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L34001 Abgabenordnung Burgenland;Norm
BauG Bgld 1997 §35 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2001/17/0091 2001/17/0094 2001/17/0093 2001/17/0092Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerden der Stadtgemeinde Oberpullendorf, vertreten durch Radel Stampf Supper Rechtsanwälte OEG in 7210 Mattersburg, Brunnenplatz 5/II/b, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf je vom 28. März 2001,
1. Zl. 02/04-80 (mitbeteiligte Partei: HK, M-Gasse, 7350 Oberpullendorf),
2. Zl. 02/04-81 (mitbeteiligte Partei: JR, M-Gasse, 7350 Oberpullendorf),
3. Zl. 02/04-84 (mitbeteiligte Parteien: E und VW, M-Gasse, 7350 Oberpullendorf),
4. Zl. 02/04-70 (mitbeteiligte Parteien: S und VN, M-Gasse, 7350 Oberpullendorf),
5. Zl. 02/04-72 (mitbeteiligte Partei: SG, M-Gasse, 7350 Oberpullendorf),
sämtliche betreffend Vorstellung i.A. Kostenbeitrag für Aufschließungsmaßnahmen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 62.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheiden vom 12. November 1999 schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde den Mitbeteiligten für näher genannte Grundstücke jeweils Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen in der M-Gasse vor.
Die Mitbeteiligten erhoben gegen diese Abgabenvorschreibungen jeweils Berufung.
Mit Bescheiden des Gemeinderates der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 5. September 2000 wurden diese Berufungen abgewiesen.
Gegen diese Bescheide erhoben die Mitbeteiligten jeweils Vorstellung.
Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde diesen Vorstellungen jeweils Folge, hob die angefochtenen Bescheide des Gemeinderates der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 5. September 2000 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde.
Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen gleich lautend Folgendes aus:
Die Mitbeteiligten hätten in ihren Vorstellungen geltend gemacht, dass es nach den Bestimmungen des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998 (im Folgenden: Bgld BauG 1997), nicht zulässig sei, Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen zu fordern, wenn die letzten Wiederherstellungsmaßnahmen noch keine 25 Jahre zurücklägen. Die letzte Sanierung der M-Gasse sei aber erst vor 23,5 Jahren erfolgt. Dieses Vorbringen der Mitbeteiligten sei zutreffend. Gemäß § 9 Abs. 2 Z 2 Bgld BauG 1997 seien die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates von den Eigentümern der als Bauland gewidmeten Grundstücke (Abgabepflichtige) Beiträge zur Deckung der Kosten für eine Wiederherstellung einer Verkehrsfläche, Teilen derselben und der Straßenbeleuchtung zu erheben, soweit diese Maßnahmen 25 Jahre nach der letzten Herstellung oder Wiederherstellung erfolgt seien. Aus dem Gemeindeakt gehe hervor, dass der Zeitraum zwischen erstmaliger Herstellung und Wiederherstellung der M-Gasse kürzer als 25 Jahre gewesen sei. Da die Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 2 Bgld BauG 1997 nicht eingehalten worden sei, habe der Gemeinderat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde die mit Vorstellung angefochtenen Berufungsbescheide mit Rechtswidrigkeit belastet, weshalb diese aufzuheben gewesen seien.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde erachtet sich erkennbar in ihrem Recht verletzt, nicht die Rechtsansicht überbunden zu erhalten, die Vorschreibung von Kostenbeiträgen für Aufschließungsmaßnahmen sei aus den in den angefochtenen Bescheiden angeführten Gründen unzulässig. Sie macht jeweils Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, die angefochtenen Bescheide aus diesen Gründen aufzuheben.
In Ausführung dieser Beschwerde bringt die beschwerdeführende Stadtgemeinde vor, am 21. März 1997 habe eine ordentliche Sitzung ihres Gemeinderates stattgefunden, aus deren Anlass unter anderem beschlossen worden sei, in der M-Gasse Ausbaumaßnahmen zu planen und auszuschreiben. Am 19. Juni 1997 sei im Rathaus der beschwerdeführenden Stadtgemeinde eine Versammlung der betroffenen Anrainer abgehalten worden, wo diesen das geplante Bauvorhaben vorgestellt worden sei. Zu dieser Versammlung seien die Anrainer persönlich eingeladen worden. Bei der Erörterung des Projektes seien auch ausführlich die damit in Zusammenhang stehenden Kosten releviert worden, wobei den Anrainern in concreto die Einheitssätze genannt worden seien, welche zur Vorschreibung gelangen würden. Bei der Abstimmung über das geplante Bauvorhaben habe sich auch die überwiegende Mehrheit für dessen Durchführung ausgesprochen. Mit Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. August 1997 sei die Vergabe der entsprechenden Aufträge erfolgt.
Nach Beendigung der Bautätigkeit seien die erstinstanzlichen Abgabenvorschreibungen ergangen.
In den Berufungsbescheiden vom 5. September 2000 sei detailliert und ausführlich der konkrete Geschehensablauf im Sinne der obigen Ausführungen wiedergegeben und insbesondere dargetan worden, dass sich die Berufungsbehörde auf die Übergangsbestimmung des § 35 Bgld BauG 1997 stütze, wonach für die am 1. Februar 1998 anhängigen Verfahren betreffend Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen der § 113 der Burgenländischen Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 (im Folgenden: Bgld BauO) in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1993, LGBl. Nr. 11/1994, weiterhin anzuwenden sei. Nach § 18 Abs. 1 Z 2 Bgld BauO in der genannten Fassung sei die Vorschreibung von Kostenbeiträgen für Aufschließungsmaßnahmen aber bereits dann gerechtfertigt, wenn seit der letzten Herstellung oder Wiederherstellung erst 20 Jahre verstrichen seien. Sodann begründet die beschwerdeführende Stadtgemeinde eingehend, weshalb im Hinblick auf die in den Berufungsbescheiden getroffenen Sachverhaltsfeststellungen von einer "Anhängigkeit" des Verfahrens betreffend Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen im Verständnis des § 35 Abs. 3 Bgld BauG auszugehen gewesen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:
§ 3 Abs. 1 der Burgenländischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963 (im Folgenden: Bgld LAO), lautet:
"§ 3. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpft."
§ 9, § 10 und § 35 Bgld BauG 1997 lauten (auszugsweise):
§ 9
Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen
(1) Die Gemeinde hat die notwendigen Aufschließungsmaßnahmen (Herstellung, Wiederherstellung oder Verbreiterung der Verkehrsflächen und Straßenbeleuchtung) insbesondere unter Berücksichtigung des zu erwartenden Verkehrs und der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse zu treffen.
(2) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates von den Eigentümern der als Bauland gewidmeten Grundstücke (Abgabepflichtige) Beiträge zur Deckung der Kosten für nachstehende Aufschließungsmaßnahmen zu erheben:
...
2. zu einer Wiederherstellung der Verkehrsfläche, Teilen der Verkehrsfläche und der Straßenbeleuchtung, soweit diese 25 Jahre nach der letzten Herstellung oder Wiederherstellung erfolgt ist, ...
...
§ 10
Rechtsnatur der Kostenbeiträge,
Verfahren
...
(2) Der Abgabenanspruch entsteht, wenn die von der Gemeinde beschlossenen Aufschließungsmaßnahmen fertig gestellt sind. Das Recht, die Kostenbeiträge gemäß § 9 vorzuschreiben, verjährt binnen fünf Jahren.
...
§ 35
Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen
(1) Dieses Gesetz tritt mit 1. 2. 1998 in Kraft.
(2) Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes treten folgende Rechtsvorschriften außer Kraft:
1. Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 in der Fassung LGBl. Nr. 11/1994
...
(3) Für die am 1. 2. 1998 anhängigen Verfahren betreffend Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen ist § 113 Burgenländische Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 11/1994, weiterhin anzuwenden."
§ 18, § 21 und § 113 Bgld BauO in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1993, LGBl. Nr. 11/1994, lauteten (auszugsweise):
"§ 18
Tragung der Kosten für Aufschließungsmaßnahmen
(1) Die Gemeinde hat die von ihr zu errichtenden öffentlichen Verkehrsflächen oder Teile von Verkehrsflächen einschließlich der Straßenbeleuchtung in einer unter Berücksichtigung der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse nach den örtlichen Erfordernissen zu bestimmenden Ausführung herzustellen oder zu verbreitern. Zu den Kosten, die der Gemeinde daraus erwachsen, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Beiträge zu leisten:
...
2. zu einer Wiederherstellung, soweit diese wegen des schlechten Zustandes notwendig ist und frühestens 20 Jahre nach der letzten Herstellung erfolgt, ...
(2) Zur Bemessung der Beiträge hat der Gemeinderat durch Verordnung einmal im Kalenderjahr Einheitssätze für jeden der unter Z 1 bis 4 genannten Teile der Verkehrsflächen getrennt festzustellen. Diese dürfen jeweils die halben Durchschnittskosten für die erstmalige Herstellung eines Laufmeters
1. des Unterbaues einer 3 m breiten mittelschweren befestigten Fahrbahn einschließlich Oberflächenentwässerung;
2.
einer 3 m breiten Straßendecke;
3. eines 1,5 m breiten Gehsteiges sowie
4. einer Straßenbeleuchtung nicht übersteigen.
...
§ 21
Rechtsnatur der Kostenbeiträge, Verfahren
...
(2) Der Abgabenanspruch entsteht,
...
3. im Falle der Wiederherstellung nach dem Eintritt
der Rechtskraft der Bauplatzerklärung (Baubewilligung) oder nach Inkrafttreten der Baulandwidmung mit der Beschlussfassung des Gemeinderates über diese Maßnahme, frühestens jedoch mit Ablauf von 20 Jahren nach rechtskräftiger Vorschreibung eines Kostenbeitrages für die Erstherstellung oder Wiederherstellung der Verkehrsfläche;
...
§ 113
Wenn der Beschluss des Gemeinderates über die Erstherstellung, Wiederherstellung oder Verbreiterung einer öffentlichen Verkehrsfläche nach § 18 Abs. 1 in der vor Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 1993 geltenden Fassung gefasst und noch kein Kostenbeitrag nach den Bestimmungen der §§ 18, 20, 21 und 22 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 13/1970, rechtskräftig vorgeschrieben wurde, besteht eine Kostenbeitragspflicht gemäß den §§ 18, 21 und 22 in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1993, wobei der Abgabenanspruch mit deren Inkrafttreten entsteht. Kostenbeiträge, die nachweislich geleistet wurden, obwohl keine Leistungspflicht nach den Bestimmungen dieses Gesetzes bestand, sind auf diesen Kostenbeitrag in der Höhe des tatsächlich geleisteten Betrages anzurechnen."
Vorauszuschicken ist zunächst, dass in den angefochtenen Vorstellungsbescheiden die Begründung der mit Vorstellung angefochtenen Berufungsbescheide des Gemeinderates der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 5. September 2000 nicht wiedergegeben ist. Die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten sind auch insofern unvollständig, als die den Vorstellungsbescheiden zu Grunde liegenden Berufungsbescheide im Vorstellungsakt nicht enthalten sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher gemäß § 38 Abs. 2 VwGG bei seinen folgenden Überlegungen von der Richtigkeit der - in der Gegenschrift der belangten Behörde im Übrigen unbestrittenen - Behauptungen der Beschwerden über den Inhalt der Berufungsbescheide vom 5. September 2000 aus.
Demnach hat die Berufungsbehörde ihre Abgabenvorschreibung nicht auf das Bgld BauG 1997, sondern, in Anwendung der Übergangsvorschrift des § 35 Abs. 3 leg. cit., auf die Bgld BauO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994, insbesondere auf deren § 18 Abs. 1 Z 2, gestützt. Die Bestimmungen des letztgenannten Gesetzes hielt die Berufungsbehörde insbesondere deshalb für anwendbar, weil das Verfahren betreffend Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen ihres Erachtens am 1. Februar 1998 anhängig war.
Mit dieser Frage setzen sich die angefochtenen Vorstellungsbescheide, die ohne nähere Begründung von der Anwendbarkeit des Bgld BauG 1997 ausgehen, nicht auseinander. Die Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde, dass ein Eingehen auf diese Frage nicht erforderlich gewesen wäre, gehen insofern fehl, als die Beurteilung, ob die Vorstellungswerber in subjektiven Rechten verletzt wurden, zunächst die Prüfung der Frage voraussetzte, welche Rechtslage in den zugrunde liegenden Abgabeverfahren anzuwenden ist.
Die Frage, ob am 1. Februar 1998 die hier gegenständlichen Verfahren betreffend Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen im Sinne des § 35 Abs. 3 Bgld BauG 1997 anhängig waren, kann jedoch aus folgenden Überlegungen dahingestellt bleiben:
Gemäß § 3 Abs. 1 Bgld LAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpft.
Nach den Feststellungen des Berufungsbescheides hat der Gemeinderat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde am 21. März 1997 die in Rede stehenden Wiederherstellungsmaßnahmen beschlossen. Der in diesem Zeitpunkt in Kraft gestandene § 21 Abs. 2 Z 3 Bgld BauO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994 sah für diesen Fall das Entstehen des Abgabenanspruches (mit der im letzten Halbsatz dieser Bestimmung enthaltenen Einschränkung) vor.
Nach dem Vorgesagten war es daher nicht ausgeschlossen, dass noch unter der Geltungsdauer der Bgld BauO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994 ein Abgabenanspruch der beschwerdeführenden Stadtgemeinde nach § 18 leg. cit. gegenüber den Mitbeteiligten entstanden wäre.
Das Außerkrafttreten der Bgld BauO in dieser Fassung gemäß § 35 Abs. 1 und 2 Bgld BauG 1997 am 1. Februar 1998 stünde in Ermangelung gegenteiliger Übergangsbestimmungen der Bemessung eines nach § 18 und § 21 Bgld BauO in der Fassung LGBl. Nr. 11/1994 bereits entstandenen Abgabenanspruches nicht entgegen, weil dann, wenn materiell-rechtliche Steuergesetze keine besondere Anordnung über ihren zeitlichen Anwendungsbereich (zeitlichen Rechtsbedingungsbereich) enthalten, bei Erlassung von Steuerbescheiden grundsätzlich jene Rechtslage maßgebend ist, unter deren zeitlicher Geltung der Abgabentatbestand verwirklicht wurde, mit anderen Worten jene Rechtslage, die in dem Zeitraum gilt oder gegolten hat, in welchem sich der abgabenrechtlich relevante Sachverhalt verwirklicht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1996, Zl. 93/17/0261).
Übergangsvorschriften dieser Art sind für den vorliegenden Fall auch nicht dem § 35 Abs. 3 Bgld BauG 1997 (e contrario) zu entnehmen:
Diese Bestimmung trifft nach ihrem klaren Wortlaut lediglich eine Sonderregelung in Ansehung der Anwendbarkeit des § 113 Bgld BauO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994, und zwar dergestalt, dass diese Bestimmung für die am 1. Februar 1998 anhängigen Verfahren weiterhin anzuwenden ist. Es mag nun zutreffen, dass aus dieser Anordnung der Gegenschluss gezogen werden muss, § 113 Bgld BauO sei auf Verfahren, die am 1. Februar 1998 (noch) nicht anhängig sind, nicht anzuwenden.
Diese Frage kann hier aber dahingestellt bleiben, weil § 113 Bgld BauO idF LGBl. Nr. 11/1994 keine Regelung enthält, welche die hier maßgebliche Sachverhaltskonstellation betrifft. Die in Rede stehende Gesetzesbestimmung bezieht sich nämlich nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausschließlich auf Fälle, in denen der Beschluss des Gemeinderates über die Aufschließungsmaßnahmen, hier über die Wiederherstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche, vor Inkrafttreten der am 10. Februar 1994 ausgegebenen Bauordnungsnovelle 1993, LGBl. Nr. 11/1994, gefasst wurde und ordnet in diesen Fällen die Anwendbarkeit der Bestimmungen der §§ 18, 21 und 22 Bgld BauO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994 an.
Im hier gegenständlichen Fall erfolgte aber die Beschlussfassung betreffend die Wiederherstellung nach Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 11/1994. Die Frage der (weiteren) Anwendbarkeit des § 113 Bgld BauO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994 stellt sich daher hier nicht.
Im Zweifel ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit § 35 Abs. 3 Bgld BauG 1997, und zwar kraft eines allgemeinen Gegenschlusses aus dieser Übergangsnorm, auch in Ansehung anderer Abgabentatbestände der Bgld BauO als jenem ihres § 113 ein Abgehen vom Grundsatz der Zeitbezogenheit anordnen wollte. Hätte der Landesgesetzgeber etwa für jene Fälle, in denen der Beschluss des Gemeinderates nach dem Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 1993, aber vor Inkrafttreten des Baugesetzes 1997 gefasst wurde, eine analoge Durchbrechung des Grundsatzes der Zeitbezogenheit anordnen wollen, wie sie § 113 BauO idF der Novelle 1993 für den damaligen Rechtsübergang enthielt, hätte er anordnen können, dass bereits anhängige Verfahren zur Vorschreibung der Abgabe auf Grund derartiger Beschlüsse nach der neuen Rechtslage zu Ende zu führen sind. § 35 Abs. 3 Bgld BauG kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er über den Wortlaut des verwiesenen § 113 BauO hinausgehend, der sich ausschließlich auf Tatbestände, die sich vor der Bauordnungsnovelle 1993 ereignet haben, bezieht, auch in Fällen, in denen die Abgabe auf Grund von Beschlüssen des Gemeinderates bis 31. Jänner 1998 vorgeschrieben werden soll und in denen ein Verfahren am 1. Februar 1998 noch nicht anhängig war, die Anwendung der "neuen Rechtslage" (des Baugesetzes 1997) anordnen wollte.
Nach dem Vorgesagten hätte die belangte Behörde im Hinblick auf die in den angefochtenen Berufungsbescheiden getroffene Feststellung, wonach die in Rede stehenden Wiederherstellungsmaßnahmen am 21. März 1997 beschlossen wurden, zu prüfen gehabt, ob die Abgabenvorschreibung der Gemeindebehörden in §§ 18 und 21 Bgld BauO idF LGBl. Nr. 11/1994 Deckung findet.
Indem sie diese Rechtslage verkannte, belastete die belangte Behörde die angefochtenen Vorstellungsbescheide mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und verletzte die beschwerdeführende Stadtgemeinde in ihrem als Beschwerdepunkt formulierten Recht. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 17. September 2001
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001170090.X00Im RIS seit
12.02.2002Zuletzt aktualisiert am
10.08.2009