Wie sich unwidersprochen aus der Aktenlage und aus der Beschwerdebegründung ergibt, war der Bf zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber.
Gemäß § 1 Abs.2 FPG ist ua. § 76 Abs.1 FPG auf Asylwerber nicht anzuwenden.
Ausgehend davon, dass das Asylverfahren des Bf zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung und der Verhängung der Schubhaft weder rechtskräftig abgeschlossen, eingestellt noch für gegenstandslos erklärt war und der Bf vom Asylwerberbegriff des § 1 Abs.2 FPG erfasst wird, kann die Schubhaft nicht auf § 76 Abs.1 FPG gestützt werden.
Gemäß § 76 Abs.2 FPG kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber nur verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 angeführten Fälle gegeben ist.
Im vorliegenden Fall wird die Schubhaft auf Z4 gestützt und damit begründet, dass - auf Grund des in Polen eingebrachten Asylantrags - die Annahme gerechtfertigt scheint, dass der Antrag in Österreich mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
Schon gegen diese Annahme bestehen im vorliegenden Fall berechtigte Zweifel, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass im konkreten Fall tatsächlich humanitäre, insbesondere familiäre Gründe vorliegen, die für die Prüfung des Asylantrags in Österreich sprechen (vgl. VwGH vom 3.12.2003, 2003/01/0136, m.w.N.). Abgesehen davon muss die belangte Behörde jedoch im Einzelfall auch eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vornehmen (vgl. zB VfSlg. 17.288/2004, m.w.N.). Dies kommt einerseits durch die Verwendung des Worts "kann" im Einleitungssatz des § 76 Abs.2 FPG klar zum Ausdruck, andererseits insbesondere auch im Zusammenhang mit § 77 leg.cit.
Die Verhängung der Schubhaft erweist sich nämlich auch dann als rechtswidrig, wenn diese Maßnahme aus Gründen des Einzelfalls in Abwägung mit insbesondere verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten unverhältnismäßig ist oder an deren Stelle seitens der Fremdenpolizeibehörde gelindere Mittel iSd. § 77 Abs.1 FPG hätten angewendet werden können. Insoweit ist das in dieser Bestimmung von ihrem Wortlaut her vorgesehene Ermessen für die Behörde eingeschränkt und muss jeweils einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. Ein Hinweis auf bloß allgemeine Annahmen oder Erfahrungswerte genügt dabei nicht, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzelfall zu begründen (vgl. bereits VfSlg. 14.981/1997). Im konkreten Fall war - auch unter Berücksichtigung vergleichbarer höchstgerichtlicher Judikatur - im Ergebnis die Verhängung der Schubhaft unverhältnismäßig und wären für die Erreichung des von der Behörde angestrebten Ziels auch die im Gesetz vorgesehenen gelinderen Mittel denkbar. Im bereits zitierten Fall VfSlg. 17.288/2004 hat der Verfassungsgerichtshof in einer durchaus vergleichbare Fallkonstellation (Staatsangehöriger der Russischen Föderation, vorheriger Asylantrag in Polen) ausgesprochen, dass allein die Tatsache, dass der Bf bereits in einem anderen Land Asyl beantragt hat, den Schluss nicht rechtfertigt, dass er unrechtmäßig in einen anderen Staat weiterziehen und sich so dem Verfahren entziehen werde.
Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats gilt diese Argumentation auch für die Annahme, der Bf könnte sich dem Verfahren in Österreich entziehen, wenn sich herausstellen sollte, dass eine Zuständigkeit Polens für sein Asylverfahren vorliege. Der Bf hat sich dazu konkret im bisherigen Verfahren auch nicht geäußert; insbesondere dürfte ihm auch nicht in jeder Hinsicht klar gewesen sein, dass er bereits in Polen eine Asylantrag eingebracht hat. Seiner Aussage nach war sein Zielland Österreich. Darüber hinaus sprechen auch das bisherige Verhalten des Bf (freiwilliges Erscheinen vor der Polizeibehörde) sowie die erkennbare bestehende familiäre Situation (ein Bruder samt Familie in Bundesbetreuung, ein Bruder, die Schwägerin und die Nichte stellten gemeinsam mit ihm den Antrag auf internationalen Schutz) eher dagegen, dass er sich dem Verfahren entziehen würde. Jedenfalls hätten zur Sicherung des Verfahrens - nach Abwägung aller Aspekte und vor dem Hintergrund der betroffenen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte - aus derzeitiger Sicht auch mit der Verhängung gelinderer Mittel das angestrebte Ziel erreicht werden können.
Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass sich der Bf auch in Polen "mitsamt seinen Begleitern dem Verfahren entzogen hat" und daher angenommen werden kann, "dass die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht ausreicht, um den Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Ausweisung sowie die Sicherung der Abschiebung zu erreichen", ist ihr entgegen zu halten, dass dem Bf einerseits - wie schon ausgeführt - wohl nicht in jeder Hinsicht klar war, dass er in Polen bereits einen Asylantrag gestellt hat (sein Zielland war Österreich) und er andererseits durch sein Verhalten (freiwillige Meldung bei der Polizeibehörde) klar zu erkennen gegeben hat, dass er am Verfahren entsprechend mitwirken möchte und wird. Auch vor dem Hintergrund der bestehenden Betreuungsmöglichkeiten und der Aufrechterhaltung der Kontakte zu seinen Verwandten, scheint die eine gegenteilige Annahme unwahrscheinlich und daher unbegründet. Im Übrigen hat sich die belangte Behörde wohl auch nicht hinreichend mit dem konkreten Einzelfall auseinandergesetzt. Dabei verkennt der Unabhängige Verwaltungssenat nicht, dass der Schubhaftbescheid im vorliegenden Fall gemäß § 57 AVG zu erlassen war (§ 76 Abs. 3 FPG), wonach die Behörde berechtigt ist, den Bescheid ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Abgesehen davon, dass diese Regelung im Bereich des FPG, insbesondere nach der zu diesen Bestimmungen (und den Vorgängerbestimmungen) ergangenen Judikatur der Höchstgerichte, wohl nicht uneingeschränkt Anwendung finden kann, scheint jedenfalls ein Bescheid diesen Anforderungen an die Berücksichtigung des Einzelfalls nicht gerecht zu werden, der praktisch wörtlich (einschließlich der Aktenzahl) dem gleichzeitig im Fall des Bruders des Bf erlassenen gleicht.
Die belangte Behörde hätte daher anstelle der Schubhaft jedenfalls gelindere Mittel anwenden müssen.