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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1969 §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der GT in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Herndl, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Tulpengasse 2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. Juli 1996, Zl. R/1- V-95240/00, betreffend Vorschreibung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Kaltenleutgeben, 2391 Kaltenleutgeben, Hauptstraße 78), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte als Baubehörde erster Instanz mit Bescheid vom 16. März 1995 gemäß § 10 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 8200-9, die Genehmigung zur Teilung mehrerer im Einzelnen angeführter Grundstücke entsprechend dem näher bezeichneten Plan eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen vom 22. Februar 1995. 1.2. Mit dem Abgabenbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. August 1995 wurde der Beschwerdeführerin aufgrund der Genehmigung der Grundteilung vom 16. März 1995 und gestützt auf die Bestimmung des § 13 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe in der Gesamtsumme von S 241.110,-- vorgeschrieben.
Die Gemeinde habe gemäß § 13 Abs. 7 und Abs. 8 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 einem Bewilligungswerber, dessen Grundstück an eine öffentliche Verkehrsfläche grenze und der beim erstmaligen Grundabtretungsanlass nichts oder eine Fläche in einem geringeren als in dem in Abs. 2 festgelegten Ausmaß ohne Entschädigung abtreten habe müssen, für jenen Teil der öffentlichen Verkehrsfläche, der zwischen seiner bisherigen Grundstücksgrenze und der Achse der öffentlichen Verkehrsfläche liege, eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe vorzuschreiben. Der Bemessung dieser Abgabe sei der Verkehrswert des Bauplatzes zugrunde zu legen.
1.3. Die Beschwerdeführerin begründete ihre dagegen erhobene Berufung damit, dass ein erstmaliger Grundabtretungsanlass nicht vorliege; die Liegenschaft sei nachweislich seit mehr als 100 Jahren bebaut und in den zurückliegenden Jahren schon mehrfach geteilt worden.
1.4. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei wies mit Berufungsvorentscheidung vom 28. September 1995 die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Aufgrund der Aktenlage sei das Grundstück Nr. 274 erstmals mit Bescheid vom 16. März 1995 gemäß den Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 in der derzeit gültigen Fassung geteilt worden. Es ergebe sich daher für dieses Grundstück ein erstmaliger Grundabtretungsanlass bzw. der Anlassfall für die Einhebung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe gemäß § 13 leg. cit. Der Bemessung der Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe sei der Verkehrswert des Bauplatzes zugrunde zu legen, wobei zur Vermeidung unbilliger Härten als Verkehrswert nur ein Betrag von S 1.000,-- angenommen worden sei, obwohl der Verkehrswert von Bauplätzen bereits bei S 3.000,-- liege.
1.5. In ihrem als "Berufung gegen die Berufungsvorentscheidung" bezeichneten, als Vorlageantrag aufgefassten Schriftsatz vom 24. Oktober 1995 verwies die Beschwerdeführerin darauf, dass die gegenständliche Liegenschaft seit mehr als 100 Jahren nachweislich bebaut, in den Jahren 1910 bis 1914 mit behördlicher Bewilligung entsprechend § 92 Abs. 1 Z 1 Niederösterreichische Bauordnung umgebaut, in den Jahren 1925 und 1926 mit einem neuen Bauvorhaben behördliche Bewilligung entsprechend § 92 Abs. 1 Z 1 Niederösterreichische Bauordnung bebaut worden und schließlich in den Jahren 1958 und 1973 baubehördlich genehmigt entsprechend § 10 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung geteilt worden sei. Alle die von ihr angeführten Fälle seien daher "Anlassfälle zur Grundabtretung" entsprechend § 13 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung gewesen. Es handle sich daher bei dem dem vorliegenden Abgabenverfahren zugrundeliegenden "Anlassfall der Grundteilung im Jahr 1995" nicht um den erstmaligen Grundabtretungsanlass. Eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe sei aber nur beim erstmaligen Grundabtretungsanlass vorgesehen.
1.6. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde wies mit dem mit Datum 27. November 1995 ausgefertigten Bescheid die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid.
Nach dem "Hausakt" sei auf dem Grundstück 274 ein bestehendes Haus mit Bewilligung vom 23. April 1872 umgebaut und mit baubehördlicher Genehmigung vom 28. Oktober 1883 aufgestockt worden. Für das Wirtschaftsgebäude an der westlichen Grundgrenze sei die Baubewilligung am 20. Oktober 1924 erteilt worden. Auf dem Nachbargrundstück sei am 18. April 1910 die Errichtung eines Schöpfwerkes (Wasserturmes) für den Liegenschaftseigentümer genehmigt worden.
Ob ein Grundstück bebaut oder unbebaut sei, sei für die Vorschreibung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe ohne Bedeutung. Mit Genehmigung vom 30. Mai 1958 sei das Grundstück .275 und mit Bescheid vom 11. Jänner 1972 das Grundstück .275/1 geteilt worden. Diese Grundstücke gehörten zwar zum "Grundbesitz" der Berufungswerberin (Beschwerdeführerin), seien jedoch nicht "Inhalt des bekämpften Bescheides". Grundlage für die Vorschreibung der Grundabtretungsausgleichsabgabe sei die Niederösterreichische Bauordnung 1976 (Wiederverlautbarung) in der jeweils gültigen Fassung. Dieses Gesetz sei am 31. Dezember 1969 in Kraft getreten, wobei die Bestimmungen betreffend die Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe erst mit der Novelle vom 1. September 1981 in die Niederösterreichische Bauordnung aufgenommen worden sei.
Das Grundstück Nr. 274 sei mit Bescheid vom 16. März 1995 erstmals gemäß den Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 geteilt worden; es ergebe sich daher für das Grundstück ein "erstmaliger Grundabtretungsanlass" bzw. der Anlassfall für die Einhebung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe gemäß § 13 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976. 1.7. Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung vor, es könne im Beschwerdefall nicht von der Schaffung von Verkehrsflächen durch die Gemeinde ausgegangen werden. Die Liegenschaft "des gegenständlichen Bescheides" grenze seit mehr als 120 Jahren an eine annähernd gleich breite Verkehrsfläche an. Der "Ursprung" dieser Verkehrsfläche sei im Bescheid nicht aufgezeigt worden. Auch gebe es keinen Anrainer auf der gegenüberliegenden Seite der Verkehrsfläche, der zur Schaffung der Verkehrsfläche eine Grundfläche abgetreten habe, die größer sei als die in § 13 Abs. 2 Niederösterreichische Bauordnung vorgeschriebene und welchem entsprechend § 13 Abs. 3 leg. cit. eine Entschädigung von der Gemeinde geleistet worden sei. Im Beschwerdefall sei davon auszugehen, dass "bei erstmaliger Besiedlung der Liegenschaft" oder auch später die im heutigen Ausmaß vorhandenen Verkehrsflächen ins öffentliche Gut übertragen worden seien; dies verhindere die Anwendung des § 13 der Niederösterreichischen Bauordnung.
Aus dem Grundbuch ergebe sich, dass am 7. Februar 1938 das Grundstück Nr. 273 in der Größe von 1856 m2 in das Grundstück Nr. 274 eingebracht und daraufhin gelöscht worden sei; hiebei habe es sich "zweifelsfrei" um eine Grundabteilung entsprechend § 10 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung gehandelt.
Aus dem "Hausakt" der mitbeteiligten Marktgemeinde seien für die Grundstücke Nr. 274 und Nr. .358 ein Umbau im Jahr 1872, ein Bewohnungskonsens für einen Zu- und Umbau vom 6. Juli 1885 und eine Baubewilligung eines Neubaues auf bisher unverbautem Grunde vom 2. Juli 1929 entnehmbar. Dabei habe es sich um Bauvorhaben entsprechend § 92 Abs. 1 Z 1 der Niederösterreichischen Bauordnung gehandelt.
Auch wenn die Niederösterreichische Bauordnung in der jetzt gültigen Fassung erst 1976 in Kraft getreten sei, könnten "dadurch nicht Tatbestände in der davorliegenden Zeit ignoriert werden". Vielmehr sei der Formulierung "erstmaliger Grundabtretungsanlass" zu entnehmen, dass Tatbestände, die sich vor Inkrafttreten der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 ereignet hätten, berücksichtigt werden müssten. "Schließlich wäre es nicht im Sinne des Gesetzgebers einem Grundstückseigner - zum Beispiel aus Anlass einer Grundabteilung im Jahr 1973 - eine reale Grundabtretung für die Grundstücksteile, die nach den Straßenfluchtlinien zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehören, ohne Kostenersatz vorzuschreiben, um ihm dann im Jahr 1979 - bei einem bewilligungspflichtigen Bauverfahren auf demselbigen Grundstück - eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe für die schon sechs Jahre zuvor von ihm real abgetretene Verkehrsfläche vorzuschreiben".
Auch hätten im Jahr 1967 anlässlich der Ausgestaltung und Verbreiterung der Landesstraße Flächenverschiebungen stattgefunden, von der die gegenständliche Liegenschaft betroffen gewesen sei; die hiezu gehörige Urkunde sei aber derzeit beim Bezirksgericht nicht auffindbar.
Vom gegenständlichen Bescheid seien die Grundstücke Nr. 274 und Nr. .358 betroffen. Es erhebe sich aber die Frage, ob eine "Separierung auf einen Teil einer als bauliche Einheit anzusehenden Liegenschaft zulässig" sei. Es könne auch die Ansicht vertreten werden, dass die Grundstücke in der Vergangenheit eine Einheit mit dem Grundstück Nr. 275/1 gebildet hätten, wofür eine einheitliche Einfriedung zur Straßenfluchtlinie, die aus gleicher Zeit wie die vorhandene Bausubstanz stamme, und die Festlegung einer Schutzzone, die mit den Ausmaßen der Grundstücke Nummern 274, 275/1 und .358 ident gewesen sei, spreche. Berücksichtige man nun, dass das Grundstück Nr. 275/1 in den Jahren 1958 und 1973 baubehördlich genehmigt entsprechend § 10 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung geteilt worden sei, so lägen wiederum frühere Anlassfälle zur Vorschreibung einer Grundabtretungsausgleichsabgabe vor.
1.8. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 29. Juli 1996 wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Durch die Bezugnahme des § 13 Abs. 7 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 auf entschädigungslose Abtretungen seien nur jene früheren Anlässe zu berücksichtigen, die wiederum unentgeltliche Abtretungen ausgelöst hätten. Nach der Bauordnung für Niederösterreich aus dem Jahr 1883 sei dies nur bei der "Abteilung eines Grundes auf Bauplätze" der Fall gewesen; bei der Eröffnung neuer Straßen sei damals der erforderliche Grund ohne Entgelt zu übergeben, bei Nichteröffnung neuer Straßen ohne Entgelt abzutreten gewesen. Zwar hätten auch nach der Bauordnung für Niederösterreich 1883 verschiedene Bauführungen Anlässe für Grundabtretungen gebildet, diese hätten jedoch ausschließlich gegen "angemessene Schadloshaltung" zu erfolgen gehabt. Erst mit der Niederösterreichischen Bauordnung 1969, LGBl. Nr. 166/1968, habe die Unentgeltlichkeit für die Verpflichtung zur Grundabtretung auch anlässlich von Bauführungen gegolten. Im Rahmen dieser Bauordnung habe der Gesetzgeber zudem erstmals die Verpflichtung zur "Leistung eines Beitrages" für den Fall ausgesprochen, dass Abtretungen nicht oder nicht im gesamten - entschädigungslos - vorgesehenen Ausmaß möglich sein sollten. Diese Regelungen würden im Wesentlichen der heute noch geltenden Rechtslage entsprechen. Als Vorläufer des § 10 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 habe die Bauordnung für Niederösterreich 1883 nur die "Abteilung eines Grundes auf Bauplätze" bzw. die "Unterabteilung eines bestehenden Bauplatzes" als bewilligungspflichtige Vorhaben gekannt. Entsprechend dem Gesetzeswortlaut sei damals in Verbindung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Teilung im eigentlichen Sinn, also die Zerlegung, geregelt worden. Vereinigungen von Grundstücken oder sonstige Veränderungen von Grundstücksgrenzen seien - mangels konkreter bzw. konkludenter gesetzlicher Hinweise -
von der "Abteilung" nicht umfasst worden. Gleiches müsse wohl auch für Grundstücksveränderungen, die nach § 15 des Liegenschaftsteilungsgesetzes (für die Herstellung, Umlegung oder Erweiterung und Erhaltung einer Straßenanlage) vorzunehmen gewesen seien, gelten. Diese seien seit der Niederösterreichischen Bauordnung 1969 sogar ausdrücklich von der Bewilligungspflicht durch die Baubehörde ausgenommen.
Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 7 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 hänge die Abgabenpflicht davon ab, dass einerseits für das betroffene Grundstück erstmals ein Anlass im Sinne des Abs. 1 für eine Grundabtretung verwirklicht werde, und andererseits die vom jeweiligen Grundeigentümer - in natura - abzutretende Fläche geringer sei als das im Abs. 2 im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit beschriebene Höchstausmaß. Der Gesetzgeber stelle sohin ausschließlich auf Tatsachen ab, die im Bereich jenes Grundstückes lägen, das die Prüfung auf eine mögliche Grundabtretung auslöse. Für eine Berücksichtigung sämtlicher Grundstücke, die im Grundbuch in derselben Einlagezahl zusammengefasst seien, wie dies die Vorstellungswerberin anstrebe, biete die Niederösterreichische Bauordnung 1976 jedoch keinen Anhaltspunkt, sofern nicht sämtliche der Grundstücke auch von den baubehördlich relevanten Maßnahmen berührt würden.
Der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung sei weiters nicht zu entnehmen, dass die Behörde den Grundeigentümer nur bei Neuschaffung einer Verkehrsfläche zur Leistung einer Abgabe verpflichten dürfe, bzw. nur dann, wenn es im bezughabenden Bereich bereits zu einer tatsächlichen Entschädigungszahlung an den gegenüberliegenden Anrainer gekommen wäre bzw. noch kommen könnte.
Mit der Grundabteilungsbewilligung vom 16. März 1995 liege erstmals ein Grundabtretungsanlass im Sinne des § 13 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 für die Grundstücke mit den Nummern .358 und 274 vor.
1.9.1. Mit Beschluss vom 25. Juni 1997, B 2915/96-10, lehnte der gegen die Vorstellungsentscheidung zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese mit Beschluss vom 20. August 1997, B 2915/96-12, über Antrag der Beschwerdeführerin gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
1.9.2. Vor diesem erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 1996 in ihrem Recht auf Nichtzahlung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe gemäß § 13 Abs. 7 Niederösterreichische Bauordnung 1976 verletzt. Sie macht erkennbar Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides geltend.
1.9.3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Marktgemeinde hat sich nicht geäußert.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die Niederösterreichische Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0 (Wiederverlautbarung), in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung LGBl. 8200-9 (in der Folge: Nö BauO 1976), regelte die Verpflichtung zur Grundabtretung in § 13. Dieser lautete wie folgt (auszugsweise):
"(1) Aus Anlaß jeder Grundabteilung im Sinne des § 10 Abs. 1 sind der Gemeinde die im Eigentum des Abteilungswerbers stehenden Grundstücke oder Grundstücksteile, die nach den Straßenfluchtlinien zu den öffentlichen Verkehrsflächen gehören, ohne Kostenersatz sowie frei von in Geld ablösbaren Lasten abzutreten und von Bauwerken, Gehölzen und Materialien geräumt, in dem im Bebauungsplan festgelegten oder ersichtlich gemachten Niveau zu übergeben. Dieselbe Verpflichtung trifft anläßlich der Ausführung eines Vorhabens gemäß § 92 Abs. 1 Z 1 und 3 den Eigentümer des vom Vorhaben betroffenen Grundstückes im Bauland.
(2) Für die der Gemeinde gemäß Abs. 1 abzutretenden Grundstücke oder Grundstücksteile gebührt bis zur Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche, höchstens aber bis zu 12 m, wenn Bauland jedoch nur an einer Seite angrenzt, bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, höchstens aber bis zu 24 m, keine Entschädigung anläßlich
1. der erstmaligen Grundabteilung oder einer späteren, wenn bisher nichts abgetreten wurde;
2. wenn eine Grundabteilung nicht stattgefunden hat, anläßlich der erstmaligen Bauführung gemäß § 92 Abs. 1 Z 1 und 3 sowie der Bewilligung eines Vorhabens gemäß § 93 Z 3 und 4.
(3) Hingegen gebührt dem Grundeigentümer eine Entschädigung
1. für die Grundfläche, welche über das in Abs. 2 festgelegte Ausmaß hinausgeht;
2. für die gesamte nach der Verlegung einer Straßenfluchtlinie zusätzlich abzutretende Grundfläche, wenn zuvor schon im damals gesetzmäßigen Ausmaß abgetreten wurde; wenn aber damals überhaupt nichts oder nicht im gesamten damals gesetzmäßigen Ausmaß abgetreten wurde, gebührt keine Entschädigung für jene Grundfläche, die nach den damals geltenden Vorschriften unentgeltlich abzutreten gewesen wäre.
(4) ...
(5) ...
(6) ...
(7) Ein Bewilligungswerber, dessen Grundstück an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzt, und der beim erstmaligen Grundabtretungsanlaß nichts oder eine Fläche in einem geringeren als dem in Abs. 2 festgelegten Ausmaß ohne Entschädigung abtreten muß, hat für jenen Teil der öffentlichen Verkehrsfläche, der zwischen seiner bisherigen Grundstücksgrenze und der Achse der öffentlichen Verkehrsfläche liegt, eine Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe zu leisten.
(8) Der Bemessung der Entschädigung und der Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe ist der Verkehrswert des Bauplatzes zugrunde zu legen. ..."
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die Grundabteilung grundsätzlich (zu den auf die Besonderheiten des Beschwerdefalles gestützten Überlegungen der Beschwerdeführerin siehe später) Anlass für eine Grundabtretung und damit auch für eine diesbezügliche Ausgleichsabgabe ist. Unbestritten ist auch, dass eine Grundabtretung nach der Nö BauO 1976 bzw. die Entrichtung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe nach diesem Gesetz nicht erfolgte.
2.2. Die Beschwerdeführerin vertritt zunächst die Ansicht, Voraussetzung für das Entstehen der Verpflichtung zur Grundabtretung und damit auch für die Verpflichtung zur Entrichtung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe sei stets die bestehende Absicht der Gemeinde, eine Verkehrsfläche herzustellen oder zu erweitern, bzw. die Tatsache, dass die Gemeinde eine Verkehrsfläche hergestellt oder erweitert habe. Diese Voraussetzungen fehlten im Beschwerdefall. Die betroffenen Liegenschaften grenzten seit mehr als 170 Jahren an die nahezu unverändert (gleich breite) öffentliche Verkehrsfläche. Diese sei ursprünglich im Privateigentum gestanden und von Privaten hergestellt worden. Im Franziscäischen Kataster würden ungefähr im Jahr 1820 die gegenständlichen Verkehrsflächen als "im Eigentum der Gemeinde" bezeichnet, wobei derartige Verkehrsflächen in das öffentliche Gut durch die Bezirksausschüsse überführt worden seien. Zwischen 1910 und 1920 sei dann die Verkehrsfläche vom Land Niederösterreich übernommen worden. Infolge der Entsprechung der Verkehrsflächen mit jenen vor 170 Jahren, liege kein Anlass für eine Grundabtretung (oder Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe) vor. Die Abgabe solle nur eine Ungleichbehandlung von Anrainern verhindern, wenn der Verlauf der Verkehrsfläche unterschiedliche Abtretungen der betroffenen Anrainer erfordere.
Die Beschwerdeführerin übersieht dabei, dass in § 13 Abs. 1 Nö BauO 1976 jede Grundabteilung als Anlass für die Abtretungspflicht erwähnt ist. Die Beschwerdeführerin ist aber nun unstrittig ein Bewilligungswerber im Sinne des Abs. 7 leg. cit., dessen Grundstück an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzt. Geht man weiters davon aus, dass der vorliegende Grundabtretungsanlass (Grundabteilung) erstmalig ist (siehe dazu später), spricht schon der Wortlaut der heranzuziehenden Bestimmungen für die Leistungspflicht der Beschwerdeführerin, weil diese aus Anlass der vorliegenden Grundabteilung unstrittig keine Grundabtretung vorgenommen hat. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene einschränkende Interpretation des Gesetzeswortlautes auf die Anrainer einer bestimmten öffentlichen Verkehrsfläche vermag nicht zu überzeugen; eine derartige Interpretation würde zur Ungleichbehandlung der Bewilligungswerber führen, deren Grundstücke noch nicht an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzen und die deshalb eine Abtretungsverpflichtung trifft, im Verhältnis zu jenen Bewilligungswerbern, deren Grundstücke bereits an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzen. Zwingende sachliche Gründe für eine Bevorzugung der letzteren aus Anlass einer Grundabteilung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen und werden von der Beschwerdeführerin auch nicht vorgebracht (vgl. auch in der Folge die Ausführungen zu Pkt. 2.4.).
2.3. Die Beschwerdeführerin vertritt weiters die Ansicht, bei der Beurteilung als "erstmaliger" Grundabtretungsanlass sei zu prüfen, ob vor Inkrafttreten der Nö BauO 1976 Anlassfälle für eine unentgeltliche Grundabtretung verwirklicht worden seien; entgegen der Ansicht der belangten Behörde hätte die Prüfung jedoch nicht auf den Zeitraum ab Inkrafttreten der Nö BauO 1883 beschränkt werden dürfen. Eine verfassungskonforme Auslegung der Nö BauO 1976 müsse zu dem Ergebnis gelangen, dass jede frühere unentgeltliche Grundabtretung (im vorgeschriebenen Ausmaß) die Vorschreibung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe ausschließe, egal ob sie einem der in § 13 Abs. 1 Nö BauO 1976 erwähnten Tatbestände entspreche oder nicht. Die belangte Behörde hätte also von Amts wegen prüfen müssen, ob irgendwann seit Bestehen der betroffenen Grundstücke aus irgendeinem Anlass Grundstücksteile für die Errichtung einer Verkehrsfläche unentgeltlich abgetreten wurden. Sie hätte insbesondere prüfen müssen, ob im Zuge der Überführung der ursprünglich im Privatbesitz stehenden Straße Anfang des 19. Jahrhunderts in das öffentliche Gut auch Teile der jetzigen Grundstücke Nummern .358 und 274 in das öffentliche Gut übertragen wurden.
Auch hier ist wieder auf den Wortlaut des Gesetzes zu verweisen; danach knüpft - im gegebenen Zusammenhang - die Verpflichtung zur Entrichtung der Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe an das Vorliegen einer Grundabteilung gemäß § 10 Abs. 1 der Nö BauO 1976 an. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin führt eine derartige Interpretation nicht zu gleichheitswidrigen Ergebnissen. Solange ein Grundabtretungsanlass nicht gesetzt wird - und dies steht grundsätzlich im Belieben der Grundeigentümer - entsteht auch keine Verpflichtung zur Entrichtung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe. Erfolgte etwa eine Grundabtretung vor Inkrafttreten der Nö BauO 1976, so kann eine neuerliche Verpflichtung zur Grundabtretung (bzw. zur Entrichtung einer Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe) erst mit Verwirklichung eines diese Pflicht auslösenden Sachverhaltes, einer Grundabteilung, entstehen. Inwieweit aber die Anknüpfung an die Verwirklichung eines neuen (Abgaben)Tatbestandes gleichheitswidrig sein sollte, ist nicht zu erkennen.
Im Beschwerdefall ist die vorliegende Grundabteilung sohin der "erstmalige" Grundabtretungsanlass, weil - unbestritten - vorher noch keine Grundabteilung nach § 10 Abs. 1 Nö BauO 1976 vorgenommen wurde. Ob allenfalls vorher Tatbestände verwirklicht wurden, die nach den damals geltenden Vorschriften Grundabtretungspflichten (oder auch die Pflicht zur Entrichtung von Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe; vgl. § 13 Abs. 3 Nö BauO 1969) auslösten, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
2.4. Die Beschwerdeführerin verweist schließlich noch darauf, dass nach ihrer Ansicht der Gesetzgeber von einem Austauschverhältnis zwischen der Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche, der dazu nötigen (unentgeltlichen) Grundabtretung bzw. Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe und der mit der Errichtung verbundenen Wertsteigerung eines Grundstückes ausgehe. Dies müsse bei verfassungskonformer Interpretation (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 11.466/1987) angenommen werden. Im Beschwerdefall sei keine Wertsteigerung erfolgt, weil das Grundstück einerseits an einer bereits errichteten Verkehrsfläche liege und andererseits die gegenständliche Grundabteilung nicht zum Zwecke der Bauführung erfolgt sei.
Auch hier ist der Beschwerdeführerin wieder der Wortlaut des Gesetzes entgegenzuhalten. Nach § 13 Abs. 7 Nö BauO 1976 ist ein Bewilligungswerber, dessen Grundstück an eine öffentliche Verkehrsfläche grenzt, unter den weiteren dort genannten Voraussetzungen zur Leistung der Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe verpflichtet. Damit hat der Gesetzgeber aber auch jenen Fall geregelt, bei dem eine öffentliche Verkehrsfläche bereits längere Zeit besteht, da eine diesbezügliche Unterscheidung zwischen bereits länger und erst kurz bestehenden öffentlichen Verkehrsflächen nicht vorgenommen wurde. Er hat damit eine eigenständigen Abgabentatbestand geschaffen, der auf eine allfällige Wertsteigerung nicht Bedacht nimmt. Es mag durchaus sein - wie in der Beschwerde zum Ausdruck kommt -, dass mit der Errichtung von Verkehrsflächen typischerweise Wertsteigerungen von Liegenschaften einher gehen und diese mit der vorliegenden Abgabe besteuert werden sollten, doch zieht dies nicht zwingend eine einschränkende Interpretation des umfassender formulierten Abgabentatbestandes nach sich. Überdies ist bei typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass Grundstücke, die an bereits errichteten öffentlichen Verkehrsflächen liegen, dadurch bereits eine Wertsteigerung erfahren haben, die vom Gesetzgeber unter den näher geregelten - nicht unsachlichen - Voraussetzungen mit der vorliegenden Abgabe erfasst werden sollen. Ausnahmefälle, bei denen - wie im Beschwerdefall nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin - eine Wertsteigerung nicht eingetreten ist, können zu keiner anderen Interpretation des Abgabentatbestandes führen und die Beschwerdeführerin nicht von der Verpflichtung zur Leistung der Grundabtretungs-Ausgleichsabgabe befreien.
2.5. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 17. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1997170305.X00Im RIS seit
06.02.2002Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009