TE Vwgh Beschluss 2001/9/18 2001/17/0067

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Veröffentlicht am 18.09.2001
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/17/0068

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über den Antrag des PF in Wien, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (Zl. 2001/17/0067) und die Beschwerde desselben gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Juli 2000, Zl. IVW3-BE-4060901/003-99, betreffend Wassergebühren (Zl. 2001/17/0068), den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Obmannes des Wasserleitungsverbandes der Triestingtal- und Südbahngemeinden vom 22. Juli 1997 die Zahlung von Wassergebühren für die Verbrauchsperiode vom 24. Juni 1995 bis 1. Juli 1996 sowie für die Verbrauchsperiode vom 2. Juli 1996 bis 24. Juni 1997 vorgeschrieben. Eine Berufung des Beschwerdeführers wurde abgewiesen, die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den abweisenden Berufungsbescheid wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Juli 2000 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2000 beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 10. November 2000, B 1306/00-8, wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag ab, weil eine Rechtsverfolgung durch Beschwerdeführung als offenbar aussichtslos erscheine, zumal sogar die Ablehnung der Beschwerdebehandlung zu gewärtigen sei. Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 16. November 2000 zugestellt.

Mit einer Eingabe vom 24. November 2000 erhob der Beschwerdeführer "Rekurs - Berufung" gegen diesen Beschluss und führte aus: "Unrichtige Rechtsmittelbelehrung, da für Berufung kein Anwaltszwang besteht".

Mit Beschluss vom 14. Dezember 2000, B 1306/00-15, wies der Verfassungsgerichtshof die Eingabe des Beschwerdeführers als unzulässig zurück, da gegen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes und somit auch gegen seine Beschlüsse kein Rechtsmittel zulässig sei.

Mit Eingabe vom 12. Dezember 2000 hatte der Beschwerdeführer weiters einen Antrag "auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" gestellt. Mit Beschluss vom 26. Februar 2001, B 1306/00-18, wies der Verfassungsgerichtshof die Eingabe, "da beide Anträge unzulässig sind", zurück.

Mit Schreiben vom 6. April 2001 erhob der Beschwerdeführer nunmehr Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Juli 2000 und stellte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist.

Abgesehen von der im Anschluss an diesen Antrag enthaltenen Wendung "Nichterteilung der Verfahrenshilfe" wird unter der Überschrift "Begründung" zu diesem Antrag nur ausgeführt:

"Durch Beschluss des Verfassungsgerichtshofes v. 26.2.01, hinterlegt am 27.3.01, habe ich erst erfahren, dass der Verfassungsgerichtshof nicht zuständig ist."

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat, ausgehend von der Auslegung des Begriffes "Ereignis" im Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. März 1976, Slg. Nr. 9024/A, in jüngerer Zeit wiederholt die Auffassung vertreten, auch ein Rechtsirrtum könne als Wiedereinsetzungsgrund in Betracht kommen und es sei, wenn ein solcher Irrtum als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht werde, im Einzelfall die Verschuldensfrage zu prüfen (vgl. dazu im Einzelnen den hg. Beschluss vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0253, und die dort angeführte Judikatur).

Im vorliegenden Fall beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass er erst durch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 2001 erfahren habe, dass dieser nicht zuständig sei.

Diese Beurteilung durch den Beschwerdeführer ist insoweit unzutreffend, als sich der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 2001 nicht auf eine Beschwerde gegen einen angefochtenen Bescheid bezog, sondern auf den vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom 12. Dezember 2000 gestellten "Antrag auf Abtretung" an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser Antrag bezog sich nicht auf die Abtretung einer Beschwerde. Der Beschwerdeführer hatte zunächst einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gestellt. Nach Abweisung dieses Antrages hat der Beschwerdeführer keine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, sondern die oben erwähnten Anträge vom 12. und 14. Dezember 2000 eingebracht. Der Antrag auf Abtretung bezog sich somit nicht auf eine beim Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde und wurde aus diesem Grund vom Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen. Durch die Zustellung dieser Zurückweisung wurde dem Beschwerdeführer somit nicht etwa bekannt, dass der Verfassungsgerichtshof nicht für eine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zuständig sei, sondern lediglich bekannt, dass der Verfassungsgerichtshof nicht für Abtretungsanträge zuständig ist, welche sich nicht auf eine konkrete, beim Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde beziehen. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über seine Zuständigkeit zur Entscheidung über eine Beschwerde gegen den anzufechtenden Bescheid (und nunmehr zur hg. Zl. 2001/17/0068 angefochtenen Bescheid) liegt in Ermangelung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde nicht vor.

Der Beschwerdeführer hätte einerseits bereits ursprünglich neben seinem Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einen gleichartigen Antrag an den Verwaltungsgerichtshof richten können oder aber eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einbringen können. Nach Abweisung seines Verfahrenshilfeantrages hätte er auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erheben können. Dass er keine dieser Möglichkeiten gewählt hat, stellt kein Ereignis dar, welches auf einem minderen Grad des Versehens beruhen würde. Der Beschwerdeführer hat nichts dargetan, was ihn daran gehindert hätte, innerhalb der für alle Rechtsunterworfenen geltenden Fristen eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Insofern ist der (mit dem vorliegenden Antrag der Sache nach geltend gemachte) Rechtsirrtum nicht als auf einem minderen Grad des Versehens beruhend anzusehen. Insbesondere hätte sich der Beschwerdeführer in geeigneter Weise beraten lassen können bzw. über die Wirkungen der Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes bei Rechtskundigen informieren können (vgl. in diesem Sinne hinsichtlich der Information betreffend die Wirkung von Bescheiden das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1998, Zl. 97/06/0056).

Wählt ein Beschwerdeführer den Weg, zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben und allenfalls den Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu stellen, so hat er die hiefür erforderlichen Schritte beim Verfassungsgerichtshof zu setzen. Erfolgt dies nicht, so kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass die Unterlassung der ordnungsgemäßen Stellung von Anträgen bzw. der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde, an den Verfassungsgerichtshof lediglich einen minderen Grad des Versehens darstellen.

Es besteht daher kein Anlass zur Annahme, dass die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall lediglich auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen wäre.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher nicht stattzugeben.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein - keinem weiteren Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers dienlicher - Auftrag zur Verbesserung des im Fehlen der Unterschrift eines Rechtsanwaltes gelegenen Mangels des Wiedereinsetzungsantrages.

Im Hinblick auf die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages erweist sich die mit dem Schriftsatz vom 6. April 2001 erhobene Beschwerde als verspätet. Sie war daher - ohne dass es eines Verbesserungsverfahrens wegen der Nichterfüllung

der Vorschriften über die Form und Inhalt der Beschwerden bedurft hätte - als verspätet zurückzuweisen.

Wien, am 18. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001170067.X00

Im RIS seit

12.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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