Vermag der Lenker eines Fahrzeuges zu erkennen, dass Kinder die Fahrbahn einzeln oder in Gruppen, sei es beaufsichtigt oder unbeaufsichtigt, überqueren oder überqueren wollen, so hat er ihnen das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen und hat zu diesem Zweck, falls erforderlich, anzuhalten.
Von einem Verstoß gegen diese Vorschrift kann demnach nur dann die Rede sein, wenn der Lenker eines Fahrzeuges die Überquerungsabsicht zu erkennen vermag. Aber selbst dann bedingt dies noch nicht zwingend ein Anhalten. Vielmehr muss (nur) das ungehinderte Überqueren ermöglicht werden. Ein Anhalten bedingt dies nur dann, wenn dies eben für ein "ungehindertes Überqueren" erforderlich ist.
Hier kann weder vom Tatbestandselement der "Erkennbarkeit der Überquerungsabsicht" noch von einer in der Durchfahrt bedingten "Behinderung" bei dieser Überquerungsabsicht des Kindes ausgegangen werden.
Die Anwendung einer Gesetzesvorschrift darf nicht zu einer Erfolgshaftung führen, vielmehr gilt es hier die Weg-Zeit-Abläufe in eine lebensreale Beziehung zu setzen und nur daran hat das Verhalten eines Verkehrsteilnehmers sachgerecht und objektiv beurteilt zu werden. Mit dem bloßen Hinweis auf die "dienstliche Einschätzung" eines Polizeibeamten vermochte dieser in der Verkehrspraxis sehr komplex gestaltende Tatbestand jedenfalls nicht schlüssig dargetan werden.
Rechtlich folgt demnach iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG, dass hier mangels Verschulden der Erkennbarkeit einer Verletzung und mangels Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).