RS UVS Steiermark 2005/10/27 20.3-58/2005

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 27.10.2005
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Rechtssatz

Der Haftgrund der "mangelnden Identifizierbarkeit" nach § 35 Z 1 VStG setzt voraus, dass die Identität des Verhafteten auch auf andere Weise als durch eine Ausweisleistung nicht sofort feststellbar ist. In Betracht kommt daher auch eine Identitätsbezeugung durch eine unbedenkliche dritte Person (vgl VfGH 5.12.2001, B1216/00). Im konkreten Fall hatte der Lenker eines Kraftwagenzuges, der bei einer Kontrolle am Anhalteort keinen Führerschein mitführte, zur Identitätsbezeugung zuerst seinen Beifahrer sowie seine Bankomat- und Kreditkarte angeboten. Da sich der Beifahrer ebenfalls nicht ausweisen konnte, wurde dessen Identitätsbezeugung zu Recht als nicht ausreichend angesehen. Auch Bankomat- und Kreditkarten sind keine tauglichen Identitätsnachweise. Jedoch stellte der Beschwerdeführer daraufhin am Anhalteort mittels Handy eine Verbindung zu einem Polizeibeamten auf der Polizeiinspektion T. her, der den Beschwerdeführer bereits seit Jahrzehnten persönlich kannte und dem kontrollierenden Einschreiter mitteilte, dass er ihn an seiner Stimme erkenne und gegen ihn auf der Polizeiinspektion T. nichts vorliege. Damit war die Identität des Beschwerdeführers an Ort und Stelle ausreichend geklärt. Außerdem gelangte unmittelbar darauf der Polizeiinspektion des Einschreiters zur Kenntnis, dass der Beschwerdeführer eine gültige Lenkberechtigung besaß (der bezeugende Polizeibeamte gab die Daten fernmündlich nach ca 5 Minuten dorthin bekannt). Es war daher nicht mehr zulässig, den Beschwerdeführer zwecks Identitätsfeststellung festzunehmen, auf die Polizeiinspektion zu verbringen und dort ca eineinhalb Stunden anzuhalten, bis ein Fax von seinem Führerschein mit einem den Beschwerdeführer erkennbar abbildenden Foto eingetroffen war. Diese äußerst unverhältnismäßige Maßnahme verletzte den Beschwerdeführer in seinem Recht auf persönliche Freiheit nach Art 2 Abs 1 Z 3 und Art 1 Abs 2 PersFrSchG. Allerdings erfolgte bei dieser Amtshandlung keine "erniedrigende Behandlung" im Sinne des Art 3 EMRK, da eine die Menschenwürde beeinträchtigende "gröbliche Missachtung des Betroffenen als Person" nicht feststellbar war.

Schlagworte
Festnahme Identitätsfeststellung Identifizierbarkeit Identitätsbezeugung persönliche Freiheit Menschenwürde
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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