass er sich seit mehr als drei Jahren wohlverhalten habe. Weiters verweist der Beschwerdeführer auf seine familiären Interessen in Österreich, welche durch die Anwesenheit seiner Ehegattin und der gemeinsamen Tochter im Bundesgebiet begründet seien.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Durch § 49 Abs. 1 FrG 1997 sollte - von geringfügigen Modifikationen abgesehen - die Rechtsstellung von Angehörigen von Österreichern, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, jener von Angehörigen von EWR-Bürgern, die ihrerseits ebenfalls Staatsangehörige eines Drittstaates sind, angeglichen werden. Offenbar wollte der Gesetzgeber des Fremdengesetzes 1997 damit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1997, Slg. Nr. 14.863, Rechnung tragen. Bei der Auslegung der Wendung "wenn ihr Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet" in dem in § 49 Abs. 1 FrG 1997 verwiesenen § 47 Abs. 2 erster Satz FrG 1997 ist daher auf das Verständnis des Begriffes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Art. 39 EG (ex-Art. 48 EGV) Bedacht zu nehmen. Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG ist bei Maßnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausschließlich das persönliche Verhalten der in Betracht kommenden Einzelpersonen ausschlaggebend. Strafrechtliche Verurteilungen allein können gemäß Abs. 2 leg. cit. ohne weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 1977, Rs 30/77, Bouchereau, insbesondere folgende Rechtssätze geprägt:
"Eine frühere strafrechtliche Verurteilung darf nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihr zu Grunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (Rz 27, 28 dieses Urteiles). Wenn auch in der Regel die Feststellung einer derartigen Gefährdung eine Neigung des Betroffenen nahe legt (im Sinne von erfordert), dieses Verhalten in Zukunft beizubehalten, so ist es doch auch möglich, dass schon allein das vergangene Verhalten den Tatbestand einer solchen Gefährdung der öffentlichen Ordnung erfüllt. Es obliegt den nationalen Behörden und gegebenenfalls den nationalen Gerichten, diese Frage in jedem Einzelfall zu beurteilen, wobei sie die besondere Rechtstellung der dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden Personen und die entscheidende Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit zu berücksichtigen haben (Rz 29, 30 dieses Urteiles)."
Nach dieser Rechtsprechung kann aber das bloße tatbildmäßige Verhalten eines Fremden auch im Verständnis des Europarechtes im Einzelfall die Beurteilung rechtfertigen, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Sicherheit gefährden. Freilich dürfen Änderungen in den Lebensumständen des Fremden, die gegen den Fortbestand einer solchen Gefährdungsprognose sprechen, bei einer solchen Beurteilung nicht ausgeklammert werden.
Vergleichbare Aussagen machte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 19. Jänner 1999, Rs C-348/96, Calfa (vgl. Rz 22 bis 24 dieses Urteiles).
Sodann heißt es in Rz 25 dieses Urteiles:
"Demnach kann ein Gemeinschaftsbürger wie Frau Calfa nur dann ausgewiesen werden, wenn er nicht nur gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen hat, sondern sein persönliches Verhalten darüber hinaus eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt."
Mit dieser Rechtsprechung scheint der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften von seinen Aussagen im erstgenannten Urteil nicht abgewichen zu sein, wie aus dem Urteil vom 10. Februar 2000, Rs C-340/97, Nazli, klar wird. Dort heißt es (Rz 58):
"Zwar kann ein Mitgliedstaat die Verwendung von Betäubungsmitteln als eine Gefährdung der Gesellschaft ansehen, die besondere Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Ordnung gegen Ausländer rechtfertigt, die gegen Vorschriften über Betäubungsmittel verstoßen, doch ist die Ausnahme der öffentlichen Ordnung wie alle Ausnahmen von einem Grundprinzip des Vertrages eng auszulegen, sodass eine strafrechtliche Verurteilung nur insoweit eine Ausweisung rechtfertigen kann, als die ihr zu Grunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt."
Wie sodann in Rz 59 betont wird, dürfen generalpräventive Aspekte dabei keine Rolle spielen.
Die belangte Behörde hat ihre Gefährdungsprognose auf die angeführten strafrechtlichen Verurteilungen, auf Verstöße gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften und eine Verwaltungsübertretung gestützt. Sie hat dabei hervorgehoben, dass "angesichts des Gesamt(fehl)verhaltens sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit in einem solchen Maße gefährde, dass sie sich nicht dazu entschließen konnte, dem Beschwerdeführer im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens einer Familienzusammenführung im Wege einer Niederlassungsbewilligung zuzustimmen".
Zunächst ist festzuhalten, dass der Behörde - entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung - bei der gemäß § 47 Abs. 2 FrG 1997 zu treffenden Gefährdungsprognose kein Ermessen zukommt.
Was den Vorwurf betrifft, der Beschwerdeführer habe "wiederholt gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften verstoßen" (aus der Sachverhaltsdarstellung ist zu entnehmen, dass er "mehrfach
... ohne Aufenthaltsbewilligung im Bundesgebiet " gewesen sei), so
ist der belangten Behörde entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger einer Österreicherin gemäß § 49 Abs. 1 zweiter Satz FrG 1997 Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen darf und darüber hinaus Angehörige von EWR-Bürgern, denen Angehörige von Österreichern durch § 49 Abs. 1 FrG 1997 weitgehend gleichgestellt werden sollten, nach Art. 5 Abs. 1 zweiter Satz der Richtlinie 64/221/EWG sich bis zur Entscheidung über die Erteilung oder die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis vorläufig im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Diesem offenkundig in der Vergangenheit liegenden unrechtmäßigen Aufenthalt kommt in Ansehung der zu treffenden Gefährdungsprognose kaum Gewicht zu (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/19/0074).
Zu den rechtskräftigen Verurteilungen ist Folgendes auszuführen:
Der Beschwerdeführer hat bereits in der Berufung darauf hingewiesen, dass sein gerichtlich strafbares Verhalten im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits etwa fünf (bezüglich der Verurteilung im Jahre 1994) bzw. etwa vier (bezüglich der Verurteilung aus dem Jahre 1998, der eine Tathandlung aus dem Jahre 1995 zu Grunde lag) zurücklag. Dass die über ihn im Jahre 1994 bedingt verhängte Strafe entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht endgültig nachgesehen worden wäre, hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht, im Jahre 1995 im Zuge einer ehelichen Auseinandersetzung mit seiner Gattin, in der es zu wechselseitigen Beschimpfungen gekommen sei und auch er von seiner Gattin eine Ohrfeige erhalten habe, "kurzfristig" die Beherrschung verloren zu haben. Seine Gattin habe ihm mittlerweile jedoch längst verziehen; die Beziehung zwischen den Ehegatten sei sehr gut. Angesichts dieser vorbrachten Umstände kann der Verwaltungsgerichtshof nicht von vornherein davon ausgehen, dass die Gefährdungsprognose gemäß § 47 Abs. 2 FrG 1997 gerechtfertigt wäre, dies auch unter Berücksichtigung der (einmaligen) Bestrafung des Beschwerdeführers im Jahre 1995 wegen Lenkens eines Fahrzeuges im alkoholisierten Zustand. Ob das den Verurteilungen zu Grunde liegende Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem - wie oben dargelegt - kaum ins Gewicht fallenden unrechtmäßigen Aufenthalt in der Vergangenheit und der (einmaligen) Verwaltungsübertretung die Prognose rechtfertigte, der Aufenthalt des Beschwerdeführers würde (künftig) eine Gefährdung für die Sicherheit im Bundesgebiet darstellen, setzte allerdings entsprechende Feststellungen über derartige Umstände voraus, aus denen sich das konkrete und aktuelle Gefährdungspotenzial des Fremden ergibt. Diesbezügliche schlüssige Feststellungen hat die belangte Behörde im Fall des Beschwerdeführers in Verkennung der Rechtslage jedoch nicht getroffen.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416 /1994.
Wien, am 14. September 2001
Gerichtsentscheidung
EuGH 61977J0030 Bouchereau VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999190089.X00Im RIS seit
20.12.2001Zuletzt aktualisiert am
01.12.2011