RS UVS Oberösterreich 2005/06/21 VwSen-160627/2/Br/Wü

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 21.06.2005
beobachten
merken
Rechtssatz

Es ist unstrittig, dass § 103 Abs.1 KFG auch die Pflicht des Zulassungsbesitzers normiert, alle ihm zumutbaren Maßnahmen vorzukehren um die Verwendung eines nicht den Vorschriften entsprechenden Fahrzeuges im öffentlichen Verkehr durch Dritte zu verhindern. Dies kann jedoch nicht unter Außerachtlassung jeglicher lebenspraktischer und sozialadäquater Betrachtungen erfolgen, die in der Mitberücksichtigung der primären Verantwortlichkeit des Lenkers als jene Person, welche primär für die unmittelbare Beschaffenheit des Fahrzeuges die Verantwortung trägt, gesehen werden müssen. Es würde wohl jedes vernünftige Maß an zumutbarer Kontrollmaßnahme eines Zulassungsbesitzers überspannen, würde man auch diesen für einen Mangel, welcher typischer Weise mit dem Fahrzeugbetrieb einhergeht - etwa das Ausbrennen einer Glühbirne - und außerhalb jeglicher räumlichen Zugriffssphäre des Berufungswerbers liegt, verantwortlich erachten.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist. Eine solche, der Lebenserfahrung Rechnung tragende Regelung ist nicht von vornherein durch Art 6 Abs.2 EMRK ausgeschlossen. An dieser Stelle ist auch anzumerken, dass hier bereits mit der Bestrafung des Lenkers der staatliche Strafanspruch weitestgehend befriedigt gesehen werden kann.

Wenn der Behörde erster Instanz in diesem Fall die für den gewerblichen Verkehr entwickelte sogenannte "Kontrollsystemjudikatur" (s. unter vielen VwGH 24.1.1997, 96/02/0489) die Grundlage der Bestrafung gebildet haben sollte, kann dieser mit dem Hinweis auf das Ergebnis einer dem Strafrecht fremden Erfolgshaftung nicht gefolgt werden. Es kann von einem Zulassungsbesitzer der einem nicht bei ihm wohnhaften Familienangehörigen ein Fahrzeug überlässt nicht gleichsam eine lückenlose Überwachung zugesonnen werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten