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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der G Aktiengesellschaft in W, vertreten durch die Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom12. April 2001, Jv 6173-33a/00, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einer am 28. August 2000 beim Bezirksgericht L. eingelangten Grundbuchseingabe beantragte die beschwerdeführende Wohnungsgesellschaft die Einverleibung des Pfandrechtes für eine näher bestimmte Darlehensforderung der B. Bank, wobei die Beschwerdeführerin die Gerichtsgebührenfreiheit iSd § 53 WFG 1984 geltend machte.
Gegen einen in der Folge erlassenen Zahlungsauftrag über eine Eintragungsgebühr in Höhe von S 600.828,-- zuzüglich einer Einhebungsgebühr von S 100,-- wurde ein Berichtigungsantrag erhoben. In diesem Antrag wurde vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe eine Bestätigung des Amtes der Wiener Landesregierung angeschlossen, wonach diese der Umschuldung zugestimmt habe. Das bisher eingetragene Darlehen sei mit 6,5 % zu verzinsen gewesen, während das nunmehrige Darlehen mit 4,62 % zu verzinsen sei. Das (nunmehrige) Darlehen sei zur Finanzierung des geförderten Bauvorhabens erforderlich. Der Begriff Finanzierung umfasse auch die Rückzahlung des zur Errichtung aufgenommenen Fremdkapitals. Die "Umschuldungsaktivitäten" gründeten sich auf einen ausdrücklichen Gesetzesbefehl. § 23 Abs 1a WGG verpflichte die Beschwerdeführerin, nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auch nachträglich angemessene Darlehenskonditionen zu vereinbaren.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben. Die belangte Behörde ging davon aus, dass das Darlehen nach Fertigstellung (und Benützung) des Bauobjektes für die Rückzahlung des zur Errichtung aufgenommenen Fremdkapitals verwendet werden solle. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass derartige Umschuldungsdarlehen nicht der Gebührenbefreiung nach § 53 Abs 3 WFG 1984 unterliegen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Gerichtsgebührenbefreiung verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 53 Abs 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung sind Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, von den Gerichtsgebühren befreit.
Zu dieser Gesetzesstelle in eben dieser Fassung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. April 1998, Zl 97/16/0199, ausgesprochen, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Finanzierung von geförderten Objekten und dem der Gebühr grundsätzlich unterliegenden Rechtsgeschäft bestehen muss. Unter der Finanzierung sei dabei die Gesamtheit der Maßnahmen zur Beschaffung der Geldmittel für die Schaffung des (geförderten) Objektes zu verstehen. Sind die Geldmittel für das Objekt bereits beschafft, so bestehe grundsätzlich keine Ursache für die Beschaffung weiterer Geldmittel, sofern sich nicht ein über die ursprünglich projektierte Mittelsumme hinausgehender Bedarf herausstellt. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geförderten Objekt und einem Rechtsgeschäft, das der bloßen Umschuldung der bereits im Kreditweg beschafften Geldmittel dient, bestehe nicht.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin kann den Verwaltungsgerichtshof nicht veranlassen, von dieser Auffassung abzugehen. Der Begriff der Finanzierung, den der Gerichtshof in diesem Erkenntnis im Zusammenhang mit der Schaffung des Objekts gesehen hat, war dabei nach dem Wortlaut des Gesetzes und seinem Zusammenhang auszulegen. Dass die Betriebswirtschaftslehre einem solchen Begriff allenfalls einen anderen Inhalt beimisst, ist im gegebenen Zusammenhang nicht von entscheidender Bedeutung. Ob dem von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Begriff einer "Umfinanzierung" die Bedeutung von Umschuldung beizumessen ist, konnte dahingestellt bleiben, weil das Gesetz eben nicht von einer "Umfinanzierung", sondern von der "Finanzierung" spricht.
Die Beschwerdeführerin vertritt weiters die Auffassung, durch die mit dem Bundesgesetz BGBl I Nr 147/1999 erfolgte Novellierung des WGG - womit im neu eingefügten Abs 1a des § 23 WGG die nachträgliche Verpflichtung der Bauvereinigung normiert worden ist, entsprechend der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt angemessene Darlehenskonditionen zu vereinbaren - sei im § 53 Abs 3 WFG 1984 (nachträglich) eine Lücke entstanden, die im Wege der Analogie zu schließen sei. Nun wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die grundsätzliche Zulässigkeit der Analogie auch im öffentlichen Recht anerkannt. Voraussetzung für die analoge Anwendung verwandter Rechtsvorschriften ist freilich das Bestehen einer echten Rechtslücke; im Zweifel ist eine auftretende Rechtslücke als beabsichtigt anzusehen (vgl zB das hg Erkenntnis vom 9. März 1990, Zl 88/17/0182, mit zahlreichen weiteren Hinweisen).
Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz betrifft entsprechend dem seinen Gegenstand und Anwendungsbereich regelnden Artikel I in bestimmter Art organisierte Bauvereinigungen, die von der Landesregierung als gemeinnützig anerkannt wurden. Die - nach der "Verländerung" der Wohnbauförderung - als Bundesrecht bestehen gebliebenen Regelungen des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 verfolgen demgegenüber eine andere Zielrichtung im Bereich der Förderung des Wohnungsbaus überhaupt. So geht auch der Adressatenkreis des WFG 1984 über den etwa nur juristische Personen umfassenden Anwendungsbereich des WGG hinaus. Der Personenkreis, der durch § 53 Abs 3 WFG 1984 begünstigt ist, ist dabei völlig unbestimmt. Dadurch, dass gemeinnützige Bauvereinigungen durch die Novellierung des WGG allenfalls zu einer Umschuldung der bestehenden, zur Errichtung von (geförderten) Wohnungen bereits verwendeten Darlehens- und Kreditverbindlichkeiten verpflichtet werden, ist keine planwidrige Rechtslücke im Bereich der Gerichtsgebührenbefreiung des § 53 Abs 3 WFG 1984 entstanden. Im Hinblick auf den unterschiedlichen Regelungsgehalt der beiden genannten Gesetze kann keine Rede sein von einer planwidrigen Unvollständigkeit, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Da im Zeitpunkt der Novellierung des WGG eine gefestigte Rechtsprechung zu Umschuldungsdarlehen bestanden hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gebührenpflicht der mit der Umschuldung zusammenhängenden Rechtsgeschäfte vom Gesetzgeber - im Rahmen einer die gemeinnützigen Bauvereinigungen treffenden Regelung - unbeabsichtigt aufrecht erhalten worden sei.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 19. September 2001
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001160346.X00Im RIS seit
14.02.2002