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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde der AS in S, geboren am 14. September 1974, vertreten durch Lenz & Luger Rechtsanwälte OEG, 6850 Dornbirn, Eisengasse 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 26. Juni 2001, Zl. IV-4321-16/01, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 26. Juni 2001 wurde der Beschwerdeführerin der ihr am 23. Dezember 1999 ausgestellte, bis 22. Dezember 2009 gültige Reisepass Nr. G0065383 gemäß § 15 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 des Passgesetzes 1992 (idF der Passgesetz-Novelle 1995) entzogen.
Nach Wiedergabe des wesentlichen Inhalts des erstinstanzlichen Bescheides und der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Berufung sowie der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 27. Februar 2001 wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 zweiter und dritter Fall und Abs. 4 Z. 3 Suchtmittelgesetz - SMG in Form der Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB und wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 33 Monaten verurteilt worden sei. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum August 2000 bis Anfang November 2000 in Vorarlberg dazu beigetragen habe, dass die abgesondert verfolgte I.U. den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs. 6 SMG) ausgemacht habe, nämlich insgesamt ca. 2,4 kg Kokain im Zuge von zwei Schmuggelfahrten von Holland über Deutschland nach Vorarlberg habe aus- und einführen können, indem sie I.U. die Gewinnmöglichkeiten bei solchen Suchtgiftschmuggelfahrten aufgezeigt, ihr diese Schmuggelfahrten vermittelt, sie über die Größenordnung des zu schmuggelnden Kokains und über das Suchtgiftversteck im Fahrzeug informiert und ihr jeweils vor den Fahrten einen Routenplan für die Fahrt nach Amsterdam erstellt und ausgehändigt habe. Ferner habe die Beschwerdeführerin ein Suchtgift erworben und besessen sowie anderen überlassen, und zwar im Zeitraum Oktober 1999 bis Oktober 2000 in Vorarlberg unbestimmte Mengen Kokain konsumiert und fallweise Kollegen zum Mitkonsum eingeladen. Bei dieser Verurteilung seien die bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin, die Suchtgiftsicherstellung bei der zweiten Schmuggelfahrt und das schließlich reumütig abgelegte Geständnis als mildernd und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die verstärkte Tatbildlichkeit, dass das zu verantwortende Suchtgiftquantum rund das 98-fache der Grenzmenge ausgemacht habe, das Überschreiten mehrerer Landesgrenzen und die Unterstützung der aus reinem Gewinnstreben handelnden Großdealer als erschwerend berücksichtigt worden.
Durch dieses strafbare Verhalten habe die Beschwerdeführerin mehr als deutlich ihre mangelnde Bereitschaft zu erkennen gegeben, die österreichische Rechtsordnung im Suchtmittelbereich zu akzeptieren. Sie habe Kokain konsumiert und dazu beigetragen, dass diese harte Droge kiloweise, in der 98-fachen Grenzmenge, nach Österreich eingeführt worden sei, wobei ihr bewusst gewesen sei, dass die beteiligten Großdealer aus reiner Gewinnsucht gehandelt hätten. Hinzu komme, dass aus kriminalistischer Sicht gerade im Deliktsbereich des Drogenmissbrauchs mit hohen Rückfallsquoten gerechnet werden müsse. Auch wenn die Beschwerdeführerin selbst bei der Ausführung nicht unmittelbar beteiligt gewesen sei, habe sie doch bei der Planung einen wesentlichen Beitrag zu dem Verbrechen geleistet.
Aufgrund aller Umstände und unter Berücksichtigung der besagten Wiederholungsgefahr sei die Annahme gerechtfertigt, dass die Beschwerdeführerin ihren Reisepass benützen wolle, um entgegen den Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Da sich der Sachverhalt im Jahr 2000 ereignet habe, seitdem erst ein Jahr vergangen sei und sich die Beschwerdeführerin nunmehr in Haft befinde, also nicht von einem freiwilligen Wohlverhalten auszugehen sei, könne momentan keinesfalls von einer günstigen Prognose für sie ausgegangen werden. Die Beihilfe zur Einfuhr von Kokain in einem solchen Ausmaß, wie es die Beschwerdeführerin zu verantworten habe, stelle jedenfalls eine Gefährdung der Allgemeinheit (Volksgesundheit) und zugleich auch eine Bedrohung der inneren Sicherheit der Republik Österreich dar. Durch ihren Aufenthalt im Ausland würde die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet werden. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie ihren Reisepass zur Begehung weiterer Suchtgiftdelikte nicht verwenden würde, weil sie sich derzeit in Haft befinde, sei entgegenzusetzen, dass die Maßnahme des Reisepassentzuges als polizeiliche Gefahrenabwehr für die Zeit nach der Entlassung verfügt werde. Da der Gesetzgeber für einen Reisepassentzug keine Befristung vorgesehen habe, gelte dieser auch für die Zeit nach der Haftentlassung.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 15 Abs. 1 des Passgesetzes 1992 in der vorliegend maßgeblichen Fassung der Passgesetz-Novelle 1995, BGBl. Nr. 507 (PassG), ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
Gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. ist die Ausstellung eines Reisepasses (u.a.) zu versagen, wenn (Z. 3) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um (lit. f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, oder (Z. 4) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
2. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht ihre von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellte rechtskräftige Verurteilung nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von 33 Monaten und insbesondere nicht die Feststellungen der belangten Behörde betreffend die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Handlungen. Danach hat sie (u.a.) aus reinem Gewinnstreben handelnde Großdealer dabei unterstützt, Kokain in einer Menge, die rund das 98-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs. 6 SMG) ausgemacht hat, von Holland nach Vorarlberg einzuführen, indem sie einer anderen Person die Gewinnmöglichkeiten bei solchen Suchtgiftschmuggelfahrten aufgezeigt, dieser diese Schmuggelfahrten vermittelt, sie über die Größenordnung des zu schmuggelnden Kokains und über das Suchtgiftversteck im Fahrzeug informiert und ihr jeweils vor den Fahrten einen Routenplan für die Fahrt nach Amsterdam erstellt und ausgehändigt hat. Darüber hinaus hat sie unbestimmte Mengen Kokain konsumiert und fallweise Kollegen zum Mitkonsum eingeladen.
Im Hinblick auf diese Umstände und unter Berücksichtigung des Erfahrenswissens, dass gerade bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2000, Zl. 2000/18/0119, mwN), kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, es sei die Annahme gerechtfertigt, die Beschwerdeführerin werde den Pass dazu benützen, Suchtgift in einer großen Menge einzuführen, auszuführen und in Verkehr zu setzen. Dabei ist es nicht von Bedeutung, dass die Beschwerdeführerin selbst nicht das Suchtgift aus dem Ausland nach Österreich transportiert bzw. bei der Tatbegehung ihren Reisepass nicht verwendet hat. Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass aufgrund des reumütigen Geständnisses der Beschwerdeführerin im Strafverfahren, ihrer Mitwirkung an der Aufklärung weiterer Straftaten, ihrer bisherigen Unbescholtenheit und des Umstandes, dass im Hinblick auf ihre lange Inhaftierung mit einem erfolgreichen Suchtmittelentzug zu rechnen sei, für sie eine positive Verhaltensprognose hätte erstellt werden müssen, ist für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Denn angesichts ihres in Rede stehenden gravierenden Fehlverhaltens ist nicht zu erkennen, dass eine auf den voraussichtlichen Zeitpunkt ihrer Entlassung aus der Strafhaft abgestellte Gefährlichkeitsprognose und Zulässigkeitsbeurteilung zu einem anderen Ergebnis führen würde, böte doch vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin am gewerbsmäßigen Inverkehrsetzen von einer das für eine Gesundheitsgefährdung in großem Ausmaß erforderliche Quantum um rund das 98-fache übersteigenden Menge an Kokain mitgewirkt hat, selbst eine erfolgreiche Suchtgifttherapie noch keine Gewähr dafür, dass sie sich an keinem grenzüberschreitenden Suchtgifthandel mehr beteiligen werde. Abgesehen davon haben bei der Betrachtung eines (behaupteten) Wohlverhaltens die Zeiten der Anhaltung im Strafvollzug außer Betracht zu bleiben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 96/18/0473, mwN), sodass die in der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte ermitteln müssen, wie die Inhaftierung der Beschwerdeführerin bisher verlaufen sei und dass diese einsichtig sei, ins Leere geht.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass im Hinblick auf das der besagten Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten der Beschwerdeführerin die Annahme im Grund des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG gerechtfertigt sei, begegnet daher keinen Bedenken. Ebenso begegnet die weitere Annahme der belangten Behörde, dass durch einen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Ausland die innere Sicherheit der Republik Österreich, insbesondere die Volksgesundheit, im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. gefährdet sein könnte, keinen Bedenken (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 3. August 2000, Zl. 97/18/0038, mwN). Anders als die Beschwerde meint, ist der belangten Behörde bei der vorliegenden Entscheidung auch kein Ermessen eingeräumt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 97/18/0443, mwN).
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 18. September 2001
Schlagworte
Ermessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001180169.X00Im RIS seit
19.12.2001