Der Berufungswerber befand sich am 30.05.2006 beim landwirtschaftlichen Anwesen ?R.? in XY, um seinem Bekannten bei der Erneuerung des Scheunendaches zu helfen. Den 2-jährigen Jagd- und Sennenhundmischling seines Sohnes führte der Berufungswerber am genannten Tag mit sich. Gegen ca. 12 Uhr begab sich der Berufungswerber ins Felbertauernstüberl zum Essen. Den Jagd- und Sennenhundmischling leinte er an einem Holzpfosten am Nebengebäude des Hofes an und ließ ihn dort zurück. Während seiner Abwesenheit wurde der Hund vom geistig behinderten N. T. mit einem Rindenschäleisen derart schwer verletzt, dass das Tier eingeschläfert werden musste. Der Berufungswerber traf um ca 13.00 Uhr wieder beim R. ein und fand den noch angeleinten Hund schwer verletzt und blutüberströmt vor.
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich eindeutig und nachvollziehbar aus dem Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Lienz. Sowohl Tatzeit als auch Tatort sind der beiliegenden Anzeige der Polizeiinspektion Matrei zu entnehmen, welche sich wiederum auf die Angaben des Berufungswerbers stützt. Der Berufungswerber gibt selbst an, den Hund in der Zeit von 12.00 Uhr bis 13.00 Uhr neben der S.-brücke angeleint zu haben. Dem festgestellten Sachverhalt stehen keine Bestreitungen des Berufungswerbers gegenüber, sodass sich weitergehende Ausführungen hierzu erübrigen.
§ 16 Tierschutzgesetz ? TSchG, BGBl I Nr 118/2004, sieht Vorschriften hinsichtlich der Bewegungsfreiheit von Tieren vor. Diese darf nicht so eingeschränkt sein, dass dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden oder es in schwere Angst versetzt wird. Nach Abs 5 leg cit dürfen Hunde keinesfalls, auch nicht vorübergehend, an der Kette oder in sonst einem angebundenen Zustand gehalten werden. Anleingebote für Hunde bleiben von vorgenannter Bestimmung unberührt.
Gemäß § 38 Abs 3 TSchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 3.750,-- zu bestrafen, wer gegen die §§ 9, 11 bis 32, 36 Abs 2 oder 39 leg cit verstößt. Im Wiederholungsfall droht eine Geldstrafe bis zu Euro 7.500,--. Der Berufungswerber hat zu seiner Verteidigung vorgebracht, dass der Hund über ein ruhiges und ausgeglichenes Wesen verfügte und es gewohnt gewesen sei, auch einmal für einen Zeitraum von 1 bis 2 Stunden alleine zu bleiben. Er habe in diesen Situationen nicht mit Bellen oder sonstigen Unmutsäußerungen reagiert. Außerdem sei er unter Verweis auf § 6a Abs 1 des Landespolizeigesetz sogar zur Anleinung verpflichtet gewesen. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, den Berufungswerber aus seiner Verantwortung zu befreien. Das friedliche Wesen des Hundes und die freundschaftliche Beziehung vermögen den Berufungswerber ebenso wenig zu rechtfertigen wie der Umstand, dass der Hund das kurzfristige Alleinsein bzw die Anleinung gewöhnt gewesen sei. Insofern stellt auch die unterlassene Einvernahme der Zeugin D. W. entgegen der Ansicht des Berufungswerbers keinen Verfahrensmangel dar, zumal ein allfälliger Gewöhnungseffekt des Hundes außer Betracht zu bleiben hat und keinesfalls einen minderen Grad des Verschuldens zu begründen vermag. Auch das Vorbringen, wonach er den Hund nicht mit ins Gasthaus nehmen habe können, kann den Berufungswerber nicht entlasten. Es wäre ihm vielmehr möglich und zumutbar gewesen, eine andere Lösung zu finden und erscheint eine Anbindung im Hinblick auf die dargelegten Charaktereigenschaften des Hundes umso unverständlicher.
Hinsichtlich der Bestimmung des Tiroler Landes-Polizeigesetzes (TLPG), LGBl Nr 60/1976 idF LGBl Nr 10/2006, ist auszuführen, dass die Norm des § 6a Abs 1 TLPG die Hintanhaltung von Gefährdungen und Belästigungen ausgehend von Hunden zum Inhalt hat, die hier gegenständliche Rechtsvorschrift aber dem Tierschutz dient. § 6a leg cit gelangt zur Anwendung, sofern der Hund von einem Amtstierarzt als auffällig beurteilt wurde, sodass ein Leinen- bzw Maulkorbzwang zu verordnen ist bzw allgemein durch Gemeindeverordnung ein Leinenbzw Maulkorbzwang vorgesehen ist. Die grundsätzliche Pflicht eines Hundehalters iSd Abs 1 leg cit, dafür zu sorgen, dass der Hund das Leben und die Gesundheit von Menschen oder Tieren nicht gefährdet und Menschen nicht über das zumutbare Maß hinaus belästigt, kann nicht so interpretiert werden, dass ein Hund generell angeleint werden dürfte. Dies ist nur unter bestimmten, in § 6a TLPG aufgezählten Voraussetzungen und besonderen Verhältnissen möglich. Insbesondere bedarf die bescheidmäßige Anordnung, den Hund an der Leine zu führen bzw ihn mit einem Maulkorb zu versehen, jedenfalls einer konkreten Gefährdung durch den Hund. Die genannten Normen verfolgen unterschiedliche Schutzzwecke und bestehen keinerlei Konkurrenzen. Die Bestimmung des § 6a Abs 1 TLPG ist insoweit auch nicht als lex specialis zu qualifizieren, da eine Anleinung nicht ausnahmsweise erlaubt ist, sondern vielmehr vorgeschrieben sein muss.