RS UVS Oberösterreich 2006/01/30 VwSen-300708/14/Ste

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Veröffentlicht am 30.01.2006
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Rechtssatz

Gemäß Art.IX Abs.1 Z4 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 - EGVG, BGBl. Nr. 50/1991, in der hier anzuwendenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl.I Nr. 97/2002, begeht jemand, der nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945, in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 25/1947, verbreitet, wenn die Tat nicht gerichtlich strafbar ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen.

Ergänzende Bestimmungen enthalten Art.IX Abs.5 und 6 EGVG:

Wird die Anzeige wegen einer Tat nach Abs.1 Z4 vom öffentlichen Ankläger zurückgelegt oder ein gerichtliches Verfahren wegen einer solchen Tat rechtskräftig ohne Schuldspruch des Angezeigten beendet, so ist dies der Bezirksverwaltungsbehörde mitzuteilen. Die Zeit von der Erstattung der Anzeige wegen einer Tat nach Abs.1 Z4 bis zum Einlangen der im Abs.5 genannten Mitteilung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde ist in die Verjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) nicht einzurechnen.

Da die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hatte, dass ein weiteres Strafverfahren in der Sache gegen den Bw unterbleibt, hat der Oö. Verwaltungssenat davon auszugehen, dass die Tat nicht gerichtlich strafbar ist. Diese Voraussetzung für eine Verfolgung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörde liegt damit unzweifelhaft vor.

Der Oö. Verwaltungssenat kann der belangten Behörde auch nicht entgegen treten, wenn sie davon ausging, dass das Druckwerk nationalsozialistisches Gedankengut jedenfalls in einer Art und Weise enthält, die als ärgerniserregenden Unfug im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einzustufen ist. Dies hat im Übrigen auch das Beweisverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ergeben. Zum Inhalt der angewendeten Strafbestimmung, der Abgrenzung zu Strafbestimmungen des Verbotsgesetzes und zu den vom Bw in diesem Zusammenhang geltend gemachten verfassungs- und grundrechtlichen Bedenken genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 12.002/1989 und dessen Begründung zu verweisen.

Zur näheren Begründung des Umstands, dass die zitierten Textpassagen nationalsozialistisches Gedankengut jedenfalls in einer Art und Weise enthält, die als ärgerniserregenden Unfug im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einzustufen ist, wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses und die dort zitierten Quellen verwiesen. Ein in diesem Sinn zumindest ärgerniserregender Unfug besteht auch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats etwa schon durch die Überschrift des Artikels, mit der Tag des 8. Mai 1945 negativ dargestellt wird und insbesondere auch der Vergleich mit der Zeit davor hervorgehoben wird. Die für die Wiederherstellung eines freien Österreichs entscheidende Befreiung durch die alliierten Streitkräfte wird in diesem Artikel generell als negativ dargestellt. Ein weiterer konkreter Punkt ist die Verwendung des Wortes "Umerziehung" auf Seite 1, die in der Wissenschaft und auch allgemein als Standardrepertoire für nationalsozialistische Wiederbetätigung gilt. Es wird damit das bestehende und das Bildungssystem der Nachkriegsjahre negativ dargestellt in dem Sinn, dass das jetzige Bildungssystem eine Umerziehung hervorruft. Gleiches gilt im Ergebnis für den Begriff "gewachsene Volksgemeinschaft", der auch im Nationalsozialismus immer wieder verwendet wurde. In diesem Zusammenhang ist vor allem der gesamte Satz und die Verwendung des Wortes "anstelle" hervorzuheben, mit der eindeutig die vorher existierende Volksgemeinschaft als positiv gesehen wird. Darüber hinaus wird im Artikel und in der gesamten Zeitschrift immer vom "deutschem" oder "unserem Volk" gesprochen und die Verwendung des Wortes "österreichisch" vermieden. Auch dies ist ein klares Indiz für nationalsozialistisches Gedankengut und eine Ablehnung der eigenständigen österreichischen Politik. Damit ist auch das zweite Tatbestandselement der angewendeten Strafbestimmung erfüllt.

Fraglich bleibt damit, ob dem Bw zu Recht vorgeworfen werden kann, er habe dieses Gedankengut "verbreitet". Unter dem Begriff "verbreiten" ist jede Handlung zu verstehen, mit der in Wort, Bild oder Schrift entsprechendes Gedankengut zugänglich gemacht wird. Völlig unzweifelhaft ist, dass eine Weitergabe einer Druckschrift unter "verbreiten" fällt. Tatsächlich hat auch eine Verbreitung stattgefunden, da das Medienwerk jedenfalls dem Zeugen und Anzeigenden zugekommen ist.

Der Bw ist im Impressum auf Seite 4 namentlich und mit seiner Adresse genannt. Er hat dieser Verwendung zugestimmt und ist gegen die Nennung seines Namens und seiner Adresse nicht eingeschritten oder hat sich davon distanziert. Er hat damit die Weitergabe des Druckwerks zweifellos ermöglicht und damit auch das darin enthaltene Gedankengut verbreitet. Mit der Zustimmung zur Nennung seines Namens musste ihm auch klar sein, dass ihn auch an den darin enthaltenen Inhalten eine Mitverantwortung trifft.

Im Ergebnis kann der Unabhängige Verwaltungssenat der belangten Behörde daher nicht entgegentreten, wenn sie grundsätzlich von der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit des Bw auf der Basis der genannten Bestimmungen ausging. Auf Grund der Feststellungen und der Beweiswürdigung steht damit fest, dass der Bw den Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht. er Bw hat durch Hinweise auf eine bloße "Postkastenfunktion" versucht, sich zu entlasten. Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass nach § 24 Abs.2 des Mediengesetzes auf jedem periodischen Medienwerk ua. der Name und die Anschrift des Herausgebers anzugeben sind. Dem Impressum kommt eine Publizitätswirkung gerade auch in der Hinsicht zu, dass eine verantwortliche Person genannt ist, um für Außenstehende jederzeit erkennbar zu machen, an wen sie sich mit Ansprüchen zu wenden haben. Da im Druckwerk - neben der bloßen Angabe von Postfächern - keine andere Adresse angegeben ist, ist damit die Adresse des Bw und damit auch er (er ist zudem ja auch namentlich genannt) in diesem Sinn verantwortlich.

Wenn der Bw seine Funktion nunmehr als bloße Gefälligkeit gegenüber R H bezeichnet, so handelt es ich dabei nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats um eine bloße Schutzbehauptung. Der Bw musste wissen und nahm damit ohne Weiteres in Kauf, dass sein Name und seine Adresse mit der Zeitschrift und deren Inhalte unmittelbar in Verbindung gebracht wird. Er hat damit auch die Verbreitung deren Inhalte jedenfalls fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich in Kauf genommen.

Auch ein beachtlicher und seine Schuld ausschließender Irrtum des Bw darüber, dass die fraglichen Inhalte sozialistisches Gedankengut jedenfalls in einer Art und Weise enthalten, die als ärgerniserregenden Unfug im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einzustufen sind, kann nicht angenommen werden, musste dem Bw auf Grund der Gesamtsituation doch klar sein, dass die Inhalte sich jedenfalls am Rande der einschlägigen (Verwaltungs)Strafbestimmungen bewegen. Er hätte sich daher vor der Zustimmung zur Verwendung seines Namens und seiner Adresse zumindest genauer beraten lassen und hätte gegebenenfalls die Inhalte auch näher überprüfen müssen. Schon deswegen, weil er dies unterlassen hat, hat er auch insofern grob fahrlässig gehandelt.

Im Übrigen dürften die vom Bw in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Gesichtspunkte ohnehin im Rahmen der Strafbemessung hinreichend berücksichtigt worden sein. Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz.

Die Strafbarkeit des Bw ist daher gegeben.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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