RS UVS Tirol 2005/04/14 2005/K6/0212-2

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Veröffentlicht am 14.04.2005
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Rechtssatz

Strittig ist im gegenständlichen Fall insbesondere die Frage, inwieweit die per Mobiltelefon vom Straßenaufsichtsorgan ausgesprochene Aufforderung, einen Alkotest durchzuführen, beim Berufungswerber die Verpflichtung nach sich zog, diesen Test tatsächlich durchzuführen. (Die zwischen dem Lenkzeitpunkt und der Aufforderung verstrichene Zeitdauer von ca. 5 Stunden macht die Aufforderung per se nicht unzulässig.)

 

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das Gesetz nicht vorschreibt, in welcher Form ein Begehren nach § 5 Abs 2 StVO zu ergehen hat, sofern nur die entsprechende Deutlichkeit des Begehrens gegeben ist. Der Umstand, dass das Begehren nicht unmittelbar (von Angesicht zu Angesicht mit ?Blickkontakt?) an die als Lenker verdächtigte Person gerichtet wird, vermag der Verbindlichkeit der Aufforderung keinen Abbruch zu tun (vgl VwGH vom 27.4.2000, Zahl 99/02/0292).

 

Im vorgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine Aufforderung zur Durchführung eines Alkotests über eine Haussprechanlage grundsätzlich zulässig ist. Ausgehend davon bestehen aus der Sicht der Berufungsbehörde keine Bedenken dahingehend, dass eine Aufforderung zum Alkomattest zulässigerweise auch per Handy ausgesprochen werden kann. Der dem zitierten VwGH-Erkenntnis zugrunde gelegene Fall unterscheidet sich jedoch vom gegenständlichen insofern wesentlich, als es vor der Aufforderung unter Verwendung der Haussprechanlage zu einer Anhaltung des Lenkers, einer anschließenden Kontrolle durch Polizeibeamte gekommen ist und sich dann der Kontrollierte unter Zurücklassung seines Führerscheines in seine Wohnung begeben hat.

 

Im gegenständlichen Fall kam es vor der Aufforderung zum Alkotest zu keiner persönlichen Kontaktaufnahme zwischen den Organen der Straßenaufsicht und dem Berufungswerber. Vielmehr lag zwischen dem Unfallszeitpunkt und der Aufforderung zum Alkotest ein Zeitraum von ca. 5 Stunden und war der Aufenthaltsort des Berufungswerbers zum Zeitpunkt der telefonischen Aufforderung, anders als im vorher erwähnten Fall, in welchem die Aufforderung unter Verwendung der Haussprechanlage ausgesprochen wurde, nicht bekannt. Eine derartige Konstellation wirft jedoch in mehrfacher Hinsicht Probleme auf.

 

Eine Aufforderung zum Alkotest setzt nach Maßgabe des § 5 Abs 2 StVO voraus, dass ? sofern nicht ein Alkotest im unmittelbaren Anschluss an das Lenken an Ort und Stelle erfolgt ? die aufgeforderte Person verdächtig ist, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben. Eine Aufforderung mittels Mobiltelefon ohne vorhergehende persönliche Kontaktnahme erweist sich schon im Hinblick auf die Feststellung der Identität der Verdachtsperson als problematisch. Dazu kommt, dass diesfalls auch das Feststellen von Umständen, wonach sich die Verdachtsperson zum Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, erheblich erschwert ist. Personenbezogene Alkoholisierungssymptome, die lediglich visuell oder mit Hilfe des Geruchsinnes wahrgenommen werden können (wie zB gerötete Bindehäute, schwankender Gang, Alkoholgeruch), scheiden als Kriterien aus. Die Heranziehung der Sprache als Verdachtsmoment für eine Alkoholisierung  erscheint vor dem Hintergrund unterschiedlicher Übertragungsqualitäten bei Telefonaten im Mobiltelefonnetz nur eingeschränkt möglich. Im gegenständlichen Fall wurde die Sprache des Berufungswerbers vom Gendarmeriebeamten als ?verändert? bezeichnet (er habe ?langsam gesprochen? und die Antworten seien ?mehr oder weniger verzögert? gewesen), wobei der Gendarmeriebeamte auch einräumte, mit dem Berufungswerber vorher noch nie einen Kontakt gehabt zu haben.

 

Das Bekanntsein des Standortes des Aufgeforderten erweist sich auch zur Beurteilung der Berechtigung Straßenaufsichtsorganes zur Aufforderung und Durchführung des Alkotestes, aber auch zur Beurteilung der Verpflichtung des Aufgeforderten zur Durchführung desselben als erforderlich. Gemäß § 27 Abs 3 VStG sind nämlich Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bezüglich der Durchführung von Amtshandlungen grundsätzlich auf die die Grenzen ihres Sprengels beschränkt und dürfen diese nur unter den in der genannten Bestimmung eng umschriebenen Voraussetzungen überschreiten. Darüber hinaus sind gemäß § 2 Abs 1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine im Ausland begangene Verweigerung einer Aufforderung zum Alkotest bleibt daher nach inländischen Vorschriften straflos.

 

Eine Tat wird dort begangen, wo der Täter gehandelt hat oder handeln hätte sollen. Dies ist bezogen auf den gegenständlichen Fall jedoch ? anders als die Erstbehörde vermeint ? nicht jener Ort, wo sich der zum Alkotest auffordernde Gendarmeriebeamte zum Zeitpunkt der Durchführung des Telefonats mit dem Berufungswerber befand, sondern jener, wo sich der Berufungswerber während dieses Gesprächs aufhielt (vgl idZ VwGH vom 4.6.2004, Zahl 2004/02/0073, aber auch vom 25.2.2004, Zahl 2003/03/0284, wonach bei Übermittlung unerlaubter E-Mails nicht der Empfangsort als Tatort angesehen werden kann).

 

Aus der zu § 103 Abs 2 KFG ergangenen Rechtsprechung ist in diesem Zusammenhang nichts zu gewinnen, zumal es bei der Erfüllung der Lenkerauskunft nach der genannten Bestimmung auf eine bloße Mitteilung ankommt, während es bei der hier in Rede stehenden Verpflichtung um eine umfassende Mitwirkung zur Feststellung einer Alkoholbeeinträchtigung geht. Diese Mitwirkungsverpflichtung kann sich jedoch nur auf den Ort beziehen, wo sich der zum Alkotest Aufgeforderte befindet.

 

Dem Aufenthaltsort des zu einem Alkotest Aufgeforderten kommt auch im Zusammenhang mit der Frage der Zumutbarkeit der Erfüllung dieser Verpflichtung entscheidende Bedeutung zu. Gemäß § 5 Abs 4 StVO dürfen Personen, deren Atemluft auf Alkoholgehalt untersucht werden soll (Abs 2), zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehaltes nur zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, gebracht werden. Damit kommt zum Ausdruck, dass eine Person, die im Verdacht steht, ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, zur Feststellung des Alkoholisierungsgrades nicht jede Rechtseinschränkung dulden muss. Die sich aus § 5 Abs 2 StVO ergebende Mitwirkungsverpflichtung der verdächtigen Person geht zwar grundsätzlich sehr weit, sie ist jedoch nicht schrankenlos. Ob im Einzelfall die Durchführung des Alkotestes auch zumutbar ist, hängt auch von den örtlichen Verhältnissen ab. Ist jener Ort, an welchem die Verdachtsperson zum Handeln verpflichtet war, gänzlich unbekannt, so lässt sich auch die Frage der Zumutbarkeit nicht verlässlich beantworten.

Zusammengefasst kann daher die Aufforderung zur Durchführung eines Alkotests per Telefon nicht grundsätzlich als unzulässig angesehen werden. Da jedoch im gegenständlichen Fall der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Berufungswerber keine visuelle Kontaktaufnahme vorangegangen ist und der Standort des Berufungswerbers zum Zeitpunkt des Telefonats (mehr als 5 Stunden nach dem Lenkzeitpunkt) auch nicht ansatzweise eingrenzbar war, ist die Erstbehörde zu Unrecht von einer Verweigerung der Überprüfung der Atemluft ausgegangen.

Schlagworte
Aufforderung, zur Durchführung, eines, Alkotests, per, Telefon
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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