RS UVS Burgenland 2006/06/23 166/10/06028

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Veröffentlicht am 23.06.2006
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Rechtssatz

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Bestimmung des vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen § 34b Abs 1 Z 3 AsylG 1997 nicht mit der Bestimmung des § 76 Abs 2 Z 4 FPG vergleichbar. Der Verfassungsgerichtshof hat zur aufgehobenen Bestimmung nach dem AsylG 1997 - wie vom Beschwerdeführer - richtig wiedergegeben in seinem Erkenntnis vom 15 10 2004, G 237/03 ua, ausgesprochen, dass der (damalige) Gesetzgeber selbst habe erkennen lassen, dass er davon ausgehe, dass Folgeanträge bei Änderungen der Sach- oder Rechtslage erfolgreich sein können. § 34b Abs 1 Z 3 AsylG 1997 habe hingegen nicht zwischen evident unzulässigen Folgeanträgen und solchen, die ein Asylwerber auf Grund der Änderung der Sach- oder Rechtslage mit Erfolgsaussichten stelle, bei denen also die Antragstellung nicht erkennen lasse, dass der Asylwerber beabsichtige, sich nicht rechtstreu zu verhalten, unterschieden. Dennoch habe ein Antragsteller in Schubhaft kommen können. Das berechtigte Anliegen des Gesetzgebers, Missbräuchen in Form wiederholter Antragstellung bei gleicher Sach- und Rechtslage entgegen zu wirken, sei somit überschießend ausgestaltet und daher verfassungswidrig gewesen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland vermag sich nun der Argumentation des Beschwerdeführers, dass dies ebenso auf § 76 Abs 2 Z 4 FPG zutreffe, nicht anzuschließen. Gemäß § 76 Abs 2 Z 4 FPG kann die Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zur Verfahrenssicherung (bzw Abschiebung) anordnen, wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Zwar ist nun der Ansicht des Beschwerdeführers zuzustimmen, dass nicht automatisch bei jedem sog "Eurodac-Treffer" das Verfahren zur Prüfung der Zuständigkeit mit einer Unzuständigkeit Österreichs enden muss. Damit ist aber für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil nicht jedes positive Ergebnis der erkennungsdienstlichen Behandlung automatisch zu einer Schubhaft nach § 76 Abs 2 Z  4 FPG führen darf. Nach dieser Bestimmung ist nämlich nicht allein auf das Ergebnis der erkennungsdienstlichen Behandlung abzustellen, sondern auch auf das Ergebnis der Befragung und der Durchsuchung des Fremden. Auf Grund der durch Befragung, Durchsuchung und erkennungsdienstlichen Behandlung gewonnenen Erkenntnisse muss letztlich die Annahme gerechtfertigt sein, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird und die Schubhaft zur Sicherung eines Ausweisungsverfahrens erforderlich ist. Daraus ergibt sich aber nun, dass - was der Beschwerdeführer ohnedies selbst erkennt (vgl die Ausführungen unter Pkt 1 auf Seite 2 der Beschwerde) - nicht automatisch jeder "Eurodac-Treffer" zu einer Schubhaft führen darf, sondern nur dann die Schubhaft zulässig ist, wenn die oben angeführte Annahme auf Grund des Ergebnisses der Befragung, Durchsuchung und erkennungsdienstlichen Behandlung gerechtfertigt ist. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass diese Überprüfung im Einzelfall nicht (immer) vorgenommen werde, sondern Fremde allein deswegen in Schubhaft genommen werden würden, weil ein sog. "Eurodac-Treffer" vorliegen würde, so vermag eine allfällige (möglicherweise auch krass) rechtswidrige Handhabung einer gesetzlichen Bestimmung durch diverse Fremdenpolizeibehörden keine Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung herbeizuführen.

 

Dadurch, dass der Gesetzgeber in § 76 Abs 2 Z 4 FPG nicht bloß allein auf das positive Ergebnis einer erkennungsdienstlichen Behandlung abstellt, sondern vielmehr von der Fremdenpolizeibehörde eine Prognoseentscheidung unter Bedachtnahme auf diverse weitere durch Befragung und allenfalls Durchsuchung hervorgekommene Umstände zu treffen ist, ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland ausreichend gesetzlich dafür Vorsorge getroffen worden, dass bei Vorliegen von Umständen, nach denen das sog "Selbsteintrittsrecht Österreichs" (zur Wahrnehmung der eigenen Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung eines Antrag auf internationalen Schutz) zum Tragen kommen wird, von der Verhängung der Schubhaft Abstand zu nehmen ist. Eine überschießende Regelung - so wie sie in § 34b Abs 1 Z 3 AsylG 1997 normiert war - liegt somit im Falle des § 76 Abs 2 Z  4 FPG nicht vor.

Schlagworte
Schubhaft, Eurodac, Eurodac-Treffer, Dublin II Verordnung, Selbsteintrittsrecht Österreichs, keine Verfassungswidrigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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