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97 VergabewesenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Abweisung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesvergabeamtes betreffend die Ausscheidung eines Angebotes der beschwerdeführenden Baugesellschaft im Zuge des Verfahrens eines Abwasserverbandes zur Vergabe bestimmter Baumeisterarbeiten; keine Willkür und keine denkunmögliche Gesetzesanwendung; ausreichendes Ermittlungsverfahren durch Heranziehung eines Sachverständigen, Einvernahme der Parteien zu dessen Gutachten und Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des SachverständigenSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist schuldig, der beteiligten Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Im Zuge eines vom Abwasserverband Karnische Region Hermagor durchgeführten öffentlichen Verfahrens zur Vergabe bestimmter Baumeisterarbeiten wurde das Angebot der nunmehr beschwerdeführenden Gesellschaft angesichts einer "nicht plausiblen und nachvollziehbaren Zusammensetzung des Gesamtpreises" und weil die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gegeben sei, ausgeschieden. Nachdem es in einem Schlichtungsverfahren vor der von der beschwerdeführenden Gesellschaft angerufenen Bundes-Vergabekontrollkommission (B-VKK) zu keiner gütlichen Einigung kam, gab die B-VKK eine begründete Empfehlung gemäß §88 Abs3 BVergG (aF) insbesondere über die Art der zu erbringenden Nachweise der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ab. Sodann beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft beim Bundesvergabeamt (BVA) die Nichtigerklärung der Entscheidung der vergebenden Stelle, das Angebot der beschwerdeführenden Gesellschaft auszuscheiden, in eventu - für den Fall, daß der Zuschlag schon erfolgt sei - die Feststellung, daß die Entscheidung, ihr Angebot auszuscheiden, rechtswidrig gewesen sei.
Nachdem die vergebende Stelle die Auskunft erteilt hatte, daß der Zuschlag bereits (an einen anderen Bieter) erteilt worden sei, nahm das BVA den Eventualantrag in Verhandlung, den es als auf die Feststellung, daß der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden war, gerichtet wertete, und wies ihn mit Bescheid vom 29. April 1997 ab; das Angebot beruhe zum Teil auf Unterpreisen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens sei angesichts des Projektrisikos nicht ausreichend.
2. a) Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des Eigentumsrechtes und des Gleichheitsgrundsatzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
b) Das BVA legte die Verwaltungsakten vor, sah aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
c) Der im Verfahren beteiligte Abwasserverband erstattete eine Äußerung, in der er für die Abweisung der Beschwerde eintrat und Kostenersatz beantragte.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
a) Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985, 11650/1988) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985, 11682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987).
b) Der Bescheid stützt sich auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Prüfung und das Ausscheiden von Angeboten; ob der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen sind Bedenken weder vorgebracht worden noch aus Anlaß dieses Verfahrens sonst entstanden. Die beschwerdeführende Gesellschaft wirft der belangten Behörde allerdings vor, zu Unrecht angenommen zu haben, daß das von ihr gelegte Angebot auf Unterpreisen beruhe und daß sie nicht über eine ausreichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Durchführung des ausgeschriebenen Projekts verfüge. Damit werden aber keine in die Verfassungssphäre reichende Fehler geltend gemacht; von einer verfassungswidrigen oder denkunmöglichen Gesetzesanwendung kann keine Rede sein.
Die Behörde hat ihre Entscheidung - wie aus dem vorgelegten Verwaltungsakt hervorgeht - unter Heranziehung eines Sachverständigen, Einvernahme der Parteien zu dessen Gutachten und Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen zu einem von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgelegten Gutachten vorbereitet und sie plausibel und nachvollziehbar begründet. Sie hat die Entscheidung weder leichtfertig getroffen noch sonst Willkür geübt. Ob das Verfahren in jeder Hinsicht rechtmäßig geführt wurde und ob die Entscheidung rechtsrichtig ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 10565/1985, 10659/1985, 12697/1991).
Auch der Vorwurf, die Behörde habe zu Unrecht das Kärntner Vergabegesetz angewendet, trifft nicht zu: Der Bescheid stützt sich in seiner Begründung explizit und der Sache nach auf die einschlägigen Regelungen des Bundesvergabegesetzes.
c) Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde abzuweisen.
d) Der Kostenzuspruch an den beteiligten Abwasserverband beruht auf §88 VerfGG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Vergabewesen, VfGH / PrüfungsmaßstabEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B1664.1997Dokumentnummer
JFT_10018985_97B01664_00