Index
E3R E03102000;Norm
31985R2220 Sicherheiten landwirtschaftliche Erzeugnisse Art29 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des HD in Salzburg, vertreten durch Rechtsanwälte Müller & Partner in 5010 Salzburg, Mozartplatz 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 25. Mai 2001, Zl. 66.423/9-VI/6/01, betreffend Abweisung von Anträgen auf Erteilung einer Nachsicht vom Verfall einer geleisteten Sicherheit für eine Einfuhrlizenz sowie Zurückweisung eines Antrages auf Aussetzung des Vollzuges eines erstinstanzlichen Bescheides betreffend den Verfall einer solchen Sicherheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus den Verfahren zu den hg. Zlen. 2000/17/0139 und 2001/17/0065, sowie weiters aus der gegenständlichen Beschwerde und den angeschlossenen Urkunden, insbesondere dem angefochtenen Bescheid, ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Hinsichtlich der Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom 27. November 2000, Zl. 2000/17/0139, zu verweisen. Hier sei insbesondere Folgendes hervorgehoben:
Der Beschwerdeführer, Ing. HD, ist Inhaber eines Handelsunternehmens mit der nicht protokollierten Bezeichnung "Fa. D".
Eine Rechtsperson mit der Bezeichnung "Fa. D HandelsgesmbH" oder mit der Bezeichnung "Ing. HD HandelsgesmbH" existiert nach der Aktenlage demgegenüber nicht.
Mit Erledigung des Vorstandes des Geschäftsbereiches II der AMA vom 30. Jänner 1996 wurde der "Ing. HD HandelsgesmbH" eine Einfuhrlizenz für den Import von 1000 t Basmatireis erteilt. Als Gesamtbetrag der zu leistenden Sicherheit wurden S 2,048.133,10 festgelegt. Die Dauer der Lizenz war bis 30. April 1996 befristet.
Mit einer an die "Ing. HD HandelsgesmbH" gerichteten Erledigung des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom 28. August 1996 wurde die für diese Lizenz erbrachte Sicherstellung entsprechend dem Ausmaß der Nichtausnützung der Bewilligung von 851.880 kg in einer Höhe von S 1,642.356.97 gemäß Art. 33 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 für verfallen erklärt. Gleichzeitig wurde die Adressatin aufgefordert, den verfallenen Betrag binnen einer Frist von höchstens 30 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides mittels beiliegenden Erlagscheines zu zahlen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, auch unter der Bezeichnung "Firma D" (in einer auf dieser Eingabe angebrachten Firmenstampiglie) am 9. September 1996 Berufung, in welcher er insbesondere vorbrachte, er habe die Lizenz im gegenständlichen Umfang lediglich deshalb beantragt, weil er angenommen habe, bloß 5 - 10 % der beantragten Menge bewilligt zu erhalten.
Am 7. Juni 1999 richtete der Beschwerdeführer an die belangte Behörde einen Antrag, welcher auszugsweise wie folgt lautet:
"Anlässlich meiner jüngst erfolgten Rückfrage bei den zuständigen Bundesstellen in Wien zu meinem Antrag, von der Einziehung der Sicherheit im Zusammenhang mit einem Anfang 1996 erfolgten Reis Import abzusehen, erhielt ich einen Hinweis, meine seinerzeitige Eingabe könne nur als Berufung gewertet werden, die Gewährung einer Nachsicht würde jedoch einen eigenen Antrag voraussetzen. Um nun auch dieses Erfordernis zu erfüllen, stelle ich somit ergänzend zu meinen früheren Eingaben den formellen Antrag
auf Erteilung einer Nachsicht gem. §§ 235 und 236 der Bundesabgabenordnung, das heißt auf Einstellung bzw. Verzicht der Einziehung der mir Anfang 1996 auferlegten Sicherstellung. ..."
Sodann führte der Beschwerdeführer Billigkeitserwägungen als Gründe für seinen Antrag an. Schlussendlich wiederholte er auch dort sein Berufungsvorbringen, wonach er mit der Erteilung der Lizenz im gesamten beantragten Ausmaß nicht gerechnet habe.
Mit einer an die "Fa. D HandelsgesmbH" gerichteten Erledigung der belangten Behörde vom 1. Oktober 1999 wies diese die Berufung der "Firma D" gegen die Erledigung der erstinstanzlichen Behörde vom 28. August 1996 als unbegründet ab. Gleichzeitig wies sie den Antrag der "Firma D" vom 7. Juni 1999 auf Erteilung einer Nachsicht gemäß den §§ 235 und 236 BAO als unzulässig zurück.
Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Diese Beschwerde wurde mit hg. Beschluss vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/17/0433-3, zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die angefochtene Erledigung sei an die "Fa. D HandelsgesmbH" gerichtet. Nach dem Beschwerdevorbringen sei der Beschwerdeführer Einzelkaufmann. Die in der angefochtenen Erledigung als Empfängerin bezeichnete Gesellschaft mit beschränkter Haftung existiere nicht. Daraus folge aber, dass ein Bescheid gegenüber dem Beschwerdeführer nicht erlassen worden sei. Die Zustellung der Erledigung an das nach dem Beschwerdevorbringen nicht existierende rechtliche Gebilde "Fa. D HandelsgesmbH" entfalte keine Rechtswirkungen. Dem Beschwerdeführer mangle es daher an der Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gegen diese Erledigung.
Daraufhin erließ die belangte Behörde am 6. Juni 2000 einen Bescheid, mit welchem einerseits die Berufung der "Fa. D" gegen "den erstinstanzlichen Bescheid" vom 28. August 1996 und der Antrag der "Fa. D" vom 7. Juni 1999 auf Erteilung einer Nachsicht gemäß den §§ 235 und 236 BAO als unzulässig zurückgewiesen wurden.
Gegen diesen Bescheid richtete sich die zur hg. Zl. 2000/17/0139 protokollierte Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Mit dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 27. November 2000, Zl. 2000/17/0139, wurde die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung gegen die Erledigung der Agrarmarkt Austria vom 28. August 1996 richtete, als unbegründet abgewiesen. Demgegenüber wurde der Bescheid vom 6. Juni 2000 in Ansehung der Zurückweisung des Antrages auf Erteilung einer Nachsicht wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof führte in diesem Zusammenhang insbesondere aus, über den dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Antrag vom 7. Juni 1999 hätte die AMA als erstinstanzliche Behörde zu entscheiden gehabt.
Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der AMA vom 8. November 2000 wurde die in Rede stehende Einfuhrlizenz dahingehend berichtigt, dass die Eintragung in Feld 4 (Lizenzinhaber) nunmehr auf den Beschwerdeführer zu lauten habe. Weiters wurde die durch diese Lizenz festgelegte Sicherheit in der Höhe von S 2,048.133,10 für den darin bewilligten Import von 1 Mio kg Basmatireis, entsprechend der im Ausmaß von 851.880 kg nicht ausgenützten Bewilligung in der Höhe von S 1,642.356,97 für verfallen erklärt und der Beschwerdeführer gemäß Art. 29 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2220/85 aufgefordert, den Verfallsbetrag zur Einzahlung zu bringen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 20. November 2000 Berufung, in welcher neben der Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides die Einziehung oder Annullierung der in Rede stehende Lizenz (allenfalls durch die erstinstanzliche Behörde) beantragt wurde. Hilfsweise wurde der Antrag gestellt auszusprechen, dass hinsichtlich der Menge, die infolge höherer Gewalt nicht habe eingeführt werden können, die Verpflichtung zur Einfuhr erlösche und die Sicherheit freigegeben werde.
Diese Berufung verband der Beschwerdeführer weiters mit einem "Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO", hilfsweise mit einem (neuerlichen) Nachsichtsantrag gemäß §§ 235 und 236 BAO. In diesem Antrag machte er neuerlich eine Unbilligkeit der Einhebung geltend.
Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der AMA vom 12. Februar 2001 wies dieser die Anträge des Beschwerdeführers vom 7. Juni 1999 und vom 20. November 2000 auf Erteilung einer Nachsicht gemäß § 235 und § 236 BAO vom Verfall der für die in Rede stehende Lizenz geleisteten Sicherheit ab (Spruchpunkt 1. dieses Bescheides), gleichzeitig wies die erstinstanzliche Behörde den Antrag vom 20. November 2000 auf Aussetzung des Vollzuges gemäß § 212a BAO zurück.
Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, in Lizenzangelegenheiten sei das AVG und nicht die BAO anzuwenden. Dem AVG sei jedoch ein Rechtsinstitut der Nachsicht aus Billigkeitsgründen fremd. Schon aus diesem Grund sei den auf § 235 und § 236 BAO gestützten Anträgen der Erfolg zu versagen gewesen.
Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten wollte, das Rechtsinstitut der Nachsicht wäre per Analogie anzuwenden, hätte der Antrag keine Aussicht auf Erfolg. Im Hinblick auf die gegen den Bescheid vom 8. November 2000 anhängige Berufung sei der Verfall nämlich noch nicht in rechtswirksamer Weise angeordnet. Überdies sähen die einschlägigen Bestimmungen des Europarechts, nämlich Art. 36 und 37 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 lediglich für Fälle höherer Gewalt vor, dass bei Nichtausnutzung der Lizenz kein Verfall der Sicherheit auszusprechen sei. Selbst wenn man daher das Vorbringen in den Berufungen des Beschwerdeführers vom 9. Juni 1999 und vom 20. November 2000 in Richtung der Anerkennung eines Falles höherer Gewalt umdeuten wollte, gelangte man zu keinem anderen Ergebnis, wie die erstinstanzliche Behörde mit näherer Begründung ausführte.
Schließlich begründete die erstinstanzliche Behörde, dass auch der Antrag auf Aussetzung des Vollzuges ins Leere gehe, weil die BAO vorliegendenfalls nicht anwendbar sei. Gemäß § 64 Abs. 1 AVG hätten rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung. Einer Aussetzung des Verfahrens bedürfe es daher im Bereich der Anwendbarkeit des AVG, also auch im hier gegenständlichen Falle, nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 2001 wies diese die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der AMA vom 8. November 2000 als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2001/17/0065 protokollierte, nach wie vor anhängige Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Mai 2001 wies diese die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 12. Februar 2001 als unbegründet ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung, wie auch schon in jener vom 20. November 2000, die Annahme als aktenwidrig gerügt, wonach die in Rede stehende Einfuhrlizenz dem Beschwerdeführer erteilt worden sei. Der diesbezügliche in der Berufung erhobene Einwand sei unzutreffend, weil mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 1. März 2001 eine Berichtigung dieser Einfuhrlizenz vorgenommen worden sei. Im Übrigen betreffe der diesbezügliche Einwand nicht das hier gegenständliche Verfahren, welches ausschließlich die auf §§ 212a, 235 und 236 BAO gestützten Anträge des Beschwerdeführers zum Gegenstand habe.
Die erstinstanzliche Behörde habe auch keinesfalls ausgesprochen, die in Rede stehenden Bestimmungen der BAO seien vorliegendenfalls analog anzuwenden. Die diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid stellten lediglich eine Eventualbegründung dar. Bei den in Rede stehenden Bestimmungen handle es sich um spezifisch abgabenrechtliche Regelungen, deren analoge Anwendung auf den gegenständlichen Fall ausgeschlossen sei. Die Frage der Unbilligkeit der Einhebung einer fälligen Abgabenschuld im Verständnis der §§ 235, 236 BAO stelle sich mangels Anwendbarkeit der BAO nicht.
Im Übrigen sei auch die von der erstinstanzlichen Behörde hilfsweise vertretene diesbezügliche Rechtsauffassung zutreffend. Schließlich sei schon im Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 2001 klargestellt worden, dass im Falle des Beschwerdeführers höhere Gewalt nicht vorliege.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Berufung die Auffassung vertrete, das von ihm am 9. September 1996 erstattete Berufungsvorbringen sei auch als Antrag auf Annullierung der Lizenz zu werten gewesen, so sei ihm auch diesbezüglich zu entgegnen, dass diese Frage im Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 1. März 2001 abgehandelt worden sei. Die Eingabe vom 9. September 1996 sei jedoch nicht Sache des Bescheides der erstinstanzlichen Behörde vom 12. Februar 2001 gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erklärt, den Bescheid in seinem gesamten Umfang anzufechten. Er erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Erteilung der beantragten Nachsicht bzw. auf Stattgebung seines Aussetzungsantrages verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Art. 22 Abs. 1 und 2 sowie Art. 29 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse lauten (auszugsweise):
"Artikel 22
(1) Eine Sicherheit verfällt in voller Höhe für die Menge, für die eine Hauptpflicht nicht erfüllt wurde.
(2) Eine Hauptpflicht gilt als nicht erfüllt, wenn, abgesehen von Fällen höherer Gewalt, der entsprechende Nachweis innerhalb der hierfür vorgeschriebenen Frist nicht erbracht wird. Das Verfahren nach Artikel 29 zur Einziehung des verfallenen Betrages wird unverzüglich eingeleitet.
...
Artikel 29
(1) Erhält die zuständige Stelle Kenntnis von Tatbeständen, die den gänzlichen oder teilweisen Verfall der Sicherheit zur Folge haben, so fordert sie den Verpflichteten unverzüglich auf, den verfallenen Betrag binnen einer Frist von höchstens 30 Tagen nach Zugang der Aufforderung zu zahlen.
...
(2) Die zuständige Behörde kann auf einen verfallenen Betrag von weniger als 20 ECU verzichten, sofern die innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ähnliche Regeln für analoge Fälle vorsehen."
Eine entsprechende Ermächtigung sieht § 6 Abs. 2 der Verordnung über Sicherheiten für Marktordnungswaren, BGBl. Nr. 1021/1994, in Ansehung von Verfallsbeträgen unter 20 ECU vor, wenn der Verwaltungsaufwand außer Verhältnis zur Höhe des verfallenen Betrages steht.
Art. 36 Abs. 1 und 2 sowie Art. 37 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 der Kommission vom 16. November 1988 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ein- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse lauten:
"Artikel 36
(1) Kann die Einfuhr oder Ausfuhr infolge eines Umstands, den der Lizenzinhaber als Fall höherer Gewalt geltend macht, während der Gültigkeitsdauer der Lizenz nicht durchgeführt werden, so beantragt der Lizenzinhaber bei der zuständigen Stelle des die Lizenz erteilenden Mitgliedstaats entweder die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Lizenz oder deren Annullierung. Er erbringt den Nachweis für den von ihm als höhere Gewalt angesehenen Umstand innerhalb von sechs Monaten nach dem Ungültigwerden der Lizenz. Falls dieser Nachweis nicht innerhalb der genannten Frist vorgelegt werden konnte, obwohl der Marktbeteiligte alles in seiner Macht Stehende für seine Beschaffung und Vorlage unternommen hat, kann ihm Fristverlängerung eingeräumt werden.
(2) Wird der Antrag auf Verlängerung der Gültigkeitsdauer später als 30 Tage nach Ablauf der Gültigkeitsdauer gestellt, so ist er nicht zulässig.
...
Artikel 37
(1) Wird ein als höhere Gewalt angesehener Umstand geltend gemacht, so entscheidet die zuständige Stelle des Mitgliedstaats, in dem die Lizenz erteilt worden ist, dass entweder die Verpflichtung zur Einfuhr oder Ausfuhr erlischt und die Sicherheit freigegeben wird oder dass die Gültigkeitsdauer der Lizenz um den Zeitraum verlängert wird, der unter Berücksichtigung aller Umstände des betreffenden Falls erforderlich ist, ohne dass eine Frist von sechs Monaten nach dem Ablauf der ursprünglichen Gültigkeitsdauer der Lizenz überschritten werden kann. Die Verlängerung ist auch nach Ablauf der ursprünglichen Gültigkeitsdauer möglich."
§ 29 Abs. 1 des AMA-Gesetzes 1992, BGBl. Nr. 376/1992, lautet:
"§ 29. (1) Die AMA hat bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden, soweit nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist."
§ 105 Abs. 1 des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 210/1985, lautet (auszugsweise):
"§ 105. (1) Auf Abgaben auf Marktordnungswaren, die im Rahmen von Regelungen im Sinne des § 94 Abs. 2 erhoben werden, sind die Vorschriften der Bundesabgabenordnung anzuwenden, soweit durch diesen Abschnitt oder durch Verordnung auf Grund dieses Abschnittes nicht anderes bestimmt ist. ..."
§ 212a Abs. 1, § 235 Abs. 1 und § 236 Abs. 1 BAO lauten (auszugsweise):
"§ 212a. (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. ...
...
§ 235. (1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können von Amts wegen durch Abschreibung gelöscht werden, wenn alle Möglichkeiten der Einbringung erfolglos versucht worden oder Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos sind und auf Grund der Sachlage nicht angenommen werden kann, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Erfolg führen werden.
...
§ 236. (1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre."
In der Beschwerde wird zunächst ausführlich dargelegt, dass der Beschwerdeführer den im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. März 2001 für rechtswidrig erachte, weil er insbesondere auf der in der oben wiedergegebenen Berufung gerügten aktenwidrigen Annahme beruhe.
Mit diesen Ausführungen verkennt der Beschwerdeführer freilich, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides der belangten Behörde vom 1. März 2001, betreffend Berichtigung der Lizenz auf den Beschwerdeführer, Verfall der dort festgelegten Sicherheit und Aufforderung an den Beschwerdeführer, den Verfallsbetrag zur Einzahlung zu bringen, nicht den Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens darstellt.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde vielmehr im Instanzenzug ausschließlich über die im unzweideutigen Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 12. Februar 2001 ausdrücklich als solche "auf Erteilung einer Nachsicht gem. §§ 235 und 236 BAO" bzw. auf "Aussetzung des Vollzuges gemäß § 212a BAO" bezeichneten Anträge des Beschwerdeführers vom 7. Juni 1999 und vom 20. November 2000 entschieden.
Diese Anträge waren nicht nur auf Grund der dort als Rechtsgrundlage genannten Gesetzesbestimmungen, sondern auch von ihrem Inhalt her, der zum einen auf eine "Aussetzung" des Vollstreckungsverfahrens, zum anderen auf eine "Nachsicht" vom Verfall bzw. auf einen "Verzicht" auf den Verfall der Sicherstellung gerichtet waren, als solche gemäß §§ 212a, 235 und 236 BAO zu qualifizieren.
Demgegenüber kam im Hinblick auf den klar umschriebenen Antragsinhalt eine Deutung der Eingabe vom 7. Juni 1999 als Antrag gemäß Art. 36 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 nicht in Betracht, richtete sich doch diese Eingabe nicht auf die Annullierung der dem Beschwerdeführer erteilten Lizenz oder auf die Verlängerung ihrer Gültigkeitsdauer.
In seiner Berufung vom 20. November 2000 hat der Beschwerdeführer sein Begehren, auch die gegenständliche Lizenz zu annullieren, ausdrücklich von seinem Aussetzungs- bzw. von seinem Nachsichtsantrag getrennt. Nach dem unzweideutigen Wortlaut des erstinstanzlichen Bescheidspruches hat die AMA, und damit im Instanzenzug auch die belangte Behörde ausschließlich über die - jeweils vom Annullierungsantrag verselbstständigten - Anträge auf Nachsicht bzw. auf Aussetzung des Vollzuges entschieden.
Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf sein Vorbringen in der Berufung vom 9. September 1996 Bezug nimmt, welches seines Erachtens sowohl als Nachsichtsersuchen gemäß § 235 und § 236 BAO als auch als Antrag auf Annullierung der in Rede stehenden Lizenz gemäß Art. 36 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 zu werten gewesen sei, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die Entscheidung über solche, behauptetermaßen dort gestellte Anträge nicht Gegenstand des hier angefochtenen Bescheides waren.
Inwieweit die erstinstanzliche Behörde mit der Entscheidung solcher Anträge (in den Berufungen vom 9. September 1996 und vom 20. November 2000) in Verzug ist bzw. ob der Inhalt dieser Eingaben der Erlassung des im Instanzenzug ergangenen Verfallsbescheides vom 1. März 2001 entgegenstand, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zu prüfen: Auch wenn ein solcher Antrag vom 9. September 1996 (sowie ein in der Berufung vom 20. November 2000 gestellter weiterer Antrag) unerledigt gewesen wäre, hätte keine Verpflichtung der belangten Behörde bestanden, mit der Entscheidung über die hier gegenständlichen Anträge bis zur Entscheidung über die erstgenannten Anträge zuzuwarten.
Der belangten Behörde ist auch nicht entgegenzutreten, wenn sie die Auffassung vertrat, die BAO sei vorliegendenfalls nicht anzuwenden gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem bereits zitierten, den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 27. November 2000 Folgendes ausgeführt:
"Der Ausspruch des Verfalles einer Sicherstellung für eine Einfuhrlizenz gemäß Art. 33 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3719/88 (und die damit verbundene Frage, ob von einem solchen Verfall aus Billigkeitsgründen abgesehen werden soll) stellt eine Maßnahme zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen im Sinne des Abschnittes F des MOG dar (vgl. § 94 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 3 MOG). Zuständige Marktordnungsstelle erster Instanz für derartige Maßnahmen ist gemäß § 96 Abs. 1 erster Satz MOG die AMA. Diese hat gemäß § 29 Abs. 1 AMA-Gesetz das AVG anzuwenden, soweit nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist. Eine ausdrückliche andere Anordnung enthält zwar § 105 Abs. 1 MOG für 'Abgaben auf Marktordnungswaren'. Der Ausspruch des Verfalles einer Sicherheitsleistung für eine Einfuhrlizenz (und die Frage, ob davon aus Billigkeitsgründen abgesehen werden soll) ist aber keine Angelegenheit der 'Abgaben auf Marktordnungswaren' (vgl. die auf Einfuhrlizenzen übertragbaren Aussagen für Exportlizenzen im hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1999, Zl. 98/17/0214). Demnach war vorliegendenfalls das AVG anzuwenden."
Der Beschwerdeführer vertritt nun die Auffassung, die Bestimmungen, auf welche er seinen Antrag gegründet habe, fänden im vorliegenden Verfahren analoge Anwendung.
Dies ist nicht der Fall: In der vorliegenden Fallkonstellation würde einer analogen Anwendung der in Rede stehenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung aber auch insbesondere Art. 22 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 29 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 entgegenstehen. Nach der erstgenannten Bestimmung verfällt nämlich eine Sicherheit in voller Höhe für die Menge, für die eine Hauptpflicht nicht erfüllt wurde. Die zweitgenannte Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde lediglich auf einen verfallenen Betrag von weniger als 20 ECU zu verzichten, sofern die innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ähnliche Regeln für analoge Fälle vorsehen. Der hier in Rede stehende Verfallsbetrag übersteigt jedoch 20 ECU. Ein Verzicht bzw. eine Nachsicht vom Verfall eines solchen, 20 ECU übersteigenden Betrages könnte der innerstaatliche Gesetzgeber auf Grund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes innerstaatlich gar nicht rechtswirksam anordnen.
Eine allfällige Analogie würde hingegen jedenfalls zunächst voraussetzen, dass insoweit eine Gesetzeslücke vorläge. Dies wäre nur dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Bestehen einer Rechtslücke im Zweifel nicht anzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2000, Zl. 99/19/0090, mit weiteren Hinweisen).
Anders als die BAO sieht das AVG eine Löschung bzw. Nachsicht bescheidmäßig auferlegter Zahlungsverbindlichkeiten nicht vor. Dem Gesetzgeber des § 29 AMA-G ist nun - jedenfalls im Zweifel - nicht zu unterstellten, er habe nicht vorhergesehen, dass sich im Zusammenhang mit Verwaltungsverfahren zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen auch Fallkonstellationen ergeben könnten, wie sie für den Bereich des Abgabenrechtes in § 235 Abs. 1 und § 236 Abs. 1 BAO geregelt wurden. Durch Anordnung der Anwendbarkeit ausschließlich des AVG hat sich der Gesetzgeber offenbar bewusst dafür entschieden, im Bereich der Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen die Löschung oder Nachsicht fälliger Schuldigkeiten nicht zuzulassen.
Waren aber solcherart die Bestimmungen des § 235 und des § 236 BAO vorliegendenfalls nicht anwendbar, erübrigt es sich, auf jene Beschwerdeausführungen näher einzugehen, in welchen der Beschwerdeführer darzulegen versucht, weshalb in seinem Fall die inhaltlichen Voraussetzungen der in Rede stehenden Gesetzesbestimmungen vorgelegen wären.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch die Abweisung der auf § 235 Abs. 1 und § 236 Abs. 1 BAO gestützten Anträge nicht in seinen Rechten verletzt wurde.
Der Beschwerdeführer hat erklärt, den Bescheid in seinem vollen Umfang anzufechten. Die Anfechtung bezieht sich daher auch auf die im Instanzenzug erfolgte Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers vom 20. November 2000 auf Aussetzung des Vollzuges gemäß § 212a BAO. Wie oben ausgeführt ist die BAO im gegenständlichen Verfahren nicht anwendbar, sondern das AVG. Wie die erstinstanzliche Behörde zutreffend erkannte, wurde der Vollzug des Bescheides vom 8. November 2000 durch die Einbringung der dagegen erhobenen Berufung bis zur Entscheidung der Berufungsbehörde ohnedies gemäß § 64 Abs. 1 AVG aufgeschoben. Die Zurückweisung des auf § 212a BAO gestützten Antrages vom 20. November 2000 ist daher ebenfalls nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 18. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001170134.X00Im RIS seit
18.02.2002